DAV - Deutscher Anwaltverein e.V.

06/27/2024 | Press release | Distributed by Public on 06/27/2024 08:41

PM 29/24: Terroris­mus­ver­herr­lichung: Gesetz­entwurf schießt übers Ziel...

Berlin (DAV). Die Bundes­re­gierung will mit Auswei­sungen gegen Ausländer vorgehen, denen Terror­ver­herr­lichung vorgeworfen wird. Ein entspre­chender Gesetz­entwurf, den das Kabinett beschlossen hat, wertet bereits Likes in sozialen Netzwerken als Terror­ver­herr­lichung.

"Dass schon ein unbedacht verteiltes Emoji zur Ausweisung führen soll, ist nicht verhält­nismäßig", meint Rechts­an­wältin Gisela Seidler, Vorsitzende des Ausschusses Migrati­onsrecht des Deutschen Anwalt­vereins. Es sei kaum nachvoll­ziehbar, dass nach dem debattierten Gesetz­entwurf schon ein Like auf Instagram oder Facebook eine Verbreitung terroris­tischer Inhalte konsti­tuieren soll. "Die Beurteilung, was als 'Terroris­mus­be­für­wortung' zählt, kann nicht den Auslän­der­be­hörden überlassen werden", stellt die Ausschuss­vor­sitzende klar. Dies müsse den Strafge­richten vorbehalten bleiben - schließlich ginge es hier auch um die Grenzen der Meinungs­freiheit. Bei einer Verurteilung sei bereits jetzt eine Ausweisung möglich.

"Das Netz ist schnelllebig. Likes sind dort schnell verteilt, auch wenn man den Post vielleicht gar nicht in seiner Gesamtheit betrachtet hat", führt die Rechts­an­wältin aus. Erst kürzlich stand die Präsidentin der TU Berlin wegen eines solchen Falls in der Kritik, nachdem sie einen Text geliket hatte, dabei aber laut eigener Aussage das angehängte antise­mi­tische Foto übersah.

"Menschen wegen eines falsch gesetzten 'Daumen hoch' auszuweisen, wäre rechts­staatlich bedenklich", fasst Seidler zusammen. Die Regierung schieße hier deutlich übers Ziel hinaus und mische erneut Gefahren­ab­wehr­fragen in thematisch völlig andere Gesetzes­vorhaben.