11/06/2024 | Press release | Archived content
Sprecherinnen und Sprecher
(Vorsitzender Detjen eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt
StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)
Frage
Herr Hebestreit, nachdem es die Gratulationen gab, wüsste ich gern, wo Sie konkrete Auswirkungen der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten auf die deutsche Politik erwarten?
StS Hebestreit
Ich denke, für diese Antwort ist es noch ein bisschen zu früh. Offiziell ist es, meine ich, erst eine gute Stunde her, dass Donald Trump zum Sieger der US-Präsidentschaftswahl gekürt worden ist. Der Kanzler hat in seinem Statement schon deutlich gemacht, wie die Grundsituation ist, dass vieles, was die Administration vorhat, erst noch ausbuchstabiert werden muss, und wir gemeinsam mit unseren europäischen Freundinnen und Freunden auf eine gedeihliche Zusammenarbeit setzen.
Zusatzfrage
Herr Wagner, was bedeutet das für die deutsche Wirtschaft? Haben Sie vielleicht auch intern Berechnungen darüber angestellt - es gibt ja Berechnungen von Ökonomen -, wie hoch der Effekt der Wahl Trumps, der doch sehr hohe Zölle auf europäische Produkte angekündigt hatte, für die deutsche Wirtschaft sein kann? Droht ein weiterer Rückschlag für den Erholungsprozess?
Wagner (BMWK)
Lassen Sie mich zuerst noch kurz darauf hinweisen, dass sich auch unser Vizekanzler und Minister. Robert Habeck, heute zur Wahl geäußert und dabei Präsident Trump zur Wahl gratuliert hat. Er hat dabei noch einmal betont, dass Deutschland und die USA tiefe Beziehungen verbinden, unsere Volkswirtschaften sehr eng verflochten und wir Partner und Verbündete sind und dass das Ziel ist, dass wir an diese Zusammenarbeit, an diese engen Verbindungen anknüpfen.
Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen: Zunächst - ich denke, das hat auch der Regierungssprecher gerade gesagt - ist es natürlich sehr, sehr früh, wenn es darum geht, konkrete, vielleicht schon im Wahlkampf genannte Maßnahmen zu identifizieren und daraus schon konkrete Schlüsse zu ziehen. Richtig ist aber, dass sich das BMWK sehr intensiv mit dem Ausgang der Wahl und damit, was das für die deutsche Wirtschaft, für den deutschen Standort bedeuten kann, beschäftigt und sich gemeinsam mit der Europäischen Kommission in den letzten Monaten Szenarien intensiv angeschaut hat, was gegebenenfalls Folge der Wahl sein könnte.
Ich darf auch noch einmal daran erinnern, dass Auswirkungen für alle Szenarien zu erwarten waren. Es war, denke ich, im Vorhinein klar, dass sich selbst dann, wenn die Präsidentin Kamala Harris geheißen hätte, die Handelspolitik, die Wirtschaftspolitik und auch der Fokus der USA hätten ändern können. Wir haben uns diese Szenarien angeschaut. Wir haben im Oktober auch noch einmal intensiv mit der Europäischen Kommission darüber gesprochen, die ja die Zuständigkeit in Handelsangelegenheiten hat. Auch war eine Delegation der Europäischen Kommission hier, und wir haben mit ihr hier in Berlin gesprochen.
Ich bitte aber um Verständnis dafür, dass wir jetzt nicht zu einzelnen hypothetischen Maßnahmen konkrete Aussagen treffen können. Ich kann nur sagen, dass wir uns die Sachen natürlich angeschaut haben.
Frage
Herr Hebestreit, einmal grundsätzlich gefragt: Hat die Bundesregierung einen Plan, wie man mit einem faschistischen Präsidenten umgeht?
StS Hebestreit
Ich weiß nicht, worauf Sie das beziehen wollen. Wir sprechen gerade über das deutsch-amerikanische Verhältnis.
Zusatz
Ich rede von Donald Trump, der auch von Kamala Harris und den politischen Beobachtern mittlerweile als Faschist bezeichnet wird.
StS Hebestreit
Ich mache mir diese Bezeichnung selbstverständlich nicht zu eigen. Insofern kann ich auch keine Antwort auf Ihre Frage geben.
Zusatzfrage
Weil sich die Bundesregierung nicht mit den Realitäten auseinandersetzen möchte, damit, wer Herr Trump ist?
StS Hebestreit
Die Bundesregierung setzt sich mit den Realitäten auseinander, auch damit, wer Präsident Trump ist. Präsident Trump ist in demokratischen Wahlen gewählt worden, und es gehörte sich so, dass man versucht, sich mit allen, mit denen man in den internationalen Beziehungen zu tun hat, freundschaftlich und konstruktiv auseinanderzusetzen. Dieses Angebot, diese Haltung halten wir auch der neuen Trump-Administration gegenüber ein.
Frage
Herr Hebestreit, wir haben Sie in den letzten Wochen immer einmal wieder gefragt, ob die Bundesregierung und auch das Kanzleramt schon Kontakte zur Trump-Administration oder Vorbereitungen für den Fall haben, dass Donald Trump die Wahl gewinnt. Können Sie uns für die, die sich damit nicht so gut auskennen, einmal mitnehmen und beschreiben, wie das aussieht, wie die Kontakte sind, ob es schon Ansprechpartner gibt und ob Sie vielleicht in den letzten Wochen, Monaten usw. schon konkrete Kontakte geknüpft haben?
StS Hebestreit
Grundsätzlich passiert das nicht nur im Bundeskanzleramt, sondern natürlich in der ganzen Bundesregierung. Herr Wagner hat schon sehr ausführlich geschildert, was an Austausch beispielsweise das Wirtschafts- und Klimaschutzministerium pflegt. Auch das Auswärtige Amt pflegt intensiven Austausch, auch das Kanzleramt. Wir sind in engen Kontakten mit der republikanischen Seite, mit republikanischen Senatorinnen und Senatoren bzw. auch Abgeordneten des Repräsentantenhauses sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern. In jeden Besuch des deutschen Bundeskanzlers in Washington waren immer auch Treffen mit Abgeordneten sowie mit Senatorinnen und Senatoren einbezogen. Dabei waren auch immer Vertreter "von beiderseits des Ganges", wie es in den USA heißt, also von beiden Parteien, anwesend. In den vergangenen Monaten hat es darüber hinaus natürlich auch intensivere Kontakte in die Denkfabriken gegeben, die es in den USA viel stärker gibt als bei uns in Deutschland und die, weil die Administrationen auch anders aufgestellt ist als bei uns, im Prinzip die künftige Politik vorbereiten. Aber das Wichtige ist, dass solche Kontakte vertraulich und vertrauensvoll gehandhabt werden. Deshalb kann ich sie hier nicht aufblättern. Aber auch diesbezüglich können Sie davon ausgehen, dass das zu einer professionellen Vorbereitung gehört.
Es ist auch anders, als es vielleicht vor acht Jahren der Fall gewesen sein mag. Die Wahrscheinlichkeit, dass der künftige US-Präsident Donald Trump heißen könnte, hat uns schon länger beschäftigt. Insofern hatte man genügend Zeit und die Erfahrung aus der ersten Wahlperiode von 2017 bis 2021, um sich damit auseinanderzusetzen.
Zusatzfrage
Der Bundeskanzler - das haben wir alle gehört - hat dem gewählten Präsidenten gratuliert. Hatte der Kanzler Kontakt mit Kamala Harris, nachdem das Ergebnis feststand?
StS Hebestreit
Zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Er hatte auch keinen direkten Kontakt mit dem gewählten US-Präsidenten. Das hat auch ein bisschen damit zu tun, dass man dort, wenn ich richtig gerechnet habe, in den frühen Morgenstunden war, als das Ergebnis letztendlich gültig war. Ich denke, in den nächsten Tagen wird auch eine direkte Kontaktaufnahme möglich werden.
Frage
Herr Regierungssprecher, die Außenministerin ist heute Morgen von einem zweitägigen Ukrainebesuch wiedergekommen und hat danach im Zusammenhang mit der Wahl von Herrn Trump gesagt, jetzt seien Investitionen in die europäische Sicherheit nötig, die man jetzt groß denken und groß machen müsse. Am Freitag wird der informelle EU-Gipfel in Budapest stattfinden. Herr Orbán hat schon gesagt, es brauche eine neue EU-Strategie.
Nun hieß es , Herr Scholz, der Kanzler, habe sich mit Herrn Macron vor der Äußerung heute abgestimmt. Haben die beiden vielleicht auch über einen deutsch-französischen Vorschlag oder Vorstoß für eine solche EU-Strategie gesprochen? Gibt es dafür konkrete Ideen? Denn Herr Trump wird den Gipfel am Freitag ja bestimmen und beherrschen.
StS Hebestreit
Es ist richtig, dass der Bundeskanzler heute früh mit dem französischen Präsidenten telefoniert hat. Sie haben die Situation nach dem zu dem Zeitpunkt zwar noch nicht feststehenden, aber sich schon abzeichnenden Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl miteinander besprochen und vereinbart - das haben wir über die sozialen Medien auch kundgetan -, dass sie eng zusammenstehen wollen und auch alles Weitere eng europäisch abstimmen möchten.
Morgen findet zunächst einmal das Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft statt. Dort sind auch diejenigen europäischen Staaten vertreten, die nicht der EU angehören. Das ist vielleicht ein ganz günstiger Zeitpunkt, um miteinander ins Gespräch zu kommen - beispielsweise wird auch der britische Premier Starmer mit dabei sein; das ist hilfreich -, bevor ab morgen Abend der informelle Rat der europäischen Staats- und Regierungschefs in Budapest stattfindet. Ich würde mich wundern, wenn die Auswirkungen der amerikanischen Präsidentschaftswahl dort nicht zur Sprache kommen würden. Ein solcher informeller Gipfel zieht aber keine Beschlüsse nach sich, sondern es ist ein Austausch, der schon dem Namen nach informell ist. Diese Informalität will man auch nicht durch Konzepte oder Vorschläge einschränken.
Insgesamt geht es aber darum, den europäischen Pfeiler der NATO zu stärken. Das tun viele europäische Staaten schon seit Längerem. Sie wissen, dass die Bundesrepublik in diesem Jahr das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erstmals einhält und festgelegt hat, dass sie es in den nächsten Jahren weiter einhalten wird. Auch viele andere Länder halten das Ziel ein. Einige wenige müssen noch etwas tun. Aber die Situation hat sich insofern schon deutlich verändert. Ich erinnere gern daran, dass wir den deutschen Verteidigungsetat in den vergangenen sieben Jahren verdoppelt haben. Auch das sind massive weitere Lasten, die Deutschland für die gemeinsame Verteidigung des Bündnisgebietes trägt. Der Kanzler hat in seinem Statement heute auch noch einmal deutlich gemacht, dass von der transatlantischen Partnerschaft beide Seiten profitieren, sowohl die USA als auch Europa. So möge es auch bleiben.
Zusatzfrage
Ich möchte noch eine Anschlussfrage an Ihre doch sehr ausführlichen Äußerungen stellen. Schließt sich der Bundeskanzler der Forderung der Außenministerin an, an, jetzt Investitionen in die europäische Sicherheit groß zu denken und groß zu machen?
Die Frage, die ich eigentlich gestellt habe, nämlich die Frage, ob die beiden, Macron und Scholz, auch über eine gemeinsame europäische Initiative - einer packt es an, und dann machen die beiden etwas, legen etwas vor, überlegen etwas - gesprochen haben, haben Sie nicht beantwortet. War es also kein Thema, dass man gemeinsam etwas tut?
StS Hebestreit
Erstens nehme ich es als Lob, dass Sie meine Ausführungen so ausführlich und gut fanden. Zweitens hatte ich zumindest intendiert, Ihre Frage dadurch zu beantworten: Es gibt kein konkretes Konzept für einen informellen Gipfel. Aufgrund der Tatsache, dass er informell ist, gibt es keine Vorlagen, die dort miteinander verhandelt werden. Das Telefonat heute Morgen war auch ein eher kurzes zur allgemeinen Abstimmung. Es waren keine konkreteren, intensiveren Verhandlungen oder Gespräche, die man getätigt hat.
Zu den Äußerungen der Außenministerin kann ich nur sagen: Natürlich, das tut die Bundesrepublik. Ich habe eben auch schon ausgeführt, wie intensiv unsere Investitionen sind. Der Bundeskanzler hat in den vergangenen elf Monaten auch die europäischen Partnerinnen und Partner dazu aufgefordert, mit Blick auf die Ukraine das Ihrige zu tun. Auch wir wollen bezüglich der Summen, die wir in die Verteidigung und die Unterstützung der Ukraine stecken, nicht nachlassen. Insoweit ist es, denke ich, allgemeiner Konsens, dass Europa weiterhin den europäischen Pfeiler der NATO stärken muss und stärken wird.
Frage
Herr Hebestreit, ist schon überlegt worden, den gewählten amerikanischen Präsidenten nach Berlin einzuladen? Geschieht das möglicherweise zusammen mit Herrn Macron? War eine solche Einladung möglicherweise auch schon vor der Wahl eine Überlegung, sodass sie auch für Frau Harris gegolten hätte, wäre sie denn gewählt worden?
StS Hebestreit
Grundsätzlich laden wir gerade unsere engsten und engen Verbündeten immer gern nach Deutschland ein. Ich denke, Usus ist es eher, dass man zum Antrittsbesuch zum amerikanischen Präsidenten bzw. zur amerikanischen Präsidentin reist. Das alles muss sich erst finden. Noch ist das offizielle Ergebnis zumindest noch nicht verbürgt. Wenn ich mich an mein Studium richtig erinnere, dann ist es so, dass es, denke ich, bis zum 6. Januar dauert, bis das Ergebnis offiziell feststeht. Am 20. Januar folgt die Vereidigung. Danach ist der Präsident offiziell im Amt. Dann ergeben sich all die Themen, die Sie jetzt schon angesprochen haben. So viel Geduld kann man, denke ich, noch aufbringen.
Sie haben noch gut in Erinnerung, dass der scheidende amerikanische Präsident erst vor drei Wochen in Berlin zu Gast war. Insofern gehen wir davon aus, dass es in der nächsten Amtszeit von Donald Trump womöglich auch zu einem Besuch in Deutschland kommen wird. Ich erinnere mich aus früheren Funktionen daran, dass er im Rahmen eines G20-Gipfels, wenn ich mich richtig erinnere, im Jahr 2017unter anderem die schöne Stadt Hamburg besucht hat.
Zusatzfrage
Herr Scholz hat am Ende seines Statements die erhebliche Polarisierung der Gesellschaft in Amerika erwähnt und dann sinngemäß gesagt, wir hier sollten zusammenstehen oder zusammenbleiben. Fürchtet der Bundeskanzler, dass das Ausmaß an Polarisierung, das wir in den USA sehen, irgendwann auch hier Fuß fasst, wenn wir nicht gegensteuern? Welche Strategie hat er, um solch eine Polarisierung zu verhindern?
StS Hebestreit
Ich denke, das war ein Aufruf an uns alle. Das ist ja nicht nur ein amerikanisches Phänomen. Wir sehen in vielen westlichen Gesellschaften, dass die Stimmung stärker polarisierend wird. Das mag durch die Nutzung sozialer Medien noch verstärkt werden, in denen man sich ganz anders austauscht, als man es im direkten Miteinander voneinander gewohnt ist. Diesen Appell hat der Bundeskanzler schon häufiger erhoben, zuletzt, denke ich, in seiner Neujahrsansprache für das Jahr 2024. Das ist also ein dauerhaftes Mahnen von ihm. Es geht, denke ich, an die Adresse aller politischen und auch gesellschaftlichen Akteure, dass man bei all den verständlichen Unterschieden, die man hat, was politische Positionen und was vielleicht auch gesellschaftliche Wertvorstellungen angeht, versucht, zusammenzubleiben - dann sei das Land stärker - anstatt sich gegeneinander zu treiben. Ich denke, das war sein Punkt, ohne dass er konkreter nahelegen wollte, dass wir schon in Situationen oder in einer Atmosphäre seien, wie sie uns der US-Wahlkampf jetzt vor Augen geführt hat.
Frage
Herr Hebestreit, ich möchte an die vorige Frage anknüpfen. Beobachter oder Analysten der US-Wahl sind sich relativ einig darüber, dass dieses doch sehr deutliche Wahlergebnis Ausdruck einer anderen Art von Spaltung ist, nämlich einer wachsenden Distanz zwischen Regierten und Regierenden. Die Einschätzung ist allgemein die, dass das Volk sagt: Wir haben die Schnauze voll von dem, was man als Elite bezeichnen mag. - Sehen Sie ähnliche Gefahren oder Tendenzen für Deutschland und auch für Ihre Regierung? Hier stehen demnächst ja auch Wahlen an.
StS Hebestreit
Ich habe in den letzten Tagen einiges verfolgt, was die amerikanischen Wahlen angeht und was Experten gesagt haben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich den gleichen Eindruck habe wie Sie, dass man so einheitlich diese These habe. Ich denke, diese These ist vor allem seitens der Republikanischen Partei massiv in den Diskurs getragen worden. Es gibt diese These; ich weiß aber nicht, ob sie so einheitlich von allen geteilt wird. Insofern hat sie, denke ich, ihre Berechtigung, genauso wie auch andere Thesen ihre Berechtigung haben, aber es bringt jetzt nichts, das hier miteinander auszudiskutieren.
Grundsätzlich geht die Bundesregierung davon aus, dass sie gewählt ist. Sie ist für vier Jahre gewählt, und sie hat die Aufgabe, die anstehenden Probleme zu lösen. Dabei ist sie gerade, wie Sie im Augenblick auch merken, sehr intensiv in Auseinandersetzungen und Gesprächen, was den Haushalt 2025 und auch die Frage angeht, wie wir auf die schwächelnde Situation der deutschen Industrie reagieren können. Diese Gespräche haben das Ziel, zu einer konstruktiven, gemeinsamen Lösung zu kommen.
Zusatzfrage
Nachfrage an Sie oder vielleicht auch Herrn Fischer: Befürchten Sie, dass dieser Tag mit seinen Resultaten zu einem schwarzen Tag für Palästina und vor allem für die Ukraine werden könnte? Die Sprecherin des russischen Außenministeriums hat das Wahlergebnis mit einem Halleluja öffentlich kommentiert. Das gibt auch einen Eindruck wieder.
StS Hebestreit
Das sind Werturteile, die Journalistinnen und Journalisten und politische Beobachter abgeben und womöglich auch begründen können. Aber das sollte nicht seitens der Regierung erfolgen. Wir haben es mit demokratischen Wahlen und dem Ergebnis demokratischer Wahlen zu tun. Wir wissen nicht, was die nächsten Monate bringen werden. Der Kanzler hat deutlich gemacht, dass die künftige Trump-Administration vieles erst einmal für sich definieren muss. Dort gibt es im Augenblick sehr unterschiedliche Vorstellungen, auch innerhalb der unterschiedlichen Lager in den USA. Jetzt schon zu sagen, wie sich das dann auswirken wird, wäre alles Spekulation.
Grundsätzlich - das habe ich vorhin schon einmal betont - setzen wir darauf, konstruktiv und partnerschaftlich auch mit der neuen US-Administration in Europa zusammenzuarbeiten. Das gilt es jetzt erst einmal zu bemühen.
Fischer (AA)
Wenn ich darf, will ich ergänzen, dass wir doch gut vorbereitet, mit großer Ernsthaftigkeit und vor allem auch mit einer gewissen Zuversicht an die Arbeit gehen und die Gespräche mit der neuen Regierung vorbereiten. Warum sind wir zuversichtlich? - Weil unser Land in der Vergangenheit gezeigt hat, wie stark und wie kraftvoll es ist. Wir alle haben das zuletzt gesehen, als wir es geschafft haben, sehr schnell von den russischen Öl- und Gaslieferungen umzustellen, den erwarteten Kältewinter hier in Deutschland abzuwenden und unsere Energieversorgung umzustellen. Mit dieser Stärke und dieser Kraft, die wir in Deutschland und Europa haben, gehen wir in die Gespräche. Dabei geht es, wie die Außenministerin gesagt hat, darum, Europa weiterhin zu stärken. Daran arbeiten wir, um einen festen und weiterhin starken transatlantischen Pfeiler in Europa zu bilden.
Frage
Herr Hebestreit, ich möchte noch einmal auf die Ukraine zurückkommen. Hat man in der Bundesregierung ein bisschen durchgerechnet, was auf Deutschland zukommt, sollte Herr Trump mit seiner Warnung ernst machen und die Hilfe für die Ukraine einstellen oder radikal reduzieren? Gibt es in der Bundesregierung einen Plan B in Sachen der Ukraineunterstützung?
StS Hebestreit
Wie gut wir vorbereitet waren, sehen Sie daran, dass wir dieses Jahr im Rahmen der G7 vereinbart haben, 50 Milliarden US-Dollar an Kredit aufzubringen, der der Ukraine zur Verfügung gestellt wird, damit die Ukraine unabhängig von einzelnen innenpolitischen Erwägungen zuverlässig die Mittel hat, um weiterhin auch Waffen zu kaufen und ihre Verteidigung zu stemmen. Parallel dazu hat die Bundesregierung nach jetzigem Stand - wie Sie wissen, laufen die Haushaltsverhandlungen noch - ihre bilaterale Hilfe auf vier Milliarden Euro festgelegt. Insofern ist da nicht von einem Fadenriss oder einem Einstellen der Hilfe zu reden. Wir haben es entgegen manchen Unkereien auch geschafft, dass dieser 50-Milliarden-Kredit auf den Weg gebracht werden konnte. Dies schafft eine zuverlässige Basis für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die sich - noch mal zur Erinnerung - seit mehr als zweieinhalb Jahren einem erbarmungslosen Angriffskrieg Russlands gegenübersehen und sich auf heldenweise unter hohen Opfern verteidigen. Auch das ist eine Situation, die natürlich niemanden kalt lässt.
Zusatzfrage
Bereitet sich der Kanzler politisch darauf vor, demnächst sozusagen als Führer der pro-ukrainischen Koalition aufzutreten?
StS Hebestreit
Also ich glaube, nach den Vereinigten Staaten von Amerika ist Deutschland der stärkste Unterstützer der Ukrainerinnen und Ukrainer, sowohl militärisch als auch finanziell als auch politisch. Jetzt muss man einmal sehen, wie die Vereinigten Staaten künftig agieren werden. Daraus ergeben sich dann vielleicht auch schon Antworten auf Ihre Frage.
Frage
Daran anknüpfend: Herr Hebestreit, Sie haben den Kredit zwar erwähnt, aber wäre Deutschland, wenn die USA als Unterstützer der Ukraine aushalten sollten, überhaupt in der Lage, die Hilfe zu stemmen, die dort nötig ist?
StS Hebestreit
Sie haben in Ihrer Frage ja schon ausgeschlossen, was die Antwort wäre, nämlich: Es sind 50 Milliarden Dollar, und das ist eine sehr, sehr große Summe. Zur Erinnerung: Deutschland hat bilateral in diesem Jahr Militärgüter in Höhe von knapp acht Milliarden Euro geliefert. Insoweit ist das erst einmal eine Summe, die ich nicht einfach aus einer Frage ausklammern würde.
Grundsätzlich ist es auch nicht klug, jetzt zu spekulieren, wie womöglich eine US-Administration agieren könnte; insofern will ich das von dieser Stelle aus auch nicht tun. Aber wie Sie sehen können, hat es Vorbereitungen dafür gegeben, dass auch in diesen Phasen der Ungewissheit, in denen nicht ganz klar ist, wie Hilfen weitergehen, die finanzielle Basis dafür geschaffen ist, dass es davon unbeleckt weitergehen kann.
Zusatzfrage
Wie sahen die Vorbereitungen denn aus, was jetzt die Haushaltsberatungen angeht? Herr Pistorius hat ja ursprünglich auch acht Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr gefordert; es sind dann letztendlich nur ein bisschen mehr als drei Milliarden Euro geworden. Sie haben die laufenden Haushaltsverhandlungen angesprochen: Ist im Gespräch, ob der Verteidigungsetat angesichts des Wahlausgangs noch einmal aufgestockt wird?
StS Hebestreit
Grundsätzlich verschließt man ja niemals die Augen vor der Realität. Ansonsten kann ich den aktuell laufenden, fast zur Stunde laufenden Haushaltsverhandlungen natürlich nicht vorgreifen oder da eingreifen. Der Haushaltsgesetzgeber ist jetzt ebenfalls am Zuge. Die Haushaltsbereinigungssitzung im Deutschen Bundestag ist für Donnerstag in einer Woche terminiert, und der Haushalt soll zwei Wochen später im Deutschen Bundestag final beschlossen werden. Insofern wissen wir dann mehr. Im Augenblick laufen die Gespräche, und da kann ich von dieser Stelle aus nichts Sinnvolles beitragen.
Frage
Herr Hebestreit, als heute Morgen die ersten Glückwünsche des Kanzlers an Donald Trump gingen, hatten mehrere US-Medien das Rennen noch gar nicht für entschieden erklärt, und Frau Harris hatte ihre Niederlage auch noch gar nicht eingestanden. Könnten Sie noch einmal ganz kurz erklären, nach welchen Regeln Sie wann gratulieren und ob die frühe Gratulation in diesem Fall auch ein politisches Signal an den neu gewählten Präsidenten ist?
StS Hebestreit
Sie haben recht, das stand noch nicht offiziell fest. Allerdings war rechnerisch, glaube ich, kaum noch ein anderes "outcome" zu erwarten. Wir haben ja schon darauf verwiesen, dass es eine enge Koordinierung mit dem französischen Staatspräsidenten auch in dieser Frage gegeben hat. Er hat, glaube ich, bereits um kurz nach neun auf Twitter gratuliert. Dann haben wir noch etwas abgewartet und haben unsererseits, glaube ich, um halb elf, wenige Minuten bevor dann das offizielle Ergebnis auch da war, gratuliert. Da würde ich jetzt nicht zu viel hineingeheimnissen. Wir waren nicht die Ersten und auch nicht die Letzten, die gratulieren. Auch nach einem so engen Wahlkampf, der es ja gewesen ist, gehört es sich dann, dass man die Glückwünsche ausspricht. Ich habe ja auch erwähnt, dass man in den USA, was die Ortszeit angeht, in den frühen Morgenstunden gewesen ist. Insofern, glaube ich, macht das keinen größeren Unterschied.
Frage
Ich möchte noch einmal auf das Statement der Außenministerin Bezug nehmen, die auch gesagt hat, es wäre jetzt Zeit - ich paraphrasiere das - selbstauferlegte Fesseln abzulegen, was Großinvestitionen angeht. Da würde mich von Herrn Hebestreit, aber auch vom BMF interessieren: Zieht man in Betracht bzw. hält man es für eine gute Idee, bei der Schuldenbremse eine Notlage zu erklären, falls das im Rahmen von Herrn Trumps Aktionen "in office" nötig sein sollte?
Eine zweite Frage: Herr Hebestreit, könnten Sie uns noch ein bisschen näher erklären oder erläutern, inwiefern sich Deutschland und Frankreich im Vorfeld der Wahl bereits über Szenarien wie eine Trump-Wahl abgesprochen haben bzw. welche Kontakte es da gab?
StS Hebestreit
Wie in vielen Fragen gibt es eine sehr enge Abstimmung zwischen dem französischen Präsidenten und dem deutschen Bundeskanzler. Teil dieser engen Absprachen ist auch immer, dass man sie vertraulich hält. Aber Sie merken ja, wie eng man sowohl in den Reaktionen als auch in der grundsätzlichen Haltung in diesen Fragen koordiniert ist.
Zum ersten Teil: Das sind ja hypothetische Fragen, die Sie da zu Recht ansprechen. Eine Notlage kann man dann erklären, wenn sie vorhanden ist; man kann sie ja nicht erfinden. Man kann ja nicht einfach sagen: Ich finde, das ist jetzt eine Notlage. Das muss vielmehr verfassungsrechtlich fest und begründet sein. Das gilt im Rahmen der existierenden Schuldenregel.
Dann gibt es noch die Variante, dass man die Schuldenregel ändert. Dafür braucht es eine verfassungsändernde Mehrheit, also eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat. Da kann man sich jetzt auch die Wahrscheinlichkeiten ausrechnen, ob das möglich wäre oder nicht.
Grundsätzlich ist es aber so, dass die Regierung handlungsfähig ist, sein muss und bleiben wird. Insofern muss man immer wieder schauen, was die Realität bringt und wie man darauf reagiert. Ich würde jetzt aber auch nicht von Fesseln sprechen, die irgendwen hindern würden.
Frage
Minister Pistorius hat noch einmal darauf hingewiesen, dass für den Verteidigungshaushalt seiner Meinung nach nicht 52, sondern 58 Milliarden Euro notwendig seien. Vielleicht wollen die anwesenden Vertreter des Finanzministeriums und des Verteidigungsministeriums, aber vielleicht auch Herr Hebestreit etwas dazu sagen, ob das auch die Position Ihrer Häuser ist und ob das vielleicht auch ein Thema im Koalitionsausschuss sein wird?
StS Hebestreit
Der Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt liegt seit dem Sommer vor, und insofern liegt er jetzt beim Haushaltsgesetzgeber im Deutschen Bundestag. Jeder Minister, jede Ministerin kann sich immer vorstellen, auch mit mehr Geld auskommen zu können. Insofern steht es auch jedem anheim, sich mehr Geld zu wünschen oder zu fordern. Es muss aber am Ende ein Haushalt dabei herauskommen, der verfassungsgemäß aufstellbar ist. Das ist die Herausforderung, vor der sich keine Regierung drücken kann, auch diese nicht.
Insofern liegt der Regierungsentwurf jetzt vor. Wir sind gut acht Tage, neun Tage vor der Haushaltsbereinigungssitzung, in der dann die letzten Entscheidungen und Gewichtungen auch von den Bundestagsabgeordneten getroffen werden. Das gilt es jetzt abzuwarten und die sind am Zuge.
Im Koalitionsausschuss werden bestimmt viele Dinge besprochen werden. Wie Sie wissen, ist das eine Veranstaltung der die Koalition tragenden Parteien. Haushaltsverhandlungen werden da in der Regel nicht geführt.
Müller (BMVg)
Die Worte von Minister Pistorius gestern waren, glaube ich, auch sehr deutlich. Die Forderungen, die aus der aktuellen Bedrohungssituation abgeleitet werden, haben Sie gerade richtig wiedergegeben. Der Minister hat seine Forderungen bzw. seine Erwartungen auch ganz klar formuliert.
Da ich aber gerade schon das Wort habe, möchte ich gerne noch kurz auf die vorherige Frage zu den deutsch-französischen Beziehungen eingehen und möchte darüber informieren, dass Bundesminister Pistorius heute noch nach Paris fliegt und sich mit seinem französischen Counterpart Lecornu austauschen wird. Dabei geht es natürlich um den Themenkomplex Sicherheit und Verteidigung. Die Initiative, heute noch dieses Treffen zu haben, kommt von beiden Ministern, auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen.
Beide Länder tun gemeinsam sehr viel für den europäischen Pfeiler innerhalb der NATO, aber auch für die Stärkung der Europäischen Union im Themenfeld Sicherheit und Verteidigung. Deswegen wird ein Schwerpunkt der Gesprächsthemen heute sein, wie man dort miteinander weiter gestaltet. Sie wissen, dass beide Länder sehr enge Kooperationen im Bereich der Truppe haben - zum Beispiel die deutsch-französische Lufttransportstaffel und die deutsch-französische Brigade, aber auch viele Langzeitprojekte. Deshalb ist es beiden besonders wichtig, sich heute noch persönlich in Paris zu sehen und das weitere abgestimmte Vorgehen zu besprechen.
Die Veranstaltung am heutigen Abend wird presseöffentlich sein, und beide werden auch ein Statement danach abgeben. -Danke.
Vorsitzender Detjen
Das Finanzministerium war noch angesprochen. Möchten Sie noch etwas ergänzen?
Hartmann (BMF)
Ich kann mich auf die Ausführungen von Herrn Hebestreit beziehen und sagen: Die Haushaltsberatungen laufen, deswegen müssen wir abwarten.
Frage
Zurück Donald Trump: Herr Hebestreit, spielt es für die Bundesregierung eine Rolle, dass der gewählte US-Präsident ein verurteilter Präsident ist, was für die USA und für die demokratische Welt ein Novum ist?
StS Hebestreit
Es ist auf jeden Fall ein Novum für die Vereinigten Staaten. Ob es auch für die demokratische Welt ein Novum ist, müsste ich noch einmal überprüfen; ich glaube, das stimmt nicht ganz. Ich glaube, auch der brasilianische Präsident saß eine Zeit lang im Gefängnis. Insofern ist das nichts, was uns beschäftigt. Das ist ein abgeschlossenes rechtsstaatliches Verfahren in den Vereinigten Staaten.
Frage
Ich möchte kurz nach 2014 zurückgehen: Da wurde beschlossen, dass man die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent erhöhen sollte. Dann gab es aber gleichzeitig den Krieg in der Ostukraine, die Annexion der Krim und den Abschuss des Passagierflugzeug MH17 aus Amsterdam. Deutschland hat zehn Jahre gebraucht, um diese zwei Prozent zu erreichen. Präsident Trump hat zwischendurch - also damals noch - immer gefordert, dass Deutschland mehr bezahlt. Vor drei Tagen sagte er: They don't love me, because I said they gotta pay. Dann hat er auch noch einmal gesagt, dass man mehr bezahlen müsse, nämlich drei Prozent.
Angesichts Ihrer Sitzungen zum Beispiel heute Abend und auch nächste Woche, die auch mit dem Haushalt und mit der schwierigen Lage zu tun haben, möchte ich deshalb fragen, wo Sie Möglichkeiten sehen, in Richtung dieser drei Prozent des neu gewählten Präsidenten zu kommen. Denn in diese Richtung geht es, und er scheint nicht so freundlich gegenüber Deutschland zu sein.
StS Hebestreit
Erst einmal haben Sie völlig recht, aber ich darf das insoweit ergänzen: 2014 hat die NATO beschlossen, innerhalb von zehn Jahren das Zwei-Prozent-Ziel anzustreben. Wenn ich 14 plus 10 rechne, komme ich auf das Jahr 2024, das wir haben, und Deutschland hat das Zwei-Prozent-Ziel erfüllt. Das ist im Augenblick die Arbeitsgrundlage. Wenn sich die Arbeitsgrundlage ändern sollte, wofür es bislang keine ernsthaften Hinweise gibt - ich sage ausdrücklich bislang; ich würde jetzt nicht einzelne Zurufe oder einzelne Äußerungen zur Grundlage des Regierungshandelns machen -, dann müsste die neue Arbeitsgrundlage innerhalb der NATO miteinander beschlossen werden. Deutschland ist immer bündnistreu und würde dann sehen, wie das miteinander zu vereinbaren ist.
Zusatzfrage
Er sagte: They don't love me; they eat our lunch. Er hat auch darauf verwiesen, dass er "heritage" hat, also dass sein Großvater hier geboren wurde, und dass er will, dass Deutschland mehr bezahlt. Vielleicht auch mit Blick auf die Sitzung des Bundeskanzlers und der anderen Parteien heute Abend möchte ich deshalb fragen: Welche Möglichkeiten sehen Sie, Spielraum zu entwickeln, um für die Zukunft vorzusorgen?
StS Hebestreit
Da Sie die gleiche Frage jetzt einfach noch einmal anders formuliert haben, könnte meine Antwort genauso gleich lauten. - Erst einmal ist es so, dass ich auch ein großer Fan amerikanischen Essens bin; insofern habe ich da also gar keine Berührungsängste. Grundsätzlich ist es aber so, dass unsere Politik immer auch auf der Grundlage gemeinsamer Gespräche stattfindet. Die US-Administration Trump muss jetzt auch erst einmal ins Amt kommen, und dann werden wir Klarheit darüber haben, was man sich so vorstellt. Vielleicht können wir auch erläutern, wie wir die Lage sehen. Daraus ergibt sich in diplomatischen Beziehungen dann immer eine Beziehung, eine Entwicklung.
Ich würde jetzt nicht aus einzelnen Wortmeldungen und Äußerungen - auch den im Wahlkampf getätigten - schon Politik ableiten. Deshalb war mein grundsätzlicher Satz, den ich vorhin gebracht habe, dass diese Regierung wie jede andere deutsche Regierung handlungsfähig ist, immer handlungsfähig sein wird und niemals vor den Realitäten die Augen verschließt.
Wir sehen uns gut aufgestellt, und ich habe ja vorhin schon erwähnt, dass die Bundesregierung unter dem damaligen Finanzminister Scholz und heutigen Bundeskanzler Scholz den Verteidigungsetat innerhalb der sieben Jahre zwischen 2017 und 2024 bzw. 2025 verdoppelt hat. Das zeigt ja auch, dass wir zu unseren Zusagen stehen und auch erkannt haben, dass wir mehr tun müssen, auch durch den veränderten Ansatz der amerikanischen Seite in diesen Fragen.
Frage
Ich hätte ganz gern bei Herrn Müller noch einmal zu dem Treffen von Minister Pistorius in Paris nachgefragt: Können Sie noch ein bisschen konkretisieren, was genau die beiden Minister absprechen wollen? Werden zum Beispiel die Frage französischer Atomwaffen und die Frage eines möglichen Schutzes für Deutschland eine Rolle spielen? Ich beziehe mich da auf Unsicherheiten, die es in der ersten Legislaturperiode von Herrn Trump gegeben hatte, ob der atomare Schutzschirm der USA eigentlich noch gilt.
Müller (BMVg)
Das große Themenfeld Sicherheit und Verteidigung - wie gemeinsam gestalten, wie gemeinsame Kooperationen ausbauen und diese nutzen? - habe ich schon genannt. Darüber hinaus kann ich den Abstimmungen bzw. der Besprechung heute nicht vorweggreifen. Ich denke, dass wir danach im Statement von beiden Ministern noch mehr erfahren werden.
Zusatzfrage
Ist denn ausgeschlossen, dass man auch über Atomwaffen redet?
Müller (BMVg)
Über diese Themen kann ich nicht spekulieren.
Frage
Herr Hebestreit, Sie haben heute mehrfach gesagt, dass man niemals die Augen vor der Realität verschließen sollte. Ich möchte noch einmal zu dem Faschismus von Herrn Trump nachfragen: Sie meinten, er sei demokratisch gewählt. Das macht ihn aber nicht zu einem Demokraten - Faschisten werden auch hier in Deutschland gewählt. Habe ich das richtig verstanden: Die Bundesregierung hält Herrn Trump nicht für einen Faschisten?
StS Hebestreit
Ich glaube, die Bundesregierung nutzt solche Begrifflichkeiten generell nicht.
Zusatz
Doch.
StS Hebestreit
Nein, ich wüsste nicht, dass wir in Bezug auf irgendeinen Staats- oder Regierungschef eine solche Bezeichnung oder ähnliche Bezeichnungen genutzt hätten. Das darf im politischen Raum immer sein, aber wir sprechen hier für die Bundesregierung, und für die Bundesregierung habe ich die Position dargelegt. Sie stellen die gleiche Frage noch einmal - Sie kriegen meine gleiche Antwort.
Zusatzfrage
Aber muss man bei einem solchen Mann nicht mit einem anderen Plan vorgehen, als wenn es ein Demokrat gewesen wäre?
StS Hebestreit
Das wären jetzt wieder Definitionsfragen. Ich glaube, das führt uns hier nicht weiter. Auf jeden Fall wüsste ich da nicht, was ich Ihnen sinnvoll antworten kann.
Frage
Herr Hebestreit, denkt der Bundeskanzler angesichts der geopolitischen Veränderungen, die jetzt durch die Wahl von Donald Trump drohen, auch in Bezug auf den Streit in der Bundesregierung, dass er gerade aus einer Position der Stärke heraus agieren kann?
StS Hebestreit
Mit Bezug auf was? Das, was Sie da fragen, wirkt ein bisschen allgemein.
Frage
Der Streit in der Bundesregierung ist ja sehr offensichtlich. Jetzt wurde Donald Trump gewählt, und dadurch drohen große geopolitische Verwerfungen. Da wollte ich wissen, wie der Bundeskanzler sich da aufgestellt sieht und ob er aktuell aus einer Position der Stärke heraus agieren kann.
StS Hebestreit
Ich glaube, es wäre naiv zu glauben, dass es Regierungen gibt, in denen politische Diskussionen nicht auszutragen sind und zum Teil auch sehr prononciert ausgetragen werden, wie es auch in dieser Regierung im Augenblick zu beobachten ist. Das ist aber etwas, was man in vielen anderen Regierungen auch des Westens im Augenblick gerade erlebt. Das sollte uns nicht dazu verführen zu glauben, diese Regierungen seien nicht handlungsfähig. Man ringt um den Kurs, man ringt um eine gemeinsame Position, aber am Ende ist klar, dass man eine solche Position gemeinsam einnimmt.
Wenn Sie auf die letzten drei Jahre zurückblicken, die selten frei waren von Diskussionen auch innerhalb des Regierungsbündnisses, wenn Sie sehen, wie die Bundesregierung auf den russischen Überfall auf die Ukraine reagiert hat, wenn Sie sehen, wie Deutschland auf den Wegfall russischer Energielieferungen reagiert hat, wenn Sie sehen, wie wir die Transformation der Industrie und den Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben haben, dann sehen Sie auch: Bei all dem, was - nicht immer zu meiner Freude - immer wieder auch öffentlich heftig diskutiert wurde, hat es auch immer wieder Ergebnisse gegeben und gibt es immer Ergebnisse, und der Kurs ist klar verfolgt worden.
Insofern verstehe ich Ihre Frage, aber ich glaube, diese Sorge müssen Sie nicht haben. Alle Regierungen - in demokratischen Ländern noch einmal mehr - haben auch mit innenpolitischen Auseinandersetzungen zu tun. Wichtig ist, dass man sich international und europäisch eng abspricht. Das ist der Fall, und dafür ist morgen und übermorgen dann auch das informelle Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Budapest wieder eine gute Gelegenheit - zusätzlich zu all den internationalen Gesprächen, die man als Regierungschef sowieso ständig hat.
Zusatzfrage
Sie haben gerade die außenpolitischen Gegebenheiten geschildert - Ukraine-Krieg, russisches Gas usw. -, die dazu geführt haben, dass die Bundesregierung sich zusammengerafft hat und auch große Entscheidungen gefällt hat. Sehen Sie jetzt in der Wahl von Trump vielleicht genauso wieder ein Szenario, das die Bundesregierung noch einmal zusammenschweißen könnte?
StS Hebestreit
Da Sie nicht so oft hier sind, habe ich Ihnen den Spruch noch nicht entgegengehalten: Als Zuversichtsbeauftragter der Bundesregierung bleibe ich auch an diesem Punkt zuversichtlich.
Vorsitzender Detjen
Wir kommen jetzt zum Höhepunkt des Tages, nämlich dem Bericht aus dem Bundeskabinett. Dafür haben wir noch gut 20 Minuten Zeit; denn dann kommt das Briefing.
StS Hebestreit
Dann werde ich einfach etwas schneller vorlesen. Ich möchte mir aber nicht ersparen, da der Kollege auch da ist und das sehr aufmerksam verfolgt: Vor zwei Wochen hatte ich Ihnen ja versprochen, dass es an diesem Mittwoch ein Füllhorn von Entscheidungen geben würde. Es hat ja in den vergangenen zwei Wochen keine Kabinettssitzung gegeben. Ich kann sagen: Die Regierung hat auch in diesem Fall geliefert. Insofern: Bear with me!
Wir haben heute eine ganze Reihe von Entscheidungen im Kabinett miteinander beschlossen. Unter anderem hat die Bundesregierung heute den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, GEAS, beschlossen. Damit macht sie ihre Zusage wahr, die nationalen Regelungen zur Umsetzung des GEAS bereits in diesem Jahr dem Parlament vorzulegen, so früh wie wohl noch keine andere Regierung in der EU. Die Bundesregierung legt damit den nächsten Baustein, die Migration besser zu steuern und zu ordnen und zugleich humanitäre Standards für Geflüchtete zu garantieren und irreguläre Migration weiter zu begrenzen.
Dies auch noch als Dienstleistung: In den vergangenen drei Monaten August, September und Oktober ist die Zahl der Asylgesuche im Vergleich zu den Vorjahresmonaten um mehr als 50 Prozent zurückgegangen. Man merkt also, auch wenn es immer einen anderen Anschein hat: Die Maßnahmen wirken.
Die GEAS-Reform ermöglicht die Steuerung der irregulären Migration durch drei Instrumente: Erstens muss an den EU-Außengrenzen verlässlich kontrolliert werden, wer in die Europäische Union einreist. Zweitens braucht es eine Balance zwischen Verantwortung und Solidarität. Ein solcher Solidaritätsmechanismus soll sicherstellen, dass EU-Mitgliedsstaaten, die unter besonderem Migrationsdruck stehen, von anderen EU-Mitgliedern entlastet werden, sei es durch die Übernahme von Personen oder durch finanzielle Unterstützung. Drittens geht es um schnelle und einheitliche Verfahren, ohne dass das Grundrecht auf Asyl - das ist uns sehr wichtig - beschädigt wird.
In Folge der Anpassung des nationalen Rechts hat das Kabinett auch Änderungen des Gesetzes über das Ausländerzentralregister sowie korrespondierende Änderungen weiterer Gesetze auf den Weg gebracht. Damit erhalten die Verwaltungsbehörden in Bund, Ländern und Kommunen für ihre konkrete Arbeit möglichst frühzeitig Klarheit und Rechtssicherheit, um die nötigen operativen Vorkehrungen zu treffen.
Die Bundesregierung will Deutschland besser auf künftige Katastrophen und Sicherheitsrisiken vorbereiten. Deswegen hat das Kabinett heute den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Resilienz kritischer Anlagen - das sogenannte KRITIS-Dachgesetz, für Feinschmecker - beschlossen. Mit dem Gesetz schaffen wir einen verbesserten physischen Schutz unserer kritischen Infrastrukturen und stärken damit auch die Versorgungssicherheit in Deutschland und in Europa. Erstmals werden bundeseinheitlich und sektorübergreifend Vorgaben und Strukturen zur Resilienzstärkung, also zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit, eingeführt. Sie treten neben die Regelungen zur Cybersicherheit kritischer Infrastrukturen.
Das Gesetz sieht insbesondere die bundesweite Identifizierung von kritischen Anlagen vor, die Einrichtung eines Störungsmonitorings, Risikoanalysen der Betreiber und von staatlicher Seite sowie Mindestvorgaben für Resilienzmaßnahmen der Betreiber. Dabei nehmen wir alle denkbaren Risiken in den Blick, die durch die Natur oder den Menschen verursacht werden können, sei es ein Unwetter, menschliches Versagen oder auch Sabotageakte.
Mit dem Gesetzentwurf wird ein Vorhaben des Koalitionsvertrages und zugleich die EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen umgesetzt.
Außerdem hat die Bundesregierung heute die Einführung eines neuen Wehrdienstes beschlossen. Abgeleitet aus der aktuellen Bedrohungssituation soll die personelle Durchhaltefähigkeit der Bundeswehr durch eine starke und personell ausreichend aufgestellte Reserve garantiert werden. Das Gesetz führt einen nicht verpflichtenden neuen Wehrdienst von sechs bis 23 Monaten ein. So wird mittelfristig der Umfang der zur Verfügung stehenden Reservistinnen und Reservisten erhöht, und dadurch wird die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte nachhaltig verbessert.
Gleichzeitig sollen auch die Wehrerfassung und die Wehrüberwachung reaktiviert und modernisiert werden. Im Rahmen der Wehrerfassung erfolgt eine verpflichtende Befragung der achtzehnjährigen Männer über Bereitschaft und Fähigkeit zur Wehrdienstleistung sowie zu ihren Bildungsabschlüssen und sonstigen Qualifikationen. Darüber hinaus können Frauen und andere Geschlechter freiwillig am Onlinefragebogen teilnehmen und ihre Bereitschaft signalisieren.
Dann hat die Bundesregierung heute auch noch beschlossen, den Wohnungsbau zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dafür hat sie Erleichterungen im Bauvertragsrecht beschlossen. Die Bundesregierung setzt damit einen Teil ihrer Wachstumsinitiative um. Neu wird ein Gebäudetyp E eingeführt, der für "einfaches Bauen" steht. Dabei geht es nicht um einen bestimmten Gebäudetypus, sondern allgemein um die Möglichkeit, einfacher, innovativer und kostengünstiger zu bauen.
Die Änderungen im Bauvertragsrecht ermöglichen es, auf Baustandards zu verzichten, die für die Gebäudesicherheit nicht notwendig und gesetzlich nicht zwingend sind. Der Gebäudetyp E ändert also nichts an den öffentlich-rechtlichen Vorgaben, die alle Bauvorhaben einhalten müssen. Es geht lediglich darum, die Fülle der Gesetze, DIN-Normen und sonstige Vorgaben, die an ein Bauvorhaben geknüpft sind, im Bauvertrag auf das wirklich Notwendige zu verringern.
Die neuen Regelungen werden die Kosten senken. Die Bundesregierung geht von einer jährlichen Entlastung der Wirtschaft von rund 8,1 Milliarden Euro aus. Das Gesetz trägt also nicht unwesentlich dazu bei, Bürokratiekosten zu senken.
Neben diesen fünf O-TOP-Punkten hat es heute auch eine TOP-1-Liste - das sind die Gesetze, die im Kabinett ohne Aussprache beschlossen werden - mit insgesamt 29 Punkten gegeben. Keine Sorge, ich werde nicht alle vortragen, nur die schönsten.
Das Kabinett hat heute die Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2025 beschlossen. Mit der zustimmungsbedürftigen Rechtsverordnung werden die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung, unter anderem auch die Beitragsbemessungsgrenzen, aktualisiert. Die Berechnungen erfolgen aufgrund gesetzlicher Regelungen, die für die Fortschreibung der Rechengrößen der Sozialversicherung an die Bruttolohn- und -gehaltsentwicklung je Arbeitnehmer im Jahr 2023 anknüpfen. Die Fortschreibung dient einerseits der Sicherung der Beitragsbasis der Sozialversicherungen und andererseits auch der Sicherung des Leistungsniveaus. Die Bundesregierung wird den Bundesrat bitten, die Verordnung gemeinsam mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz zu beraten.
Die Bundesregierung hat auch den Entwurf eines Vertragsgesetzes beschlossen. Es bereitet die Ratifikation der Änderung des Protokolls zum Übereinkommen über das Verhüten der Meeresverschmutzung durch Einbringen von Abfällen und anderen Stoffen vor, des sogenannten Londoner Protokolls. Warum erkläre ich das hier? Damit wird die Grundlage geschaffen, die es Deutschland international erlaubt, Kohlendioxid in andere Staaten zur dortigen Speicherung unter dem Meeresboden zu exportieren. Zur innerstaatlichen Umsetzung der Änderung von - ganz konkret - Artikel 6 des Londoner Protokolls wird derzeit die Anpassung des Hohe-See-Einbringungsgesetzes erarbeitet.
Die Bundesregierung will außerdem den Spitzensport noch stärker fördern und wieder mehr deutschen Athletinnen und Athletinnen den Weg an die Weltspitze ebnen. Deshalb hat das Kabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Sportförderung beschlossen. Es ist der erste Entwurf für ein Sportfördergesetz in Deutschland überhaupt. Ziel ist es, die Förderung des Spitzensports auf eine einheitliche und transparente Grundlage zu stellen. Das Gesetz vereinfacht das Fördersystem, baut Bürokratie ab und nutzt digitale Prozesse, um Förderungen schneller und effizienter zu gestalten.
Kern ist die neue, unabhängige Spitzensport-Agentur, die nach sportfachlichen Kriterien und unbürokratisch entscheidet, wie Fördermittel vergeben werden. Neu ist auch, dass das Gesetz die Förderung des Spitzensports an klare leistungs- und gesellschaftsbezogene Ziele bindet. So werden die Fördermittel gezielt für sportliche Spitzenleistungen und ein faires, gemeinschaftliches Miteinander im Sport eingesetzt.
Die Reform ist das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Sportverbänden, die gemeinsam an der Neuausrichtung gearbeitet haben.
Allerletzter Punkt: Das Bundeskabinett hat heute auch das von der Bundesforschungsministerin vorgelegte Konzept zur Gründung der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation, kurz DATI, beschlossen. Deutschland hat eine breite Forschungslandschaft. An deutschen Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen entstehen täglich herausragende Forschungsergebnisse. Bei der Überführung in die wirtschaftliche und gesellschaftliche Anwendung bleibt unser Land allerdings noch unter seinen Möglichkeiten. Bereits im Koalitionsvertrag ist die Gründung der DATI verankert. Ihr Auftrag soll es sein, anwendungsorientierte Forschungsergebnisse aus unseren Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen schnell und wirkungsvoll in die Anwendung zu bringen und die Transferkultur bundesweit zu stärken. Die DATI ist als eigenständige und agile Agentur des Bundes konzipiert, wie alle Agenturen des Bundes selbstverständlich agil sind.
So weit der Ritt durch die Kabinettssitzung!
Frage
Herr Hebestreit, fangen wir gleich mit dem ersten Thema an, der GEAS-Reform. Gibt es schon konkrete Verabredungen mit den Bundesländern, die betroffen sind, zum Flughafenverfahren? Wie sehen die aus, und um welche Länder geht es?
StS Hebestreit
Das müsste ich das zuständige Fachressort beantworten lassen, wenn es das kann.
Harmsen (BMI)
Es ist Teil des heute im Kabinett beschlossenen Pakets, das Flughafenverfahren schon jetzt anhand der GEAS-Regelungen anzuwenden. Dabei wird das Asylverfahren vor der Einreise, also noch im Transit, für Personen aus Herkunftsstaaten mit einer EU-weiten Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent durchgeführt und das Flughafenverfahren bereits jetzt Anwendung finden.
Selbstverständlich standen wir bei der Abstimmung des Gesetzes bzw. der Gesetzentwürfe auch in Kontakt mit den Ländern. Was jetzt die konkrete Ausgestaltung angeht, befinden wir uns weiterhin in Gesprächen. Dazu kann ich mich im Detail noch nicht äußern. Aber wir sind daran, dieses Verfahren jetzt zügig und auf diese Fälle ausgeweitet durchzuführen.
Zusatzfrage
Also lautet die kurze Antwort, es gibt noch keine konkreten Verabredungen mit den betroffenen Ländern?
Harmsen (BMI)
Keine, über die ich hier jetzt berichten könnte, genau.
Frage
Bezüglich des Themas Wehrdienst interessiert mich, ob es Veränderungen an dem Gesetzentwurf gegeben hat, seit der Minister das Konzept vorgestellt hat, und was die neue Grundvereinbarung mit der Bundesagentur für Arbeit mit dem Thema zu tun hat.
Müller (BMVg)
Der Referentenentwurf steht, soweit ich weiß, online. Ich habe - es waren vier oder fünf Monate dazwischen - jetzt keine Liste der Abweichungen. Aber die Grundelemente sind, dass wir - abgeleitet aus der Bedrohungslage - eine Bundeswehr brauchen, die einen möglichen Konflikt langfristig überstehen kann, bestenfalls abschrecken kann und dafür personell aufwuchsfähig ist, dafür personell durchhaltefähig ist. Dafür brauchen wir eben eine Reserve. Um diese Reserve entsprechend personell aufzustellen, brauchen wir einen Wehrdienst, um kontinuierlich Personal auszubilden und dann der Reserve zur Verfügung zu stellen. Parallel ist die zweite Säule besonders wichtig. Die zweite Säule ist die Wehrerfassung und die Wehrüberwachung. Wir müssen im Ernstfall wissen, wen wir anschreiben können, wer aktiviert werden kann, welche Ausbildung er genossen hat usw. Diese beiden Kernelemente, also zum einen die eigentliche Ausbildung, das eigentliche Dienen in der Truppe, und parallel die Wehrerfassung und die Wehrüberwachung, sind die Kernelemente des neuen Wehrdienstes.
Davon zu trennen ist die Personalgewinnung. Ich bitte, das ganz klar davon zu trennen. Das eine ist die Aufwuchsfähigkeit der Truppe mit einer starken Reserve. Das andere ist, und darauf zielt die heutige Grundsatzvereinbarung mit der Bundesagentur für Arbeit ab - heute Nachmittag um 14.30 Uhr bei uns -, dass wir bei der Bundesagentur demnächst aktiv die möglichen Berufsfelder und Berufsbilder auch im militärischen Dienst, in den Streitkräften, präsentieren, dort beraten und Interessierte betreuen. Wir haben das vorher schon für die zivilen Tätigkeitsfelder gemacht. Jetzt bekommt der Interessierte bzw. die Interessierte bei der BA das gesamte Portfolio vorgestellt, wenn er das möchte, und wird hinsichtlich dieser Tätigkeiten beraten, die dort möglich sind. Das wiederum ist dann aber, wie gesagt, für die eigentliche Personalgewinnung. Das sind im Grunde beides Bereiche aus dem Themenfeld des Personals, aber das eine ist die Aufwuchsfähigkeit für einen möglichen, hoffentlich vermeidbaren Konflikt, und das andere ist die Personalgewinnung für die Streitkräfte.
Zusatzfrage
Ich habe eine Nachfrage zu dem letzten Punkt: Mit welchem Potenzial rechnet das Ministerium derzeit?
Müller (BMVg)
Meinen Sie die Grundsatzvereinbarung?
Zusatz
Ja.
Müller (BMVg)
Ich kann Ihnen jetzt keine Zahl präsentieren. Es gibt mehr als 1000 Berufsbilder in den Streitkräften. Wir haben sowohl im zivilen Tätigkeitsfeld als auch im militärischen Tätigkeitsfeld attraktive, interessante Berufsmöglichkeiten, und die wollen wir da präsentieren und parallel zu unseren Beratungszentren, den Karriereberatungszentren, die die Bundeswehr ja betreibt, den Interessierten diese Informationen zur Verfügung stellen und dann dort natürlich auch weiteres Personal im eng umkämpften Fachkräftemarkt in Deutschland für uns gewinnen. Das ist unsere Erwartung.
Sie werden nachher noch ein Statement des Ministers und von Frauen Nahles dazu hören, und dann können die beiden das noch ein bisschen ausformulieren.
Frage
Herr Müller, ich weiß nicht, ob Sie hier bei der PK mit dem Minister waren. Der hat sich ja auch für eine verpflichtende Musterung von Männern ausgesprochen. Die ist jetzt hier nicht mehr dabei. Sie werden wahrscheinlich einräumen müssen, dass das der Unterschied ist.
Mich interessiert aber eher, dass sich ja im Prinzip außer der verpflichtenden Auskunft für Männer in diesem Fragebogen nicht wirklich etwas am Freiwilligen Wehrdienst geändert hat. Trotzdem versuchen Sie jetzt diesen Etikettenwechsel, indem Sie den Freiwilligen Wehrdienst, der ja immer noch ein freiwilliger Wehrdienst ist, künftig Basiswehrdienst nennen. Warum dieser Etikettenwechsel?
Müller (BMVg)
Ich habe gerade dargestellt: Es gibt große Änderungen. Die gesamte zweite Säule, die Wehrerfassung, die Wehrüberwachung, ist ein wichtiges Element, das 2011 abgeschafft wurde, das wir aber benötigen, um handlungsfähig zu sein, um durchhaltefähig zu sein. Diese zweite Säule ist Punkt eins.
Der andere Teil ist, dass wir natürlich mit dem Versenden des Fragebogens und mit dem verpflichtenden Rückmelden unsere Möglichkeiten, die die Streitkräfte bieten, erst einmal an 350 000 oder 400 000 Männer eines Jahrgangs verteilen und darüber hinaus dann auch eine Rückmeldung erhalten. Die beschäftigen sich also aktiv mit dem Themenfeld.
Dann werden wir natürlich auch, und das ist unser eigener Anspruch, diesen neuen Wehrdienst in der Truppe umgestalten. Wir werden also in die Fläche gehen. Wir werden für die TSK, die Teilstreitkräfte, für ihre Bereiche diese mindestens sechs Monate ausformulieren. Die zu leistenden Wehrdienstes werden sich also auch in ihrer Ausbildung unterscheiden. Wir werden das regional so verteilen, dass wir auch in der Fläche attraktiv sind. Dann werden wir in den ersten sechs Monaten die infanteristische Grundausbildung durchführen sowie die Heimatschutzbefähigung herstellen und werden damit die neuen Absolventen, wie ich sie einmal nennen will, dazu befähigen, im Falle eines Falles mit dieser Mindestqualifikation auch im Rahmen des OPLAN Deutschland - Sie kennen das, den Operationsplan Deutschland - im Rahmen des Heimatschutzes eingesetzt zu werden.
Wer sich darüber hinaus weiter interessiert und sich dann für bis zu 23 Monate verpflichten möchte, bekommt eine weitere Qualifikation, ganz speziell in seiner Teilstreitkraft und auch in der Region, in der er sich engagieren möchte. Das kann zum Beispiel ein Sicherungssoldat auf einem fahrenden Schiff sein, also eine seegehende Einheit. Wir wollen das sinnstiftend machen. Wir wollen das attraktiv machen. Wir wollen das nicht als Bürde sehen, sondern es soll für beide Seiten ein gewinnbringender Wehrdienst sein.
Zusatzfrage
Der Freiwillige Wehrdienst ist weiterhin ein freiwilliger Wehrdienst, korrekt?
Müller (BMVg)
Der neue Wehrdienst beruht auf Freiwilligkeit. Jeder, der den Fragebogen bekommt, hat die Pflicht, diesen auszufüllen. Aber, ja, er kann uns ehrlich mitteilen: Ich habe daran kein Interesse.
Frage
Wie viele Achtzehnjährige erhalten dem Brief? Wie viele wollen Sie dafür gewinnen?
Was schätzen Sie, was Musterung und Unterbringung kosten? Sie müssen da natürlich ein bisschen planen. Vielleicht können Sie darüber noch ein bisschen mehr erzählen.
Müller (BMVg)
Ich beginne einmal mit den Kosten. Die Kosten liegen aktuell nur als Schätzung vor. Die Planungen hinsichtlich der Finanzierung des neuen Wehrdienstes werden jetzt quasi als Teil des Gesetzgebungsverfahrens finalisiert. Dazu kann ich jetzt noch keine aktuellen Schätzungen abgeben.
Wir haben für 2025 noch keinen Haushaltstitel einbringen können, weil wir ja zur Anmeldung des Haushalts noch keine gesetzliche Grundlage hatten. Wir wollen damit ja spätestens im dritten Quartal 2025 starten. In der Truppe werden wir das noch aus den vorhandenen Kapazitäten des jetzigen Freiwilligen Wehrdienstes und durch ein paar Umstrukturierungen stemmen können.
Zur Frage der Angeschriebenen: Wir schreiben grundsätzlich alle achtzehnjährigen Männer mit dem Stichtag 31. Dezember 2006 an. Dann, für Frühjahr 2025 geplant, natürlich nach erfolgreicher parlamentarischer Befassung und Inkrafttreten des Gesetzes, werden nach meinem Kenntnisstand ca. 400 000 achtzehnjährige Männer pro Jahrgang davon betroffen sein. Natürlich bieten wir auch Frauen und anderen Geschlechtern an, sich an dem Fragebogen zu beteiligen. Die bekommen dann aber kein Anschreiben, sondern bekommen die Möglichkeit, sich dann quasi über einen QR-Code auch an den Fragemöglichkeiten zu beteiligen.
Zusatzfrage
Wie viele von diesen 400 000 Männern - Frauen kommen vielleicht noch hinzu - möchten Sie für die Bundeswehr gewinnen?
Müller (BMVg)
Aktuell ist das Ziel, dass wir im Jahr 2025 mit 5000 beginnen, zusätzlich zu den 10 000, die wir jetzt schon am Freiwilligen Wehrdienst haben, also insgesamt 15 000 im Jahr 2025. Das liegt daran, dass wir, wie ich schon angesprochen habe, natürlich erst einmal aus den bestehenden Kapazitäten schöpfen müssen, und natürlich daran, dass wir die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte nicht beeinträchtigen wollen. Den Ausbilder, der aus dem Panzer aussteigen muss, um Ausbildungen durchzuführen, verlieren wir einfach quasi im Panzer. Deswegen müssen wir hier also eine Balance zwischen verfügbaren Kapazitäten und dem, was wir wollen, schaffen. Diese Zahl 15 000 werden wir dann in den Folgejahren steigern, damit das, von uns als Defizit angenommen wird, bis zum Ende des Jahrzehnts aufgefüllt ist und wir diese handlungsfähige und personell aufgestellte Reserve haben.
Ich habe noch einen Nachtrag: Ich erhalte gerade die Meldung, dass es um ungefähr 350 000 Männer geht. Mit 50 000 lag ich also grob daneben, Entschuldigung. Es geht um ca. 350 000 Männer. Der Gesamtjahrgang betrifft ca. 650 000 Achtzehnjährige eines Jahrgangs. Entschuldigung.