Österreichisches Parlament

11/14/2024 | Press release | Distributed by Public on 11/14/2024 07:39

Budgetausschuss bringt neues Sanktionengesetz auf den Weg SPÖ, ÖVP, NEOS und Grüne wollen Empfehlungen der FATF umsetzen und reagieren auf Erfahrungen mit Russland-Sanktionen

Wien (PK) - Ein neues Sanktionengesetz und weitere Gesetzesänderungen zur Umsetzung von Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) könnten die ersten Gesetzesbeschlüsse des neu gewählten Nationalrats werden. Der Budgetausschuss des Nationalrats hat heute mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen grünes Licht für insgesamt drei gemeinsame Anträge der alten Koalitionspartner ÖVP und Grünen gegeben. Ziel der Sammelnovellen ist es unter anderem, die Umsetzung von UN-Sanktionen zu beschleunigen, zudem soll insgesamt die Umgehung völkerrechtlicher Sanktionen erschwert und der Informationsaustausch sowohl zwischen den zuständigen österreichischen Behörden als auch mit den Vereinten Nationen und der EU verbessert werden. Durch die breite Zustimmung im Ausschuss sollte auch die für einen der drei Gesetzentwürfe nötige Zweidrittelmehrheit gesichert sein. Auch die FPÖ bewertete das Gesetzespaket als grundsätzlich sinnvoll, stimmte letztlich aber dagegen.

Kernstück des Pakets ist ein neues Sanktionengesetz samt begleitender gesetzlicher Maßnahmen (2/A), das unter anderem eine Neuorganisation der Behördenzuständigkeiten vorsieht. Demnach wird ab dem Jahr 2026 die Finanzmarktaufsicht (FMA) und nicht mehr die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) für die Überwachung völkerrechtlicher Sanktionen zuständig sein. Damit einher geht auch eine Erweiterung des Überwachten-Kreises sowie eine Erweiterung der behördlichen Befugnisse. So kann die FMA künftig etwa auch die Einhaltung der Sanktionsmaßnahmen durch Versicherungsunternehmen - inklusive des Bereichs Schadensversicherung -, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Alternativen Investmentfonds, E-Geldinstituten und Kryptowerte-Dienstleistern überwachen, einschlägige Anzeigen entgegennehmen und Verwaltungsstrafverfahren einleiten.

Weiters wird eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für Vorschläge österreichischer Behörden geschaffen, die zur Aufnahme von Personen oder Einrichtungen in eine Sanktionsliste der UNO oder der EU bzw. zur Streichung aus solchen Listen führen können. Hierzu werden sowohl das Finanzministerium als auch das Innenministerium - jeweils im Einvernehmen mit dem Außenministerium - ermächtigt sein. Auch ein beschleunigtes Verfahren zur Erlassung innerstaatlicher Durchführungsmaßnahmen völkerrechtlich verpflichtender Sanktionsmaßnahmen, die Möglichkeit einer vorübergehenden Verhängung nationaler Sanktionsmaßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen und verpflichtende Risikomanagementsysteme zur Verhinderung der Umgehung von Finanzsanktionen gehören zum umfangreichen Paket. Mit einem Abänderungsantrag wurden im Ausschuss noch geringfügige Änderungen in Bezug auf Fristen für die Strafbarkeitsverjährung vorgenommen.

Weitere Empfehlungen der FATF in Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung (Finanzierung von Massenvernichtungswaffen) sowie neue EU-Vorgaben in Bezug auf finanzielle Sanktionen werden mit dem FM-GwG-Anpassungsgesetz (1/A) und einer Novellierung des Bilanzbuchhaltergesetzes, des Wirtschaftstreuhandberufegesetzes und der Gewerbeordnung (3/A) umgesetzt. Dabei geht es unter anderem um mehr Transparenz bei Treuhandschaftsverhältnissen und die Verpflichtung für Zahlungsdienstleister, auch bei Kryptowertetransfers Angaben zum Zahler und zum Zahlungsempfänger zu übermitteln. Außerdem sind erweiterte Sorgfaltspflichten für Bilanzbuchhalter:innen, Wirtschaftstreuhänder:innen und Steuerberater:innen vorgesehen, um das Risiko zu minimieren, dass gezielte finanzielle Sanktionen im Zusammenhang mit Proliferationsfinanzierung umgangen bzw. nicht umgesetzt werden. In der Gewerbeordnung wiederum wird klargestellt, dass die Behörde Gewerbetreibende mit dem Ziel zu überwachen hat, eine Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung sowie der Nichtumsetzung und Umgehung sämtlicher "gezielter finanzieller Sanktionen" zu verhindern. Ein zum FM-GwG-Anpassungsgesetz eingebrachter und bei der Abstimmung mitberücksichtigter Abänderungsantrag hat insbesondere redaktionelle Korrekturen zum Inhalt.

Wie aus den Erläuterungen hervorgeht, hat die FATF - eine internationale Institution, die Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Proliferationsfinanzierung setzt - bereits im Jahr 2016 bei einer Prüfung Österreichs zahlreiche Empfehlungen ausgesprochen, die bis jetzt nur zum Teil umgesetzt wurden. Außerdem habe sich aus den Erfahrungen mit den Sanktionen gegen Russland Handlungsbedarf ergeben, wird festgehalten. Aufgrund der zunehmenden Zahl an Sanktionen halten die Antragsteller:innen überdies zusätzliche Ressourcen für erforderlich.

Abgeordnete begrüßen Aufgabenübertragung an die FMA

Im Zuge der Debatte machte Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP) geltend, dass aufgrund der bevorstehenden neuerlichen FATF-Prüfung Österreichs Handlungsbedarf gegeben sei. Seiner Meinung nach ist mit dem vorliegenden Paket "ein guter Kompromiss" gelungen.

Detaillierter ging Nina Tomaselli (Grüne) auf das Vorhaben ein. Österreich wäre 2016 wegen Versäumnissen bei der Geldwäsche-Bekämpfung fast auf der internationalen "Schmuddelliste" gelandet, meinte sie. Seither habe sich aber einiges getan. Vor allem im Finanzbereich seien positive Schritte gesetzt worden, was Geldwäsche-Prävention betrifft. Weniger getan hat sich ihrer Einschätzung nach hingegen im Gewerbe- und Immobilienbereich: Auch hier bräuchte es Tomaselli zufolge eine unabhängige Geldwäsche-Beobachtungsbehörde. Das stehe auf der "To-do-Liste" der aktuellen Legislaturperiode.

Was die Sanktionsüberwachung betrifft, wies Tomaselli darauf hin, dass die OeNB diese Aufgabe mangels genügend eigener Ressourcen an externe Wirtschaftsprüfungsunternehmen auslagern habe müsse. Sie sei daher sehr froh, dass sich die Zuständigkeit nunmehr ändere. Auch NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer begrüßt die Übertragung der Kompetenzen von der OeNB an die FMA sowie die Einbeziehung von Kryptodiensten ausdrücklich. Seitens der SPÖ signalisierte Michaela Schmidt Zustimmung, wiewohl sie bei den Verjährungsfristen noch offene Punkte sieht.

Auch die FPÖ begrüßt das Sanktionenpaket grundsätzlich, wie FPÖ-Abgeordneter Hubert Fuchs festhielt. Es werde "leider aber sehr spät diskutiert", meinte er. Insbesondere begrüße seine Partei den Abbau von Doppelgleisigkeiten, dadurch würde die Effektivität des Sanktionsregimes erhöht.

Brunner: Übergang von OeNB auf FMA ist gesichert

Finanzminister Magnus Brunner hob hervor, dass die in den letzten Jahren von Österreich gesetzten Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche international positiv bewertet wurden. Es macht seiner Ansicht nach überdies Sinn, die Überwachung von Sanktionen bei der FMA zu bündeln. Die OeNB erspare sich dadurch 5 Mio. €. Der Übergang zwischen OeNB und FMA sei gesichert, versicherte er.

Laut einem Vertreter des Ministeriums hat die OeNB aufgrund der Breite der gegen Russland verhängten Sanktionspakete einen mehrjährigen Rahmenvertrag mit großen Wirtschaftsprüfungskanzleien im Ausmaß von 5 Mio. € abgeschlossen, der - je nach Umfang - 4 bis 25 Vorort-Prüfungen pro Jahr vorsieht. Mit dem Übergang der Überwachungsaufgaben auf die Finanzmarktaufsicht werde auch der Kreis der beaufsichtigten Unternehmen ausgeweitet, betonte er. Zu den von der SPÖ angesprochenen Verjährungsfristen nach dem Verwaltungsstrafgesetz merkte er an, man müsse die einschränkende höchstgerichtliche Judikatur beachten.

Zu Kritik von Grün-Abgeordneter Tomaselli, wonach das Register der wirtschaftlichen Eigentümer im Bereich der Stiftungen unvollständig sei, hielt ein Experte fest, dass Privatstiftungen Begünstigte, sofern diese bestimmt sind, an das Register melden müssten, ansonsten müsse der Kreis der Begünstigten (also etwa alle leiblichen Nachkommen) angegeben werden. Ob das von den Privatstiftungen eingehalten werde, werde mit einem risikobasierten Ansatz geprüft. Dadurch habe man bei Privatstiftungen eine gute Datenbasis, meinte er. Die bestehende Lücke bei juristischen Personen, die begünstigt sind oder als Stifter auftreten, werde mit dem vorliegenden Gesetz geschlossen. (Fortsetzung Budgetausschuss) gs

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.