11/08/2024 | Press release | Distributed by Public on 11/09/2024 02:08
Nach Abschluss des informellen Europäischen Rats in Budapest hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz zu den wichtigsten Gesprächsinhalten des Treffens geäußert.
Das Wichtigste in Kürze:
Lesen Sie hier die Mitschrift der Pressekonferenz:
Bundeskanzler Olaf Scholz:
Guten Tag! Hier in Budapest standen für Europa zwei zentrale Zukunftsfragen im Mittelpunkt. Erstens ging es um die künftigen transatlantischen Beziehungen und damit auch um Sicherheit und Stabilität in Europa und zweitens um die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherung von Arbeitsplätzen in Europa. Keine Frage: Beide Themen hängen auch eng miteinander zusammen.
Gestern Abend haben wir uns im Kreis der 27 über die --Beziehungen nach den amerikanischen Präsidentschaftswahlen unterhalten. Die mussten und müssen uns interessieren. Die sind die stärkste Macht der Welt und gleichzeitig eine starke Demokratie und unser wichtigster Bündnispartner. Deshalb ist es auch wichtig, das zu tun, denn die sind und bleiben dieser wichtige Verbündete Europas. Eine enge Zusammenarbeit mit den und mit dem künftigen amerikanischen Präsidenten ist unerlässlich für Frieden und Sicherheit weltweit, aber eben auch auf unserem Kontinent.
Die Lage ist ernst. Es herrscht Krieg in Europa. Russland führt einen Angriffskrieg gegen die Ukraine und führte diesen Krieg mit unveränderter Brutalität fort. Im Nahen Osten besteht weiterhin die Gefahr einer Eskalation des dortigen Konfliktes. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit den viele gemeinsame Zielsetzungen verbinden. We are better off together! Deshalb wollen wir Europäer die transatlantischen Beziehungen auch weiter vertiefen. Das gilt für Frieden und Sicherheit, aber eben auch für die Fragen von Wirtschaft, Handel und Energie.
Natürlich müssen wir damit rechnen, dass die eigene Interessen stark priorisieren. Gerade deswegen müssen wir eben auch in Europa mehr denn je zusammenhalten. Wir müssen gemeinsam weiter in unsere eigene Sicherheit und eigene Stärke investieren. Dazu sind wir Europäer bereit. Das hat für mich die Diskussion des gestrigen Tages ganz besonders ergeben. Dazu zählen auch Fragen, die wir dann heute noch weiter vertieft haben, wie die gemeinsame europäische Rüstungsentwicklung und -produktion sowie die gemeinsame Beschaffung. Wir müssen besser werden, was die Kooperationsmöglichkeiten von Unternehmen betrifft, die nicht durch die Regelungen des Wettbewerbsrechts daran gehindert werden dürfen, miteinander gemeinsam Projekte voranzutreiben, und wir müssen dafür Sorge tragen, dass auch gemeinsame Beschaffungen möglich sind, bei denen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in Beschaffungen anderer Staaten einsteigen können und nicht jedes Mal für drei oder vier weitere Objekte neue Beschaffungsprozeduren ausgelost werden müssen. Schon in Prag, vor zwei Jahren, hatte ich dazu aufgerufen, die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu stärken. Diese Notwendigkeit gilt heute noch viel stärker als damals.
Heute stand natürlich die Frage der Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit im Mittelpunkt. Wir haben über den Bericht von Mario Draghi diskutiert, der diesbezüglich wirklich in einem sehr, sehr intensiven und sorgfältigen Prozess gearbeitet, mit vielen gesprochen und einen klaren Weckruf für Europa formuliert hat. Wir stehen im Wettbewerb mit anderen großen Wirtschaftsräumen in der Welt, und das muss auch immer der Maßstab für den Ehrgeiz sein, den wir selbst entfalten müssen. Europa braucht eine ganz grundlegende Modernisierung, um wettbewerbsfähig zu bleiben und die Wettbewerbsfähigkeit auch weiter zu verbessern.
Ich glaube, dass dabei Fragen der Produktivität eine Rolle spielen. Insbesondere im Bereich der Dienstleistungen und der Digitalisierung hat Europa nicht den gleichen Fortschritt wie etwa die erreicht. Dazu zählt der Kapitalmarkt, der für uns von allergrößter Bedeutung ist. Die Unternehmensentwicklung in den USA wird viel mehr über Eigenkapital finanziert, als das in Europa der Fall ist. Das hat Auswirkungen auf die Wachstumsmöglichkeiten von Unternehmen in Europa, und das muss sich ändern. Es kann ja nicht gewissermaßen der Staat als Investor in den Unternehmen auftreten. Es muss schon mit Eigenkapital im großen Umfang investiert werden. Das ist - das hat der Bericht von Mario Draghi ergeben, aber auch der sorgfältige Bericht, den wir von Christine Lagarde bekommen haben - sehr möglich. Es gibt das Geld. Es muss nur gewissermaßen so wie in den USA gelenkt werden und in das Wachstum von Unternehmen geführt werden.
Das ist die zentrale Herausforderung für die künftige Kommission. Mit ihrem Amtsantritt, der ja nun bald bevorsteht, ist das eben auch die Zeit für eine Neuausrichtung. Sie muss eine Agenda für Arbeitsplätze, Industrie und Wohlstand entwickeln, und das muss im Mittelpunkt des Mandates stehen.
Was wir nicht vergessen dürfen, und auch das wurde von vielen Teilnehmern heute immer wieder unterstrichen, und zwar, glaube ich, in beeindruckender Einigkeit: Wir brauchen einen massiven Abbau von Bürokratie in Europa. Über die letzten Jahrzehnte hinweg sind viele Vorschriften entstanden und gewachsen, die heute die Unternehmensentwicklung und die Geschwindigkeit der Innovation beeinträchtigen. Manchmal sind sie ja auch das Ergebnis schlechter Kompromisse. Statt konkret etwas zu vereinbaren, hat man Ziele für die Zukunft vereinbart, um die sich dann hinterher nicht genügend gekümmert worden ist. Das ist dann mit Berichten begleitet worden, die heute die bürokratischen Hürden für die Unternehmen darstellen. Ich glaube, wenn wir uns mehr auf das Eigentliche konzentrieren, um das es geht, die eigentliche Modernisierung, dann werden wir auch mit weniger Bürokratie zurechtkommen. Deshalb muss da ein sehr spürbarer Impuls her. Wir haben auch vereinbart, dass wir von der Kommission im ersten Halbjahr des nächsten Jahres konkrete Vorschläge erwarten, um die so allgemein angekündigte Reduzierung von Berichtspflichten um 25 Prozent auch realisiert zu sehen.
Meine Damen und Herren, Europa lebt von seiner Vernetzung mit der Welt. Für die deutsche Volkswirtschaft gilt das noch viel mehr als für viele andere. Wir sind ein erfolgreiches Exportland. Wir investieren in anderen Ländern. Wir importieren aus anderen Ländern. Wenn sich andere aus einer so vernetzten Welt verabschieden, dann müssen wir in Europa dagegenhalten und die Möglichkeit für eine gute Verbesserung der internationalen Handelsbeziehungen auch ausloten. Das bedeutet, dass wir mehr Handelsverträge brauchen, mehr verbesserte Handelsbeziehungen und neue Partnerschaften. Auch das wird eine der großen Aufgaben der künftigen Kommission sein und ist unerlässlich für Souveränität und Resilienz Europas.
Schließlich, das will ich nicht vergessen, ist heute auch der letzte Gipfel, den Charles Michel geleitet hat, und wir haben uns alle bei ihm bedankt. Ich habe das persönlich auch noch einmal gemacht. Er hat eine sehr gute Arbeit geleistet. Ab Dezember wird der neue Präsident des Europäischen Rates, mein Freund António Costa, das Amt übernehmen.
Meine Damen und Herren, aus aktuellem Anlass möchte ich noch ein weiteres Thema ansprechen. Ich habe bereits am Mittwochabend angekündigt, dass ich zügig Neuwahlen in Deutschland ermöglichen möchte, damit nach dem Ausscheiden der FDP aus der Koalition bald Klarheit herrscht. Über den Termin sollten wir möglichst unaufgeregt diskutieren. Es wäre gut, wenn nun im Bundestag unter den demokratischen Fraktionen eine Verständigung darüber erreicht wird, welche Gesetze noch in diesem Jahr beschlossen werden können. Diese Verständigung könnte dann auch die Frage beantworten, welcher Zeitpunkt der richtige ist, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen, auch im Hinblick auf den möglichen Neuwahltermin. Der Wahltermin ist kein rein politisch festzusetzendes Datum. Er muss auch den Anforderungen der Bundeswahlleiterin genügen, um eine ausreichende Zeit für die Organisation einer fairen und demokratischen Wahl zu berücksichtigen.
Ich bedanke mich bei Ihnen.
Frage:
Herr Bundeskanzler, inwieweit sind Sie am Rande des Gipfels auf die innenpolitische Lage in Deutschland angesprochen worden? Welches Feedback haben Sie für Ihre Entscheidung bekommen, die Ampelkoalition sozusagen mit Ihren Handlungen aufzukündigen?
Zu der Frage der Vertrauensfrage und des Wahltermins: Sie haben sich ja jetzt verhandlungsbereit gezeigt. Bis wann wollen Sie denn Klarheit schaffen, welcher Termin das sein soll? Was streben Sie da an?
Bundeskanzler Scholz:
Um die letzte Frage sofort und direkt zu beantworten: Wahlen sind eine demokratische Angelegenheit, und da entscheiden die Bürgerinnen und Bürger. Da stellen sich die Parteien - auch Parteien, die sich neu bilden - und auch Einzelbewerberinnen und Einzelbewerber auf. Die müssen die Möglichkeit dazu haben. Sie müssen Programme beschließen können und dann auch real in einen fairen Wettbewerb miteinander eintreten. Insofern gibt es da eine hohe Verantwortung von allen, die in dieser Frage mitzureden haben, des Präsidenten, der Präsidentin des Deutschen Bundestages, der Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien und selbstverständlich des Bundeskanzlers, der ja nach der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, die auf den Erfahrungen der Weimarer Republik beruht, dabei eine entscheidende Rolle spielt. Aber am besten macht man das miteinander. Deshalb habe ich ja die Fragen benannt, um die es geht, die Dinge, die wir noch beschließen wollen, und die Frage, wie man faire und demokratische Wahlen organisieren kann, die allen Anforderungen entsprechen, zum Beispiel auch für diejenigen, die die Wahl dann technisch durchführen und abwickeln. Ich glaube, das geht, wenn alle guten Willens sind. Mit der Entscheidung, dass ich die FDP-Minister entlassen habe, damit, dass sich das Kabinett neu konstituiert hat, dass die Regierung arbeitsfähig ist und dass ich angekündigt habe, dass ich meinen Beitrag dazu leisten werde, durch eine Vertrauensfrage zügig neue Wahlen in Deutschland möglich zu machen, ist jetzt der Rahmen gesetzt, und ich glaube, es wird jetzt bald auch zügig für alle gemeinsam eine gute Lösung geben, die, wenn man all die Kriterien berücksichtigt, nicht so schwer sein kann.
Was das Gespräch mit meinen Kolleginnen und Kollegen betrifft, eine klare Aussage: Viele haben mir auf die Schulter geklopft. Sehr viele sind auch mit Erfahrungen in Bezug auf Koalitionsregierungen versehen. Sie wissen: Das wird eher nicht einfacher, sondern immer schwieriger, nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Ländern. Manche kennen das schon seit Jahrzehnten, andere haben das jetzt als neue Erfahrung hinzugewonnen. Einige sind jetzt in Koalitionsverhandlungen. Ein Nachbarland versucht, eine Dreierkoalition zu bilden, und schaut auch schon mit der Frage auf mich, wie das gehen kann. Insofern ist da viel kollegiale Solidarität zu spüren gewesen.
Frage:
Herr Bundeskanzler, Sie hatten ja, nachdem Sie die FDP entlassen haben, doch einen sehr klaren Zeitplan vorgelegt, nämlich den, dass Sie die Vertrauensfrage am 15. Januar stellen wollen. Inwieweit rücken Sie denn jetzt von diesem Datum wieder ab? Wie müssen wir uns das vorstellen, wie das in den nächsten Tagen laufen soll, wenn Sie sich dann beispielsweise mit Friedrich Merz austauschen? Der hat heute übrigens schon einmal den 19. Januar als Wahldatum ins Rennen geworfen.
Bundeskanzler Scholz:
Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig, dass jetzt das Gespräch als Nächstes dort geführt wird, wo es hingehört: in den demokratischen Fraktionen des Deutschen Bundestags. Wenn ich es richtig wahrnehme, findet das auch statt.
Zusatzfrage:
Und zu dem konkreten Zeitplan?
Bundeskanzler Scholz:
Ich habe ja den Rahmen dafür gesetzt, dass es zügig losgehen kann. Ich glaube, wenn man bedenkt, wie viel Zeit zwischen der Ankündigung meines Vorgängers Gerhard Schröder, dass neue Wahlen stattfinden sollen, und dem Wahltermin vergangen ist, dann wissen alle, dass die Frage jetzt am besten so gehandelt wird, dass man es unaufgeregt diskutiert. Diese unaufgeregte Debatte will ich gerne begleiten. Jetzt ist erst einmal das Gespräch unter den Fraktionen angesagt.
Frage:
Herr Bundeskanzler, ich hätte ganz gerne zu Ukraine gefragt: Es gibt Sorgen, dass der künftige amerikanische Präsident die Ukrainehilfe kappen könnte oder zumindest einschränken könnte. Haben Sie hier einen darüber Konsens erzielt, dass die Europäer dann verstärkt in die Bresche springen und mehr Hilfe leisten?
Machen Sie auf nationaler Ebene einen neuen Vorstoß? Sie hatten ja in den Verhandlungen mit der FDP zusätzliche drei Milliarden Euro für die Militärhilfe 2025 ins Gespräch gebracht. Ist das ein Plan, den Sie jetzt auch auf nationaler Ebene noch weiter verfolgen?
Bundeskanzler Scholz:
Dies war ja ein informeller Europäischer Rat, das heißt, hier sind keine Beschlüsse das Thema gewesen - wie sonst mit all den "drafting sessions" und dem, was wir da so erleben, wo dann über Kommata geredet wird. Hier ging es vielmehr darum, einmal die Zeit zu nutzen. Das Schöne am informellen Rat ist, dass man ohne die Notwendigkeit, im Anschluss einen Beschluss zu fassen, miteinander diskutieren kann.
Entsprechend ausführlich und auch übrigens sehr engagiert war die Diskussion. Ich will gar nicht verhehlen: Es gibt unterschiedliche Positionen. Das können Sie ja auch öffentlich beobachten. Was der ungarische Ministerpräsident hierzulande an Ansichten zu diesem Thema äußert, ist nicht das Gleiche wie das, was ich vertrete oder was viele andere Freunde in Europa vertreten, die sehr engagiert sagen: Es hat eine hohe Priorität, der Ukraine jedenfalls die notwendige Unterstützung zu gewährleisten.
Das werden wir auch weiter tun müssen; ich glaube, das ist ganz zentral. Die Ukraine ist angegriffen worden. Sie hat sich entschieden, ein europäischer Staat zu sein, ein Staat, der zur Europäischen Union und ihren Wertvorstellungen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit dazugehört. Ich denke, wenn eines über diesen furchtbaren Krieg klar geworden ist, dann das: Die Ukraine ist eine europäische Nation mit einer klaren Orientierung an dem Europa der Europäischen Union und den Zielsetzungen und Werten, die wir haben.
Es gibt einen Grundsatz, über den sich fast alle einig sind - mit den Einschränkungen, die ich eben genannt habe -: Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine. Das muss auch weiter so sein. Es kann nicht über die Köpfe der Ukraine hinweg verhandelt werden. Deshalb muss aus meiner Sicht sehr, sehr klar sein, dass wir aus dieser Perspektive heraus all das diskutieren, was für die Zukunft notwendig ist.
"For the time being", für die Zeit, die jetzt vor uns liegt, ist es so, dass wir mit der 50-Milliarden-Dollar-Kreditlinie, die wir als -Staaten - die Europäische Union, die , Großbritannien, Kanada und Japan -, der Ukraine zur Verfügung stellen, erst einmal klar ist: Für die Zeit, um die es demnächst geht, stehen Mittel zur Verfügung, mit denen die Ukraine ihre Verteidigungsfähigkeit ganz unabhängig von fiskalischen Restriktionen einzelner Länder oder politischen Entwicklungen erst einmal sicherstellen kann.
Trotzdem bleibt es notwendig - auch das will ich sagen -, dass wir unsere Bereitschaft zeigen, auch noch mehr zu tun als das, was wir bisher mobilisiert haben. Dazu muss man dann natürlich die entsprechenden Voraussetzungen schaffen. Deshalb ist die klare Antwort auf Ihre Frage, ob mir das weiter wichtig ist und ein Anliegen ist: Ja.
Frage:
Herr Draghi hat heute Morgen beim Hereingehen auch die Frage der von Trump angedrohten Zollerhöhungen angesprochen und hat für Verhandlungen plädiert. Wie sehen Sie das? Wie muss sich die aufstellen, um solche Zollerhöhungen abzuwenden? Es ist ja klar, dass Deutschland von so etwas besonders betroffen wäre. Hilft es da einfach nur, wenn die Kommission mit Trump verhandelt?
Bundeskanzler Scholz:
Zunächst einmal ist es eine Stärke und eine Chance Europas, dass die Handelspolitik und damit auch die Frage von Zöllen vergemeinschaftet ist, also gemeinsam verhandelt wird. Das führt nicht immer zu Entscheidungen, die man richtig findet, zumal das durch einen institutionellen Rahmen begleitet ist, der manchmal sehr kompliziert ist. Selbst wenn die Mehrheit der Mitgliedstaaten etwas nicht will, kann es trotzdem passieren, wie wir gerade bei der Diskussion über die Zölle für Elektrofahrzeuge aus China sehen - wobei ich da unverändert hoffe, dass der von allen erklärte Wille, eine Verständigung zu erreichen, auch noch zu einem Gelingen und zu einem guten Ergebnis führt.
In dieser Sache mit den , finde ich, sollte man nicht allzu viel spekulieren. Die hat die Kompetenzen, das Notwendige zu tun. Wir sollten aber alle sehr klar das Gespräch suchen. Die Meinung, die ich in dieser Frage habe, ist sehr, sehr eindeutig: Wir halten nichts von Protektionismus. Wir glauben, dass die Welt ein besserer Ort mit mehr Wohlstand ist, wenn es fairen, freien Handel geben kann. Letztendlich sind das Wachstum und die Stärke der auch darauf gegründet, dass sie Handel mit aller Welt treiben, und zwar in beide Richtungen. Aus dieser Sicht glaube ich, dass die Grundlagen dafür da sind, da eine gemeinsame Politik zu entwickeln. Wir werden sehen.
Frage:
Herr Bundeskanzler, Sie haben hier auf dem internationalen Gipfel, auf dem man ja eigentlich vor allem eine Antwort auch auf Trump geben wollte, selber das innenpolitische Thema angesprochen. Haben Sie das Gefühl, dass das, was jetzt innenpolitisch bei Ihnen passiert, Sie in irgendeiner Form gebremst hat? Haben Sie das Gefühl, dass Sie vielleicht auch im Praktischen nicht den Freiraum haben, den Sie mit einer Koalitionsmehrheit hätten, gerade wenn es darum geht, neue Finanzmöglichkeiten zum Beispiel für die Ukraine freizuschalten?
Bundeskanzler Scholz:
Wenn man alle, die im Europäischen Rat sitzen, zusammen betrachtet, kann man ja sagen, dass ich mittlerweile zu denen zähle, die schon länger dabei sind. Einige sind schon sehr lange dabei, aber die meisten haben in der letzten Zeit neu angefangen. Insofern kann ich aus dieser Zeit schon sagen: Alle wissen genau, wie die Dinge so vor sich gehen - zweimal nein.
Frage:
Ich muss zum Verständnis noch einmal nachfragen, Herr Scholz: Heißt Ihre Ankündigung bezüglich des Wahltermins, dass Sie sich auch vorstellen könnten, die Vertrauensfrage früher zu stellen? Ich habe Sie so verstanden, dass das unter der Voraussetzung geschehen kann, dass man sich auf bestimmte Projekte einigt. Welche wären das denn?
Bundeskanzler Scholz:
Ich habe sehr klar gesagt: Wenn in Deutschland neu gewählt werden soll, dann ist das jetzt ein großer demokratischer Vorgang. Unser Grundgesetz macht das sehr schwer, weil aus den Erfahrungen der Weimarer Republik eigentlich vorgesehen ist, dass alle vier Jahre Wahlen stattfinden und es möglichst nicht zwischendurch zu Neuwahlen kommen soll. Aber trotzdem ist das ja eine Sache, die möglich ist.
Ich selber habe nun aktuell entschieden: Es soll zügig Neuwahlen geben. Dazu habe ich einen Termin benannt, mit dem das zügig gelingen kann, wenn man alle Aspekte berücksichtigt. Jetzt findet einfach das statt, was in einer Demokratie dazugehört: Die Beteiligten beziehungsweise, wie das neudeutsch heißt, die Stakeholder reden miteinander. Das sind insbesondere die demokratischen Fraktionen des Deutschen Bundestages. Selbstverständlich werden alle Verfassungsorgane miteinander zu berücksichtigen haben, was die anderen so denken und meinen. Aber ich glaube, da kommen wir schon bald zu guten Ergebnissen. Jedenfalls wäre das meine Hoffnung.
Frage:
Auch noch einmal zu diesem Thema nachgefragt: Das heißt, Sie halten nicht auf Biegen und Brechen an dem 15. Januar fest, sondern Sie sind da gesprächsbereit? Das wäre meine erste kurze Wissensfrage.
Zum Thema Trump: Sie hatten beziehungsweise haben immer noch ein sehr gutes Verhältnis mit dem amtierenden US-Präsidenten. Erwarten Sie, dass Sie ein ähnlich vertrauensvolles Verhältnis mit dem neuen US-Präsidenten aufbauen können? Da gab es ja in der Vergangenheit möglicherweise doch ein paar Spannungen. Haben Sie jetzt schon ein Telefonat mit dem gewählten Präsidenten vereinbart?
Wie haben Sie eigentlich die Äußerung von Elon Musk wahrgenommen, der Sie, glaube ich, als Narr bezeichnet hat? Das ist ja nicht sehr freundlich.
Bundeskanzler Scholz:
Die Welt, in der wir leben, ist nicht so, dass Internetkonzerne Staatsorgane sind. Deshalb habe ich das gar nicht zur Kenntnis genommen.
Was die Frage der Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und dem amerikanischen Präsidenten betrifft, so gilt für mich, dass die transatlantischen Beziehungen ein ganz, ganz hoher Wert für Deutschland und für Europa sind. Das hat gute Gründe, die etwas zu tun haben mit der Wiederbelebung der Demokratie auch in Deutschland. Wir haben sehr viel von Amerika profitiert, auch nach 1945. Dass unser demokratischer Versuch und später auch unsere Einheit wieder gelungen ist, wäre ohne die als Partner Deutschlands gar nicht denkbar gewesen. Insofern ist da auch sehr viel Emotion mit dabei. Deshalb ist es zugleich auch ein großer Auftrag an jeden, der in Deutschland Verantwortung hat, und an jeden Regierungschef und Kanzler, dafür zu sorgen und alles in seiner Macht Stehende zu tun, dass diese jahrzehntelang gut entwickelten Beziehungen sich auch über die nächsten Jahrzehnte gut entwickeln, und in der Zeit, in der man Verantwortung hat, den eigenen Beitrag dazu zu leisten. Selbstverständlich gehört in jeder Variante dazu, dass man auch miteinander spricht, und das wird so sein. Ich bin ganz zuversichtlich, dass das uns allen und auch uns allen gemeinsam gelingt.
Was die andere Frage betrifft, will ich noch einmal ausdrücklich sagen: Für mich ist es so, dass wir hier ein großes demokratisches Fest haben, und das gelingt am besten, wenn alle gemeinsam zur Party schreiten.
Frage:
Herr Bundeskanzler, Sie sagten, dass die Frage nach dem Wahltermin, auf den man sich einigt, auch damit zu tun habe, dass es noch gelingt, bestimmte Projekte gemeinsam zu machen. Da möchte ich erst einmal die Frage der Kollegin Lehmann wiederholen: Welche Projekte haben Sie da im Auge?
Ist es nicht unangemessen, diesen demokratischen Prozess damit zu verknüpfen, dass die anderen Fraktionen Ihre Politik mittragen?
Bundeskanzler Scholz:
Letzteres wird niemand von irgendwem erwarten, und das wäre eine Subjunktion, eine Unterstellung, die nicht in Ordnung ist. Es geht darum, etwas zu erledigen, was für unser Land wichtig und gut ist und worüber man annehmen darf, dass es einen weitreichenden Konsens gibt. Insofern: Nein, es wäre keine Anforderung, die ich formulieren würde, dass Politik, die andere Parteien falsch finden, aus diesem oder irgendeinem anderen Anlass von ihnen mitgetragen werden muss; das kann ja gar nicht funktionieren.
Ich komme aber zurück zu der Antwort, die ich eben gegeben habe: Das ist jetzt eine Sache, die in Gesprächen zwischen den Fraktionen stattfindet. Gestatten Sie mir deshalb meine Zurückhaltung. Ich habe mich zur Sache geäußert in meiner Erklärung, die ich gegenüber einer sehr großen Öffentlichkeit am Mittwochabend gegeben habe, und das ist alles wahr und richtig.