In einer neuen Reihe von Faktenblättern gibt WHO/Europa einen detaillierten Überblick über die Fortschritte der Länder der Europäischen Region bei der Umsetzung des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (WHO FCTC). Die Faktenblätter basieren auf Daten aus dem von der WHO 2023 veröffentlichten Bericht über die globale Tabakepidemie und zeigen sowohl Erfolge als auch Lücken bei der Bekämpfung des Tabakkonsums in der Europäischen Region auf.
Auf dem Weg in eine gesündere Europäische Region: die dringende Notwendigkeit effektiverer Konzepte zur Tabakbekämpfung
"Trotz der weit verbreiteten Erkenntnis, dass Tabakkonsum zu den Hauptursachen für Todesfälle und Behinderungen durch nichtübertragbare Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und chronische Atemwegserkrankungen gehört, sind die Maßnahmen in vielen Ländern der Europäischen Region nicht effektiv genug, um die Gesundheit der Menschen vor dem Tabakkonsum zu schützen", sagt Dr. Gauden Galea, Strategischer Berater des Regionaldirektors und Leiter der Sonderinitiative für nichtübertragbare Krankheiten und Innovation bei WHO/Europa.
Nach Schätzungen der WHO sind in der Europäischen Region derzeit 179 Mio. Erwachsene und 4 Mio. Jugendliche zwischen 13 und 15 Jahren Tabakkonsumenten. 18 % aller Todesfälle aufgrund von nichtübertragbaren Krankheiten sind hier auf Tabakkonsum zurückzuführen.
"Die hohe Prävalenz des Tabakkonsums wird durch den starken Einfluss der Industrie, aggressive Werbepraktiken und Defizite der Politik begünstigt, die die Bemühungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit untergraben. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird unsere Region bis 2030 die weltweit höchste Tabakkonsumrate haben. Wir brauchen also bessere Strategien und wirksame, zeitsparende Maßnahmen, um diesen beunruhigenden Trend zu stoppen und umzukehren", fügt Dr. Galea hinzu.
Die neue Reihe von Faktenblättern ist ein wertvolles Instrument für politische Entscheidungsträger und für Befürworter der Tabakbekämpfung, da sie so die neuesten Daten der WHO nutzen können, um für eine weitreichendere Gesundheitspolitik einzutreten und die von der WHO empfohlenen Maßnahmen auf die jeweiligen Gegebenheiten in den Ländern abzustimmen.
Uneinheitliche Fortschritte in der Europäischen Region
Das Rahmenübereinkommen der WHO dient den Ländern als Rechtsgrundlage für die Eindämmung des Tabakkonsums und die Verringerung der durch tabakbedingte Erkrankungen verursachten Schäden. Um diese Bemühungen zu unterstützen, hat die WHO die Maßnahmen im Rahmen des MPOWER-Konzepts eingeführt, die den Ländern bei der Umsetzung wichtiger Bestimmungen des Übereinkommens helfen sollen. Diese Maßnahmen sind:
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Überwachung von Tabakkonsum und Präventionskonzepten
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Schutz der Menschen vor dem Passivrauchen
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Hilfe bei der Rauchentwöhnung
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Warnung vor den Gefahren des Tabakkonsums
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Durchsetzung von Beschränkungen für Tabakwerbung, Verkaufsförderung und Sponsoring
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Erhöhung der Tabaksteuern
Nach den neuesten verfügbaren Daten schneiden die Länder der Europäischen Region in zwei Schlüsselbereichen von MPOWER gut ab: Überwachung des Tabakkonsums und Warnung vor den Gefahren des Rauchens.
81 % der Länder in der Region verfügen über solide Systeme zur Überwachung des Tabakkonsums und zur Bewertung der Wirksamkeit ihrer Maßnahmen, und 77 % warnen ihre Bevölkerung wirksam vor den Risiken des Tabakkonsums.
Obwohl mehr als die Hälfte der Länder (53 %) in der Europäischen Region weiter hohe Tabaksteuern erheben, sind Zigaretten seit 2020 in nur sechs Ländern weniger erschwinglich geworden. Aus gesundheitlicher Sicht sollte die Politik Steuererhöhungen in Betracht ziehen, die oberhalb des Einkommenswachstums liegen. Eine Steuererhöhung sollte dazu führen, dass Tabakerzeugnisse für die Verbraucher weniger erschwinglich werden und daher die Nachfrage sinkt.
Doch es gibt noch andere Bereiche, in denen die Europäische Region noch Verbesserungsbedarf hat:
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Nur 11 Länder bieten ausreichende Unterstützung für die Entwöhnung, und nur 39 Länder bieten Hilfe in irgendeiner Form an.
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Nur 18 der 53 Länder der Europäischen Region haben umfassende Gesetze mit Rauchverbotsvorschriften verabschiedet.
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Nur 13 Länder in der Region haben Werbung und Verkaufsförderung für Tabakerzeugnisse vollständig untersagt.
Die unzureichende Umsetzung evidenzbasierter Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums stellt eine verpasste Chance dar, die enorme gesundheitliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Belastung durch Tabakkonsum zu verringern.
Globale Ziele und der weitere Weg
Mit dem Globalen Aktionsplan der WHO zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten haben sich Länder in aller Welt, und somit auch in der Europäischen Region, zu einer Reduzierung des Tabakkonsums um 30 % bis 2025 verpflichtet.
Aus den Faktenblättern geht hervor, dass nur elf Länder in der Europäischen Region auf bestem Wege sind, dieses Ziel zu erreichen. In den meisten Ländern wird ein Rückgang des Tabakkonsums erwartet, der jedoch unterhalb der 30 %-Schwelle liegen wird.
Besorgniserregend ist, dass in drei Ländern keine signifikanten Veränderungen zu erwarten sind und in einem Land sogar ein Anstieg des Tabakkonsums bis 2025 prognostiziert wird.
Bekämpfung des Tabakkonsums und die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG)
Die Bekämpfung des Tabakkonsums ist nicht nur eine Priorität für die öffentliche Gesundheit, sondern auch ein wesentlicher Bestandteil der SDG, insbesondere von deren Zielvorgabe 3.a, in der eine vollständige Umsetzung des Rahmenübereinkommens der WHO gefordert wird. Tabakbedingte Erkrankungen sind jährlich für mehr als 1,2 Mio. Todesfälle in der Europäischen Region verantwortlich, und die Bekämpfung des Tabakkonsums ist eine wesentliche Voraussetzung für die Verringerung dieser Belastung und die Verwirklichung globaler Gesundheitsziele.
"Mutige Maßnahmen zeigen Wirkung; das können wir schon jetzt aus unseren Daten ersehen. In den Ländern, die umfassende Gesetze Rauchverbotsvorschriften erlassen, die Steuern erhöht haben, um Tabakprodukte zu verteuern, die Tabakwerbung vollständig verboten und die Unterstützungsangebote für die Raucherentwöhnung ausgeweitet haben, hatten diese Maßnahmen eine eindeutig positive Wirkung. Es wurden weniger Fälle von nichtübertragbaren Krankheiten, von Krebs bis zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und weniger durch diese Krankheiten bedingte Todesfälle gemeldet. "Nicht alle Länder sind derzeit in der Lage, die bewährten Verfahren vollständig umzusetzen. Deshalb ist es wichtig, dass wir zusammenarbeiten, um die nötige Unterstützung und die Ressourcen bereitzustellen und entsprechende Partnerschaften zu schaffen, damit wir diese Herausforderungen bewältigen können", sagt Dr. Gauden Galea abschließend.
"Mit dem Näherrücken der globalen Ziele für 2025 und 2030 ist es für die Länder in unserer Region an der Zeit, die Umsetzung der Maßnahmen des Rahmenübereinkommens der WHO zu forcieren. So können wir eine gesündere Zukunft für uns alle schaffen."