Foreign Office of the Federal Republic of Germany

09/26/2024 | Press release | Distributed by Public on 09/27/2024 07:05

Erklärung zum Start einer Initiative zur Rechenschaftspflicht für Afghanistans Verletzung von CEDAW

Seit der Machtübernahme durch die De-facto-Behörden der Taliban sind Frauen und Mädchen in Afghanistan schwersten systematischen Menschenrechtsverletzungen unterworfen. Verschiedene Dekrete, Verordnungen und andere von Afghanistan ergriffene Maßnahmen verbannen Frauen und Mädchen in gravierender und systematischer Weise aus dem öffentlichen Leben und unterwerfen sie systematischer geschlechtsspezifischer Diskriminierung. Infolge dieser bewussten Maßnahmen der De-facto-Behörden der Taliban werden die Menschenrechte afghanischer Frauen und Mädchen durch öffentliche und private Einrichtungen verletzt. Afghanische Frauen und Mädchen werden sozial, politisch, wirtschaftlich und rechtlich ins gesellschaftliche Abseits gedrängt. Durch die kürzlich erlassenen sogenannten Tugend- und Lastergesetze soll die Hälfte der Bevölkerung zum Schweigen gebracht und sollen Frauen und Mädchen aus dem öffentlichen Leben beseitigt werden. Frauen und Mädchen dürfen nicht alleine reisen, in der Öffentlichkeit sprechen oder ihre Gesichter auf der Straße zeigen. Das Leben vieler Frauen und Mädchen in Afghanistan ist wie ein Leben unter Hausarrest. Ihnen wird ihre Würde schlechthin genommen.

Wir, Albanien, Andorra, Belgien, Bulgarien, Chile, Finnland, Honduras, Irland, Island, die Republik Korea, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Luxemburg, Malawi, Marokko, Moldau, Montenegro, Rumänien, Slowenien, Spanien, Schweden, Australien, Kanada, Deutschland und das Königreich der Niederlande verurteilen die gravierenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen und -verstöße in Afghanistan, insbesondere die geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen und Mädchen. Wir haben wiederholt Afghanistan und die De-facto-Behörden der Taliban, auch im Rahmen der Vereinten Nationen, dringend aufgerufen, das Völkerrecht einzuhalten, insbesondere die Menschenrechtsnormen, die Menschenrechte aller Afghaninnen und Afghanen zu schützen und alle Einschränkungen der Rechte von Frauen und Mädchen, einschließlich ihres Rechtes auf Bildung, aufzuheben. Jedoch hat sich die Situation nicht verbessert - im Gegenteil, sie verschlechtert sich weiter.

Die Frauen und Mädchen Afghanistans verdienen nichts weniger als den uneingeschränkten Genuss ihrer Menschenrechte. Die afghanischen Frauen haben selbst mutige Führungsstärke bewiesen, als sie eine Rechenschaftspflicht einforderten. Wir erkennen ihre zentrale Rolle an und tragen ihrem Aufruf Rechnung.

Afghanistan ist nach dem Völkerrecht verantwortlich für seine fortgesetzte und systematische Verletzung zahlreicher Verpflichtungen nach dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), dessen Vertragsstaat Afghanistan ist.

Wir, die oben genannten Staaten, rufen Afghanistan und die De-facto-Behörden der Taliban auf, unverzüglich ihre Verletzungen der Menschenrechte von Frauen und Mädchen einzustellen und auf das Ersuchen um einen Dialog einzugehen, um sich mit den Sorgen der internationalen Staatengemeinschaft in dieser Angelegenheit zu befassen, auch in Bezug auf die Annahme der Empfehlungen, die an Afghanistan während seines 4. Zyklus der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung durch den Menschenrechtsrat gerichtet wurden. Wir unterstützen die von Australien, Deutschland, Kanada, und dem Königreich der Niederlande ergriffene Initiative nach Artikel 29 CEDAW, die formell Maßnahmen eingeleitet haben, um Afghanistan aufzurufen, seine Verletzungen von CEDAW einzustellen.

Die Unterstützer dieser Initiative werden weiterhin auch andere mögliche Optionen, die individuell oder gemeinsam nach CEDAW ergriffen werden können, sowie andere einschlägige Menschenrechtsrahmen in Betracht ziehen, wobei sie sich weiterhin für einen fokussierten Dialog mit Blick auf die Stärkung der Rechte von Frauen und Mädchen einsetzen.

Diese Vorgehensweise lässt unsere klare Position unberührt, nach der wir die De-facto-Behörden der Taliban politisch nicht als rechtmäßige Vertretung der afghanischen Bevölkerung ansehen. Afghanistans Versäumnis, seine Verpflichtungen aus den Menschenrechtsübereinkünften zu erfüllen, ist ein zentrales Hindernis für die Normalisierung der Beziehungen. Jedoch betonen wir, dass die De-facto-Behörden der Taliban weiterhin verantwortlich dafür sind, die völkerrechtlichen Verpflichtungen Afghanistans zu wahren und zu erfüllen, auch in Bezug auf die Beseitigung der Diskriminierung von Frauen und Mädchen nach CEDAW.