German Federal Government

08/26/2024 | Press release | Archived content

Regierungspressekonferenz vom 26. August 2024

Sprecherinnen und Sprecher

  • Staatssekretär Hebestreit
  • Dr. Kock (BMI)
  • Wagner (AA)
  • Bönnighausen (BMJ)
  • Collatz (BMVg)
  • Ungrad (BMWK)

(Vorsitzende Welty eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt
StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

StS Hebestreit

An dieser Stelle zunächst einige Ergänzungen zu den am Mittwoch der vergangenen Woche angekündigten Terminen des Bundeskanzlers in dieser Woche:

Am Mittwoch wird er, anders als angekündigt, die Kabinettssitzung bereits um 9 Uhr eröffnen. Sie wird vorgezogen.

Denn ab 10 Uhr wird der neue Premierminister des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, Keir Starmer, zu seinem Antrittsbesuch in Berlin erwartet. Um 10 Uhr wird er mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Danach gibt es die Gespräche im üblichen Rahmen. Voraussichtlich werden natürlich alle Themen angesprochen: bilaterale, außenpolitische, auch europa- und wirtschaftspolitische. Im Anschluss ist eine Pressekonferenz für, so vermute ich, ca. 12 Uhr geplant. Nach dem Antrittsbesuch findet - für diejenigen, die den Zeitplan des Kanzlers im Kopf haben - ab 13 Uhr die fünfte Sitzung des Zukunftsrats wie geplant statt.

Eine zweite Ergänzung betrifft Freitag, den 30. August. An diesem Tag wird der Bundeskanzler das Sächsische Oberbergamt in Freiberg besuchen. Bei dem Termin geht es um nachhaltigen Bergbau in Deutschland, konkret besonders um den nachhaltigen Abbau von Lithium. Der Rohstoff steckt insbesondere in Batterien, die beispielsweise essenziell für die Elektromobilität sind und damit auch dafür, dass wir unsere Klimaziele erreichen. Eine sichere heimische Rohstoffversorgung ist zudem wichtig für die Resilienz und die Transformation unserer Volkswirtschaft. Um nicht abhängig von anderen Ländern und Weltregionen zu sein, benötigt Deutschland resiliente Strukturen bei den Lieferketten. Dabei helfen auch die vorhandenen Rohstoffquellen in Deutschland. Die Veranstaltung beginnt um 11.45 Uhr. Der Termin ist presseöffentlich. - So weit die kleine Ergänzung zum vergangenen Mittwoch.

Frage

Herr Hebestreit, bei dem Termin am Freitag in Freiberg wird es ja um das Thema Lithium gehen, nehme ich an. Können Sie sagen, ob das einen Zusammenhang mit dem Besuch des Kanzlers in Serbien hat? Dabei ist ja zwischen der EU und Serbien auch ein Rohstoff- und Lithium-Abkommen vereinbart worden, das jetzt aber anscheinend in schweres Fahrwasser gerät. Können Sie uns dazu etwas sagen?

StS Hebestreit

Außer dass es auch um Lithium geht, gibt es keinen Zusammenhang. Der Bundeskanzler war in Serbien - da haben Sie sich richtig erinnert; ich glaube, das war Mitte oder Ende Juli, kurz vor seinem Urlaub - und hat dort einer Konferenz beigewohnt, bei der auch mehrere Abkommen und Memorandums of Understanding zwischen der serbischen Regierung und einzelnen Unternehmen und auch der serbischen Regierung und der Europäischen Union geschlossen worden sind.

Zusatzfrage

Drohen diese Vereinbarungen in Serbien nach Kenntnis der Bundesregierung jetzt wieder zu zerbröseln?

StS Hebestreit

Darauf haben wir aktuell keinen Einfluss. Es gibt die Diskussionen innerhalb Serbiens. Es gibt einige Kritik an dem Unterfangen. Gleichzeitig hat die serbische Regierung in den vergangenen zwei Jahren einiges unternommen, um der Kritik, die es an der Unternehmung, an den Plänen, eine Lithiummine auszubeuten, gibt, mit hohen Umweltstandards zu begegnen. Diese Diskussion beobachten wir.

Frage

(zum Anschlag auf die Feierlichkeiten zum 650-jährigen Jubiläum der Stadt Solingen) Ich habe eine Frage nach den Erkenntnissen über den Attentäter - das ist der eine Strang - an den Herr Regierungssprecher bzw. das BMI. Wann wusste man den Namen? Es gab ja Berichte, wonach es zwei Quellen für den Namen des mutmaßlichen Attentäters gebe. Die erste ist die Brieftasche oder, was auch immer da gefunden wurde, mit Dokumenten: die zweite ist ein Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes. Kann man sagen, wann dieser Hinweis kam, schon vor dem Attentat oder erst danach?

StS Hebestreit

Dazu kann der Regierungssprecher nichts beitragen, aber vielleicht das Innenministerium.

Dr. Kock (BMI)

Wie Sie wissen, hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen übernommen. Ich würde sagen, das fällt in den Bereich der laufenden Ermittlungen. Ich würde mich jetzt ungern - - -

Zusatz

Auch wenn Sie jetzt fürchterlich leise reden, wird das wahrscheinlich eine Standardantwort sein.

Dr. Kock (BMI)

Nein, ich hoffe doch nicht. Ich hoffe, dass ich ein bisschen mehr sagen kann. Aber zu dem Tatverdächtigen selbst usw. möchte ich mich jetzt ungern äußern.

Zusatzfrage

Dann vielleicht an Herrn Hebestreit oder auch hilfsweise an das Auswärtige Amt die Nachfrage zu dem Stand der Abschiebeabkommen mit Syrien und Afghanistan im Zusammenhang mit der Debatte darüber, dass man ihn hätte abschieben können, es aber nicht geschafft hat: Wie ist da der Stand? Da hat der Kanzler ja rasche Ergebnisse angekündigt. Wie rasch werden sie kommen?

Wagner (AA)

Das ist eher BMI-Materie.

Dr. Kock (BMI)

Die Ministerin hat sich mehrfach dazu geäußert, meines Wissens auch der Kanzler. Wir arbeiten gemeinsam mit den Ländern nach wie vor intensiv daran, Abschiebungen gerade von Gefährdern und Gewalttätern nach Afghanistan und Syrien wieder durchsetzen zu können. Für die Ministerin und uns stehen deutsche Sicherheitsinteressen ganz klar an erster Stelle. Wir wollen insbesondere islamistische Gewalttäter konsequent abschieben. Wir verhandeln in diesem Zusammenhang vertraulich mit verschiedenen Staaten, um Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien wieder möglich zu machen. Dann gilt leider, was bei solchen Verhandlungen häufig gilt, dass wir weitere Details nicht nennen können, auch um diese Verhandlungen und die Ergebnisse, vor allen Dingen die erfolgreichen, nicht zu gefährden.

Frage

Was können Sie uns zu der gescheiterten Ausweisung nach Bulgarien sagen? War das ein Sonderfall? War das etwas, was mit Bulgarien regelmäßig ein Problem ist?

Dr. Kock (BMI)

Von Regelmäßigkeit würde ich nicht sprechen. Wie Sie wissen, sind für diese Maßnahmen die Länder zuständig - ich weiß, das ist jetzt sehr unbefriedigend -, in diesem Fall die Ausländerbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen. Verschiedene Politiker des Landes NRW haben sich gestern bereits geäußert und gesagt, dass jetzt aufgeklärt wird, wann wo was genau warum wie passiert ist. Dazu kann ich an dieser Stelle relativ wenig sagen.

Zusatzfrage

Können Sie also nicht davon berichten, dass es mit Bulgarien allgemein irgendwie Probleme in der Zusammenarbeit geben würde?

Dr. Kock (BMI)

Nein, das kann ich nicht berichten.

StS Hebestreit

Das kann ich in dem konkreten Fall ergänzen. Wir haben die Information, dass Bulgarien eine Rückführung nach Bulgarien sehr schnell zugesagt hatte.

Frage

Herr Hebestreit, der Oppositionsführer, Herr Merz, hat ja angekündigt, dass er zu Gesprächen mit dem Kanzler bereit wäre. Das wirkte so, als gäbe es einen Termin. Gibt es ihn, und wird der Kanzler das Gesprächsangebot annehmen?

StS Hebestreit

Ich habe ja eben die öffentlichen Termine des Bundeskanzlers noch einmal ergänzt. Grundsätzlich ist es so, dass der Bundeskanzler auch viele nicht öffentliche Termine macht, auch ab und zu mit dem Oppositionsführer. Diesbezüglich halten wir es so, dass solche Termine vorab nicht veröffentlicht und dass sie vertraulich behandelt werden. So werden wir es auch in diesem Falle handhaben.

Frage

Noch einmal nachgefragt: Wie bewertet der Kanzler diese Forderungen des Oppositionsführers bezüglich - - - Er hat ja eine Reihe an Forderungen gestellt, was die Migration angeht.

StS Hebestreit

Ich will möglichen Gesprächen nicht vorgreifen. Grundsätzlich ist es das gute Recht eines Oppositionsführers, Forderungen aufzustellen, auch frei von der Kenntnis des Grundgesetzes oder anderer Gesetzesvorschriften. Die Bundesregierung hat im Einvernehmen mit den Bundesländern in den vergangenen Monaten massive Veränderungen vorgenommen, um rechtliche Hürden für Abschiebungen oder Rückführungen aus dem Weg zu räumen. Es gab eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, deren Empfehlungen allesamt seit, glaube ich, Ende Februar in Gesetze umgesetzt worden sind.

Wir hatten in diesem konkreten Fall nicht mit rechtlichen Schwierigkeiten zu tun, sondern tatsächlich mit der Rechtsumsetzung, also der Praxis. Diesbezüglich gibt es Fragen, die jetzt gestellt und die auch beantwortet werden. Diese Fragen stellen sich an vielen Stellen. Das muss man jetzt abwarten.

Ansonsten zur Grundsatzfrage, die Sie gestellt haben: Der Bundeskanzler wird in diesen Minuten - womöglich tut er das gerade parallel zu dieser Regierungspressekonferenz - in Solingen ein ausführliches Pressestatement abgeben und dort auch seine Lehren aus diesem schrecklichen Vorfall, dem Terrorattentat - ich will es nicht beschönigen - vom vergangenen Freitag, formulieren.

Zusatzfrage

Es ging auch um die Frage der Zusammenarbeit von Herrn Merz mit dem Bundeskanzler. Sieht der Bundeskanzler eine Möglichkeit der Zusammenarbeit bei diesem Thema?

StS Hebestreit

Ich sagte, dass ich den Gesprächen an der Stelle nicht vorgreifen möchte. Aber es muss natürlich immer Vorschläge geben, die nicht gegen das Grundgesetz, die UN-Menschenrechtscharta oder Ähnliches verstoßen. Diese muss eine Regierung in ihrem Handeln immer berücksichtigen.

Aber er ist zu Gesprächen bereit. Deshalb auch mein Verweis auf die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema von Rückführungen. Darin waren auch viele Ministerpräsidenten der CDU und auch einer der CSU vertreten und haben ihre Praxiserfahrungen sozusagen eingebracht. Oft ist es ein Unterschied, ob man regiert oder opponiert. Insofern ist man dazu in guten Gesprächen. Ich glaube, der Bundeskanzler ist zu allen Gesprächen immer bereit. Aber es muss vernünftig und zielführend sein, was man miteinander vereinbaren kann.

Frage

Frau Dr. Kock, wenn solch ein Täter jetzt abgeschoben werden soll - es gab ja einen Abschiebeversuch -, wie lange vor dem Besuch der Polizei, die ihn abholt, weiß er über diese Abschiebung Bescheid? Gibt es hier eine Regelungslücke?

Dr. Kock (BMI)

Das geht jetzt sehr ins Detail des Vollzugs vor Ort, was dann wieder in der Zuständigkeit der Landesbehörden liegt. Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, dass das je nach Einzelfall unterschiedlich gehandhabt wird.

Zusatzfrage

Wie war es konkret bei diesem Abschiebeversuch?

Dr. Kock (BMI)

Das kann ich Ihnen nicht sagen. Wie gesagt, ist das gerade bei den zuständigen Behörden des zuständigen Landes in der Aufklärung, und das sollten wir abwarten.

Frage

Da vorhin nach dem Stand der Abschiebeabkommen gefragt worden ist: Ich weiß, das sind vertrauliche Gespräche. Aber können Sie vielleicht etwas zu den Erfolgsaussichten sagen bzw. dazu, ob das überhaupt möglich sein wird? Welche Hürden sehen Sie, damit das erfolgreich sein kann?

Vielleicht noch einmal an das AA: Können Sie etwas dazu sagen, ob es auch Verhandlungen mit dem Assad-Regime oder mit den Taliban gibt?

Dr. Kock (BMI)

Die Ministerin ist der Überzeugung, dass es Mittel und Wege gibt, das zu ermöglichen. Wir sind gerade gemeinsam dabei, diese Wege zu eruieren und Möglichkeiten zu finden. Dazu gehören Verhandlungen mit verschiedenen Staaten, und die werden derzeit geführt.

Wagner (AA)

Ich kann das nur ergänzen. In der Tat liegt die Zuständigkeit für Rückführungen tatsächlich vor allem beim BMI, aber vor allen Dingen auch bei den Ländern. Wir haben ja in verschiedenen Kontexten gesagt, dass es natürlich alles andere als trivial ist, wenn es an diese praktischen Fragen geht, wenn man es mit einem Regime wie dem von Assad zu tun hat. Wir haben auch schon im Afghanistan-Kontext darüber gesprochen. Die Aufgabe des Auswärtigen Amtes ist vor allen Dingen, erst einmal einen Lagebericht vorzulegen, den die Innenbehörden dann als Rückgriff benutzen, um ein Bild von der Lage vor Ort zu erlangen. In Syrien kommt es nach unseren Erkenntnissen in allen Landesteilen weiterhin zu Kämpfen und zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Auch die UN sagen im Moment- so die Aussagen des UNHCR -, dass sich Rückführungen vor diesem Hintergrund schwierig gestalten. "Having said that": In der Tat ist das etwas, was dann in der Zuständigkeit der Innenbehörden und der Landesbehörden liegt.

Frage

Anknüpfend daran noch einmal an das Auswärtige Amt: Ist es möglich, dass es demnächst zu einer neuen Lagebewertung für Syrien und für Afghanistan kommt?

An das BMI noch einmal die Frage: Können Sie uns hinsichtlich des Dublin-Verfahrens sagen, wie viele Asylsuchende im ersten Halbjahr dieses Jahres und im letzten Jahr in die jeweils zuständigen Länder überstellt wurden?

Wagner (AA)

Zum ersten Teil Ihrer Frage: Wir bewerten die Lage natürlich fortwährend weiter. Das ist ja nicht etwas, das wir uns am Schreibtisch ausdenken, sondern das der Lage vor Ort und dem Blick auf die Lage vor Ort geschuldet ist. Bei Syrien kommt erschwerend hinzu, dass wir dort aufgrund der schwierigen Lage nicht mit einer Botschaft vertreten sind. Aber in der Tat schauen wir uns natürlich immer die Fortentwicklung der Lage an. Auf Grundlage dessen verfassen wir diese Asyllageberichte.

Dr. Kock (BMI)

Ich müsste bezüglich der Frage an mich etwas nachreichen. Ich warte noch auf die Zahlen.

Frage

Herr Hebestreit, ich möchte ganz gerne noch einmal bezüglich der Äußerungen von Herrn Merz nachfragen. Er hat ja nicht nur ein Treffen oder Absprachen gefordert, sondern auch eine fundamentale Wende in der Asylpolitik. Nach dem, was Sie ausgeführt haben: Sieht der Kanzler die Notwendigkeit, dass man die Asylpolitik grundlegend verändert?

StS Hebestreit

Ich glaube, diese Bundesregierung hat ja bereits eine massive Veränderung der Migrationspolitik vorgenommen. Das war im vergangenen Jahr ein großes Thema und hat sich auch in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe niedergeschlagen, die dann im Februar zum Thema Rückführungen eine massive rechtliche Veränderung herbeigeführt hat. Insofern ist das sowieso im Sinne des Bundeskanzlers. Gleichzeitig habe ich darauf verwiesen, dass es verfassungsrechtliche, grundgesetzliche Vorgaben und auch Vorgaben der EU-Menschenrechtskonvention und andere grundsätzliche Übereinkünfte gibt, die man natürlich nicht über Bord werfen kann.

In diesem Rahmen hat diese Regierung beim Thema Migration erhebliche Anstrengungen unternommen, um gegen irreguläre Migration vorzugehen, und das tut sie weiterhin. Wir haben Grenzkontrollen an einigen Außengrenzen eingeführt. Wir haben auf europäischer Ebene das Gemeinsame Europäische Asylsystem massiv vorangebracht - das befindet sich jetzt in der Umsetzung -, das dann auch wieder dem Dublin-System stärker zur Durchsetzung verhelfen soll. Wir haben beim Thema Rückführungen - das habe ich bereits zweimal genannt - Erleichterungen geschaffen, was rechtliche Hürden angeht. Insofern ist da sehr viel geschehen.

Das schlägt sich auch nieder, wenn man sich die Zahlen anschaut. Die Rückführungen in diesem Jahr sind je nach Bezugsrahmen angewachsen, wenn man das Vorjahr nimmt, um 30 Prozent und, wenn man das Jahr 2021 zur Grundlage nimmt, sogar um, glaube ich, 67 Prozent. Wenn man die Zugangszahlen, was Flüchtlinge angeht, in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr sieht, ist ein Rückgang von immerhin 20 Prozent zu beobachten. Insofern zahlen sich diese Schritte auch aus und machen sich bemerkbar.

Gleichzeitig wird dieses Land auf Zuwanderung angewiesen sein, um unseren Fachkräftemangel, unseren Arbeitskräftemangel dauerhaft ausgleichen zu können, um die wirtschaftliche Entwicklung dieses Landes nicht zu gefährden. Deswegen haben wir die Migrationsabkommen im Blick, die das eine, nämlich die Rückführung von Menschen, die sich ohne Recht in Deutschland aufhalten, ermöglichen und gleichzeitig denjenigen, die nach Deutschland kommen können, um hier zu arbeiten und zum Wohlstand beizutragen und für sich selber eine gute Zukunft zu entwickeln, dies auch möglich zu machen.

Zusatzfrage

Halten Sie die Forderung eines generellen Aufnahmestopps für Syrer und Afghanen von Herrn Merz für umsetzbar?

StS Hebestreit

Das würde gegen das Grundgesetz und wahrscheinlich auch gegen die EU-Menschenrechtsverordnung verstoßen. Regierungen sind nie gut beraten, Verfassungsbruch zu begehen.

Frage

Ich möchte da noch einmal kurz anschließen. Sie verweisen bei vielen Vorschlägen auf das Grundgesetz, was Änderungen bei diesen Themen angeht. Steht jetzt nach diesem Vorfall zumindest noch einmal im Raum oder wird diskutiert, dass man das Grundgesetz durchaus auch noch anpassen kann, wenn man die Mehrheiten dafür findet, oder ist das erst einmal ausgeschlossen?

StS Hebestreit

Der Artikel, auf den ich vor allem abhebe, ist der Artikel 16 des Grundgesetzes. Das ist das Grundrecht auf Asyl. Das ist eine der zentralen Errungenschaften des deutschen Grundgesetzes. Das kommt auch aus der Erfahrung der deutschen Geschichte. Ein individuelles Recht auf Asyl ist, glaube ich, etwas, an das niemand ernsthaft herangehen will. Durch dieses individuelle Recht gibt es die Pflicht, dass man dann, wenn jemand nach Deutschland kommt und dort Asyl begehrt, sein Asylverfahren prüft. Da haben wir auch in den letzten Jahren massive Beschleunigungen im Prozess erfahren, dass ein solches Verfahren schnell und zügig durchgeführt werden kann. Bislang hat es vor allem daran gehapert, dass die Rückführung derjenigen, deren Verfahren abgelehnt worden ist und die in ihre Heimat zurückgeführt werden sollen, Schwierigkeiten bereitet, zum einen, dass die Heimatländer sich weigerten, ihre Bürgerinnen und Bürger in größerem Stil zurückzunehmen, andererseits, dass die Betroffenen sich einer Rückführung entzogen haben, und drittens, dass es natürlich auch immer wieder Gegenden gibt, in die man auch beim besten Willen nicht zurückführen kann, weil dort Verfolgung oder Krieg und Leid drohen. Das muss man immer in einem Kontext sehen und immer wieder bewerten. Das tut in dem Fall das Auswärtige Amt. Dann entscheiden die Landesinnenministerinnen und -innenminister, was einzelne Staaten und die Rückführungsmöglichkeit angeht.

Zusatzfrage

Zu den Rückführungen: Nachdem die Rückführung bei dem Täter aus Solingen fehlgeschlagen war, wurde ja schon verschärft. Steht zumindest in der Hinsicht noch im Raum, sich noch einmal anzuschauen, ob man das Rückführungsverbesserungsgesetz anpasst, oder gibt es da noch Pläne für eine Gesetzesänderung?

StS Hebestreit

Der Fall, wie er sich zutrug, war im vergangenen Jahr. Die Veränderungen der Rückführungen sind Anfang dieses Jahres in Kraft getreten. Nach dem, was ich dazu in Papierform gelesen habe, war das allerdings eher ein Durchführungsproblem und weniger ein rechtliches.

Frage

Herr Hebestreit, Sie haben das Wort "Dublin" eben schon einmal selbst kurz in den Mund genommen. Friedrich Merz schlägt ja auch vor, dass man ganz konsequent zu den alten Dublin-Regularien zurückkehrt. Wäre das aus Ihrer Sicht auch rechtswidrig? Das kann man sich eigentlich nicht so recht vorstellen.

Dann eine generelle Frage: Was haben Sie heute eigentlich schon für die Sicherheit der Menschen im Land getan?

StS Hebestreit

Da würde ich Sie doch auf das Pressestatement des Bundeskanzlers, das parallel zu dieser Veranstaltung läuft, verweisen. Da kann er Ihnen vielleicht den einen oder anderen Hinweis geben.

Das Grundsätzliche ist: Wir halten uns an Dublin, und grundsätzlich gilt Dublin auch. Gleichzeitig erleben wir, dass es Länder gibt, die sich nicht komplett an Dublin halten. Wir werben mit den Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, dafür, alle zu ermuntern, sich wieder an diese Regeln zu halten. Die Durchsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das sich jetzt gerade in der Durchsetzung befindet, hilft sicherlich dabei, Dublin auch wieder stärker Geltung zu verschaffen.

Frage

Frau Kock, zu den Forderungen von Herrn Merz gehört auch die Forderung, an der Grenze zurückzuweisen und auch Flüchtlinge zurückzuweisen, was ja rechtlich nicht möglich ist. Haben Sie vielleicht die aktuellen Zahlen der Bundespolizei, was bei den Grenzkontrollen herauskam, wer durch ein Asylgesuch tatsächlich auch eingereist ist, und wie viele Menschen, die das nicht getan haben, zurückgewiesen wurden?

Dr. Kock (BMI)

Ja, die habe ich dabei. Ich suche sie heraus.

Frage

Herr Hebestreit, Sie haben eben schon das individuelle Recht auf Asyl angesprochen. Es gibt ja einen Vorschlag aus den Reihen der Union von einem nicht ganz unwichtigen, würde ich sagen, Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer, Herrn Frei, der in einem Gastbeitrag für die "FAZ" formuliert hat, eben genau dieses zu tun, nämlich das individuelle Recht auf Asyl durch eine Institutsgarantie und Aufnahmequoten, die europaweit verhandelt werden müssten, zu ersetzen. Würden Sie ausschließen, dass der Kanzler bereit ist, in diese Richtung zu gehen und - in dem Fall bräuchte man ja wahrscheinlich auch eine Grundgesetzänderung - so etwas dann zusammen mit der Union mitzutragen?

StS Hebestreit

Sehen Sie es mir nach, dass ich darauf jetzt nicht fußgängerisch antworten will. Aber ich habe ja zum Grundsätzlichen, was das Grundrecht auf Asyl angeht, etwas gesagt. Das ist vielleicht auch Teil der Antwort. Aber das sind Gespräche, die geführt werden müssen. Ich erkenne keinerlei Bestrebungen von denjenigen, die diese Regierung tragen, an diesem Artikel etwas zu verändern. Warten wir jetzt einmal die nächsten Tage ab. Aber ich bleibe eigentlich bei meiner Position. Jetzt schauen wir einmal.

Zusatzfrage

Vielleicht noch eine kleine Nachfrage: Sie haben ja vorhin das Gespräch nicht bestätigen wollen. Herr Frei hat auf Phoenix heute Morgen gesagt, dass es ein solches Gespräch noch diese Woche geben würde. Wenn die Gegenseite das nicht so diskret handhabt wie Sie, können Sie vielleicht noch etwas dazu sagen?

StS Hebestreit

Ich erlebe immer wieder, dass die Transparenz der Gegenseite, wie Sie sagen, in solchen Fällen deutlich größer ist als das, was wir machen. Wir halten es eigentlich für klug, dass man das, wenn man miteinander spricht, im vertraulichen Rahmen und ohne Pressekonferenzen vorher, nachher und mittendrin tut. Damit sind wir ganz gut gefahren, und dabei halten wir es auch. Insofern spreche ich hier immer über die öffentlichen Termine des Bundeskanzlers. Einen öffentlichen Termin des Bundeskanzlers - zumindest, soweit ich informiert bin - gibt es in dieser Woche nicht. Ansonsten wollen wir Gesprächen, die stattfinden, nicht vorgreifen.

Vorsitzende Welty

Dann kommen wir auf die Frage von der Kollegin zurück.

Dr. Kock (BMI)

Ich habe jetzt ein paar Zahlen dabei. Die aktuellen Zahlen zeigen uns, dass die Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration wirken. Die Asylzahlen sind im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Fünftel zurückgegangen, und die Zahlen der Rückführungen liegen um ein Fünftel über denen des Vorjahres. Das eine geht also zurück, das andere nimmt zu.

Auch die Feststellungen unerlaubter Einreisen sind inzwischen leicht rückläufig. Das heißt, auch die Maßnahmen der Grenzkontrollen, die wir jetzt seit einigen Monaten und an der Grenze zu Österreich schon länger haben, wirken. Wir haben allein im Zeitraum vom 7. Juni bis zum 15. Juli ca. 8300 unerlaubte Einreisen registriert.

Zu der Frage, wie viele Asyl beantragt haben, habe ich leider keine Zahlen vorliegen.

Frage

Zu den Zurückweisungen auch nicht?

Dr. Kock (BMI)

Nicht so konkret, nein. Die habe ich wochenweise. Das müssten wir aufsummieren.

Frage

Herr Wagner, zu den hier lebenden Afghanen und Syrern: Die Bundesrepublik unterhält im Prinzip keine diplomatischen Beziehungen zu diesen Ländern. Wer sorgt dafür, dass sie funktionierende Pässe haben? Wie funktioniert es, dass die Informationen für die hier lebenden Menschen im Prinzip aktuell gehalten werden können, wenn Leute einen neuen Pass brauchen? Können Sie uns einen Überblick über die Konsulate geben, die hier sind? Wie verlässlich sind die Informationen, die dann in diesen Pässen sind usw.?

Wagner (AA)

Ehrlich gesagt, die Frage zur Anerkennung der jeweiligen Papiere müssten Sie an die Innenbehörden richten. Aber ich kann vielleicht noch einmal sagen: In der Tat ist die deutsche Botschaft in Damaskus seit 2012 geschlossen. Wir unterhalten ja nicht diplomatische Beziehungen zu der Regierung bzw. zu diesen Ländern und erachten ja, wie auch alle anderen Europäer und breite Teile der internationalen Gemeinschaft, das Assad-Regime als nicht legitime Vertretung des syrischen Volkes. Insofern sind die Kontakte des Auswärtigen Amtes zu der sich in Berlin befindlichen syrischen Botschaft tatsächlich auf ein ziemliches Mindestmaß reduziert: technische, protokollarische Fragen. Aber in der Tat wäre das eine Frage, die Sie eher an diese Stellen richten müssen, weil die natürlich für die Vertretung ihrer Staatsangehörigen zuständig sind und nicht wir.

Frage

Herr Hebestreit, können Sie uns noch einmal mitnehmen, wie die Regierung seit Freitagabend über den Fall Solingen und das, was daraus eventuell folgt, kommuniziert hat? Gab es Gespräche, die es auf anderen Feldern in der letzten Zeit sehr viel gab, zwischen dem Kanzler, Herrn Habeck und Herrn Lindner? Gab es über das Wochenende irgendeine Art von Bemühungen, sich zusammenzuschließen und eine abgestimmte Position oder jetzt auch ein Verhalten für die nächsten Tage abzustimmen?

StS Hebestreit

Die Information am Freitagabend war natürlich bei allen Betroffenen und Beteiligten sehr schnell vorhanden. Der Bundeskanzler hat über das Wochenende auch mit verschiedenen Regierungsmitgliedern in diesen Fragen einen intensiven Austausch gehabt. Dieser Austausch wird auch weitergehen. Die Regierung ist auch sehr entschlossen, da sehr einheitlich und schnell zu handeln.

Vorsitzende Welty

Dann haben wir einen Nachtrag zur Dublin-Frage.

Dr. Kock (BMI)

Ich habe einige Zahlen zu den Dublin-Überstellungen, und zwar zunächst für 2023. Da gab es 74 622 Übernahmeersuchen von Deutschland an andere EU-Mitgliedstaaten. Davon wurden 22 462 von den anderen Mitgliedstaaten abgelehnt. 55 728 Übernahmeersuchen wurde zugestimmt. Jetzt kommt das wahrscheinlich für Sie wirklich Spannende und Interessante: Es gab im Jahr 2023 insgesamt 5053 Überstellungen in andere Mitgliedstaaten.

Ich habe auch die Zahlen für das erste Halbjahr 2024 dabei. Da gab es 36 795 Übernahmeersuchen von Deutschland an andere EU-Mitgliedstaaten. 12 808 wurden abgelehnt. Entsprechend wurde 21 314 zugestimmt. Es gab in diesem Jahr bereits 3043 Überstellungen in andere EU-Mitgliedstaaten nach Dublin.

Frage

Frau Dr. Kock, ich möchte noch einmal nachfragen: Wenn sich jemand der Abschiebung entzieht, indem er untertaucht oder in der Einrichtung nicht angetroffen wird, welche Optionen gibt es dann? Kann die Bundespolizei so jemanden festnehmen und dann an den Flughafen bringen? Gibt es da eine Regelungslücke? Gibt es da Nachsteuerungsbedarf in den Gesetzen für Sie?

Dr. Kock (BMI)

Zuständig sind, wie gesagt, in allererster Linie die Länder. Herr Hebestreit hat es ja jetzt auch schon mehrfach gesagt.

Wir haben Anfang des Jahres das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung verabschiedet. Die Abschiebung gerade von Straftätern und Gefährdern ist damit erleichtert worden. Dazu gehören eben auch ganz praktische Dinge bei der unmittelbaren Durchführung der Abschiebung. So wurde die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von zehn auf 28 Tage erhöht. Das heißt, die Behörden haben dann mehr Zeit, eine Abschiebung vorzubereiten. Es gibt auch eine weitere Erleichterung - das wurde damals auch hier sehr breit diskutiert, wenn ich mich richtig erinnere -, bei der es um die Möglichkeit zum Betreten der Räumlichkeiten insbesondere in Asylunterkünften geht.

Für den konkreten Einzelfall sind, wie gesagt, die Behörden im Land NRW die Zuständigen, was die Aufklärung angeht.

Frage

Ich habe jetzt doch eine Rückfrage zu den Zahlen an Frau Kock: Wie kommt es denn zu dieser großen Lücke, was Fälle von Abschiebungen angeht, bei denen sozusagen zugestimmt wurde, bzw. denen, in denen dann tatsächlich abgeschoben worden ist, also 21 000 zu 3300? Ist das, wie Herr Hebestreit sagt, sozusagen ein Problem der Umsetzung?

Zu meiner eigentlichen Frage: Es gibt auch eine Diskussion darüber, die Befugnisse der Sicherheitsbehörden, speziell des Verfassungsschutzes und der Polizei, zu erweitern, gerade was sozusagen die Informationserfassung im Vorfeld anbelangt. Wie sieht das Innenministerium das? Sieht es ebenfalls die Notwendigkeit, Befugnisse auszuweiten?

Dr. Kock (BMI)

Wie Herr Hebestreit bereits ausgeführt hat und ich es ja gerade zu ergänzen versucht habe, gibt es umfassende rechtliche Regelungen. Wir haben diese gerade in diesem Jahr noch verbessert. Es gibt eine Vielzahl von Gründen, warum Rückführungen oder Abschiebungen in einem konkreten Fall eben nicht gelingen. Das ist ein Strauß an möglichen Gründen. So ist die Person schlicht nicht da, wenn die Polizei vor Ort ist; dann kann man noch einmal hingehen. Es gibt also verschiedene Gründe. Das jetzt hier auseinanderzudröseln, hat relativ wenig Sinn, solange wir nicht genau wissen, was da passiert ist, und darum kümmern sich die Behörden in NRW jetzt. Darauf vertrauen wir.

Zu der Frage der Befugnisse von Sicherheitsbehörden: Es ist grundsätzlich so, und dazu hat sich die Ministerin auch schon mehrfach geäußert, dass die Sicherheitsbehörden die Befugnisse brauchen, die sie in der heutigen Zeit eben auch benötigen, um ihre Arbeit vernünftig zu tun. Dafür, zu konkreten Forderungen Stellung zu nehmen, finde ich, ist heute nicht der richtige Moment, vor allen Dingen auch nicht durch mich.

Zusatzfrage

Eine Nachfrage an den Regierungssprecher: Sieht man innerhalb der Regierung auch die Notwendigkeit, bei den Befugnissen tatsächlich noch einmal nachzusteuern?

StS Hebestreit

Bevor ich die Frage präziser zu beantworten versuche, vielleicht noch eines vor der Klammer, weil ich ja merke, dass Sie viele Fragen stellen und wir in Teilen unbefriedigende Antworten haben: Das ist natürlich auch etwas, das diejenigen in Solingen, die in tiefer Trauer sind, unter Schock sind, die erlebt haben, was da am Freitag passiert ist, die ihre Angehörigen entweder ganz verloren haben oder deren Angehörige jetzt schwer verletzt im Krankenhaus liegen, oder auch die vielen, die traumatisiert sind - mir wird berichtet, dass die Begegnung des Bundeskanzlers und des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten mit Rettungskräften eine sehr emotionale Veranstaltung gewesen ist -, natürlich ein Anrecht auf Antworten auf genau diese Fragen haben, und die können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht alle geben. Es gibt unterschiedliche Wissensstände. Der Bund ist zuständig für manches, die Länder sind zuständig für manches, die Behörden vor Ort, die Ausländerbehörden, die Landespolizeien. Das versuchen wir jetzt unter Hochdruck, aber auch mit der nötigen Präzision zu ermitteln, herauszufinden.

Klar ist, dass es nicht an rechtlichen Hürden gescheitert ist, dass der mutmaßliche Täter nicht abgeschoben worden ist, sondern an der Praxis gescheitert ist. So etwas darf nicht passieren, aber so etwas passiert. Deswegen ist die klare Aufgabe auch aller Behörden, die natürlich genauso unter Schock stehen, die genauso leiden, dass sie nach Kräften versuchen, dass so etwas nicht wieder passiert und dass sie diejenigen, derer sie habhaft zu werden versuchen, weil sie das Land verlassen müssen, auch antreffen.

Wir müssen, und es sind immer wieder solche Vorfälle, die uns daran erinnern, immer wieder die rechtlichen Vorgaben überprüfen. Das ist gerade geschehen, und darauf haben wir jetzt ja mehrfach verwiesen, und zwar haben sich alle Landesinnenministerinnen und Landesinnenminister mit der Bundesinnenministerin unter Einbeziehung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten das alles angeschaut. Alle Maßnahmen, auf die man gekommen ist, wurden auch in Gesetzen umgesetzt. Dann ist es die Praxis - auch da wieder: Es gibt eine ganze Reihe von verschiedenen Zuständigkeiten. Da gibt es auch an Schnittstellen immer noch Verbesserungsmöglichkeiten und -fähigkeiten. Die muss man identifizieren, und genau das passiert jetzt, wie es auch in früheren Fällen geschehen ist, um immer wieder deutlich zu machen, dass wir alles tun, was in unserer Kraft steht, was uns möglich ist, um solche schrecklichen Taten zu verhindern.

Damit habe ich, glaube ich, auch die zweite bzw. die ursprüngliche Frage von der Kollegin beantwortet.

Zusatz

(ohne Mikrofon, akustisch unverständlich)

StS Hebestreit

Wir müssen immer wieder schauen, ob es da auch rechtlich noch etwas gibt, das so etwas behindert. Im Augenblick können wir das noch nicht erkennen. Aber wir sind ja im Augenblick auch mitten in der, sage ich einmal, Sachstandsermittlung.

Frage

Das ist eine Frage an das Justizministerium bezüglich der aktuellen Geschehnisse. Gibt es da ein Umdenken im Justizministerium, was das Waffenrecht angeht?

Bönnighausen (BMJ)

Der Minister hat sich ja am Wochenende schon gegenüber der "BILD am SONNTAG" so dazu geäußert, dass wir jetzt gemeinsam als Bundesregierung über Maßnahmen diskutieren. Das wurde ja jetzt hier auch schon angesprochen. Daran werden wir uns konstruktiv beteiligen.

Dr. Kock (BMI)

Zu der Frage von der Kollegin- es tut mir leid; wie Sie sich vorstellen können, haben wir bereits eine Vielzahl von Zahlen angefordert, aber die Kollegen hören aufmerksam mit und liefern nach -: Es wurden an allen Grenzen in diesem Jahr bis einschließlich Juli 25 902 Personen zurückgewiesen.

Frage

Meine Frage geht jetzt aber wieder eher in Richtung des BMJ und des Waffenrechts, aber vielleicht auch in Richtung anderer Ministerien, deren Minister sich berufen fühlten, sich zu äußern. § 42 des Waffengesetzes sagt ja schon klipp und klar, dass das Mitführen von Waffen bei öffentlichen Veranstaltungen nicht erlaubt ist, es sei denn, es gibt einen Ausnahmetatbestand. Dann würde ich gerne einmal wissen: Was genau soll eine Veränderung am Waffenrecht jetzt noch bewirken können, denn "verboten" heißt ja schon "verboten"? - Das geht zuerst an das BMJ und an sonstige Ministerialzuständigkeiten, die sich berufen fühlen.

Bönnighausen (BMJ)

Wir werden, wie gesagt, jetzt noch einmal genauer darüber sprechen. Zu Details kann ich allerdings noch nichts sagen. Aber wir werden natürlich sehen, dass wir da auch möglichst schnell Inhalte liefern können.

Zusatzfrage

Es tut mir leid, ich muss da noch einmal nachfragen, weil ich das nicht so ganz verstehe. Es gibt einen Vorschlag, das Waffenrecht zu ändern, um etwas zu erreichen, was bereits heute verboten ist. Das ergibt doch logisch keinen Sinn. Was wollen Sie also damit erreichen?

Bönnighausen (BMJ)

Das ist ja auch nicht die einzige Maßnahme, über die wir im Moment diskutieren, sondern es geht ja um noch mehr Dinge, über die wir hier auch schon länger gesprochen haben, die sich jetzt in der Diskussion befinden und die dann in Form eines Gesamtpaketes sicherlich dazu beitragen werden. Aber, wie gesagt, ich bitte um Verständnis, dass ich zu genauen Inhalten im Moment noch nichts sagen kann.

Frage

Ich hätte ganz gerne noch einmal nach der Rolle der Gerichte bei diesem ganzen Thema gefragt. Ich habe nämlich, Herr Wagner, die Einschätzung nicht ganz verstanden, zu der Sie hinsichtlich Syriens kommen, weil das Oberverwaltungsgericht in Münster ja festgestellt hat, dass nach Meinung der dortigen Richter keine bürgerkriegsbedingte ernsthafte allgemeine Gefahr für Leib und Leben der Zivilbevölkerung in Syrien festgestellt werden kann. Wonach richtet sich also die Bundesregierung eigentlich, nach Gerichtsurteilen oder nach ihrer Bewertung der Lage in Syrien?

Dasselbe richtet sich an Frau Kock, weil wir ja eben schon über Dublin gesprochen haben. Es gibt ja Gerichtsurteile dazu, dass Flüchtlinge bzw. Asylbewerber, die über Griechenland gekommen sind, nicht wieder nach Griechenland zurückgeführt werden dürfen. Gilt das eigentlich noch? Es war ja eines der Hauptprobleme in der Flüchtlingskrise 2015/2016 gewesen, dass Gerichte hier in Deutschland festgestellt haben, dass der Standard der Versorgung dort angeblich nicht ausreiche.

Wagner (AA)

Vielen Dank für die Frage. - Ich nehme das als Gelegenheit, noch einmal darzulegen, was dieser Asyllageberichte oder, wie es im Fall von Syrien ja heißt, Lagefortschreibungen sind. Die stehen vor einer Gerichtsentscheidung. Die werden ja im Rahmen der Rechts- und Amtshilfe für Behörden und Gerichten des Bundes und der Länder erstellt, und die beschreiben eben faktisch anhand der verfügbaren Quellen die asyl- und abschieberelevante Lage vor Ort. Die enthalten keine Schlussfolgerungen und auch keine rechtlichen Bewertungen - das ist ja dann die Aufgabe der zuständigen Innenbehörden bzw. der zuständigen Verwaltungsgerichte -, sondern die beschreiben eben die Lage. Die beruhen auf belastbaren Erkenntnissen.

In unserem Fall liegt die Zuständigkeit für Syrien ja bei der Botschaft in Beirut, wo sich Kolleginnen und Kollegen darum kümmern, das Syrien-Dossier dort betreuen, und eben diese Lagefortschreibung für Syrien verfassen. Sie haben tatsächlich ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster erwähnt. Das hat wahrscheinlich auch diesen Asyllagebericht vorliegen gehabt. Das weiß sich aber natürlich auch anderer Quellen zu bedienen und ist eben zu dieser einen Einschätzung gekommen. Wir sehen darin keinen Grund, an unserer Darstellung, wie er in unserer Lagefortschreibung enthalten ist, zu zweifeln. Wir aktualisieren das ja auch turnusmäßig. Nach unseren Erkenntnissen kommt es eben in allen Landesteilen Syriens weiterhin zu Kampfhandlungen unterschiedlicher Intensität. Es gibt glaubwürdige Berichte über teils schwerste willkürliche Menschenrechtsverletzungen, Folterpraktiken und Hinrichtungen. Daher kommen ja auch die Vereinten Nationen - das hatte ich ja vorhin schon erwähnt -, die ja in Syrien präsent sind, zu der Einschätzung, dass die Bedingungen für eine sichere Rückkehr von Geflüchteten derzeit nicht gegeben sind.

Dr. Kock (BMI)

Die Bundesregierung ist sich, und auch wir sind es, der Problematik durchaus bewusst, dass die Zahl von Einreisen und Asylantragstellungen von anerkannt schutzberechtigten Personen in Griechenland weiterhin steigt, und wir beobachten die Situation sehr aufmerksam. Wir setzen uns mit Nachdruck und auch schon länger für eine Verbesserung der Situation von anerkannt Schutzberechtigten in Griechenland ein. Wir setzen uns auch für die Schaffung der grundsätzlichen Voraussetzungen für Rückführungen nach Griechenland ein und stehen diesbezüglich auf verschiedenen Ebenen mit den griechischen Partnern in Kontakt, um eben auch weitere Möglichkeiten umzusetzen, die irreguläre Sekundärmigration zu begrenzen.

Zusatzfrage

Aber bisher gilt das immer noch? Sie können nicht zurückführen?

Dr. Kock (BMI)

Das unterliegt grundsätzlich dem europäischen Mitgliedstaat. Ob wir jetzt zurückführen, müsste ich noch einmal genauer nachschauen.

Frage

Ich wollte das Innenministerium oder eventuell auch Herrn Hebestreit fragen, ob Sie davon ausgehen, dass die EU-Asylreform ein Ergebnis und ein Rückführen der Zahlen der Migration bringen wird, und wann. Es müssen ja noch Dinge wie zum Beispiel diese Auffanglager geklärt werden.

Eine zweite Frage an Frau Dr. Kock: Wird die Sicherheitslage in Deutschland nach den Vorgängen vom Freitag insgesamt eigentlich neu bewertet?

StS Hebestreit

Ich glaube, die Auffanglager sind eine Maßnahme eines ganzen Bündels von Maßnahmen, das im Zuge des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems angeregt wird. Die sind keine Conditio sine qua non. Insofern gehen wir natürlich davon aus, und das ist ja das, was das ganze Ziel ist, dass wir die irreguläre Migration nach Europa besser bewältigen können und dass diejenigen Zahlen, die insbesondere Deutschland, aber auch einige andere Länder in der EU betreffen, dann stärker zurückgehen, auch, weil die Solidarität unter den europäischen Ländern wieder stärker zum Tragen kommt. Das ist schon unser Ziel.

Frau Kock hat ja bereits darauf verwiesen, dass wir schon mit den Maßnahmen, die wir in den vergangenen Monaten angesetzt haben, einen Rückgang von etwa 20 Prozent verzeichnen können. Aber auch da gilt wiederum: Es gibt ja viele, viele Gründe dafür. Das ist ein internationales Phänomen, und das geht auch nicht einfach so weg. Wenn man sich auf dem afrikanischen Kontinent umschaut, wenn man sich die Weltlage anschaut, wenn man sich die weiterhin anhaltende Situation beispielsweise in Afghanistan anschaut, dann ist es so, dass der Druck der Migration nicht schwächer werden wird. Insofern müssen wir uns darauf einstellen, dass wir damit vernünftig umgehen, und das tut die Europäische Union, unter anderem mit der GEAS-Reform.

Zusatz

Die Frage war ja die nach dem Wann, also wann das noch stärker greifen wird.

StS Hebestreit

Na, kontinuierlich! Deshalb habe ich ja darauf verwiesen, dass es erste Erfolge nicht nur der GEAS-Reform, sondern auch anderer Maßnahmen gibt, und das wird ein Bündel von Maßnahmen bleiben müssen.

Zusatz

Sicherheitslage.

Dr. Kock (BMI)

Das weiß ich. - Ich möchte vielleicht einmal eingangs sagen, weil wir jetzt schon sofort mit dem Fachlichen eingestiegen sind: Unsere Gedanken sind wirklich im Moment sehr bei den Menschen in Solingen, bei den Opfern, bei ihren Angehörigen, aber auch bei den Menschen, die in der Stadt leben, die das sehr mitgenommen hat. Das einfach einmal vorneweg.

Die Frage nach den Änderungen der Sicherheitslage erhalten wir ja immer wieder, wenn etwas passiert. Wir sprechen schon relativ lange - ich erinnere mich auf jeden Fall, dass wir das schon sehr lange tun - von einer abstrakt hohen Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus. Leider hat sich diese abstrakte Gefährdung in diesem Fall jetzt konkretisiert. Das zu Sicherheitslage allgemein.

Frage

Der Kanzler hat ja vor wenigen Minuten in Solingen eine schnelle Verschärfung des Waffenrechts in Aussicht gestellt und gesagt, er gehe davon aus, dass auch Bundestag und Bundesrat die Vorschläge der Bundesregierung schnell verabschieden könnten. Vielleicht könnten Sie, Herr Hebestreit, uns noch einmal Klarheit verschaffen, was er mit den Vorschlägen der Bundesregierung meint, weil es innerhalb der Bundesregierung nach meinem Kenntnisstand ja noch unterschiedliche Haltungen zu diesen Fragen gibt, zum Beispiel zwischen BMI und BMJ. Erwarten Sie, dass das schon in dieser Woche in der Kabinettssitzung beschlossen werden könnte?

StS Hebestreit

Ich erwarte, dass es jetzt sehr, sehr schnell einen Vorschlag der Bundesregierung, auf den man sich geeinigt hat, zu diesem Thema geben wird, und auf den verweise ich dann. Aber in die Feinheiten werde ich jetzt auf Zuruf nicht gehen können. Da haben sich die Zeitläufte leider überschnitten.

Frage

Wir haben gerade über Abschiebungen gesprochen. Es ging aber auch um die Überstellungen. Können Sie noch einmal den Unterschied klarmachen? Ist das einfach eine andere Vokabel, oder funktionieren Überstellungen innerhalb Europas im Prinzip nach dem gleichen Prinzip wie Abschiebungen in die Herkunftsländer?

Dr. Kock (BMI)

Da müsste ich jetzt relativ lang ausholen. "Überstellungen" meint "Überstellungen nach Dublin". Das heißt, jemand ist in einen anderen EU-Mitgliedstaat eingereist, wurde dort registriert, kommt dann nach Deutschland, stellt hier einen Asylantrag, und bei der Erstprüfung wird festgestellt, dass er in einem anderen EU-Mitgliedstaat schon registriert worden ist. Dann wird überstellt. Der Begriff der Abschiebung umfasst, etwas platt gesagt, den Rest.

Zusatzfrage

Das habe ich verstanden. Mir ging es um das Technische. Ist eine Überstellung genauso aufwendig wie eine Abschiebung?

Dr. Kock (BMI)

Ja, in der Praxis ja. Vom Handeln her ist es das Gleiche. Die Rechtsgrundlage ist eine andere.

StS Hebestreit

Ich habe jetzt etwas zu einem ganz anderen Thema. Trotzdem wollte ich Ihnen das nicht vorenthalten.

Die Bundesregierung setzt sich für eine rasche und unbürokratische Hilfe für die von Mpox betroffenen Länder ein, derzeit also vor allem in Afrika. Deshalb beabsichtigt die Bundesregierung, kurzfristig mit einer Impfstoffspende im Umfang von 100 000 Impfdosen aus Beständen der Bundeswehr und unter Koordinierung des Auswärtigen Amtes die internationalen Bemühungen zur Eindämmung des Ausbruchs von Mpox auf dem afrikanischen Kontinent solidarisch zu unterstützen.

Außerdem unterstützen wir betroffene Länder wie beispielsweise die Demokratische Republik Kongo ganz konkret mit folgenden Maßnahmen: Wir stellen der Weltgesundheitsorganisation über verschiedene Instrumente flexible Finanzmittel zur Verfügung, um Mpox zu bekämpfen, unter anderem über den Notfallfonds der WHO, den sogenannten Contingency Fund for Emergencies. Die Bundesregierung unterstützt ihre Partner in Afrika auch über die Impfallianz Gavi und setzt sich dafür ein, Impfstoffe und Zusatzmaterial für die betroffenen Regionen zu beschaffen sowie bei der Logistik der Verteilung vor Ort zu helfen. Darüber hinaus fördern wir aus Mitteln der humanitären Hilfe Projekte von Nichtregierungsorganisationen, die ebenfalls Maßnahmen zur Mpoxbekämpfung zum Gegenstand haben. Wir bringen die Expertise und Kernkompetenzen deutscher Fachinstitutionen ein. Das BMZ liefert kurzfristig ein mobiles Labor in den Kongo, und die Bundesregierung bereitet einen weiteren Einsatz der Schnell Einsetzbaren Expertengruppe Gesundheit zur Infektionsprävention und Diagnose mit Fokus auf Mpox im Osten Kongos vor. Mittelfristig unterstützt Deutschland gemeinsam mit europäischen Partnern die Afrikanische Union beim Aufbau einer lokalen Impfstoffproduktion.

Über die Unterstützungsmaßnahmen stehen wir im engen Austausch mit unseren europäischen und internationalen Partnern.

Frage

Herr Hebestreit, können Sie sagen, wohin diese 100 000 Dosen, die Deutschland spendet, gehen? Sind das bilaterale Spenden, oder gehen sie an eine internationale Organisation?

Wagner (AA)

Ich kann das vielleicht übernehmen. Das soll in die besonders betroffenen Gebiete gehen. Der Regierungssprecher hat schon erwähnt, dass das im Moment vor allen Dingen die Demokratische Republik Kongo, aber auch Burundi und die benachbarten Länder in Ostafrika sind. Wir arbeiten mit internationalen Organisationen zusammen. Der Regionssprecher hat die WHO und auch die EU-Mechanismen, die es zur Verteilung und schnellen Katastrophenhilfe gibt, erwähnt. Jetzt wird sehr schnell geprüft, welcher Weg der schnellste ist, um diese Impfspende in die betroffene Region zu bringen. Die Details dazu liefern wir gern nach, wenn Sie feststehen.

Zusatzfrage

Diese Frage ist also noch nicht entschieden, oder? Es ist entschieden, 100 000 Impfstoffdosen zu spenden, aber noch nicht, auf welchem Weg das - - -

Wagner (AA)

Genau, weil wir uns anschauen, welcher Weg der schnellste ist, um die Impfdosen dorthin zu bringen.

Frage

Ich habe eine Frage zu den verbleibenden Beständen und den Möglichkeiten einer Nachorderung. Wenn ich es richtig im Kopf habe, dann waren etwa 117 000 Dosen aus dem Jahr 2022 in Deutschland verfügbar. Herr Collatz weiß das wahrscheinlich am besten, weil es, denke ich, Bundeswehrbestände waren. Verbleiben die restlichen Dosen in Deutschland? Werden dann weitere nachgeordert? Wie müssen wir uns das vorstellen?

Collatz (BMVg)

Zu den Zahlen: 118 000 ist die richtige Zahl. Unter Wahrung eines Mindestverfügbarkeitsbestandes auch zum Schutz von Reisenden von Behörden usw. verbleibt dann noch eine geringe Anzahl Restdosen in unseren Lagern. Wir bewahren das auf. Über eine Nachbestellung muss noch gesondert beschlossen werden.

Frage

Sowohl der polnische als auch der tschechische Präsident haben jüngst erklärt, dass die Zerstörung von Nord Stream 1 und 2, wenn von der Ukraine durchgeführt, ein völlig legitimer Akt gewesen sei. Teilt die Bundesregierung diese Einschätzung ihrer EU- und NATO-Partner?

StS Hebestreit

Nein.

Zusatzfrage

Herr Wagner, gab es, da Herr Hebestreit das so deutlich verneint, denn entsprechende diplomatische Initiativen, um dieses Nein entsprechend an die Staatskanzleien in Prag und Warschau zu kommunizieren?

Wagner (AA)

Der Regierungssprecher hat ja gerade sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, was unsere Haltung zu dem Kasus war.

StS Hebestreit

Diese Haltung hat der Bundeskanzler in seinen Gesprächen, die er sowohl mit der polnischen als auch mit der tschechischen Seite sowie mit vielen anderen internationalen Partnern in den vergangenen Monaten geführt hat, immer wieder deutlich gemacht. Er hält das für ein Verbrechen und hat auch gesagt, dass das Verbrechen aufgeklärt werden muss. Der Generalbundesanwalt - dort laufen die Ermittlungen - ermittelt.

Frage

Meine Frage geht an Frau Kock und wahrscheinlich an Herrn Collatz. Nach Informationen aus deutschen Sicherheitskreisen gibt es einen ernst zu nehmenden Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes auf Vorbereitungshandlungen einer wahrscheinlichen russischen Sabotageaktion gegen Geilenkirchen durch den Einsatz einer Drohne, der dazu geführt habe, dass in der vergangenen Woche die Sicherheitsstufe dort hochgesetzt worden sei.

Kann man etwas dazu sagen, welche Vorbereitungshandlungen das waren?

Hat die Qualität der hybriden Bedrohung durch Russland zugenommen? Das wäre ein neuer Stand.

Collatz (BMVg)

Sie selbst verweisen auf nachrichtendienstliche Hinweise. Dazu kann ich hier nichts sagen.

Zusatzfrage

Diese nachrichtendienstlichen Hinweise waren schon vergangene Woche in der Berichterstattung. Nun gibt es Hinweise aus Sicherheitskreisen, dass es tatsächlich so gewesen sei. Ich bitte um eine Bewertung dieser möglichen russischen Sabotagevorhaben. Vielleicht ist es Herr Hebestreit, der als Zuständiger für die Nachrichtendienste etwas dazu sagen muss.

StS Hebestreit

Das tue ich natürlich sehr gern. Aber auch ich kann Ihnen dabei nicht viel weiterhelfen. Sowohl zu nachrichtendienstlichen Erkenntnissen als auch zu Gerüchten, die Sie irgendwo aufschnappen und die Sie zu lesen haben, äußern wir uns hier grundsätzlich nicht. Sie haben gesehen, dass es Maßnahmen gegeben hat und dass diese Maßnahmen auch wieder zurückgefahren worden sind. Viel mehr kann ich dazu nicht beitragen.

Aber vielleicht müssten Sie dazu auch bei der NATO nachfragen.

Zusatz

Wir sind dabei. Das Wort "Gerüchte" würde ich natürlich zurückweisen.

Dr. Kock (BMI)

Ich kann nichts hinzufügen. Ich kann mich dem nur vollumfänglich anschließen.

Frage

Herr Collatz, können Sie, auch wenn Sie den konkreten Vorfall nicht beurteilen wollen, sagen, ob das Konsequenzen für die Sicherheitseinstufung der Bundeswehrstandorte in Deutschland hat? Wenn die Berichte darüber, dass es da einen Anschlag gab, zutreffen sollten, müsste die Bundeswehr möglicherweise fürchten, dass es weitere Anschläge geben wird. Sind die Sicherheitsvorkehrungen für Bundeswehrstandorte erhöht worden?

Collatz (BMVg)

Diese Frage haben wir, als das Ganze bekannt geworden ist, an dieser Stelle schon erörtert. An dieser Bewertung und Lage hat sich nichts geändert.

Zusatz

Heute handelt es sich um neue Berichte, wonach es einen konkreten Anschlag gegeben habe.

Collatz (BMVg)

Das ist nachlaufende Berichterstattung. Diese haben wir zur Kenntnis genommen. An der Sachlage ändert sich nichts.

Frage

Kürzlich hat der Wärmepumpenhersteller Enpal sein Produkt mit einem Foto beworben, das den Minister in vertrauter Haltung mit einem der führenden Enpal-Lobbyisten im Regierungsflieger zeigt. Erfolgte diese Bewerbung des Produktes mit dem Foto des Ministers im Einvernehmen mit ihm?

Ungrad (BMWK)

Nein, das erfolgte nicht im Einvernehmen.

Zusatzfrage

Das Foto zeigt den Minister mit dem Co-Geschäftsführer von Enpal, Henning Rath. Um welchen Flug handelte es sich, und welchen Grund gab es dafür, dass sich Herr Rath in diesem Flieger befand?

Ungrad (BMWK)

Den Flug kann ich Ihnen gerade nicht nennen. Aber wir nehmen auf Reisen öfter Wirtschaftsdelegationen mit. Darunter sind natürlich auch Energieunternehmen. Das wird auch auf dieser Reise stattgefunden haben, und sicherlich kommt es dann an Bord auch zu Fotos. Aber wir haben für dieses Foto keine Freigabe oder Ähnliches erteilt, und es ist auch nicht in unserem Sinne gewesen.

Frage

Herr Wagner, Israel hat Libanon am Wochenende massiv bombardiert. Es gab viele Tote, darunter auch Zivilisten. Dazu hätte ich gern eine Reaktion.

Wagner (AA)

Wir haben am Wochenende vor allen Dingen erst einmal eine Eskalationsdrohung durch die Hisbollah gesehen, die schon im Vorfeld massiv gedroht hatte und dann mit Raketen und Beschuss auf Israel vorangegangen ist. In der Tat hat die israelische Regierung im Lichte dieser Bedrohung Gebrauch von ihrem Recht auf Selbstverteidigung gemacht und hat Israel eine Operation im Süden Libanons durchgeführt.

Wir sehen die Spannung in der Region, die darin zum Ausdruck kommt, natürlich mit großer Sorge. Die Gefahr einer regionalen Eskalation ist weiterhin mitnichten gebannt. Insofern sind es, denke ich, erst einmal gute Nachrichten, dass es nicht zu einer großen regionalen Eskalation gekommen ist. Aber wir rufen natürlich alle Akteure dazu auf, sich jetzt zurückzuhalten.

Ich denke, im Lichte dessen ist auch wichtig, noch einmal zu unterstreichen, dass die Verhandlungen über einen humanitären Waffenstillstand in Kairo nach wie vor laufen, der, wenn man die vorsichtige Hoffnung hegen will, sicherlich auch Auswirkungen auf die Lage an der Nordgrenze Israels und auf die Bedrohungslage durch die Hisbollah haben wird. Insofern wäre es wichtig, dass es in diesen Verhandlungen zu Fortschritten, zu einem Durchbruch, zu einer Entscheidung kommt. In dem Sinne begleiten wir sie mit dem Appell, sich zu einem humanitären Waffenstillstand durchzuringen.

Zusatzfrage

Sind diese Verhandlungen durch den massiven Luftangriff erschwert worden? Wir reden ja von hundert israelischen Kampfjets, die Libanon bombardiert haben.

Wagner (AA)

Noch einmal: Die israelische Regierung sagt sehr explizit, sie habe auf ein Bedrohungsszenario aus Südlibanon durch die Hisbollah reagiert, das sich dann ja auch umgehend durch den massiven Beschuss mit Raketen gezeigt hat. Ich habe eben schon dargelegt, dass das alles natürlich Rückwirkungen hat. Umso wichtiger ist es, dass wir in den Verhandlungen der Parteien, die jetzt in Kairo zusammenkommen und zur Stunde verhandeln, zu einem Ergebnis kommen. Es braucht einen humanitären Waffenstillstand. Den braucht es nicht nur, um der Gefahr einer regionalen Eskalation vorzubeugen, sondern vor allen Dingen auch mit Blick auf die Geiseln, die weiterhin in der Hand der Hamas in Gaza sind, und auf die Lage der Menschen in Gaza, die katastrophal ist.

Frage

Sie haben jetzt noch einmal mit dem Selbstverteidigungsrecht Israels argumentiert. Israel bricht eigentlich tagtäglich in das Hoheitsgebiet des Libanons ein, gerade mit seinen Luftstreitkräften. Das wissen Sie sicherlich auch durch Ihre Vertretung in Beirut. Wäre aus Sicht der Bundesregierung ein Abschuss israelischer Flieger durch die reguläre libanesische Armee vom Völkerrecht gedeckt?

Wagner (AA)

Es steht, denke ich, außer Frage, dass Hisbollah seit dem 8. Oktober zahllose Angriffe auf den Norden Israels fährt und dass es dort fast täglich zu Beschuss kommt. Hisbollah hat in den letzten Wochen auch immer wieder öffentlich angekündigt, dass sie weitere Angriffe vornehmen werde. Ich kann hier nicht über die konkrete militärische Situation und Ihre Bewertung spekulieren. Aber weil Sie es in Ihrer Frage noch einmal aufgeworfen haben: Es ist es vollkommen anerkannt, dass es ein völkerrechtliches Selbstverteidigungsrecht gibt. Dieses gilt auch für einen unmittelbar bevorstehenden Angriff, wenn er nicht anders als durch sofortige Verteidigungsmaßnahmen abgewendet werden kann. Ich denke, das ist das, was wir dort am Wochenende beobachtet haben.

Zusatzfrage

Meine Frage war eher generell, weil Israel tatsächlich auch weit vor jenen Oktoberereignissen fast tagtäglich die Lufthoheit gebrochen hat. Ich denke, jeder der in Libanon war, hat das gesehen. Daher würde mich grundsätzlich interessieren, ob Sie der libanesischen Armee das Recht auf Selbstverteidigung im Sinne von Abschuss einräumen würden.

Wagner (AA)

Wir beobachten doch einen Konflikt, in dem auf der einen Seite die Hisbollah steht, die Israel nicht nur droht, sondern Israel auch beschießt und angreift, und auf der anderen Seite die israelische Armee. Sie wissen, dass wir uns immer wieder eingebracht haben, um eine regionale Eskalation zu verhindern und eine Lösung für diesen Konflikt zu finden. Die Außenministerin war mehrfach im Libanon. Die UNIFIL ist dort engagiert und trägt zum "deconflicting" bei.

Insofern muss es uns doch darum gehen, zu klären, wie wir zu einer Lösung kommen, und eine weitere Eskalation zu verhindern. Alle diplomatischen Kanäle sind dafür im Moment aktiv und tragen hoffentlich dazu bei, dass dort weiter "deconflictet" wird und dieser Konflikt nicht Raum greift.