German Federal Government

09/09/2024 | Press release | Distributed by Public on 09/10/2024 00:39

Regierungspressekonferenz vom 9. September 2024

Sprecherinnen und Sprecher

  • Staatssekretär Hebestreit
  • Kock (BMI)
  • Bönnighausen (BMJ)
  • Wagner (AA)
  • Müller (BMVg)
  • Druckenthaner (BMDV)
  • Gülde (BMG)
  • Ungrad (BMWK)
  • Ehrentraut (BMAS)

(Vorsitzender Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt
StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

StS Hebestreit

Nur ein kleiner Servicehinweis: Wir hatten am Freitag angekündigt, dass der Bundeskanzler morgen, am Dienstag, das Diplomatische Corps in Meseberg treffen werde. Das war eine Schönwettervariante. Sie gucken raus und sehen: So richtig schön ist es gerade nicht. Insofern wird das Treffen morgen von 14 bis 16 Uhr im Kanzleramt stattfinden - trockenen Hauptes und trockenen Fußes, und nicht in Meseberg. Wir bedauern das sehr, aber das erspart vielleicht dem einen oder anderen auch einen längeren Anreiseweg. - Das nur zur Serviceorientierung der Bundesregierung.

Frage

An das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium: Welchen Stand hat die Prüfung der Vorschläge, die jetzt diskutiert werden, sprich die juristische Prüfung der Zurückweisung an der Grenze und der anderen Dinge, die im Zusammenhang mit dem Thema Migration diskutiert werden?

Kock (BMI)

Wenn ich mich richtig erinnere, hat sich mein Kollege Herr Kall letzte Woche umfangreich dazu geäußert. Wir prüfen nach wie vor, und ich habe heute keinen neuen Stand mitzuteilen.

Frage

Herr Hebestreit, was hält der Kanzler von der söderschen maximalen Obergrenze von deutlich unter 100 000 Asylanträgen pro Jahr, zu der er sich gestern im Sommerinterview geäußert hat?

Wie sieht es mit den Zurückweisungen aus, kann man sich darauf jetzt einigen?

Vielleicht auch noch eine Frage an das BMI: Das Folgetreffen soll ja morgen Nachmittag stattfinden. Die Union hat noch nicht signalisiert, ob sie teilnehmen wird oder nicht, und macht das von Zusagen der Bundesregierung in Sachen Zurückweisungen abhängig. Wie ist da jetzt der Stand? Vielleicht können Sie da ein bisschen Aufklärung leisten.

StS Hebestreit

Wir haben - sehr zu Ihrem Leidwesen - vereinbart, dass wir diese Gespräche vertraulich führen; insofern sollen sie erst einmal vertraulich geführt werden. Es findet eine Prüfung statt, bei der es um die Fragen geht, die Sie und uns alle bewegen. Diese Prüfung ist am vergangenen Dienstag vereinbart worden und soll bis morgen abgeschlossen worden sein. Im Lichte des Ergebnisses dieser Prüfung wird dann entschieden, ob man noch einmal zusammenkommt. Der Bundeskanzler hat gestern im Interview mit einem großen Fernsehsender angekündigt, dass er davon ausgeht, dass es ein effektives Grenzmanagement geben wird. Das ist im Moment der Stand, und alles Weitere muss sich dann ergeben.

Zur Aussage des bayerischen Ministerpräsidenten habe ich jetzt kein direktes Gespräch mit dem Bundeskanzler geführt. Das schaffe ich aber auch zeitlich nicht, weil die Vorschläge, die Herr Söder immer wieder in die Diskussion bringt, oft eine Halbwertszeit haben, die sehr, sehr kurz ist. Ich erinnere mich daran, dass sein Vorgänger, Horst Seehofer, einmal eine Obergrenze von 180 000 oder 200 000 ins Feld geführt hat. Wenn man sich immer weiter überbieten will, muss man das einfach immer geringer machen. Inwieweit und mit welchen Maßnahmen so etwas erreichbar ist, und ob diese Maßnahmen dann dem Grundgesetz, dem Europarecht und den internationalen Vereinbarungen, die unser Land eingegangen ist, immer entspricht, das muss sich dann entscheiden. Der Kanzler hat immer wieder darauf verwiesen, dass jeder Einzelne - auch jeder Einzelne, der beim Thema irreguläre Migration und im Kampf dagegen Zuständigkeiten hat - am besten beraten ist, erst einmal den Teil, den er tatsächlich selber beeinflussen kann, zu leisten, und dann die Forderungen an andere Ebenen zu stellen.

Zusatz

Genau zu diesem Punkt: Der Koalitionspartner FDP beziehungsweise Herr Lindner hat sich geäußert, dass er sich diese Zahl zu eigen machen könne. Also gibt es auch in der Ampelkoalition durchaus Fürsprecher zu dieser Obergrenze.

StS Hebestreit

Sie haben ja gerade gehört, was ich dazu gesagt habe.

Zusatzfrage

Das stimmt. - Gibt es aus dem BMI noch irgendwelche Ergänzungen?

Kock (BMI)

Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

Frage

Auch zum Thema Asyl an das Innenministerium und an das Außenministerium: Es gibt den Aspekt, dass man sich bei stärkeren Zurückweisungen - egal, wie das jetzt juristisch ausgeht - irgendwie mit den Partnerstaaten abstimmen sollte. Laufen etwa mit Österreich und der Schweiz mittlerweile Gespräche darüber, dass man bei stärkeren Zurückweisungen dann auch den Konsens mit den anderen Partnern sucht?

Kock (BMI)

Ich kann dazu höchstens ganz allgemein ausführen, dass wir mit den Nachbarstaaten fortlaufend in Gesprächen sind, auch zum Grenzregime und dazu, wie an einzelnen Grenzen vorgegangen wird. Näheres kann ich Ihnen dazu jetzt nicht sagen.

Zusatzfrage

Frau Kock, es wurde ja darauf hingewiesen, dass seit Oktober bereits Zurückweisungen in fünfstelliger Zahl stattgefunden haben. Hat es irgendwelche Probleme mit den österreichischen Behörden oder mit anderen Partnern dabei gegeben, dass diese Personen dann auch zurückgenommen wurden und nicht wieder die Grenze zu Deutschland überqueren konnten?

Kock (BMI)

Es gab seit Oktober 2023 - das hat Herr Kall letzte Woche auch schon gesagt - mehr als 30 000 Zurückweisungen an den deutschen Grenzen durch unsere Binnengrenzkontrollen. Von Problemen kann ich hier nicht berichten.

Frage

Herr Hebestreit, Sie haben vorhin gesagt, man werde im Lichte des Ergebnisses entscheiden, ob man noch einmal zusammenkommt. Habe ich richtig verstanden, dass sich das auf die Prüfung bezog? Das würde ja bedeuten, dass man nicht zusammenkommt, wenn die Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass keine Zurückweisung möglich ist.

StS Hebestreit

Nein, ich glaube, dann habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Es wird ein Ergebnis der Prüfung vorliegen. Dann wird durch diejenigen, die vergangene Woche Dienstag zusammengesessen haben, dieses Prüfergebnis skizziert, und daraus entscheidet man dann, ob die größte Oppositionspartei das als eine mögliche Grundlage sieht, um noch einmal zusammenzukommen. So habe ich das verstanden.

Zusatzfrage

Frau Kock, es gab ja 2015, 2016 schon einmal eine Prüfung genau dieser Frage. Was war denn damals das Ergebnis dieser Prüfung, und was prüfen Sie jetzt genau? Setzen Sie auf der damaligen Prüfung auf?

Kock (BMI)

Meiner Erinnerung nach hat sich gegenüber damals nichts geändert. Ich kann gerne noch einmal versuchen, das in den Akten nachzuvollziehen. Es wird jetzt aber aktuell geprüft.

Frage

Zu dieser Prüfung von 2015, die der Kollege jetzt ansprach, gibt es ja auch Dokumente, die inzwischen öffentlich zugänglich sind. Seitdem gab es diverse EuGH-Urteile. Hat sich in der Substanz in der Beurteilung im BMI in den vergangenen Jahren irgendetwas an der Einschätzung von 2015 geändert?

Kock (BMI)

Ich kann das jetzt noch fünfmal wiederholen: Wir prüfen derzeit, und Sie werden mich nicht dazu bringen, mich jetzt näher zu Details zu äußern.

Frage

Ich muss es trotzdem auch noch versuchen, denn mir ist das noch nicht ganz klar: Wenn der Bundeskanzler gestern in dem besagten Interview, das Herr Hebestreit eben angesprochen hat, gesagt hat, dass das schon alles möglich ist und dass solche Zurückweisungen auch schon in fünfstelliger Zahl stattgefunden haben, was beinhaltet diese Prüfung durch das BMI dann noch, was sozusagen darüber hinaus seitens der Union für möglich gehalten wird? Das habe ich noch nicht verstanden.

Kock (BMI)

Was die Union für möglich hält, das müssten Sie bitte die Union fragen, und nicht mich als Sprecherin des Bundesinnenministeriums.

Vielleicht hilft es Ihnen weiter, wenn ich Ihnen sage, aus welchen Gründen diese 30 000 zurückgewiesen wurden. Das ist beispielsweise geschehen, wenn jemand keinen Asylantrag stellt, oder auch, wenn er keine gültigen Papiere oder kein Visum für Deutschland hat.

Zusatzfrage

Es gab die Forderung, dass Menschen einen Asylantrag nur dann stellen können sollen, wenn sie sich auch ausweisen können. Erwägt die Bundesregierung, dabei mitzugehen, dass man das rechtlich ändert, sodass Menschen ohne Pass keinen Asylantrag mehr stellen können?

StS Hebestreit

Das ist ja genau der Teil, wo Ihr Interesse und das von Ihnen oft kritisierte Verhalten innerhalb des politischen Betriebes, dass man zu viel über ungelegte Eier gackert, sich beißen. Es ist Vertraulichkeit vereinbart worden, es wird geprüft, und nach dieser Prüfung wird das zunächst den betreffenden Einheiten mitgeteilt, die danach entscheiden, ob sie das für eine Grundlage für weitere Gespräche halten. Danach wird es Ihnen in ganzer Gänze, Breite und Schönheit mitgeteilt. Andersherum würde die Bundesregierung - auch wenn ich das Interesse total nachvollziehen kann - diese Vertraulichkeit ja brechen.

Gerade in einer so wichtigen Frage, die unser Land sehr umtreibt und die auch Menschen aufregt und beschäftigt, wäre es jetzt nicht gut, mit Parolen zu hantieren oder sich über Äußerungen und Forderungen gegenseitig in die Ecke oder in die Enge zu treiben. Was an dem gemeinsamen Treffen vergangene Woche - inklusive der größten Oppositionspartei, die ihre Mitarbeit in diesen Fragen ja angeboten hat - neu war, ist ja, dass man versucht, konstruktiv und ohne immer wieder eine Schuldzuweisung in eine Richtung zu geben zu einem Ergebnis zu kommen, das - ich sage es noch einmal - den Bestimmungen unseres Grundgesetzes, den internationalen Vereinbarungen und auch den europäischen Verträgen gerecht wird. Da wird alles miteinander geprüft und abgewogen, und danach muss miteinander politisch besprochen werden, was man für möglich und für nötig hält - und dann werden Sie informiert. Bis dahin - das ist ja nicht mehr lange hin - müssen Sie sich noch ein bisschen gedulden. Ich weiß, das ist sehr schwer.

Frage

Frau Kock, ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit Deutschlands aktuell ernsthaft in Gefahr? Das wäre ja die Voraussetzung dafür, dass man nach § 72 der AEUV eine Notlage erklären und damit Zurückweisungen begründen könnte. Ist diese Gefährdung Ihrer Kenntnis nach hochgradig gegeben?

Kock (BMI)

Ich werde mich nicht näher zu den laufenden Prüfungen äußern.

Zusatzfrage

Entweder an Sie oder auch an Herrn Hebestreit: Wie gestern bekannt wurde, hat Österreich kategorisch erklärt, man werde keine an deutschen Grenzen zurückgewiesenen Asylbewerber aufnehmen. Will die Bundesregierung einen derart massiven Konflikt mit einem wichtigen Nachbarn in Kauf nehmen?

StS Hebestreit

Manchmal sagt man Dinge ja in der Hoffnung, Verständnis dafür zu bekommen - auch von Ihnen -, dass man über gewisse Dinge im Vorfeld nicht spekulieren kann, auch wenn diese Spekulationen total spannend sind.

Natürlich nimmt die Bundesregierung auch wahr, was in anderen Ländern gesagt und getan wird, und natürlich bezieht sie auch all das in ihre Erwägungen mit ein. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, jetzt einzelne Äußerungen oder einzelne Interventionen zu bewerten. Das wird vielmehr alles im Lichte dessen gewogen, was jetzt miteinander besprochen wird, und Sie können sich sicher sein, dass in diesem Fall auch solche Hinweise wie die, die Sie erwähnt haben, in Entscheidungen, die man trifft, einbezogen werden.

Frage

Auch genau dazu: Dass Österreich sagt, dass es keine an deutschen Grenzen abgelehnten Asylbewerber aufnehmen will, macht doch keinen Sinn, wenn, wie uns das BMI am Freitag noch gesagt hat, ohnehin keine Menschen aufgrund von Asyl an deutschen Grenzen abgelehnt werden, korrekt? Das ist doch immer noch der Fall, Frau Kock?

Kock (BMI)

Personen, die einen Asylantrag stellen, haben ein Recht auf Asyl beziehungsweise haben zumindest ein Recht darauf, dass ihr Asylantrag zunächst geprüft wird.

Zusatzfrage

Und Sie hatten uns ja gesagt, dass das ohnehin nicht stattfinde. - Herr Hebestreit, weil Sie gerade in ähnlicher Weise gesagt haben, dass es Vorschläge gibt: Herr Scholz hatte gesagt, dass die sich alle im Rahmen der europäischen Gesetze, der internationalen Verträge und unseres Grundgesetzes bewegen müssen. Dass die AfD populistische Forderungen aufstellt und teilweise illegale Sachen fordert, ist ja nichts Neues, aber wundert sich der Kanzler, dass das mittlerweile auch von etablierten sogenannten Mitteparteien kommt?

StS Hebestreit

Da ich nicht weiß, worauf Sie anspielen, kann ich mich auch nicht ernsthaft dazu einlassen. Grundsätzlich habe ich hier, glaube ich, vor zwei Wochen gesagt, dass man immer gut beraten ist, in all seinen Vorschlägen die deutsche Verfassung und andere wichtige internationale Vereinbarungen zu berücksichtigen, und alle, die vernünftig sind, tun das auch.

Frage

Eine Sachfrage an Frau Kock: Umfasst die Prüfung auch Gespräche mit Ländern wie Österreich oder Griechenland, wenn ein Flüchtling dort einen Status hat und dann nach Deutschland kommt? Sprechen Sie also mit diesen Ländern, und impliziert das auch die Prüfung? Das eine ist ja, ob es juristisch möglich wäre, und das andere, ob es praktisch möglich wäre.

Kock (BMI)

Herr Hebestreit hat das ja gerade sehr ausführlich dargelegt. Das waren letzte Woche vertrauliche Gespräche. Wir führen das auch so fort, und wir werden uns zu den einzelnen Details dieser Gespräche nicht äußern. Dazu gehört auch, was im Einzelnen besprochen wurde und was jetzt im Einzelnen geprüft wird.

Zusatzfrage

Herr Hebestreit, wie wichtig wäre aus Sicht des Kanzlers grundsätzlich eine Einigung mit der Union in dieser Frage?

StS Hebestreit

Im Grundsatz zeigt sich das ja schon daran, dass die Bundesregierung zu Gesprächen auch mit der größten Oppositionspartei und mit Vertreterinnen und Vertretern der sogenannten A- und B-Länder, die ja auch wichtig sind und auch wichtige Kompetenzen in diesem Feld haben, eingeladen hat. Jetzt versucht man, das möglichst gemeinsam hinzubekommen. Den Rahmen haben wir jetzt mehrfach beschrieben, und jetzt muss man sehen, ob man an dieser Stelle in dieser wichtigen Frage zusammenkommt. Alles Weitere wird sich in den nächsten Tagen erweisen; davon gehe ich fest aus.

Frage

An das Justizministerium: Wenn ich das richtig verstanden habe, findet die Prüfung zwischen beiden Häusern, also zwischen Innen- und Justizministerium statt. Da die FDP eine dezidiert andere beziehungsweise eine klare Haltung hat, was passieren sollte, hätte ich ganz gerne gewusst, wie der Justizminister diese Prüfung beurteilt. Ist er da offener, dass es zu stärkeren Zurückweisungen kommen kann?

Bönnighausen (BMJ)

Es wird Sie wenig überraschen, wenn ich Ihnen jetzt sage, dass ich Ihnen auch nichts anderes sagen kann als meine Kollegin vom Innenministerium und Herr Hebestreit. Die Prüfungen dauern an, und auch ich werde mich jetzt nicht hin zu Details auslassen.

Zusatzfrage

Können Sie uns zumindest sagen, wann diese Prüfung abgeschlossen ist?

Bönnighausen (BMJ)

Ich kann nichts Weitergehendes dazu sagen.

Zusatzfrage

Herr Hebestreit hat auf den Dienstag verwiesen - dann müsste ja logischerweise das vor dem Dienstag stattfinden?

StS Hebestreit

Mein Gefühl ist: Wir können uns zu dem Ausdruck "bald" hinreißen lassen.

Frage

Ich habe noch eine Frage zum Einladungsmanagement: Es gibt heute Kritik seitens der Kommunen, dass sie nicht mit am Tisch sitzen und nicht Teil dieser Gespräche sind. Wie kam es dazu, dass man die Kommunen außen vor hält?

Kock (BMI)

Es stellt sich immer die Frage, wie man so einen Einladungskreis setzt. Hier war nun die Idee, dass die Bundesregierung sich mit der Opposition und mit Vertretern der Bundesländer zusammensetzt. Damit sind die Kommunen zumindest mittelbar über die Ländervertreter beteiligt. Inwieweit man dann zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal in Gespräche mit Kommunen und Städten geht, wird sich zeigen.

StS Hebestreit

Das ist vielleicht ein ganz wichtiger Hinweis: Die föderale Ordnung in Deutschland ist so beschaffen, dass die Städte und Gemeinden auf Bundesebene vertreten durch die Länder ihre Dinge wahrnehmen. Es gibt in der Regel keinen direkten Kontakt zwischen der Bundesebene und der kommunalen Ebene. Das muss man Herrn Sager kurz vor Amtsende vielleicht noch einmal erläutern.

Frage

Der Kanzler sich in dem ZDF-Interview gestern auch für Friedensgespräche mit der Ukraine ausgesprochen, an denen auch Russland teilnehmen soll. Sind da konkrete diplomatische Initiativen geplant, oder ist vielleicht sogar ein Telefonat des Kanzlers mit Herrn Putin geplant?

StS Hebestreit

Es gibt einen Friedensprozess, der schon relativ lange läuft und vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj angestoßen worden ist. Es hat im vergangenen Frühsommer, im Juni, in Bürgenstock in der Schweiz eine erste große Konferenz mit mehr als hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern gegeben. Da wurde vereinbart, dass man diesen Prozess in einer Folgekonferenz fortsetzen will. Es gab allgemein das Gefühl beziehungsweise die Erkenntnis oder den Konsens, dass ein solches weiteres Treffen auch unter Berücksichtigung Russlands stattfinden sollte und soll. Diese Bestrebungen laufen jetzt. Ich kann Ihnen noch kein Datum nennen; das wäre jetzt, glaube ich, übereilt. Klar ist aber, dass es eigentlich überall in der Welt das Gefühl gibt: Dieser Krieg muss möglichst bald enden. Daran ist die Ukraine sehr bestrebt.

Noch einmal zur Erklärung: Der russische Präsident könnte diesen Krieg jederzeit von heute auf morgen sofort beenden. Es ist ein Angriffskrieg, den er seit zweieinhalb Jahren auf erbarmungslose Art und Weise führt, unter hohem Blutzoll und inzwischen auch riesigen, gigantischen Kosten -für sein Land, aber natürlich auch für die Ukraine und für den gesamten Westen, der der Ukraine beisteht. Klar ist auch, dass es um einen gerechten Frieden geht; es geht also nicht um einen Diktatfrieden. Es geht auch darum, dass man diesen Prozess auch seitens des globalen Südens und auch seitens aller anderen Beteiligten anstrengt und fordert, und es wird Zeit, da voranzukommen. Aber auch da gilt wieder - deshalb habe ich das mit dem gerechten Frieden gesagt -: Es geht nicht darum, dass die Ukraine eine weiße Fahne hissen und sagen muss: Wir ergeben uns. Vielmehr ist klar, dass das jetzt eine Situation ist, in der beide Seiten prüfen müssen, wie sie weiter miteinander umgehen wollen.

Frage

Der Kanzler sprach davon, dass jetzt der Zeitpunkt für neue Friedensgespräche sei. Was genau ist mit dem "jetzt" gemeint? Manch einer unterstellt ihm da eine Nähe zu den Landtagswahlen oder einen innerparteilichen Grund.

Welche Rolle könnte Deutschland in diesen Gesprächen konkret spielen?

StS Hebestreit

Die Gespräche würden, wenn überhaupt, zwischen Russland und der Ukraine zu führen sein. Alle anderen Beteiligten können dann unterstützend eine Rolle spielen. Ich habe ja gesagt, dass das ein Prozess ist, der schon länger läuft. Es hat vorbereitende Treffen auf Ebene der nationalen Sicherheitsberater gegeben - ich glaube vier an der Zahl in den letzten zwölf, vierzehn Monaten, und zwar in Dschidda, auf Malta in Valletta, in Kopenhagen, und das vierte fällt mir gleich bestimmt auch noch ein. Die haben sich zusammengesetzt, und dann wurde das Treffen in Bürgenstock in der Schweiz als erstes Treffen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs annonciert, und man hat gesagt, dass es Folgetreffen auch auf Ebene der Staats- und Regierungschefs geben wird.

Um Ihre freundlich verpackte Unterstellung zurückzuweisen: "Jetzt" heißt natürlich, dass wir in einem ständigen Austausch mit der Ukraine und auch mit der amerikanischen Seite sowie mit unseren europäischen Partnern sind. Der Bundeskanzler hat zuletzt am Freitag Herrn Selenskyj getroffen und hat sich mit ihm intensiv darüber sowie auch über andere Fragen ausgetauscht. Auch mit dem französischen Präsidenten hat er gesprochen. Insoweit ist das ein kontinuierlicher Prozess, der jetzt auch weiter vorangetrieben werden muss. Es ist jetzt aber nicht so weit, dass man - - - Es gab ja auch noch die Frage, ob jetzt ein Telefonat des Bundeskanzlers mit Herrn Putin bevorstünde. Da bleibt das alte "saying": "Nothing about Ukraine without Ukraine". Die Ukrainerinnen und Ukrainer, die auf heldenhafte Weise seit mehr als zweieinhalb Jahren dem Aggressor trotzen, sind diejenigen, die auch bei diesen Gesprächen im Fahrersitz sitzen.

Zur Frage, welche Rolle Deutschland dabei spielen kann: Deutschland ist der zweitstärkste militärische und finanzielle Unterstützer der Ukraine nach den USA, und auch im Zuge von Sicherheitsgarantien sowie von Unterstützungsleistungen und Ähnlichem können die internationale Gemeinschaft und auch Deutschland dort einen wichtigen Part spielen. All das muss sich dann aber in Gesprächen zeigen. Noch einmal: Es kann kein Diktatfrieden sein und es geht auch nicht darum, der russischen Seite eine Atempause - in Anführungszeichen - zu bescheren, so wie das schon einmal der Fall gewesen ist, um dann Kräfte zu sammeln und in einem nächsten Schritt die Attacken auf die Ukraine weiter fortzusetzen.

Frage

Herr Hebestreit, der Kanzler hat wiederholt gesagt, eine Voraussetzung für den Frieden in der Ukraine sei, dass Russland seine Truppen zurückziehe. Gilt diese Aussage weiterhin unverändert? Inwiefern ist das Voraussetzung für Friedensgespräche mit Russland?

StS Hebestreit

Ich glaube, er hat immer gesagt, dass es darum geht, dass Russland seine Truppen zurückzieht. Es kann also nicht darum gehen kann, ein Einfrieren des aktuellen Frontgeschehens nachträglich zu rechtfertigen oder staatlich zu sanktionieren, sondern es geht darum, eine Lösung zu finden, die für die Ukraine gangbar ist. Darüber kann nur die Ukraine befinden. Klar ist aber: Man kann das nicht tun, während heftig gekämpft wird und erbarmungslos sowohl die Energieinfrastruktur als auch Ukrainerinnen und Ukrainer - das sind ja alles Zivilistinnen und Zivilisten - mit Raketenangriffen und Ähnlichem in Mitleidenschaft gezogen werden, also wenn das so weiterläuft.

Frage

Herr Hebestreit, Sie haben gerade gesagt, dass ein Telefonat mit Putin nicht auf der Agenda stehe. Wäre der Bundeskanzler grundsätzlich bereit zu einem Gespräch, zu einem Telefongespräch mit Herrn Putin, um auszuloten, wie ernst es Moskau mit dem Frieden mit der Ukraine meint?

StS Hebestreit

Ohne dass ich das in diesen direkten Kontext stellen will, kann ich darauf verweisen, dass der Bundeskanzler immer wieder darauf verwiesen hat, hat, dass er auch nach Kriegsbeginn immer wieder mit Herrn Putin telefoniert hat und dies auch in Zukunft tun werde. Das letzte Gespräch war, glaube ich, im Dezember 2022, ist also schon eine geraume Zeit her. Es ist nicht so, dass es im Augenblick an russischen Wortbeiträgen zu dieser Frage mangeln würde. All das, was man aus dem Kreml und auch von Wladimir Putin hört, sind aber doch eher Äußerungen, die nicht den Eindruck entstehen lassen, dass man da sehr bereit sei, konstruktiv in Friedensverhandlungen zu gehen. Gleichwohl gilt: Wenn der Bundeskanzler dies zu einem Zeitpunkt für sinnvoll erachtet, hat er auch keinerlei Scheu, ein Telefonat mit dem russischen Präsidenten zu führen. Allerdings wäre ich im Augenblick zurückhaltend, was die Erwartungen an ein solches Gespräch angeht. Das müssten wir dann abwarten.

Frage

Ihre Zurückweisung, dass es keinen Diktatfrieden geben dürfe, beinhaltet ja auch, dass die Ukraine sozusagen Handlungsspielraum für einen, wie Sie sagen, gerechten Frieden haben muss. Beinhaltet der Begriff des "jetzt", den der Kanzler eingeführt hat, die Einschätzung, dass es mit Blick auf das reale Kräfteverhältnis - "troops on the ground and in the air" - in absehbarer Zeit keine Perspektive gibt, dass sich die Situation beziehungsweise die Möglichkeiten der Ukraine signifikant verbessern?

StS Hebestreit

Ich glaube, es verbietet sich, hier Spekulationen über den weiteren Kriegsverlauf anzustellen. Grundsätzlich ist es so, dass wir seit vielen Monaten ein vergleichsweise stabiles Kriegsgeschehen beobachten. Da gab es die eine Ausnahme des Gebiets um Kursk herum, wo die ukrainischen Streitkräfte einen überraschenden Erfolg feiern konnten. Gleichzeitig setzen sich die Gefechte im Donbass unvermindert und mit großer Härte fort. Massive Frontverschiebungen sind aber schon seit einigen Monaten nicht zu beobachten.

Zusatzfrage

Präsident Selenskyj erweckt manchmal den Eindruck, als gäbe es in Wahrheit - und sei es hinter den Kulissen - keine ernsthaften diplomatischen Verhandlungen und Bemühungen um einen Friedensprozess. Teilen Sie diesen Eindruck, oder ist aus dem, was Sie sagen, nicht eigentlich zu schließen, dass tatsächlich solche Formen - und sei es im Hintergrund - stattfinden, auch von Deutschland befördert werden?

StS Hebestreit

Ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Eindruck, den Sie Herrn Selensky untergeschoben haben, teilen würde oder ob mir das schon mal begegnet ist. Wir reden hier über einen Prozess, der maßgeblich von der ukrainischen Seite, genauer gesagt vom Leiter der Präsidialbürokratie, Herrn Jermak, und von Präsident Selenskyj, befördert wird. Insofern, glaube ich, gibt es da keine Geheimnisse, die hinter dem Rücken oder ganz verborgen erledigt werden. Wir sind auch relativ freigiebig und haben immer wieder darüber gesprochen. Das Treffen in Bürgerstock hat ja eine große Öffentlichkeit erreicht, aber auch die Vortreffen der nationalen Sicherheitsberater sind nicht in geheimen Hinterzimmern und unter Ausschluss jeglicher Kenntnis der Öffentlichkeit vollzogen worden. Insofern kann ich Ihre Mutmaßung nicht da nicht bestätigen. Ich würde auch davor warnen, jetzt von Geheimgesprächen, geheimen Kanälen oder schon weit fortgeschrittenen Friedensvorbereitungen zu sprechen. So weit sind wir nicht, nein.

Frage

Herr Wagner, ich wollte Sie nach einer Stellungnahme zu der Ausreise des venezolanischen Oppositionskandidaten Edmundo González Urrutia nach Spanien fragen. Gibt es eine Reaktion darauf?

Wagner (AA)

Die gibt es. - Das ist natürlich erst einmal ein herber Rückschlag für die Demokratie in Venezuela. Wir haben uns gestern auch schon dazu eingelassen und gesagt: In einer Demokratie sollte niemand, keine Politikerin und kein Politiker, gezwungen sein, ins Asyl zu flüchten. Insofern sind unsere Forderungen da sehr klar: Wir fordern die venezuelischen Behörden weiter zu einem Ende des gewaltsamen Vorgehens gegenüber der Opposition auf, und wir fordern dazu auf, die Rechte der demokratischen Teilhabe wiederherzustellen.

Zusatzfrage

Gab es in Deutschland einen Antrag von Herrn González Urrutia?

Wagner (AA)

Darüber möchte ich hier nicht spekulieren. Sie haben ja die Berichte darüber gesehen, wo sich Herr González jetzt aufhält; insofern ist das, glaube ich, eine Frage, die man an Spanien richten müsste.

Aber noch einmal allgemein: Ich glaube, der ganze Vorgang ist schon ein sehr herber Rückschlag für die Demokratie in Venezuela.

Zusatzfrage

Spanien sagt, es werde sich für Dialog und Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition einsetzen. Könnte sich Deutschland das auch vorstellen?

Wagner (AA)

Wir haben ja immer wieder betont, dass es jetzt erst einmal die Veröffentlichung der Wahlergebnisse in Venezuela braucht, die man sich überprüfbar und unabhängig anschauen muss. Das muss ja sozusagen die Voraussetzung dafür sein, wie der demokratische Prozess in Venezuela weitergeht.

Zusatzfrage

Eine letzte Frage vielleicht an Herrn Hebestreit: Hält Deutschland Venezuela für eine Diktatur?

StS Hebestreit

Ich bin immer sehr vorsichtig damit, so etwas freihändig von dieser Stelle aus zu diagnostizieren oder kundzutun. Insofern würde ich einfach auf das, was wir ja vielfach zum Thema Venezuela und auch zum dortigen Wahlprozess gesagt haben, verweisen, und dann ergibt sich daraus vielleicht die Antwort ein bisschen von selbst.

Frage

Es gab in den vergangenen Tagen wieder vermehrt Berichte über Drohnensichtungen, unter anderem rund um Brunsbüttel, das LNG-Terminal, wenn ich es richtig verstanden habe, oder den Park. Ich würde gerne vom BMI wissen -- ich glaube, das ist das zuständige Ministerium, aber vielleicht ist es auch das BMVg -, wie der aktuelle Aufklärungstand ist und was für Vorfälle das denn gewesen sind.

Es gibt außerdem aus Reihen der Privatwirtschaft die Forderung, die Drohnenbekämpfung privat zu gestatten, was ja bislang versagt sei. Ich würde gerne wissen, was die Bundesregierung davon hält.

Kock (BMI)

Wenn ich das jetzt aus dem Stand heraus richtig weiß, dann ist die Gemengelage bei Drohnensichtungen auch über militärischen Anlagen vielfältig. Das betrifft eben zum Teil die Bundeswehr selbst, das Militär selbst, zum Teil das Land und die Polizeien des Landes, und je nachdem kann das auch uns betreffen, insbesondere wenn es um mögliche ausländische Einflussnahme geht.

Zu den konkreten Fällen kann ich mich hier im Moment nicht äußern. Sie wissen ja - wir haben uns hier auch schon dazu geäußert -, dass das zum Teil oder, denke ich, insgesamt laufende Ermittlungen sind, und dazu äußern wir uns hier nie.

Zu der privat organisierten Drohnenabwehr: Ich bin skeptisch. Ich kann mich da gerne schlaumachen und das nachreichen.

Zusatzfrage

Hat Herr Müller etwas zu dem Thema zu ergänzen?

Müller (BMVg)

Wie ja gerade zum Teil richtig angesprochen wurde, obliegt der Schutz ziviler Infrastruktur ausschließlich den Landessicherheitsbehörde, den Landesbehörden und den Betreibern. Das heißt, die Bundeswehr hat hier keine Finger im Spiel, in das wir uns einbringen könnten. Es ist hinsichtlich Brunsbüttel geschehen - das wissen Sie -, dass wir zur Vervollständigung des Lagebildes beigetragen haben, indem wir zum Beispiel Radarbilder zur Verfügung gestellt haben, die aber dann noch von der zivilen Seite ausgewertet werden müssen. Es sind einfach rechtliche Schritte, die dahinterstecken.

Für unsere eigenen Liegenschaften ist es so, dass wir natürlich für unsere eigenen Liegenschaften und auf unseren Liegenschaften eine eigene Verantwortung haben, der wir natürlich auch durch eigene Systeme nachkommen. Sobald wir jetzt aber schon an die Grenze kommen, wo der Kasernenzaun ist, und zum Gebiet draußen, dann ist hier eine Zusammenarbeit mit den zivilen Behörden unabdingbar. Das erfolgt vor Ort mit den Landesbehörden, mit den Polizeibehörden, mit den Strafverfolgungsbehörden. Da gibt es oftmals Koordinierungsgruppen, die sich dann auch gemeinsam um die Hotspots kümmern.

Zusatzfrage

Ich habe eine Verständnisfrage dazu, Herr Müller: Das heißt, wenn eine Drohne jenseits des Kasernenzauns fliegt, dann dürfte die Bundeswehr sie in dem Fall noch nicht einmal herunterholen?

Müller (BMVg)

Wenn eine Drohne außerhalb des Kasernenzauns fliegt und keine unmittelbare Bedrohung direkt absehbar ist, dann haben wir uns mit den zivilen Behörden, die für diesen Bereich zuständig sind, abzustimmen, und diese müssen dann handeln.

Frage

Die Frage schließt eigentlich genau da an: Herr Müller, es hat jetzt Berichte gegeben, dass nicht nur Deutschland betroffen war, sondern dass es mutmaßlich russische Drohnen auch über Litauen und Rumänien gegeben hat. Sicherheitsdienste sagen, dass seien Testflüge, die die Russen da machten, weil sie sehen wollten, was die westlichen Länder eigentlich machen und ob sie eigentlich in der Lage sind, Drohnen abzuschießen. Wie Sie gerade beschrieben haben, scheint das ja sehr schwierig zu sein. Deswegen habe ich die Frage: Wären Sie dafür oder wäre Ihr Ministerium dafür, dass man die Kompetenzen ausweitet, damit die Bundeswehr bei der Abwehr von Drohnen größere Zuständigkeiten hat?

Müller (BMVG)

Den Zusammenhang mit den Vorfällen, die gegebenenfalls in den beiden Bündnisnationen stattgefunden haben, verstehe ich nicht ganz. Für den Schutz der jeweiligen Lufträume sind die Bündnisnationen zuständig, und die bewerten die Lage sicherlich auch im Bündnis, gemeinsam mit den Partnern und mit der Nato. Das erst einmal grundsätzlich zu diesen beiden Vorfällen.

Zusatzfrage

Ja, das ist klar. Ich will ja auch nicht wissen, was Sie in Rumänien und Lettland oder Litauen machen würden, sondern hier in Deutschland, also ob Sie dafür wären, dass hier in Deutschland die Kompetenzen der Bundeswehr ausgeweitet werden.

Müller (BMVg)

Die Kompetenzen der Bundeswehr sind ganz klar bei der Landes- und Bündnisverteidigung gegeben, der externen Sicherheit. Alles, was intern passiert, obliegt erst einmal wie gerade dargestellt den Behörden des Inneren und der Länder. Wenn es darüber hinaus Diskussionsbedarf gibt, dann kann man sicherlich darüber reden, aber aktuell sehe ich die Kompetenzen ganz klar gegeben. Wir mit unserer Teilnahme am System "Nato Integrated Air and Missile Defence" leisten unseren Beitrag zum Schutz des Luftraums über Deutschland und über den Bündnisgebiet.

Frage

Zum Nahen Osten; ich probiere es einmal bei Herrn Wagner: Der kanadische UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Herr Fakhri, hat in seinem neuen Bericht Israel vorgeworfen, eine Aushungerungskampagne in Gaza zu betreiben, also die Menschen mit Vorsatz der Hungersnot auszusetzen. Was sagen Sie zu diesem Bericht? Passen diese Erkenntnisse zu den Erkenntnissen der Bundesregierung?

Wagner (AA)

Ich kenne den Bericht jetzt tatsächlich nicht. Deshalb kann ich mich jetzt auch nicht direkt auf ihn berufen. Aber ich gehe dem gerne noch einmal nach.

Ich kann aber natürlich grundsätzlich noch einmal sagen - das wird Sie jetzt aber wenig überraschen -, dass wir natürlich wahnsinnig besorgt über die Lage in Gaza sind und uns deshalb ja auch dafür einsetzen, dass mehr humanitäre Hilfe nach Gaza hereinkommt. Das schließt ja ausdrücklich auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln ein. Sie haben ja vielleicht mitbekommen, dass die Außenministerin letzte Woche auch in Jordanien war. Dort haben wir auch noch einmal über den jordanisch-deutschen Hilfskorridor gesprochen. Wir unterstützen Jordanien ja dabei, sozusagen einen permanenten Fluss an Hilfs-Lkw nach Gaza auf die Beine zu stellen. Ich glaube, das sind mittlerweile 120 Lkw pro Woche, es sollen aber mehr als 350 werden. Das tun wir natürlich auch in anderen Ecken, so in unserer Unterstützung für internationale Organisationen, für internationale Nichtregierungsorganisation, um die dabei zu unterstützen, humanitäre Hilfe nach Gaza zu bekommen. Ein wichtiger Aspekt dessen ist natürlich auch unser Kontakt zu der israelischen Regierung, die ja da ein ganz wichtiger Akteur ist, weil man die humanitäre Hilfe nur dann in substanziellen Umfang hereinbekommen wird, wenn eben Grenzübergänge offen sind, wenn dort schnell abgewickelt wird und wenn sichergestellt wird, dass die Hilfe dann auch in Gaza verteilt werden kann.

Zusatzfrage

Ich fragte jetzt nach Aushungern und Hungerstod, weil der Kanzler ja neben Herrn Netanjahu gestanden hat und das ja selbst eingebracht hat. Darum dachte ich, dass Sie auch eigene Erkenntnisse zum Thema "starvation" haben. Das ist ja auch ein Kriegsverbrechen.

Kommt denn, jetzt konkret gefragt, Israel seinen internationalen Verpflichtungen in Sachen Nahrung nach? Sie hatten uns ja im Frühjahr immer wieder einmal Zahlen dazu genannt, wie viele Tonnen gerade hereinkommen und wie viele eigentlich hereinkommen müssten. Gerade jetzt, nach der IGH-Entscheidung im Frühjahr, in der der IGH ja noch einmal gesagt hat, Israel müsse das zulassen, frage ich: Kommen sie diesen Verpflichtungen nach?

Wagner (AA)

Ich habe leider keine aktuellen Zahlen, die ich Ihnen hier jetzt darbieten kann. Aber es ist ganz klar, und da gebe ich Ihnen recht: Es gibt klare internationale Verpflichtungen - die ergeben sich aus dem Völkerrecht -, an die sich Israel halten muss. Die gelten für die israelische Armee bei ihrem Vorgehen in Gaza, und - - -

Zuruf

Halten sie sich daran?

Wagner (AA)

Deshalb tun wir ja das, was ich gerade dargelegt habe, nämlich dafür zu sorgen, dass noch mehr humanitäre Hilfe nach Gaza kommt. Ich glaube, wir brauchen hier gar nicht darum herumzureden: Die Lage in Gaza ist katastrophal. Da muss wesentlich mehr getan werden. Dahingehend, dabei Fortschritte zu erzielen, setzen wir unser ganzes Gewicht ein.

Frage

Sie haben eben die Reise der Außenministerin nach Jordanien erwähnt. Es war ein sehr ungewöhnlicher Vorgang, als der jordanische Außenminister bei der gemeinsamen öffentlichen Erklärung dann Deutschland sehr ausführlich und sehr tiefgreifend kritisiert hat und die Außenministerin direkt adressiert hat. Er sagte, die Unterstützung der israelischen Regierung würde Deutschlands Ansehen in der Welt schwächen und würde auch die Sicherheitslage Israels schwächen. Er forderte dann im Folgenden Deutschland auf, diese Regierung zu sanktionieren. Das war, wie gesagt, ein ungewöhnlich deutlicher Vorgang. War der Außenministerin vorab bekannt, dass es eine solche scharfe öffentliche Kritik geben würde?

Wagner (AA)

Ich nehme an, Sie kennen den Inhalt dieser Pressekonferenz vor allen Dingen aus den Videos, die Sie darüber gesehen haben. Ich war tatsächlich im Raum und habe auch der Gänze der Ausführungen des jordanischen Außenministers, der ja ein sehr enger Partner von uns ist, gelauscht. Er hat Deutschland auch für die tiefe Partnerschaft und die enge Kooperation gedankt, die wir in diesem Konflikt haben. Aber vollkommen zu Recht, glaube ich, ist das Ausdruck einer großen Frustration, dass es nicht vorangeht, dass man nicht vorankommt. Ich glaube, das spielt sowohl auf die humanitäre Lage in Gaza an, hat aber auch, glaube ich, mit den jüngsten Entwicklungen im Westjordanland zu tun, die ja sehr besorgniserregend sind. Dem hat er dort Ausdruck verliehen. Aber ich kann Ihnen auch versichern, dass die Abstimmung und die Koordination mit Außenminister Safadi sehr eng ist und wir eng zusammenarbeiten.

Im Übrigen, glaube ich, muss man schon auch noch einmal unterstreichen, dass es nach wie vor so ist, dass es mehr als 100 Geiseln in Gaza gibt, die die Hamas, die eine Terrororganisation ist, festhält und deren Leben bedroht. Insofern war ja ein wichtiger Aspekt der Reise der Außenministerin in der letzten Woche, auch zu schauen, wie wir jetzt schnellstmöglich gewährleisten können, dass diese Geiseln freikommen, und welcher Weg dahin zielführend ist.

Zusatzfrage

Deswegen, weil wir im Gegensatz zu Ihnen nicht das Privileg der völlig uneingeschränkten Information über den Ablauf der gesamten PK haben, fragen wir ja! - Noch einmal: Wird das, was der Außenminister dann aber tatsächlich von Deutschland forderte, nämlich diese israelische Regierung unter Netanjahu und rechtsradikalen Bündnispartnern zu sanktionieren, in irgendeiner Weise von der Bundesregierung aufgenommen und in Überlegungen übersetzt?

Wagner (AA)

Dazu hat sich die Außenministerin ja eben in jener besagten Pressekonferenz und dann aber auch noch einmal bei ihrem Pressestatement in Tel Aviv ausführlich eingelassen. Auf diese Äußerungen würde ich Sie verweisen.

Ich kann aber sagen: Es ist ja so, dass wir die Sorge über die Entwicklung im Westjordanland teilen. Es ist ein gravierendes Problem, dass es dort gewalttätige Siedler gibt, dass die Siedlungspolitik, die ja völkerrechtlich illegal ist, weiter betrieben wird. Das ist etwas, das wir nicht nur gegenüber der israelischen Regierung thematisieren, sondern wir haben ja zum Beispiel auch auf EU-Ebene ganz wesentliche Sanktionen gegen gewalttätige Siedler vorangetrieben. Insofern ist es ja nicht so, dass wir da nicht handeln würden. Das Thema beschäftigt uns natürlich weiter.

Die Außenministerin hat sich dazu, wie gesagt, länglich geäußert. Deshalb würde ich Sie jetzt auf die Äußerungen der Außenministerin verweisen.

Frage

Ich habe noch zwei Fragen. Warum bleibt die Bundesregierung eigentlich dabei, lediglich auf die Illegalität der israelischen Siedlungen in der Westbank hinzuweisen und nicht auf die Illegalität der Besatzung als solche? Das wissen wir ja jetzt.

Wagner (AA)

Was heißt "Warum bleibt die Bundesregierung dabei?"? Ich glaube, wir haben uns immer unzweideutig dazu eingelassen. Ich glaube, ich habe an dieser Stelle auch gesagt, dass die Besatzung natürlich beendet werden muss. Das ist ja in dem Term Besatzung angelegt. Eine Besatzung ist völkerrechtlich ja auch etwas, das temporär ist. Nun ist es aber so, dass das ja - das ist in den Osloer Abkommen ja auch angelegt - mit einer Zweistaatenlösung einhergehen muss. Für diese Zweistaatenlösung, die ja die einzige ist, die am Ende gewährleisten wird, dass Israel und Palästinenser sozusagen in Frieden, Würde und Sicherheit Seite an Seite leben können, setzen wir uns weiterhin mit Nachdruck ein.

Zusatz

Der Hintergrund ist das Gutachten aus Den Haag, das ja besagt, die Besatzung sei illegal, und darum müsse die Besatzung ohne Verhandlungen sofort beendet werden. Das ist ja etwas anderes als das, was die Bundesregierung gesagt hat.

Wagner (AA)

Wenn ich das Gutachten richtig gelesen habe, dann besagt es das nicht. Schauen Sie noch einmal auf den Wortlaut.

Zusatzfrage

Das hatten wir hier sogar als Thema. - Können Sie noch etwas zu den israelischen Angriffen in Syrien in der letzten Nacht sagen?

Wagner (AA)

Dazu habe ich jetzt keine Erkenntnisse, die ich hier mit Ihnen teilen kann.

Ich kann aber noch einmal auf den Aspekt verweisen, den Sie vorher angesprochen haben, nämlich dass, wenn ich den IGH-Wortlaut richtig in Erinnerung habe, darin "sobald wie möglich" oder "as soon as possible" gesagt wurde; das ist die Formulierung. Insofern stellt das ja auch darauf ab, dass es gewisse politische Entwicklungen geben muss, damit das gegeben ist.

Frage

Herr Wagner, ich habe zwei Fragen zum Westjordanland. Das israelische Militär hat am Wochenende eine amerikanisch-türkische Friedensaktivistin erschossen. Ich hätte gerne eine Reaktion dazu.

Der israelische Premierminister stand letzte Woche am Freitag vor einer Landkarte Israels, auf der das Westjordanland zu Israel gezählt wurde. Das heißt, de facto ist er jetzt gegen eine Zweistaatenlösung, weil die nur Sinn ergibt, wenn das Westjordanland Teil eines unabhängigen palästinensischen Staates ist. Dazu hätte ich auch gerne eine Stellungnahme.

Wagner (AA)

Die Karte, die wir da hinter dem israelischen Premierminister bei einer Pressekonferenz gesehen haben, ist inakzeptabel. Ich habe ja eben noch einmal gesagt: Für die Bundesregierung ist die Zweistaatenlösung der Weg, den Nahostkonflikt zu lösen.

Was den Vorgang in Bezug auf die Aktivistin angeht, die da getötet wurde, ist das ein ganz schrecklicher Vorgang, der aufgeklärt werden muss. Da steht die israelische Armee, da steht die israelische Regierung in der Verantwortung.

Lassen Sie mich, auch wenn es jetzt nicht angesprochen wurde, auch noch einmal in aller Schärfe den Terroranschlag am Allenby-Grenzübergang verurteilen, den es ja am Wochenende gab.

Frage

Ich hätte eine Frage an das Verkehrsministerium. Es geht um den Komplex der Wasserstoffförderung und die Compliancevorwürfe. Ich hätte gerne gewusst, ob die interne Revision mittlerweile ihre Untersuchung abgeschlossen hat und ob schon ein Bericht vorliegt.

Druckenthaner (BMDV)

Die Untersuchungen laufen noch. Wir gehen aber davon aus, dass wir zeitnah darüber informieren können.

Zusatzfrage

Was ist "zeitnah", Spätsommer oder wann?

Druckenthaner (BMDV)

Ich kann Ihnen da aktuell keinen Zeitpunkt nennen.

Frage

Herr Müller, können Sie bestätigen, dass Schiffe der Bundeswehr, also der Marine, in den nächsten Tagen durch die Straße von Taiwan fahren werden und dass man Peking davon nicht vorab in Kenntnis setzen wird?

Müller (BMVg)

Wir haben das Thema hier am letzten Freitag besprochen, und dazu gibt es keinen neuen Sachstand.

Zusatz

Na ja, es gibt eine neue Meldung darüber, dass es so sei. Deswegen frage ich jetzt noch einmal nach. "Kein neuer Sachstand" hieße, dass Sie das nicht offiziell bestätigen wollen.

Müller (BMVg)

Der Sachstand ist der, den Oberst Collatz am Freitag hier mitgeteilt hat. Wir haben natürlich die Berichte vom Wochenende zur Kenntnis genommen. Aber im Vergleich zum Freitag gibt es nichts Neues mitzuteilen. Mitteilen kann ich Ihnen, dass unsere beiden Schiffe im Rahmen des Marineverbandes weiterhin im Bereich Südkoreas sind, wo sie aktuell bei der Durchsetzung des Embargos gegen Nordkorea eingesetzt sind. Danach wird es in Richtung der Philippinen gehen. Die Route ist bekannt. Das ist also kein Geheimnis. Dort gibt es verschiedene Seeverbindungswege, verschiedene internationale Schifffahrtsrouten, die genutzt werden können, und wir werden zu gegebener Zeit kommentieren und kommunizieren, welche Route benutzen wird.

Frage

Herr Müller, wer trifft denn also am Ende die Entscheidung? Ist der Verteidigungsminister derjenige, der das entscheidet, oder wie läuft das dann ab?

Müller (BMVg)

Das wurde hier am Freitag dargestellt.

Frage

Ich habe eine Frage an das Gesundheitsministerium zum Krankenhausgipfel, der ja heute stattfindet. Herr Gülde, vielleicht können Sie einmal mit Blick auf den Zeitplan dieser Krankenhausreform, die ja nach wie vor heftig umstritten ist, kurz darlegen, ob man seitens der Bundesregierung dabei bleiben kann, auch wenn sich das jetzt schon im parlamentarischen Verfahren befindet, und wie es da aussieht, also ob Sie Signale dafür empfangen, dass man sich noch einmal ein bisschen besser mit den Verbänden verständigen kann, vielleicht nach dem Gipfel, oder ob es da weiterhin sozusagen, umgangssprachlich gesprochen, bei Krawall bleibt.

Gülde (BMG)

Ich muss um Verständnis bitten. Der Minister trifft sich ja in diesem Augenblick mit den Verbänden zum Krankenhausgipfel, und ich kann diesen Gesprächen hier natürlich nicht vorweggreifen. Insofern muss es erst einmal dabei bleiben. Das müssen wir abwarten.

Frage

Ich habe eine Frage an das BMDV bezüglich des GSM-R-Ausfalls im Bahnnetz am Samstag. Was können Sie uns aktuell dazu sagen? Ist dort etwas passiert, was für das BMDV eine größere Bedeutung hat? Gibt es Notwendigkeiten, bei der Bahn irgendwie nachzusteuern?

Druckenthaner (BMDV)

Ich kann den Kenntnisstand, den ich habe, gerne mit Ihnen teilen.

Am Samstagnachmittag kam es im Großraum Frankfurt aufgrund einer technischen Störung zu einem Teilausfall des GSM-R-Zugfunks. Er ist ja wichtig, auch für die Fernsteuerung der Züge. Dann ist alles sehr geordnet abgelaufen. In so einem Fall kommen die Züge dann im nächsten Bahnhof zum Stehen. Es hat also keine Gefahr für die Passagiere bestanden.

Für Details der Ursache wenden Sie sich bitte an die Deutsche Bahn. Die ist gerade auch dabei, die Ursachen aufzuklären. Sie können davon ausgehen, dass die Deutsche Bahn solche technischen Störungen sehr ernst nimmt und Sorge trägt, dass sich so etwas nicht wiederholt, wenn die Ursachen genau bekannt sind.

Zusatzfrage

Nach meinem Kenntnisstand ist das "Home Location Register" in Frankfurt ausgefallen, etwas, das eigentlich redundant ausgelegt sein müsste, zumindest wenn man das Ziel hat, dass der Betrieb einer Infrastruktur aufrechterhalten werden kann. Gibt es dort irgendwelche Pläne der Bahn - ich weiß jetzt nicht, ob das möglicherweise im Rahmen des KRITIS-Dachgesetzes, des NIS-2-Umsetzungsgesetzes oder eben in bahnspezifischen Vorschriften der Fall ist -, weitere Vorschriften, was die Redundanzmöglichkeiten angeht, zu machen?

Druckenthaner (BMDV)

Im Detail bin ich jetzt nicht auskunftsfähig. Aber es handelte sich, wie gesagt, um eine technische Störung. Das heißt, wir haben auch relativ schnell klargestellt, dass es keinen Hinweis auf Sabotage oder einen Angriff Dritter gibt. Die Bahn ist solchen Fällen gut gerüstet. Es gibt Redundanzsysteme. In diesem Fall ist auch alles geordnet abgelaufen. Ich verweise aber für operative Details erneut an die Bahn.

Frage

Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium. Die Amtsvorgängerin von Herrn Pistorius hat an ein Buchprojekt angekündigt. Ich wollte einmal fragen, da es ja dem Vernehmen nach auch um ihre Zeit im Ministerium gehen soll, wie das Ministerium darauf blickt.

Vielleicht einfach als Information: Gibt es da Vorschriften, was Geheimhaltung, Vertraulichkeit und solche Dinge angeht?

Müller (BMVg)

Ein privates Buchprojekt habe ich gar nicht zu kommentieren. Selbstverständlich gibt es für uns alle, die im Geschäftsbereich des BMVg tätig sind, Geheimschutzauflagen. Diese enden in der Regel auch nicht mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses oder der Tätigkeit.

Zusatz

Natürlich ist das vielleicht ein privates Buchprojekt, aber es betrifft ja Ihr Ministerium.

Müller (BMVg)

Das ist ein privates Buchprojekt, Punkt.

Frage

Ich vermute, Dinge wie die Verschlusssachenanweisung betreffen üblicherweise BMVg und BMI. Sie sagten gerade, das ende nicht mit Ende der Amtszeit. Aber es ist auch eine Klassifikationsfrage, eine Frage, auf welcher Stufe man steht. Der Umgang mit Ministerwissen ist etwas anders geregelt als der mit dem Wissen eines üblichen Bediensteten in Ministerien.

Wie lässt sich das klären? Muss sich Frau Lambrecht, wenn Sie ein Buch schreibt, mit dem BMVg zusammensetzen, um zu klären, was sie veröffentlichen darf und was nicht, oder wie ist das ganz praktisch geregelt?

Müller (BMVg)

Da wir es in diesem Falle, jedenfalls meiner Kenntnis nach, mit einer Ankündigung zu tun haben, habe ich hier keine Information, wie so etwas praktisch umgesetzt wird. Aber Fakt ist eines: Öffentliche Informationen sind öffentlich; eingestufte Informationen sind eingestuft. - Daran ändert sich auch dadurch nichts, auf welcher Ebene jemand tätig ist.

Zusatzfrage

Darf ich also aus Ihren Worten schließen, dass sich Frau Lambrecht bislang nicht mit dem BMVg ins Benehmen gesetzt hat, um ein Clearing möglicher vertraulicher Informationen vorzunehmen?

Müller (BMVg)

Diesbezügliche Absprachen sind mir nicht bekannt.

Frage

Ich habe eine Frage zum Rentenpaket II. Am Wochenende haben sich der Kanzler und der Finanzminister zu dem Thema geäußert. Frau Ungrad, wie steht Ihr Minister dazu? Setzt er sich dafür ein, dass die Grünen-Fraktion grünes Licht gibt, damit das Rentenpaket II im Bundestag beschlossen werden kann? Der Kanzler hat darauf verwiesen, dass es noch vor den abschließenden Haushaltsberatungen beschlossen werden sollte.

Ungrad (BMWK)

Der Minister hat sich prinzipiell dazu geäußert, wie wichtig er das Rentenpaket findet. Dem habe ich hier nichts hinzuzufügen. Die Fraktion ist eine Fraktion, und der Minister ist ein Minister.

Zusatzfrage

Will er das Rentenpaket so, wie es jetzt vorliegt, umsetzen oder mit Änderungen?

Ungrad (BMWK)

Es ist nicht in meinem Bereich, das hinzuzufügen. Das liegt nicht in meinem Zuständigkeitsbereich.

Frage

Noch einmal Thema Ukraine-Russland, aber ein anderer Aspekt: Herr Hebestreit, war das Thema Transgas, also die russische Pipeline, die durch die Ukraine nach Europa führt, Thema bei den Gesprächen? Der russische Präsident hat letzte Woche gesagt, er habe großes Interesse, den Vertrag zu verlängern, der Ende des Jahres ausläuft. Die Ukraine hat kein Interesse, aber er höre von Europäern, dass sie Interesse daran hätten.

Welche Haltung hat die Bundesregierung zu der Pipeline?

StS Hebestreit

Das Gespräch war unter vier Augen. Insofern kann ich nicht genau sagen, welche Themen angesprochen wurden. Das Thema ist mir bisher im Zusammenhang mit dem Gespräch zwischen dem Bundeskanzler und Herrn Selenskyj nicht begegnet. Darüber muss ich mich schlau machen.

Zusatzfrage

Dann probiere ich es bei Frau Ungrad. Sie sind ja auch auf Energie spezialisiert. Hat die Bundesregierung Interesse daran, dass die Transgas-Pipeline offenbleibt, also dass die Ukrainer mit den Russen den Vertrag zur Durchleitung verlängern, und welche Auswirkungen hätte das Ende der Pipeline für die deutsche Versorgung?

Ungrad (BMWK)

Das ist eine Gesprächssituation die Russland und die Ukraine betrifft, beziehungsweise die Ukraine in dem Fall. Wir sind mit den anderen europäischen Ländern und mit der Kommission in Gesprächen darüber, wie wir eine Versorgung mit Gas innerhalb Europas sicherstellen können. Das betrifft natürlich auch Überlegungen zur Unterstützung der Ukraine. Aber es liegen noch keine konkreten Erkenntnisse vor, anhand derer man sagen könnte: Wenn dies der Fall ist, dann tritt jenes ein. - Das sind zu viele Spekulationen. Aber wir sind in Gesprächen über ein sicheres europäisches Energiesystem, und dabei gehört die Ukraine mit dazu.

Zusatzfrage

Ich habe nicht ganz verstanden, was die Haltung zu der Pipeline ist. Hat Europa Interesse daran, dass die Durchleitung durch die Ukraine bestehen bleibt?

Ungrad (BMWK)

Doch, dazu habe ich mich klar geäußert

Zusatz

Nein.

Ungrad (BMWK)

und gesagt, dass die Ukraine das lösen muss und dass das ein Problem zwischen der Ukraine und Russland ist, das gelöst werden muss. Wir müssen, egal welche Entscheidung da aus welchen Gründen auch immer getroffen wird, gemeinsam mit der Europäischen Kommission und den anderen europäischen Ländern die Energieversorgung in Europa sicherstellen.

Frage

Frau Ungrad, Sie sagten, das sei Sache der Ukraine und Russlands. In der Vergangenheit gab es zwischen der Ukraine und Russland schon häufiger Komplikationen und Unstimmigkeiten. Dann hatte in der Vergangenheit die damalige Bundeskanzlerin Frau Merkel vermittelt.

Wir haben heute eine andere Situation, Stichwort "Angriffskrieg". Aber ist eine solche Vermittlungstätigkeit der Bundesregierung, die ja auch im eigenen Interesse läge, in diesem Fall ausgeschlossen?

Ungrad (BMWK)

Wie Sie richtig sagen, besteht jetzt eine komplett andere Situation. Damals ging es um Gespräche über Durchleitungsgebühren und verschiedene andere Aspekte, damit das Gas durch die Ukraine nach Europa oder in die Ukraine selbst weitergeleitet werden konnte. Die Situation jetzt durch den Angriffskrieg durch Russland komplett anders. Insofern ist das eine in erster Linie ukrainische Angelegenheit.

Frage

Meine Frage richtet sich an das Kanzleramt, an BMF und BMWK. Der frühere EZB-Präsident Mario Draghi hat heute seinen Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union veröffentlicht. Darin empfiehlt er eine gemeinsame Schuldenaufnahme. Im Endeffekt würde das Programm NextGenerationEU verlängert oder zum Standard werden. Wie steht die Bundesregierung dazu?

StS Hebestreit

Wie Sie zu Recht sagen, wurde der Bericht heute veröffentlicht. Insofern wird er bei uns erst einmal gründlich ausgewertet, bevor wir uns dazu äußern. Aber Sie wissen auch, welche verfassungsrechtlichen Vorgaben der Bundesregierung in diesem Zusammenhang gemacht worden sind. Diese gilt es zu berücksichtigen.

Frage

Herr Ehrentraut, Ihr Minister hat einen Brief an die Mindestlohnkommission geschrieben und gefordert, dass die Mindestlohnrichtlinie der EU umgesetzt werden möge. Dabei geht es um den Referenzwert von 60 Prozent des Medianlohns.

Was passiert, wenn die Mindestlohnkommission das nicht tut?

Ehrentraut (BMAS)

Der Minister hat sich heute Morgen im Fernsehen geäußert und gesagt, dass die europäische Mindestlohnrichtlinie bis zum 24. November umgesetzt werden muss. Wie Sie sagten, ist für ihn das Kriterium der 60 Prozent des Bruttomedianlohns das geeignete Mittel, um diesen Vorgaben zu entsprechen.

Ganz wichtig: Die Mindestlohnkommission ist natürlich unabhängig. Das ist eine Kommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern. Wie Sie wissen, ist die letzte Entscheidung nicht einstimmig gefallen. Das haben wir und insbesondere der Minister sehr bedauert.

Der Minister hat heute im Fernsehen aber auch deutlich gemacht, dass das Recht geändert werden würde, wenn das Kriterium nicht genügend Berücksichtigung finden sollte. Das will er aber nicht, wie er heute auch deutlich gemacht hat. Deshalb hat er den Brief geschrieben, um noch einmal an diese EU-Richtlinie zu erinnern.

Zusatzfrage

Müsste dann das Recht bezüglich der Verfasstheit der Mindestlohnkommission geändert werden?

Ehrentraut (BMAS)

Ich würde vorschlagen, dass wir abwarten, welchen Vorschlag die Mindestlohnkommission macht. Alles Weitere bleibt abzuwarten.

Frage

Herr Ehrentraut, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann hält der Minister das für zwingendes EU-Recht. An der Stelle kommen Sie, wenn das Ergebnis nicht erzielt wird, gar nicht darum herum, eine entsprechende rechtliche Änderung vorzunehmen beziehungsweise das Ergebnis zu erzwingen, das europarechtlich vorgeschrieben ist.

Ehrentraut (BMAS)

Richtig. Aber ich werde Ihnen heute leider nicht darlegen können, was wie geändert werden müsste.

Frage

Meine Frage geht an Herrn Hebestreit und Frau Ungrad. Es geht um das Thema Intel und die Milliardeninvestitionen in Magdeburg, wofür sich ja sowohl der Kanzler als auch der Wirtschaftsminister stark eingesetzt haben. In den letzten Tagen gibt es immer wieder Meldungen darüber, dass sich bei Intel wohl die Planungen verstärken, entweder auf die Fabrik ganz zu verzichten oder zumindest die Investitionssumme deutlich zurückzuschrauben.

Werden der Kanzler und der Wirtschaftsminister von dem Unternehmen über solche Pläne informiert?

Was gedenkt die Bundesregierung zu tun?

StS Hebestreit

Erst einmal wäre das eine privatwirtschaftliche Entscheidung. Aber Sie können davon ausgehen, dass in einer so wichtigen und weitreichenden Frage auch die Bundesregierung informiert ist. Jetzt müssen wir erst einmal abwarten, was sich bei Intel zuträgt.

Ungrad (BMWK)

Ich würde noch ergänzen, dass wir uns an Spekulationen darüber, wer wo was gesagt hat, grundsätzlich nicht beteiligen. Wir haben diesbezüglich auch keinen neuen Stand.

Die Beratung und Prüfung im beihilferechtlichen beziehungsweise zuwendungsrechtlichen Verfahren laufen. Hier sind wir auf Kurs. Es ist ein normales Verfahren. Die Vorbereitungen für die Notifizierung sind in vollem Gange. Das für uns jetzt erst einmal entscheidend.

Zusatzfrage

Herr Hebestreit, macht sich der Kanzler Sorgen, dass dieses Prestigeprojekt, das er immer wieder anführt, ernsthaft gefährdet sein könnte?

StS Hebestreit

Von diesen Sorgen kann ich Ihnen nicht berichten.

Frage

Frau Ungrad, damit ich es richtig verstehe: Müsste das beihilferechtliche Verfahren, sollte es sich um eine verminderte Investitions- und damit auch eine verminderte Beihilfesumme handeln, neu gestartet werden, oder würde das Verfahren einfach nur abgeändert werden können?

Ungrad (BMWK)

Das sind ja Spekulationen, wenn Sie sagen: Wenn dies geschieht, dann würden wir jenes tun.

Zu den technischen Voraussetzung: Ich kann Ihnen generell nicht sagen, was da gemacht wird. Aber ich würde mich auch konkret nicht dazu äußern, weil das ja wieder in dem Bereich der Spekulation ist. Wir gehen jetzt davon aus, dass das stattfindet. Wir haben jetzt keine anderen Erkenntnisse. Insofern läuft das beihilferechtliche Verfahren so weiter, wie es ist.

Zusatz

Das war eine abstrakte beihilferechtliche Frage. Ich hatte gehofft, dass Sie mir schlicht die Frage beantworten können, ob eine Veränderung in der Investitionssumme eine Neuantragstellung notwendig macht.

Aber dann frage ich anders: Käme Ihnen das nicht ganz gelegen? Denn die Mittel dafür sollen ja großenteils aus dem KTF kommen, und die Minderausgaben müssen ja auch noch gefunden werden.

Ungrad (BMWK)

Nein, das ist überhaupt nicht unsere Auffassung. Wir wollen ja etwas erreichen. Wir wollen ja Intel und das, was dort produziert wird, unterstützen. Insofern unterstützen wir Intel weiter und wollen die Wirtschaft und den Industriezweig auf diesem Gebiet unterstützen. Wir frohlocken nicht aufgrund möglicherweise geringerer Summen; genau das Gegenteil der Fall.