Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
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LANDTAGSREDE - 11. Dezember 2024
Martin Habersaat Wenn das Problem verstanden ist, muss auch gehandelt werden TOP 32: Gemeinsame Beratung a) Kinder- und Jugendgewalt eindämmen und Hintergründe stärker beleuchten b) Kinder- und Jugendgewalt entschieden entgegentreten (Drs 20/1193, 20/1241, 20/2328, 20/2365, BBE 20/2540)
"Schleswig-Holsteins Schulen bieten Grund zur Sorge. Mehr als ein Zehntel der Lehrkräfte an den Schulen sind gar keine ausgebildeten Lehrkräfte. Beim Mittleren Schulabschluss 2024 gab es ein Mathematik-Debakel - fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler ging mit einer 5 oder 6 nach Hause. Seit Jahren liegt Schleswig-Holstein beim Abi-Schnitt auf dem letzten Platz. Alles schlimm, aber verkraftbar, solange am Ende glückliche junge Menschen die Schulen verlassen, die bereit sind, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Doch jetzt auch noch das:
Die Gewalt an Schulen in Schleswig-Holstein ist auf Rekordniveau. In der Datenbank zum Gewaltmonitoring wurden im Schuljahr 2023/24 1.136 Gewalttaten verzeichnet; im Vergleich zum vorherigen Schuljahr ein Plus von 86% auf Landesebene. Im Kreis Rendsburg-Eckernförde gab es ein Plus von 150%.
Die Taten umfassen Körperverletzungen, Raub, psychische Gewalt, Drohung, Erpressung, Mobbing und Sexualdelikte. Selbst an Grundschulen gab es 44 Fälle psychischer Gewalt und 166 Fälle von Körperverletzungen im vergangenen Schuljahr. Und nicht nur das: auch rechte Gewaltvorfälle gab es an Grundschulen. Angesichts der auch landesweit steigenden Zahlen rechter Gewalt zum letzten Schuljahr um 118% mag das vielleicht eine denkbare Schlussfolgerung sein, alarmierend bleibt sie dennoch.
Hinter jeder einzelnen dieser 1.136 Gewalttaten an Schulen stehen viele verschiedene Menschen mit ihrem Schicksalen: Das Opfer, dass unter der Tat leidet. Der Täter, der die Konsequenzen seiner Tat tragen muss. Die Familien der Opfer und Täter*innen, die mit leiden und sich hilflos fühlen. Aber auch das schulische Umfeld, das mitbetroffen ist. Opfer sind dabei sowohl Mitschüler*innen, aber auch immer häufiger die Lehrkräfte selbst.
Wie fühlen sich von Gewalt betroffene Kinder, Jugendliche und Erwachsene an diesen Schulen fühlen? Sicherlich nicht wohl!
1 Gewalt an Schule steht daher im Zusammenhang mit Phänomenen wie Schuldistanz bis hin zu Absentismus; der wiederum mit Schulabbrüchen. Aber die wollen wir doch gerade vermeiden: um der Schüler*innen willen und um den damit einhergehenden ökonomischen Schaden für die Gesellschaft und den Staat zu vermeiden.
Schulabbruch zu vermeiden, heißt eben nicht nur formale Schritte zu unternehmen wie, eine Schüler-ID einzuführen oder die Datenübermittlung an die Agentur für Arbeit zu erleichtern. Schulabbruch vermeiden heißt drüber hinaus auch, dass es eine Schulkultur gibt, die nicht von Gewalt oder der Angst davor geprägt ist, dass Gewaltpräventionsprogramme und Anti-Mobbing- Programme selbstverständlich als wichtiger Bestandteil zur Schulentwicklung aller Schulen gehören, dass es bei Gewaltvorfällen an den Schulen Kommunikationskonzepte gibt, bei denen sich die Schule als Verantwortungsgemeinschaft versteht, dass sozial-emotionales Lernen in allen Lehrplänen und der Ganztagskonzeption ebenso wird wie der verantwortungsvolle Umgang mit Medien mitbedacht und umgesetzt wird und ja, auch dass es einen Personalschlüssel für Schulsozialarbeit und Schulpsychologie gibt, deren Präventions- oder täterbezogene Arbeit nun mal auch Beziehungsarbeit ist.
All das steht im SPD-Antrag, der heute leider wohl keine Mehrheit finden wird.
Zusätzlich gibt es einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen, der immerhin Leitfäden und Handreichungen zum Thema fordert, wenngleich Leitfäden und Handreichungen nicht das sind, was den Schulen am dringendsten fehlt. Mehr Papier gibt es aber nicht nur für die Schulen, sondern auch für uns: Ein jährliches Berichtswesen zum Thema Gewalt an Schulen. Dem stimmen wir zu, weil wir hoffen, dass das Handeln dann den Erkenntnissen folgen wird.
Insgesamt, schreibt die Landesregierung in der kleinen Anfrage zur Gewalt an Schulen, sei die Demokratiebildung ein wichtiger Baustein, um junge Menschen zu verantwortungsbewussten Bürgern zu erziehen, die aktiv an der Gesellschaft teilnehmen und sich gegen Gewalt und gruppenbezogene Menschlichkeit einsetzen. Gleichzeitig verordnet dieselbe Landesregierung den Grundschulen aber die Konzentration auf Basiskompetenzen (und zählt Demokratiekompetenzen nicht dazu) und kürzt den gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht. Den Ansatz der SPD, das Bemühen um eine entsprechende Schulkultur nach dem Vorbild anderer Länder schulgesetzlich zu verankern, lehnten CDU und Grüne ab.
Die CDU mag noch so oft "üben, üben, üben" empfehlen - wer in Sorge um seine körperliche und psychische Unversehrtheit ist, wird sich nicht auf den Stoff konzentrieren können, der immer häufiger von Nicht-Fachlehrkräften dargeboten wird. Ganztägige Anhörungen des Bildungsausschusses können helfen, die Situation zu verstehen. Verbessert werden kann sie nur durch das Handeln der Landesregierung."
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