Stadt Landau in der Pfalz

06/28/2024 | Press release | Distributed by Public on 06/28/2024 01:23

Landauer Leute: Die Freischärlerin Elise Blenker »

28.06.2024

Landauer Leute: Die Freischärlerin Elise Blenker

Eine Stadt feiert: Vor 750 Jahren, am 30. Mai 1274, erhielt die Stadt Landau aus den Händen des damaligen Königs Rudolf I. die Rechte einer Stadt. Ein ungemein wichtiger Meilenstein, den das Landauer Stadtarchiv zum Anlass für eine historische Zeitreise nimmt. Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer und ihre Mitarbeitenden stellen jede Woche eine von insgesamt 52 Biografien von Landauerinnen und Landauern vor und werfen so spannende Schlaglichter auf 750 Jahre Stadtgeschichte, vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Heute: Elise Blenker.

Elise Blenker, Franz Nöldeke, Zeichnung, 1849, © Wien Museum, Onlinesammlung

"In seinem Korps sehen besonders häßlich die liederlichen Dirnen aus, die in Mannskleidern und die Muskete auf der Schulter mitzogen. Die Madame Blenker hat unstreitig zu diesem Unfug Anlaß gegeben. […] Aber vielleicht hatte Madame Blenker ein Amazonenkorps errichten wollen." Diese zeitgenössische Beschreibung bezog sich auf das Freischärlerkorps von Ludwig Blenker und seine Frau Elise Blenker.

Die Gruppe von Freischärlern unter der Führung von Ludwig Blenker war unter anderem verantwortlich für die Belagerung der Festung Landau während der Revolution von 1848/49. Ihr Mann, der Weinhändler Ludwig Blenker, war Vorstand des demokratischen Vereins von Worms und Oberst der dortigen Bürgerwehr. Mit ihm zog Elise während der Revolution von 1848/49 als "bewaffnete Amazone" in den badisch-pfälzischen Freiheitskampf. Freischärler waren aufständische Kämpfer, die nicht für eine reguläre Kriegspartei kämpften. In diesen Korps kämpften auch Frauen mit, eine Besonderheit für die damalige Zeit. Geboren und aufgewachsen war sie in Köthen, im heutigen Sachsen-Anhalt. Später heiratete sie den ehemaligen Offizier Ludwig Blenker in Worms. Sie folgte ihrem Mann als dieser sich gegen die Regierung stellte und zum Freischärler wurde. 1848 wurde Blenker zum Obersten der Wormser Bürgerwehr gewählt. Auch für das Bürgermeisteramt wurde er vorgeschlagen, doch seine Wahl wurde verhindert. Blenker wandte sich daraufhin der radikalen Opposition zu und wurde im April 1849 Anführer der Rheinhessischen Freiwilligen. Sein Freischärlerkorps belagerten unter anderem die Festungen Landau und Germersheim. Die Belagerung der Festung Landau war ursprünglich als Sturm auf die Festung geplant. Da aber nur etwa die Hälfte der Freischärlertruppe bewaffnet war und die in der Garnison verbliebenen Soldaten die Festung mit eisernem Willen verteidigten, schlug der Sturm schnell in eine Belagerung um. Einzige Möglichkeit die Festung und damit auch einen großen Vorrat an Waffen einzunehmen, wäre eine Aushungerung der Festung gewesen. Aber auch der Versuch, die Versorgung aus den umliegenden Dörfern abzuschneiden, scheiterte. Bei diesem Vorhaben begleitete Elise Blenker ihren Mann zu Pferde, bewaffnet und mit Hosen gekleidet, Kleidung die eigentlich nur Männern vorbehalten war. Nach der gescheiterten Belagerung von Landau reisten die beiden mit ihren Gefolgsleuten weiter über Karlsruhe zum Schloss Ebertstein in der Nähe von Rastatt, das sie dann plünderten. Da sie für ihr Mitwirken bei den Freischärlern gesucht und später auch verurteilt wurden, flüchteten die Blenkers über die Schweiz in die USA. Dort starb Elise Blenker 1908 in Mount Vernon.