12/17/2024 | News release | Distributed by Public on 12/17/2024 08:09
Der tropische Wirbelsturm Odette traf am 9. April 2021 nordwestlich von Australien auf den südlich gelegenen Wirbelsturm Seroja und verschmolz später mit ihm. Die Aufnahme wurde vom P-Tree System der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) zur Verfügung gestellt (abrufbar unter www.eorc.jaxa.jp/ptree/index.html). JAXA P-Tree System
17.12.2024 Forschung Top-Thema Meereswissenschaften
Im April 2021 begegneten sich die beiden tropischen Wirbelstürme Seroja und Odette im Indischen Ozean. Wie sich dieses seltene Phänomen auf das Meer auswirkte, untersuchten Oliver Wurl und Jens Meyerjürgens jetzt in einer Fallstudie.
Der tropische Wirbelsturm Odette traf am 9. April 2021 nordwestlich von Australien auf den südlich gelegenen Wirbelsturm Seroja und verschmolz später mit ihm. Die Aufnahme wurde vom P-Tree System der Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) zur Verfügung gestellt (abrufbar unter www.eorc.jaxa.jp/ptree/index.html).
Im April 2021 begegneten sich die beiden tropischen Wirbelstürme Seroja und Odette im Indischen Ozean nordwestlich von Australien. Wie sich dieses seltene Phänomen auf das Meer auswirkte, untersuchten Oliver Wurl und Jens Meyerjürgens jetzt in einer Fallstudie.
Tropische Wirbelstürme setzen nicht nur Luftmassen in der Atmosphäre in Bewegung, sondern wälzen auch das Wasser in den Meeresgebieten um, über die sie hinwegziehen. Wenn zwei Wirbelstürme aufeinandertreffen und verschmelzen, können sich diese Wechselwirkungen deutlich intensivieren, berichten Prof. Dr. Oliver Wurl und Dr. Jens Meyerjürgens von der Universität Oldenburg in der Fachzeitschrift "Tellus A: Dynamic Meteorology and Oceanography". Die beiden Forscher hatten das Zusammentreffen der beiden vergleichsweise schwachen tropischen Wirbelstürme Seroja und Odette 2021 im Indischen Ozean analysiert und festgestellt, dass dabei Effekte auftraten, die sonst nur bei deutlich stärkeren Zyklonen zu beobachten sind. Da sich die Häufigkeit und Intensität tropischer Wirbelstürme im Zuge der globalen Erwärmung erhöht, könne es in Zukunft häufiger zu solchen Zusammentreffen kommen - und damit zu extremeren Wechselwirkungen zwischen Luft und Meer, so die Schlussfolgerung der Studie.
Die beiden tropischen Wirbelstürme Seroja und Odette begegneten sich im April 2021 nordwestlich von Australien. Um herauszufinden, welche Auswirkungen dieses ungewöhnliche Rendezvous auf das Meer hatte, kombinierten Wurl und Meyerjürgens Satellitendaten und Messungen autonomer Bojen mit numerischen Modellrechnungen. So erhielten die Forscher etwa Informationen über Salzgehalt und Wassertemperatur zwischen der Meeresoberfläche und Tiefen von bis zu 2.000 Meter. Zusätzlich zu diesen Daten nutzten sie Strömungsgeschwindigkeiten aus Modellrechnungen.
Showdown im Indischen Ozean
Die Begegnung der beiden Stürme zog sich über etwa eine Woche hin. Die beiden näherten sich am 6. April bis auf eine Distanz von rund 1.600 Kilometern an. "Seroja brachte den kleineren Wirbelsturm Odette erst zum Stillstand und vereinigte sich drei Tage später mit ihm", berichtet Wurl, der am Institut für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg am Standort Wilhelmshaven die Forschungsgruppe "Prozesse und Sensorik mariner Grenzflächen" leitet. Das Zusammentreffen führte anschließend dazu, dass der Tropensturm Seroja seine Richtung am 9. April abrupt um 90 Grad änderte. "Diese Kette von Ereignissen hat nicht nur das Wettergeschehen beeinflusst, sondern auch eine bislang unbekannte Wechselwirkung mit dem darunterliegenden Ozean ausgelöst", erläutert der Forscher.
Die Analyse ergab, dass die Temperaturen an der Meeresoberfläche als Nachwirkung des Sturms um drei Grad Celsius sanken und das Wasser bis zu einer Tiefe von 200 Metern durchmischt wurde. Die Abkühlung sei "außergewöhnlich hoch" im Verhältnis zur Sturmintensität, schreiben die Forscher. Der Wirbelsturm erreichte am 11. April, also nach der Vereinigung, die höchsten Windgeschwindigkeiten von etwa 130 Kilometern pro Stunde, was Stufe 1 der Hurrikan-Skala entspricht. Die beobachtete Abkühlung und die Tiefe der Durchmischung lagen hingegen in einer Größenordnung, die bei Hurrikans der Stufe 4 oder 5 beobachtet wurden.
Besonders bemerkenswert war es aus Sicht von Wurl und Meyerjürgens, wie stark der Sturm das Meerwasser in Wallung brachte: Das Tiefenwasser stieg zeitweise mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 Metern pro Tag nach oben. Zum Vergleich: Gewöhnlich liegt die Strömungsgeschwindigkeit des Meerwassers in vertikaler Richtung nur bei ein bis fünf Metern pro Tag. Im konkreten Fall war vor der Verschmelzung der Stürme eher eine Abwärtsbewegung zu beobachten. "Dank Satellitentechnologie und autonomer Tiefseebojen konnten wir nachweisen, wie durch die Rotation der Wirbelstürme kaltes Wasser aus den Tiefen des Ozeans an die Oberfläche befördert wird", so Meereswissenschaftler Meyerjürgens.
Wahrscheinlichkeit für Zusammenstöße steigt
Zwar begegnen sich tropische Wirbelstürme während ihrer ein- bis zweiwöchigen Lebensdauer bislang vergleichsweise selten. Klimamodellen zufolge könnte die Zahl und Stärke von tropischen Stürmen durch die globale Erwärmung jedoch zunehmen - und damit die Wahrscheinlichkeit, dass auch einmal ausgewachsene Wirbelstürme von Hurrikan-Stärke zusammenstoßen. Dies könnte "die extremsten Wechselwirkungen zwischen dem Ozean und der Atmosphäre" mit sich bringen, schreiben die Autoren. Dass sich die Wege eines Sturms durch eine Verschmelzung abrupt ändern können, erschwere zudem die Vorhersage der Sturmverläufe.
Eine weitere wichtige Folge: "Durch die Wechselwirkung eines Wirbelsturms mit dem Ozean und das Hochströmen von kalten Tiefenwasser nimmt der Ozean zusätzliche Wärme aus der Luft auf und transportiert sie anschließend in höhere Breitengrade - ein entscheidender Prozess, der das Klima weltweit beeinflusst", erläutert Wurl. Zusätzlich verwandeln Wirbelstürme die thermische Energie auch in mechanische Energie, die sie während ihrer Bewegung ebenfalls in höhere Breitengrade transportieren. Die beiden Forscher sind im kommenden Jahr an einer Expedition mit dem Forschungsschiff METEOR im Mittelmeer und subtropischen Atlantik beteiligt, auf der sie diese Wechselwirkungen und den Zusammenhang mit Extremwetterereignissen näher untersuchen wollen.
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