12/12/2024 | Press release | Distributed by Public on 12/12/2024 04:30
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
jeder Fall häuslicher oder partnerschaftlicher Gewalt ist einer zu viel. Häusliche und partnerschaftliche Gewalt bedeuten für die Betroffenen permanente Angst, Ohnmacht und Isolation. Sie geschieht hinter verschlossenen Türen, mitten in unseren Nachbarschaften, in jedem sozialen Umfeld.
Wir alle haben Fälle häuslicher Gewalt vor Augen, vor allem diejenigen, die wir in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren nicht verhindern konnten - und der steigende Trend der vergangenen Jahre ist erschreckend.
Bundesweit wurden 938 Frauen und Mädchen Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten. 360 Frauen und Mädchen wurden getötet und fast 70 Prozent dieser Taten werden im Bereich häuslicher Gewalt verortet. Und 8.582 Opfer häuslicher Gewalt bedeuten auch für Schleswig-Holstein einen Anstieg um über 7 Prozent in 2023.
Gemeinsam haben wir uns in den letzten Jahren jeglicher Gewalt an Frauen entgegengestellt. Wir haben aber auch notwendige Instrumente umgesetzt. Mit diesem Gesetzesantrag wird Schleswig-Holstein nicht nur eine Schutzlücke schließen, mit diesem Entwurf gehen wir bundesweit voran.
Das Hochrisikomanagement ist im Februar dieses Jahres in der Landespolizei landesweit verbindlich eingeführt worden. In jeder Polizeidirektion gibt es seitdem Hochrisikoverantwortliche, die im Zeitraum bis einschließlich Juli 2024 bereits 227 Fälle als Hochrisikofälle eingestuft haben.
Doch es fehlt noch ein wichtiger Baustein in unserem Schutzschirm: die elektronische Aufenthaltsüberwachung, die sogenannte Fußfessel.
Auch in Schleswig-Holstein gibt es bereits jetzt die Möglichkeit, dass nach richterlichem Beschluss die sogenannte Fußfessel als Aufenthaltsüberwachung angelegt wird. Allerdings gilt dies nur für terroristische Gefährder, die beabsichtigen, schwere staatsgefährdende Straftaten zu begehen. Jetzt wollen wir das Landesverwaltungsgesetz dahingehend ändern, dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung auch bei häuslicher und partnerschaftlicher Gewalt nach richterlichem Beschluss angeordnet werden kann.
Die Hürden für Wohnungsverweisungen sowie Betretungs-, Kontakt- und Näherungsverbote bei Gefahrenlagen sollen gesenkt und damit höhere Rechtssicherheit für unsere Polizistinnen und Polizisten geschaffen werden. Und diese Maßnahmen können durch gerichtliche Entscheidung auf bis zu drei Monate erweitert werden. Schließlich soll der Schutzbereich der Betroffenen komplettiert werden, indem auch die Kontaktaufnahme zu nahestehenden Angehörigen oder Kindern untersagt werden kann.
In diesem Bereich ist die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Familiengerichten essenziell, um die Maßnahmen ineinandergreifen zu lassen und Täter- und Opferberatungsstellen besser einzubeziehen.
Zentral ist die rechtliche Grundlage zum Einsatz von elektronischen Aufenthaltsüberwachungen. Um die elektronische Aufenthaltsüberwachung schnell umzusetzen, haben wir in den letzten Wochen und Monaten die praktische Umsetzung vorbereitet und die Finanzierung bereits über die Nachschiebeliste gesichert.
Wir sind mit Hessen in Abstimmung, denn dort sitzt die sogenannte Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL), die uns als zentraler -Dienstleister zur Seite steht.
Technisch ist aktuell nur das statische Modell der elektronischen Aufenthaltsüberwachung umsetzbar. Das bedeutet, für die Betroffenen wird eine Schutzzone geschaffen, in die der potenzielle Täter nicht eindringen kann, ohne dass die Polizei hiervon Kenntnis erhält. So kann die Polizei stets schnelle Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen ergreifen.
Doch wir haben bereits den nächsten Schritt im Blick: Mit dem Gesetzentwurf wollen wir als erstes Bundesland die rechtliche Grundlage für die elektronische Aufenthaltsüberwachung im sogenannten "spanischen Modell" schaffen.
Beim spanischen Modell führt die Frau den Schutzbereich mit sich und ist an jedem Ort vor einem Zusammentreffen mit der überwachten Person sicher. Denn bei diesem Modell tragen Täter und Opfer ein GPS-Gerät bei sich. Der Täter trägt das Gerät fest am Körper, die zu schützende Person nutzt zum Beispiel ein Armband. Sobald die beiden weniger als 500 Meter voneinander entfernt sind, schlägt das System Alarm, und die Polizei kann schnell reagieren. Auch die zu schützende Person wird sofort informiert.
Das spanische Modell ist ganz klar unser ausdrückliches Ziel, für das wir uns gegenüber Hessen und im Länderkreis einsetzen. Wir setzen uns für die Änderung des Staatsvertrages mit Hessen ein, um das spanische Modell zu ermöglichen, und für eine zeitnahe Pilotierungsphase.
Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, insbesondere bei den Frauenfacheinrichtungen, die dieses starke Ergebnis immer wieder eingefordert haben.
Vielen Dank!
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