Österreichisches Parlament

06/26/2024 | Press release | Distributed by Public on 06/26/2024 13:24

Bundeswettbewerbsbehörde legte 2023 Fokus auf Preisentwicklung bei Energie und Lebensmitteln und auf Kartellbildungen Generaldirektorin Harsdorf-Borsch stellt wichtige[...]

Wien (PK) - Der Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zeigt laut der Generaldirektorin für Wettbewerb, Natalie Harsdorf-Borsch, dass 2023 wichtige Schritte zur Verhinderung von Kartellbildung erfolgten. Unter anderem sei die rechtliche Aufarbeitung des festgestellten Baukartells deutlich vorangegangen, erfuhren die Abgeordneten des heutigen Wirtschaftsausschusses. Die BWB legte 2023 auch einen besonderen Fokus darauf, die Preisentwicklungen am Lebensmittelmarkt zu durchleuchten. Der Tätigkeitsbericht der BWB wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Jahresbericht der Bundeswettbewerbsbehörde 2023 zeigt Erfolge von Ermittlungen zu Kartellen

Im Jahr 2023 prüfte die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) laut ihrem Tätigkeitsbericht 2023 (III-1178 d.B.) insgesamt 294 Zusammenschlüsse von Unternehmen. Insgesamt 51,2 Mio. € an Geldbußen wurden auf BWB-Antrag durch das Kartellgericht über Unternehmen verhängt, die Verstöße gegen das österreichische oder europäische Wettbewerbsrecht begangen hatten.

Wie die Leiterin der Wettbewerbsbehörde, Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch, im Wirtschaftsausschuss ausführte, hat sich die budgetäre Situation der Behörde 2023 deutlich verbessert. Das sei auch dringend notwendig gewesen, da etwa durch den Digital Market Act der EU neue Aufgaben hinzugekommen seien. Auch das Wettbewerbs- und Branchenmonitoring seien ausgeweitet worden. Die Höhe der Bußgelder für Wettbewerbsverstöße, die in das Bundesbudget fließen würden, mache deutlich, dass die Budgetmittel gut eingesetzt seien. Im Durchschnitt seien damit für jeden eingesetzten Euro aus Budgetmitteln 6,5 € an den Bund zurückgeflossen, rechnete sie vor.

Für die Behördenleiterin zeigte sich der Erfolg der Arbeit der Behörde vor allem auch in der zügigen Aufarbeitung des Baukartells, zu dem die Ermittlungen 2017 begonnen hatten. Laut Harsdorf-Borsch konnten mehrere Verfahren mit einer Gesamtsumme von 175,81 Mio. € an Geldbußen abgeschlossen werden. Die Behörde sei Kartellbildungen auch in anderen Bereich nachgegangen, wie der Meinungsforschung, dem Markt für Schweißtechnik oder dem Fassadenbau.

Harsdorf-Borsch führte aus, dass das Kartellgericht wegen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und des Austauschs wettbewerbssensibler Informationen im Dezember 2023 Geldbußen von 175,81 Mio. € für die Bildung des Baukartells verhängte. Ermittelt wurde bei mehr als 40 Unternehmen wegen wettbewerbswidriger Praktiken zu Lasten von Ländern, Gemeinden und privaten Auftraggeber:innen.

Akzente habe die Behörde 2023 auch bei der Prävention von Wettbewerbsverzerrungen gesetzt. In diesem Zusammenhang habe sie die Kooperation mit den Landesrechnungshöfen erweitert, denen sie Expertise zur Verfügung stelle. Eine präventive Wirkung zeige sich auch darin, dass Unternehmen Fusionsanträge oft schon zurückziehen würden, wenn die Wettbewerbsbehörde Bedenken zu einem Zusammenschluss äußere.

Im Fokus der BWB sei im Vorjahr auch die Wettbewerbssituation in der Lebensmittelbranche gestanden. Die Branchenuntersuchung habe bestätigt, dass die Lebensmittelindustrie für gleiche Produkte entsprechend ihren Länderstrategien in den jeweiligen Staaten teilweise unterschiedliche Preise verrechnet. Angesichts der krisenbedingten Energiepreisentwicklungen durchleuchtet die Bundeswettbewerbsbehörde gemeinsam mit der E-Control in einer Taskforce die Strom- und Gasmärkte auf Ursachen für den rückgängigen Wettbewerb sowie die Plausibilität von heimischen Preissteigerungen in diesem Bereich.

Viel Lob der Abgeordneten für Arbeit der Bundeswettbewerbsbehörde

Ausdrückliches Lob für die Behörde äußerten Laurenz Pöttinger (ÖVP) und Axel Kassegger (FPÖ). Kassegger hob insbesondere den Bericht über die Taskforce zu den Energiemärkten hervor.

Für Elisabeth Götze (Grüne) zeigt der Bericht, dass die Wettbewerbsbehörde funktioniert und gute Arbeit leistet. Im Detail erkundigte sie sich nach den Auswirkungen der Schritte gegen ein festgestelltes Zuckerkartell und gegen die Wettbewerbsbeschränkungen bei Lieferdiensten und Bestellplattformen.

Generaldirektorin Harsdorf-Borsch führte aus, dass ihre Behörde zu Bestellplattformen und Essenslieferdiensten noch weitere Erkundungen einhole, da die kontaktierten Firmen noch nicht genügend Daten geliefert hätten. Das grundsätzliche Problem sei, dass es nur wenige marktbeherrschende Anbieter gebe und die Hürden für den Markteintritt sehr hoch seien. Das Zuckerkartell habe Industriezucker und damit vor allem große Unternehmen betroffen. Die Untersuchungen seien abgeschlossen, aber es sei noch zu früh, um etwas über Auswirkungen auf die Märkte zu sagen.

Götze wollte auch wissen, was hinter dem Wunsch der BWB nach einer haushaltsführenden Stelle stehe. Der Frage nach der haushaltsführenden Stelle schloss sich auch Christoph Matznetter (SPÖ) an. Matznetter erkundigte sich zudem, in welcher Weise die Behörde gestärkt werden könnte.

Harsdorf-Borsch erläuterte, aufgrund des starken Ausbaus der BWB sei es der Wunsch der Behörde, das geprüft werde, ob die Einrichtung einer haushaltsführenden Stelle ihre operative Unabhängigkeit stärken könnte. Der Schritt wäre aus ihrer Sicht jedenfalls sinnvoll. Eine Stärkung der Behörde wäre jedenfalls bei der Ausweitung der Befugnisse für die Kontrolle des Wettbewerbs im Digitalbereich wünschenswert. Auch sollte sie leichter Zugang zu Daten der Statistik Austria erhalten. Auch die Möglichkeit, nach Branchenuntersuchungen selbst Maßnahmen setzen zu können, ohne das Kartellgericht befassen zu müssen, wäre zu überlegen. In einigen Ländern gebe es diese Möglichkeit. Dazu wäre aber ein rechtlicher Rahmen erforderlich.

Auch Gerald Loacker (NEOS) betonte, dass die Wettbewerbsbehörde eine wichtige Rolle spiele, um den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu verhindern. Er wollte wissen, ob die Empfehlungen für den Lebensmittelhandel bereits Erfolge gebracht hätten.

Die Leiterin der BWB führte aus, dass die Untersuchung des "Österreich-Aufschlags" bei Lebensmitteln ein spezifisches Problem des Binnenmarktes gezeigt habe. Unternehmen hätten etwa die Möglichkeit, den grenzüberschreitenden Handel mit bestimmten Produkten zu unterbinden. Mit dieser Frage sollte sich auch die nächste Europäische Kommission befassen.

FPÖ-Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ) wies darauf hin, dass die Verlierer bei Baukartellen vor allem die Gemeinden seien. Er wollte wissen, inwieweit diese mit ihren Sammelklagen bereits Erfolge hatten.

Harsdorf-Borsch bestätigte, dass die Kartellbildung im Baubereich vor allem die öffentliche Hand getroffen habe. Allerdings zeige sich, dass für Gemeinden die Zusammenarbeit zur Einleitung von Sammelklagen schwierig sei. Zudem dürfte es auch oft zu außergerichtlichen Einigungen kommen.

Kocher: Geändertes Kartellrecht zeigt Wirkung

Aus Sicht von Wirtschaftsminister Martin Kocher zeigt der Bericht der Wettbewerbsbehörde, dass die Änderungen des Kartellrechts bereits Wirkungen zeigen. Die Frage sei, ob man mit der Schaffung einer Möglichkeit für die BWB, bei Verstößen selbst Maßnahmen setzen zu können, noch mehr erreichen könnte. Aus seiner Sicht sei es sinnvoll, erst die Wirkung der bereits gesetzten gesetzlichen Schritte zu evaluieren, bevor weitere erwogen werden.

Was die unterschiedlichen Lebensmittelpreise in Europa angehe, so habe die Untersuchung Österreichs das Problem überhaupt erst als europäisches deutlich gemacht, meinte Kocher. Er werde jedenfalls mit der Europäischen Kommission weiter in Austausch bleiben. Die hier aufgeworfenen Fragen des Wettbewerbs müssten auf europäischer Ebene gelöst werden.

Was den Digital Markets Act betrifft, sah Kocher ebenfalls aktuell die Vollziehung auf europäischer Ebene gefordert, auf nationaler Ebene sehe er derzeit keine Notwendigkeit für gesetzliche Anpassungen. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) sox