Bundesland Niedersachsen

08/28/2024 | Press release | Distributed by Public on 08/28/2024 02:55

Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen versammlungsrechtliche Auflagen hinsichtlich des beabsichtigten Abseilens von einer die Autobahn A 27 querenden Brücke teilweise[...]

Mit Beschluss vom 27. August 2024 hat die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Stade in dem Verfahren 10 B 1407/24 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die mit Sofortvollzug versehenen versammlungsrechtlichen Nebenbestimmungen im Bescheid vom 26. August 2024 teilweise mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass der Antragsgegnerin aufgegeben wird, zu veranlassen, dass die Bundesautobahn A 27 am 28. August 2024 in der Zeit zwischen 12:00 Uhr und 13:00 Uhr zwischen den Anschlussstellen "Bremer Kreuz" und "Achim Nord" in beiden Fahrtrichtungen für den Verkehr gesperrt wird. Im Übrigen hat die Kammer den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Die Antragstellerin beabsichtigte als Anmelderin einer Versammlung zusammen mit anderen Personen das Abseilen von Personen von einem Brückenwerk über die A 27 bei laufendem Autobahnverkehr unter dem Versammlungsmotto "Spruchbänder an Autobahnbrücken sind kein Verbrechen - Autobahnen schon! Klimaschutz und Verkehrswende statt Strafverfahren gegen Aktivistis!". Diese konkrete Versammlungsform hat die Antragsgegnerin mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. August 2024 über Nebenbestimmungen unter Anordnung des Sofortvollzugs im Hinblick auf die damit verbundenen Gefahren untersagt und stattdessen eine Demonstration ausschließlich auf dem Brückenwerk zugelassen. Die Kammer hat entschieden, dass eine Überlagerung der rechtlichen Nichtöffnung von Autobahnen als nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmte Fernstraßen für den allgemeinen kommunikativen Verkehr nur ausnahmsweise in den Fällen in Betracht komme, in denen die Wahl einer Autobahn als Versammlungsort für eine effektive Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit unabdinglich sei. Für die Interessen der Antragstellerin als Anmelderin der Versammlung spreche im Rahmen der Abwägung, dass eine enge räumliche und zeitliche Nähe der beabsichtigten Versammlung zu der am 29. August 2024 beabsichtigten Entscheidung des Amtsgerichts Achim bestehe, die ihrerseits einen Bezug zu dortigen Autobahn habe. Jedoch würden die entgegenstehenden Gründe - - unter Fortsetzung des Autobahnverkehrs auf der Bundesautobahn unter dem Brückenwerk -gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegen. Nach den überzeugenden Darlegungen der Autobahn GmbH des Bundes und der Bewertung der Polizeiinspektion Verden/Osterholz vom 22.08.2024 geht die Kammer davon aus, dass eine Gefährdung von Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit bestehe. Das Brückenwerk sei so niedrig, dass ein Kontakt der herabhängenden Demonstranten insbesondere mit dem Schwerlastverkehr nicht auszuschließen sei. Gleiches gelte für eine wahrscheinliche Ablenkung für den Straßenverkehr auf der Bundesautobahn. Jedoch gebiete es der Grundsatz der praktischen Konkordanz zwischen dem Grundrecht der Antragstellerin aus Art. 8 Abs. 1 GG und der in der beschriebenen Weise durch die geplante Kundgebung gefährdeten öffentlichen Sicherheit, die Versammlung auf eine Durchführung unter Ausschluss des Autobahnverkehrs für eine Stunde am 28. August 2024 zwischen 12:00 und 13:00 Uhr zu verweisen. Der angestrebte Beachtungserfolg der Versammlung werde durch das bloße Nutzen der Brücke nicht hinreichend ermöglicht. Verkehrsbehinderungen über einen kurzen Zeitraum von einer Stunde würden die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs - auch unter Berücksichtigung einer erforderlichen teilweisen Sperrung des Bremer Kreuzes - nicht in unzumutbaren Maße beeinträchtigen. Es sei weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich, dass größere Unfälle durch die sperrungsbedingten Stauungen entstünden. Rechtzeitige Hinweise, Warnungen und Geschwindigkeitsreduzierungen bis zur Sperrung dürften zu veranlassen sein. Dass eine entsprechende Sperrung in der Kürze der Zeit nicht durchführbar sei, sei nicht substantiiert vorgetragen worden. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Er kann mit der Beschwerde vor dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht angefochten worden.