Die WHO und die Weltbank haben ihren neuen gemeinsamen Bericht "Gesundheitsfinanzierung in der Ukraine: Reformen, Widerstandsfähigkeit und Wiederaufbau" vorgestellt, der die entscheidende Rolle von Reformen bei der Gesundheitsfinanzierung im Hinblick auf die Stärkung des ukrainischen Gesundheitssystems angesichts beispielloser Herausforderungen hervorhebt.
Der Bericht, der am 20. November im Rahmen einer hochrangigen Mission zu Gesundheitssystemen in der Ukraine bei einer gemeinsamen Veranstaltung in Kiew veröffentlicht wurde, unterstreicht, inwiefern die jüngsten Reformen die Widerstandsfähigkeit des ukrainischen Gesundheitssystems während der COVID-19-Pandemie und des anhaltenden Krieges gestärkt haben. Er beschreibt die Bedeutung anhaltender Investitionen in die Gesundheit und skizziert konkrete Schritte, um sicherzustellen, dass das System chancengerecht und effizient bleibt und auf künftige Krisen vorbereitet ist.
Fortschritt trotz Widrigkeiten
Der Übergang der Ukraine zu einem Modell der Gesundheitsfinanzierung, das auf allgemeinen Staatseinnahmen und nicht auf beschäftigungsgebundenen Beiträgen basiert, war von entscheidender Bedeutung. Diese Umstellung hat die Kontinuität der Gesundheitsversorgung für alle Bürger und Personen mit ständigem Wohnsitz in der Ukraine sichergestellt, auch wenn der Krieg die Wirtschaftstätigkeit beeinträchtigt und Millionen von Menschen vertreibt.
Durch die zentralisierte Verwaltung der Mittel durch den Nationalen Gesundheitsdienst der Ukraine (NHSU) konnten Ressourcen in die vom Krieg betroffenen Gebiete fließen und der Zugang zu grundlegenden Leistungen im Rahmen des staatlich garantierten Leistungspakets, des Programms für medizinische Garantien, aufrechterhalten werden.
"Dieser Bericht, der gemeinsam von der WHO und der Weltbank erstellt wurde, ist eine wichtige Orientierungshilfe für die Reformierung der Gesundheitsfinanzierung in der Ukraine", erklärte Dr. Jarno Habicht, Repräsentant der WHO in der Ukraine. "Er bietet einen Fahrplan, um die Widerstandsfähigkeit und Weiterentwicklung des ukrainischen Gesundheitssystems zu gewährleisten, sowie seine Fähigkeit, auf sich verändernde gesundheitliche Bedürfnisse einzugehen, insbesondere während des Krieges."
Investitionen in eine nachhaltige Zukunft
Der Bericht hebt die verheerenden Auswirkungen des Krieges auf die Gesundheit und das demografische Profil der ukrainischen Bevölkerung hervor und betont, dass ein gut funktionierendes Gesundheitssystem für den nationalen Wiederaufbau von entscheidender Bedeutung ist. Er unterstreicht die Bedeutung der Sicherung öffentlicher Finanzierung und Investitionen in die Gesundheit, insbesondere im schwierigen Kontext des Krieges. Der Erhalt des Humankapitals ist für die langfristige wirtschaftliche Erholung und den sozialen Zusammenhalt in der Ukraine von entscheidender Bedeutung.
Doch der finanzielle Spielraum für staatliche Gesundheitsausgaben wird aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges und der Notwendigkeit, Prioritäten bei den Verteidigungs- und Sicherheitsausgaben zu setzen, begrenzt bleiben. In Zukunft müssen sich Reformen bei der Gesundheitsfinanzierung darauf konzentrieren, mit den eingesetzten Mitteln die Gesundheit zu maximieren, indem kosteneffiziente Leistungsangebote und Medikamente gefördert werden und die Gesamteffizienz verbessert wird. Gleichzeitig muss der Schwerpunkt auf der Chancengleichheit beim Zugang, dem finanziellen Schutz vor ruinösen Zahlungen aus eigener Tasche und der Qualität der Leistungsangebote liegen.
In der Überprüfung werden mehrere Handlungskonzepte und Maßnahmen aus einem Instrumentarium für die Gesundheitsfinanzierung empfohlen, um Reformen voranzutreiben und die Leistung des Gesundheitssystems im Hinblick auf diese zentralen Ziele der Gesundheitsfinanzierung zu verbessern.
"Es ist ermutigend zu sehen, dass die Regierung sich für die fortlaufende Umsetzung dieser ehrgeizigen Reformen im Gesundheitsbereich einsetzt, um die Effizienz des ukrainischen Gesundheitssystems zu steigern", erklärte Bob Saum, Regionaler Länderdirektor der Weltbank für Osteuropa.
"Angesichts der schwierigen Haushaltslage ist die Verbesserung der Effizienz der öffentlichen Finanzierung des Gesundheitswesens die einzige Möglichkeit, um sicherzustellen, dass die Ukraine für ihre Bevölkerung sorgen kann, deren gesundheitliche Bedürfnisse als direkte Folge der Invasion Russlands zunehmen. Die fortgesetzte Umsetzung dieser Reformen wird sich auch für die Modernisierung des Gesundheitssystems in Einklang mit dem Ziel eines Beitritts der Ukraine zur Europäischen Union als entscheidend erweisen", fügte Herr Saum hinzu.
Der ukrainische Gesundheitsminister, Dr. Viktor Liashko, erklärte: "Die Aufgabe, an der das ukrainische Gesundheitssystem seit fast drei Jahren arbeitet, besteht darin, die Prioritäten eines friedlichen Lebens mit den Herausforderungen des Krieges zu vereinen und sicherzustellen, dass die ukrainische Bevölkerung einen allgemeinen Zugang zu einer hochwertigen, erschwinglichen und kostenlosen medizinischen Versorgung hat. Und unser Gesundheitssystem bewältigt diese Aufgabe gut, insbesondere dank der Änderungen bei den Finanzierungsansätzen, die es uns ermöglichen, anpassungsfähig und flexibel bei der Entscheidungsfindung zu sein."
Dr. Liashko betonte: "Trotz des Krieges setzen wir die Reformen fort: Im vergangenen Jahr haben wir den Aufbau eines leistungsfähigen Netzwerks von Gesundheitseinrichtungen abgeschlossen, das eine effizientere Nutzung der verfügbaren Ressourcen ermöglicht. Der Staatshaushalt für 2025 sieht eine deutliche Erhöhung der Gesundheitsausgaben vor: Zusätzliche 6,3 Mrd. ukrainische Griwna werden für die Erweiterung des Programms für bezahlbare Arzneimittel und die Modernisierung der medizinischen Infrastruktur bereitgestellt."
Der Gesundheitsminister teilte mit, dass die Gesamtausgaben 217 Mrd. Griwna übersteigen werden, von denen mehr als 175,5 Mrd. Griwna für die Finanzierung des Programms für medizinische Garantien bereitgestellt werden. Das sind 16,8 Mrd. Griwna mehr als im Vorjahr.
Dr. Liashko schloss: "Regelmäßige Fortschrittsberichte der WHO und der Weltbank über die Umsetzung der Reformen bei der Gesundheitsfinanzierung in der Ukraine dienen als eine Art Kompass, der uns hilft zu verstehen, ob wir uns in die richtige Richtung bewegen. Die positiven Bewertungen, die ich heute gehört habe, motivieren uns, noch härter daran zu arbeiten, die Widerstandsfähigkeit des Gesundheitssystems zu stärken."
Der Bericht identifiziert die primäre Gesundheitsversorgung als einen kritischen Bereich, dem Priorität eingeräumt werden muss. Als die kosteneffizienteste Komponente des Gesundheitssystems dient die primäre Gesundheitsversorgung als Tor zu einer umfassenden Versorgung, von Routineuntersuchungen bis hin zu Überweisungen für fachärztliche Leistungen. Der Bericht fordert eine angemessene Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung, insbesondere in vom Krieg betroffenen Gebieten, um die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten.
Angesichts der angespannten Haushaltslage der Ukraine betont der Bericht zudem die Bedeutung einer Effizienzmaximierung, ohne den Zugang zu beeinträchtigen. Dazu gehören Maßnahmen wie:
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verbesserte Priorisierung und Kosteneffizienz von Leistungen im Rahmen des Programms für medizinische Garantien;
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Abstimmung von Reformen zur Finanzierung von Krankenhäusern mit einer stabilen, vorhersehbaren Finanzierung in Konfliktgebieten; und
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Stärkung von Steuerung und Transparenz des Gesundheitsfinanzierungssystems auf zentraler wie auch regionaler Ebene, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen.
Der Bericht skizziert politische Überlegungen für die Ukraine, um einen Wiederaufbau zum Besseren zu ermöglichen, unter Schwerpunktlegung auf die Modernisierung der Gesundheitsversorgung, die Optimierung von Krankenhausnetzwerken und die Stärkung von Institutionen. Dies umfasst auch, Lehren aus der Pandemie und dem Krieg zu ziehen, um die Vorsorge für und Widerstandsfähigkeit gegenüber künftigen Herausforderungen zu verbessern.
Die Reformierung der Gesundheitsfinanzierung wird durch Empfehlungen für eine bessere Planung und Regulierung von Gesundheitsleistungen ergänzt, insbesondere in Gebieten, in denen aktive Kampfhandlungen stattfinden. Gezielte Anpassungen der Finanzierungsmechanismen in diesen Regionen können den Betrieb stabilisieren und das Gesundheitspersonal unterstützen, das für die Aufrechterhaltung der Leistungen unter außergewöhnlichen Umständen von entscheidender Bedeutung ist.
Der Bericht von WHO und Weltbank betont, dass diese Ziele nicht durch eine einzelne politische Maßnahme erreicht werden können. Ein koordinierter Ansatz, der Reformen in den Bereichen Gesundheitsfinanzierung, Leistungserbringung und Regierungsführung umfasst, ist unerlässlich. Beim Wiederaufbau der Ukraine wird die Widerstandsfähigkeit ihres Gesundheitssystems ein entscheidender Faktor für die Erholung und den künftigen Wohlstand sein. Der Bericht bietet ein umfassendes Instrumentarium, das politischen Entscheidungsträgern bei der Bewältigung dieses schwierigen, aber entscheidenden Weges nach vorn helfen soll.
Globale und lokale Perspektiven
Während der Ausarbeitung des Berichts führten Experten von WHO und Weltbank zahlreiche Gespräche, unter anderem im Rahmen von Tagungen in Barcelona im Oktober 2023, Kiew im Januar 2024 und Wien im April 2024. Es wurden zusätzliche fachliche Konsultationen mit nationalen Behörden, u. a. dem Gesundheitsministerium, dem Finanzministerium und dem NHSU, organisiert.
Darüber hinaus veranstalteten WHO und Weltbank im Juli 2024 regionale Gespräche am Runden Tisch in Odessa, Dnipro und Kiew, um lokale Erkenntnisse über die Umsetzung der Reformen bei der Gesundheitsfinanzierung in der Ukraine zu sammeln. An diesen regionalen Konsultationen nahmen nationale und lokale politische Entscheidungsträger, Anbieter von Leistungen der primären Gesundheitsversorgung und fachärztlicher Versorgung sowie Eigentümer von Gesundheitseinrichtungen aus zehn ukrainischen Regionen teil: Dnipro, Charkiw, Cherson, Lwiw, Mykolajiw, Odessa, Poltawa, Rivne, Winnyzja, and Saporischschja. Sie erörterten die Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung und der fachärztlichen Versorgung, die Umsetzung des Programms für bezahlbare Arzneimittel und die Rolle des NHSU.
Aus den Konsultationen ergaben sich folgende zentrale Botschaften:
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Der andauernde Krieg wirkt sich unterschiedlich auf die Regionen aus.
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Für stärker betroffene Gebiete sind Anpassungen bei der Gesundheitsfinanzierung erforderlich.
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Eine ausreichende und gerechte Finanzierung der primären Gesundheitsversorgung, einschließlich bezahlbarer Arzneimittel, bietet das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.
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Die Entwicklung eines leistungsfähigen Anbieternetzwerks bietet die Möglichkeit, Qualität und Effizienz zu verbessern.
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Eine stärkere interregionale Präsenz des NHSU würde eine effektivere regionale Kommunikation über gesundheitliche Bedürfnisse und Anbieterkapazitäten ermöglichen.
Die Rückmeldungen aus den Konsultationen wurden in diese dritte gemeinsame Überprüfung der Gesundheitsfinanzierung einbezogen. Diese Reihe von Berichten, die gemeinsam von der WHO und der Weltbank erstellt wurden, bewertet die Fortschritte der Reformen bei der Gesundheitsfinanzierung seit ihrem Start im Jahr 2017.
Der neue Bericht wurde mit finanzieller Unterstützung der Schweizerischen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts "Aufrechterhaltung der Reformen im Gesundheitswesen der Ukraine", der kanadischen Regierung und der Europäischen Union im Rahmen des Projekts "Entwicklung des Gesundheitssystems in der Ukraine" sowie im Rahmen der Partnerschaft für eine allgemeine Gesundheitsversorgung erstellt.