German Federal Government

12/13/2024 | Press release | Archived content

Regierungspressekonferenz vom 13. Dezember 2024

Sprecherinnen und Sprecher
• Staatssekretär Hebestreit
• Jenning (BMVg)
• Dr. Kalwey (BMF)
• Dr. Kock (BMI)
• Treuer (BMFSFJ)
• Haufe (BMWK)
• Wagner (AA)
• Alexandrin (BMDV)
• Mühlhausen (BMAS)
• Totz (BMWSB)
• Beckfeld (BMJ)

(Vorsitzende Wefers eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

StS Hebestreit

(zu den Terminen des Bundeskanzlers) Am 16. Dezember, am Montag, um 13 Uhr wird der Bundeskanzler im Deutschen Bundestag - Sie werden es schon geahnt haben - die Vertrauensfragestellen. Der Bundestag wird im Anschluss daran über diesen Antrag beraten und abstimmen. Mit diesem Schritt macht der Bundeskanzler von seinem verfassungsgemäßen Recht nach Artikel 68 des Grundgesetzes Gebrauch und ermöglicht so dem Deutschen Bundestag, eine Entscheidung über den Weg zu vorgezogenen Bundestagswahlen zu treffen.

Am Mittwoch, den 18. Dezember, tagt um 11 Uhr das Bundeskabinettunter der bewährten Leitung des Bundeskanzlers.

Im Anschluss daran wird der Bundeskanzler nach Brüssel reisen. Dort nimmt er am EU-Westbalkan-Gipfelteil. Neben den 27 EU-Mitgliedstaaten sind auch die sechs Partnerländer des westlichen Balkans dazu geladen, also Albanien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien und Kosovo. Die Nachmittagssitzung wird sich mit der Umsetzung des Wachstumsplans und den Bemühungen um regionale Integration sowie mit den Möglichkeiten für weitere Fortschritte bei der Integration der Region und der Europäischen Union befassen. Beim Arbeitsessen werden die gemeinsamen geopolitischen Herausforderungen im Mittelpunkt stehen. Das Treffen unterstreicht den regelmäßigen Austausch mit dem westlichen Balkan und knüpft an das vorangegangene Gipfeltreffen in diesem Format vor ziemlich genau einem Jahr in Brüssel an. Ziel ist es, die europäische Perspektive des westlichen Balkans zu bekräftigen und die umfassende Unterstützung der EU für die Region hervorzuheben.

Der Bundeskanzler wird in Brüssel verbleiben, um am Donnerstag, den 19. Dezember, an der regulären Tagung des Europäischen Ratesin Brüssel teilzunehmen. Inhaltlicher Schwerpunkt des Treffens wird erneut die Lage in der Ukraine sein. Zu dem Treffen wird auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Brüssel erwartet. Unter der Überschrift "die EU in der Welt" wird sich der Europäische Rat außerdem zu den weiteren Beziehungen der Europäischen Union zu den Vereinigten Staaten von Amerika austauschen. Als weitere Themen werden die Lage im Nahen Osten, Migration und der Bericht von Sauli Niinistö zu Resilienz und Krisenprävention erwartet.

Zum Abschluss des Gipfels wird der Bundeskanzler in Brüssel eine Pressekonferenz geben.

Vor dem Gipfel, nämlich am kommenden Dienstag, den 17. Dezember, um 11 Uhr, bieten wir wie üblich ein Briefing "unter Zwei" zum Westbalkangipfel und auch zum Treffen des Europäischen Rates an, und zwar mit der europapolitischen Beraterin des Bundeskanzlers Dr. Undine Ruge, dem Gruppenleiter Außen- und Sicherheitspolitik Dr. Christian Aulbach und mit mir - ohne Doktor.

Am Freitag, den 20. Dezember, wird der Bundeskanzler um 12 Uhr den Ministerpräsidenten der Republik Estland, Kristen Michal, zu einem Antrittsbesuch mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Bei einem gemeinsamen Gespräch im Rahmen eines Arbeitsmittagessens dürften neben der bilateralen Zusammenarbeit auch wirtschafts- und europapolitische Themen sowie natürlich wie immer in diesen Zeiten die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine erörtert werden. Für 14 Uhr ist eine gemeinsame Pressebegegnung geplant.

Frage

Sofern die Vertrauensfrageso ausgeht, wie einige momentan annehmen, inklusive Ihrer, wenn dann also nahezu in Ihren Worten Bescherung ist, ist die Bundesregierung danach nur noch geschäftsführend im Amt. Welche konkreten Auswirkungen hat das auf die Möglichkeiten beim Rat usw.?

StS Hebestreit

Geschäftsführend im Amt zu sein, das hat keinerlei Auswirkungen, soweit ich es überblicken kann. Der Bundeskanzler wird am Montag nach Schloss Bellevue fahren, sollte die Abstimmung so ausgehen, wie wir alle das im Augenblick unterstellen. Dann hat der Bundespräsident Zeit, zu prüfen, ob er im Anschluss daran den Bundestag auflösen wird oder wie er damit umgeht. Das wird einige Tage dauern. Dann wird er irgendwann das Ergebnis seiner Prüfung vorstellen. Sollte diese Prüfung zu dem Ergebnis kommen, das wir jetzt im Augenblick unterstellen, dann wird auch der 23. Februar als Wahltermin genannt werden.

Aber die Bundesregierung ist, auch wenn sie geschäftsführend ist, weiterhin voll handlungsfähig und im Amt und wird damit vernünftig und verantwortungsvoll umgehen.

Frage

Herr Hebestreit, zwei Fragen:

Sie haben eben gesagt, dass er dann selbst zum Bundespräsidenten hinfährt. Es wird also kein Brief und keine PDF-Datei geschickt, sondern er macht das persönlich. Das ist meine erste Frage.

Meine zweite Frage: Was passiert, wenn die Vertrauensabstimmung schiefgehen sollte? Ich weiß, dass das hypothetisch ist, aber vielleicht können Sie sagen, was dann passiert. Beantragt er dann sofort eine neue Vertrauensabstimmung, oder regiert er dann erst einmal weiter?

StS Hebestreit

Die Antwort auf Ihre erste Frage ist Ja. Er wird dann persönlich nach Schloss Bellevue fahren und den Bundespräsidenten unterrichten.

Zur zweiten Frage: Sie haben es so schön gesagt. Das ist eine hypothetische Frage. Ich habe mitbekommen, dass die Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen ihrer Fraktion empfohlen haben, sich in der Frage zu enthalten, auf dass mögliche taktische Zustimmungen unterbleiben. Insofern denke ich, dass dieser Fall sehr hypothetisch ist. Sollte der Bundestag zu unser aller Überraschung dem Bundeskanzler das Vertrauen aussprechen, dann muss man mit dieser Situation zunächst einmal umgehen. Wie er dann reagieren wird, das werden wir dann sehen.

Zusatzfrage

(zur Tagung des Europäischen Rats) Herr Hebestreit, Sie haben die Teilnahme Herrn Selenskyjs erwähnt. Gibt es direkt auf dem Gipfel oder darum herum noch weitere Absprachen, dass sich die Europäer erst einmal ohne Herrn Selenskyj beraten? In den letzten Tagen hat es doch diverse Kontakte gegeben, entweder bilaterale Besuche oder Beratungen im Weimarer Dreieck der Finanzminister oder der Außenminister hier in Berlin. Vielleicht können Sie noch etwas dazu sagen, wie sehr das Thema der Ukraine in Brüssel besprochen werden wird.

StS Hebestreit

Das ist eines der Themen und ein wichtiges Thema. Die Staats- und Regierungschefs haben die Möglichkeit, am Vortag im Umfeld des Westbalkangipfels miteinander zu sprechen. Aber ich habe die Abläufe bisher so erlebt, dass der ukrainische Präsident zu Beginn einer Sitzung teilnehmen wird. Im Anschluss daran können sich die Staats- und Regierungschefs untereinander noch weiter zu dem Thema besprechen.

Grundsätzlich gibt es bei all diesen Treffen mit der ukrainischen Seite - Sie haben den Ministerpräsidenten genannt, der hier in Berlin war; Sie haben die verschiedenen Treffen, die es in den vergangenen Tagen gegeben hat, erwähnt - immer ein intensives Debriefing auch auf Arbeitsebene innerhalb der Europäischen Union, sodass alle auf dem gleichen Stand sind.

Zusatzfrage

Erwarten Sie, dass das Thema von Bodentruppen als Sicherheitsgarantien dort ebenfalls besprochen wird? Wie ist die Haltung der Bundesregierung dazu?

StS Hebestreit

Ich denke, der Bundeskanzler hat sich dazu in den letzten Tagen mehrfach eingelassen. Ich habe das hier vorgestern getan, indem ich gesagt habe: Das ist vielleicht der fünfte Schritt vor dem zweiten. - Im Augenblick setzt Russland seinen Angriffskrieg auf die Ukraine immer noch erbarmungslos fort. Es hat, wenn ich die Worte des ukrainischen Präsidenten richtig in Erinnerung habe, gestern mit mehr als 90 Raketen und mehr als 200 Drohnen die Energieinfrastruktur angegriffen.

Insoweit ist das eher eine Frage, die erst einmal viele Voraussetzungen hat. Die wichtigste dieser Voraussetzungen ist, dass es zu einem von beiden Seiten akzeptierten Waffenstillstand kommt und man auch fragt, wie man dann weiter vorgeht. Der Kanzler hat ganz grundsätzlich gesagt, in diesen Krieg werde er keine deutschen Truppen schicken. Wenn man dann eine Klarheit über die Situation nach dem Krieg haben wird - das wäre die Voraussetzung, dass da ein Krieg zuerst einmal zu Ende gegangen sein wird -, dann muss man das gemeinsam mit den Ukrainern und untereinander sehr genau besprechen, um alles abzutasten, was da ist. So habe ich es aber gestern auch den Äußerungen des polnischen Ministerpräsidenten und des französischen Staatspräsidenten in Warschau entnommen. Insofern herrscht dort, denke ich, die gleiche Auffassung wie bei uns, dass das nicht etwas ist, das jetzt akut zu besprechen und zu entscheiden ist, sondern etwas, das man erst in einer gewissen Zukunft miteinander verhackstücken muss.

Frage

(zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine) Ich habe eine Frage zur Äußerung des neuen amerikanischen Präsidenten, dass er keine Raketen mehr in die Ukraine schicken wolle. Er hat es zumindest angedeutet. Wie steht der Bundeskanzler dazu?

StS Hebestreit

Ich habe auch in diesem Fall die Äußerung des künftigen amerikanischen Präsidenten etwas anders verstanden. Ich habe verstanden, dass er sich kritisch dazu geäußert hat, Raketen zu liefern, die mit einer großen Reichweite weit ins russische Hinterland zielen. Sie wissen, dass wir grundsätzlich die Waffenlieferungen anderer Länder nicht kommentieren. Ebenso wenig finden wir, dass unsere Waffenlieferungen ständig aus dem Ausland kommentiert werden müssten. Sie kennen unsere Position, was den Einsatz weitreichender Waffen angeht.

Frage

(zur Tagung des Europäischen Rats) Erstens: Herr Hebestreit wird auf dem Gipfel in Brüssel möglicherweise auch über die Aussage von Frau Kallas gesprochen, die Anfang Dezember bei ihrer Auftaktreise nach Kyjiw gesagt hat, dass sie sich vorstellen könnte, sozusagen in dem fünften Schritt Bodentruppen aus der EU mit einer Stärke von 40 000 Personen zur Absicherung eines Waffenstillstandes zur Verfügung zu stellen?

(zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine) Zweitens: Hat es, nachdem der Unionskanzlerkandidat am Montag in Kyjiw war, einen Kontakt zwischen dem Kanzler und dem Kandidaten gegeben, wobei man sich über die Erkenntnisse ausgetauscht hat, die man aus diesen beiden Reisen genau eine Woche nacheinander gezogen hat?

StS Hebestreit

(zur Tagung des Europäischen Rats) Zur ersten Frage: Ich habe schon gesagt, dass das Thema womöglich eine Rolle spielen kann. Der französische Präsident und der polnische Ministerpräsident haben es gestern miteinander erörtert. Darüber, ob das dann in konkreten Rückbindungen an die Äußerungen von Frau Kallas geführt würde, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nur mutmaßen.

Zusatz

Ich wollte nur sagen, dass sie eine Zahl in den Raum gestellt hat.

StS Hebestreit

Ich bleibe dabei. Wir haben schon viel über hypothetische Fragen gesprochen. Aber auch sie sind immer sehr voraussetzungsvoll. Jetzt lassen Sie uns erst einmal den zweiten Schritt tun - das wird anstrengend genug werden -, eine friedlichere Entwicklung für die Ukraine zu ermöglichen und diesen schrecklichen Krieg nach bald drei Jahren irgendwann vielleicht ja auch zu einem glücklicheren Ende zu bringen, bevor wir uns mit dem fünften Schritt intensiver auseinandersetzen und uns über den Rahmen und die Truppenstärken unterhalten. Das halte ich doch für etwas verfrüht.

(zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine) Zur anderen Frage: Mir ist nicht bekannt, dass es einen direkten Kontakt zwischen dem Oppositionsführer und dem Bundeskanzler gegeben hätte. Meine Vermutung wäre aber, dass die beiden Herren in ihren Reisen, die ja wenige Tage voneinander getrennt stattfanden, doch sehr ähnliche Eindrücke gesammelt und sehr ähnliche Informationen bekommen haben. Der ukrainische Ministerpräsident war am Mittwoch hier und hat auch den Bundeskanzler zu einem bilateralen Gespräch getroffen. Herrn Selenskyj hat der Bundeskanzler, denke ich, dreieinhalb Stunden in einem direkten Gespräch gesehen, und sie haben gemeinsam auch einiges in Kyjiw unternommen. Er trifft ihn jetzt wieder. Ich denke, da gibt es enge, vertrauensvolle Kontakte. Ich gehe fest davon aus, dass Herr Merz, wenn er und der Bundeskanzler einander begegnen und Herr Merz das Gefühl hat, er habe da etwas Wichtiges mitzuteilen, was er noch nicht in den Medien mitgeteilt hat, einen Weg finden wird, das zu tun.

Frage

Nach Aussagen von Experten und Beobachtern und auch der Ukrainer ist das russische Kalkül im Moment, alles an Militär, was sie haben, in die Schlacht zu werfen, um bis zum 20. Januar, dem Amtsantritt von Donald Trump, möglichst viele Geländegewinne zu erzielen. Was ist die westliche Antwort darauf? Müsste man der Ukraine jetzt im Moment nicht alles zur Verfügung stellen, was man noch hat, um genau dieses Kalkül zu unterlaufen?

StS Hebestreit

Da ich die Prämisse, die Sie genannt haben, nicht beurteilen kann, und ich in den vergangenen Jahren viel gelernt habe, vor allem, dass es für alles immer auch viele Experten gibt, die sich auch immer ganz sicher sind, wie sich Dinge entwickeln würden, rate ich zu einer gewissen Zurückhaltung. Wir unterstützen die Ukraine nach Kräften. Es wird auch von vielen Partnerstaaten alles an Unterstützung gegeben, was irgendwie möglich ist. Insofern gibt es nichts, was zurückgehalten würde und von dem man sagt: Das bewahren wir uns aber noch zwei Monate auf, bevor wir es in die Ukraine schicken. - Sie wissen, was an Kampfpanzern und an Flugabwehr wir liefern und geliefert haben. Jetzt aktuell gibt es Waffenlieferungen, auch vieler andere Länder. Insoweit wüsste ich jetzt nicht, an wen das adressiert ist bzw. was Sie da im Blick haben, Herr Kollege.

Zusatzfrage

(zur Tagung des Europäischen Rats) Dann frage ich konkreter nach. Wird auf dem Treffen, das nächste Woche in der EU stattfindet, darüber gesprochen, ob die Länder nicht doch noch mehr Militärgeräte in die Ukraine schicken können?

StS Hebestreit

Darauf könnte ich die gleiche Antwort geben, die ich Ihnen eben schon gegeben habe, nämlich: Mir ist nicht bekannt, dass irgendetwas zurückgehalten würde.

Die Herausforderung, vor der viele europäische Länder stehen, ist, überhaupt genug Rüstungsmaterial herzustellen oder aus eigenen Beständen loszueisen, um die Ukraine so stark wie möglich zu unterstützen. Sie kennen die Artilleriemunitionsinitiative, die insbesondere seitens Tschechiens im vergangenen Jahr aufgesetzt worden ist, um diesbezüglich für Versorgung zu sorgen. Sie wissen, dass wir, wie Sie auch auf unserer Homepage immer wieder nachlesen können, kontinuierlich Material zuführen. Es wird instand gesetzt. Da gibt es also nichts, was im Prinzip auf den Ladeflächen zur Abholung bereitsteht und abwartet, dass es nach Kyjiw oder in andere Gebiete der Ukraine verschafft wird.

Frage

Herr Hebestreit, ist Ihnen bekannt, ob es möglicherweise vor dem Amtswechsel in den USA am 20. Januar noch ein Treffen im Ramstein-Format geben wird? Gibt es Planungen dafür?

StS Hebestreit

Darüber habe ich keine Informationen. Das ist mir nicht bekannt, nein.

Zusatzfrage

Vielleicht das Verteidigungsministerium?

Jenning (BMVg)

Ich kann leider auch nichts ergänzen.

Frage

(zum Entwurf eines Steuerfortentwicklungsgesetzes) Herr Hebestreit, es gibt Berichte, wonach der FDP-Parteichef und der Fraktionschef einen Brief an die SPD-Spitze geschrieben haben, um genau das aufzunehmen, was Olaf Scholz bei der Ankündigung seiner Vertrauensfrage unter anderem gefordert hat, nämlich: Lasst uns gemeinsame Sache machen bei der kalten Progression, beim Kindergeld!

Hat dieser Brief, diese Zusage: "Wir gehen da womöglich mit, kommende Woche im Bundestag" Olaf Scholz schon erreicht? Rechnet er damit, dass diese beiden Punkte jetzt womöglich noch kommen? Gern auch das BMF dazu, weil Herr Kukies, meine ich, gesagt hat, dass er in diesem Jahr eigentlich nicht mehr mit steuerlichen Entscheidungen rechne.

StS Hebestreit

Mir ist ein solcher Brief nicht bekannt. Aber Sie haben ja gesagt, er sei an die SPD-Spitze gegangen. Ich habe in der Zeitung gelesen, dass auch die SPD-Spitze ihrerseits Briefe geschrieben habe. Insofern müssten Sie sich an die SPD wenden, um mehr Eindruck zu bekommen.

Dr. Kalwey (BMF)

Speziell zu dem Brief kann auch ich nichts sagen. Sie haben ja gesehen, dass der Minister noch einmal darauf hingewiesen hat, dass diese Regelungen essenziell und wichtig sind, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten und die Unternehmen zu stärken. Aber natürlich liegt das Verfahren jetzt in den Händen des Parlaments. Im ersten Schritt muss jetzt der Bundestag das Gesetz rasch beschließen, und dann ist der Bundesrat am Zug.

Frage

Frau Kalwey, können Sie sagen, wie das mit den Fristen ist? Der Minister hat gesagt, er glaube, das gehe in diesem Jahr nicht mehr. Ist keine Fristverkürzung beim Bundesrat möglich? Ist das bei Ihnen geprüft worden?

Dr. Kalwey (BMF)

Er hat darauf hingewiesen, dass die Zeit vergeht und knapp ist. Ich würde Sie bitten, sich bezüglich der Fristen an den Bundesrat zu wenden. Darüber habe ich jetzt keine Information.

Zusatzfrage

Das habe ich jetzt nicht ganz verstanden. Herr Kukies hat gesagt, es gehe nicht mehr. Er hat die Informationen anscheinend. Aber ich habe nicht ganz verstanden, warum eine Fristverkürzung beim Bundesrat, die wir ja durchaus schon hatten, in diesem Fall nicht möglich sein sollte. Wir haben ja Fälle gehabt, in denen ein Gesetz innerhalb von einer Woche beschlossen wurde.

Dr. Kalwey (BMF)

Das liegt grundsätzlich in den Händen des Parlaments und des Bundesrats. Ich schaue, ob ich Ihnen dazu noch etwas zu nachliefern kann.

Vorsitzender Wefers

Die Nachlieferung nehmen wir dann gern für die gesamte Runde.

Zusatzfrage

In welcher Form wird das denn gebilligt? Die FDP hatte gefordert, beide Punkte, kalte Progression und Kindergelderhöhungen, aus dem Steuerfortentwicklungsgesetz herauszutrennen. Würde diesen Weg auch das Finanzministerium gehen?

Dr. Kalwey (BMF)

Wie gesagt, ist das am Ende die Entscheidung des Parlaments. Es liegt jetzt nicht mehr bei uns in der Bundesregierung, sondern das Parlament berät gerade darüber. Das heißt, es ist Sache der Fraktionen.

Frage

Frau Kock, es gibt das Lagebild von BMI und BKA, was die Zahl derStraftaten gegen LSBTIQ*angeht. Im vergangenen Jahr ist deren Zahl stark angestiegen. Können Sie sagen, was die Ursachen dafür sind und wer die Täter vor allem sind?

Dr. Kock (BMI)

Dieses Lagebild haben wir heute veröffentlicht. Es ist ein Lagebild des BMI, das das BKA dankenswerterweise für uns erstellt hat. Die Zahlen sind die Fälle von Hasskriminalität aus dem Bereich Politisch motivierte Kriminalität. Das heißt, wir veröffentlichen damit keine neuen Zahlen, aber es ist ein etwas umfassenderes Lagebild, auch wenn Sie es mit anderen Lagebildern vergleichen, die das BKA veröffentlicht. In dem Lagebild geht es auch um die Ursachen für den starken Anstieg, den wir übrigens schon seit Jahren beobachten, also nicht nur im Vergleich zum vergangenen Jahr, sondern durchaus in den letzten zehn Jahren, wenn ich es richtig im Kopf habe. Ursachen finden Sie, wie gesagt, im Lagebild selbst genau beschrieben, auch Erklärungsansätze, teilweise aus dem Bereich der Vorurteilsforschung. Aber es hat sicherlich auch etwas mit dem gesellschaftlichen Klima zu tun.

Zusatzfrage

Dazu eine Nachfrage an Sie und auch ans BMFSFJ: Vor zwei Jahren wurde ein Aktionsplan "Queer leben" mit speziellen Maßnahmen beschlossen. Ist das ein Anzeichen dafür, dass er letztlich nichts bewirkt hat, oder wie muss man das einschätzen?

Dr. Kock (BMI)

Für den Aktionsplan ist tatsächlich meine Kollegin zuständig. Aber ich kann, bis der Platz gewechselt ist, noch ergänzen: Genau deshalb haben wir jetzt solch ein Lagebild erstellt, weil wir gesagt haben: Wir beobachten da etwas und wollen genauer hinschauen. - Es braucht ein genaues Lagebild darüber, wie es aussieht, wie sich etwas entwickelt, damit entsprechende Maßnahmen aufgegriffen werden können.

Sie finden in unserer Pressemitteilung auch den Hinweis auf die virtuelle Landkarte zu polizeilichen Präventionsangeboten. Das ist auch etwas sehr Neues, was sich jeder auf der Seite von ProPK anschauen kann und worüber er auch nah bei sich am Ort Angebote findet.

Treuer (BMFSFJ)

Wie Sie wissen, wurde die Umsetzung des Aktionsplans "Queer leben" in dieser Woche im Kabinett beschlossen. Die Ministerin hat sich dazu geäußert und gesagt, dass der Aktionsplan mehr als eine Agenda sei. Er sei ein Versprechen, Queerfeindlichkeit entschlossen entgegenzutreten und die Lebensrealität der queeren Menschen nachhaltig zu verbessern. Es zeigt sich schon, dass in den letzten zwei Jahren viel gemeinsam erreicht wurde. Zwei Drittel der Maßnahmen sind umgesetzt oder befinden sich in der Umsetzung, was ein wichtiger Schritt hin zu mehr Akzeptanz und auch Schutz für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in unserer Gesellschaft ist.

Zusatzfrage

Was sind denn die zwei Drittel der Maßnahmen, die umgesetzt worden sind? Können Sie das ein bisschen konkretisieren?

Treuer (BMFSFJ)

Ich kann Ihnen die 86 von den 134 Maßnahmen jetzt nicht genau nennen, die umgesetzt wurden. Aber dazu gehören zum Beispiel das Selbstbestimmungsgesetz und Schutzmaßnahmen für diese Gruppe von Menschen.

Frage

Herr Haufe, was plant der Bundeswirtschaftsministermomentan auf welchem Stand, was zum einen bezahlbare E-Autosund zum anderen Kaufanreize angeht?

Haufe (BMWK)

Der Minister hat immer wieder deutlich gemacht, dass der Hochlauf der Elektromobilität weiter unterstützt werden muss und dass es dazu weitere Maßnahmen braucht. Deswegen hat er ein Konzept erarbeiten lassen, um den Automobilstandort Deutschland und Europa gerade in Bezug auf die Elektromobilität zu stärken. Er hat darin verschiedene Vorschläge unterbreitet. Ich nehme an, Sie wollen diese Vorschläge, die wir auch bereits veröffentlicht haben, noch einmal hören.

Vorsitzende Wefers

Vielleicht können Sie es ein bisschen knapper halten.

Haufe (BMWK)

Ja, ich wollte sagen, ich kann jetzt nicht alle Vorschläge darlegen. Ich will nur kurz nennen, dass es unter anderem darum geht, den Kaufanreiz für E-Autos zu verstärken, indem der Minister zum Beispiel ein Ladestromguthaben von 1000 Euro für das Laden an öffentlich zugänglichen Ladesäulen vorschlägt. Er schlägt unter anderem auch vor, dass man den Gebrauchtwagenmarkt ankurbeln sollte, indem hier zum Beispiel ein Batteriecheck - es ist ja bei einem gebrauchten E-Auto immer das Entscheidende, in welchem Zustand die Batterie ist - entsprechend bezuschusst werden könnte. Er macht außerdem weitere Vorschläge zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Automobilbranche und hat verschiedene Unterstützungsmaßnahmen auch für die Dienstwagen- und Firmenflotten vorgeschlagen. Da gibt es ja auch schon Vorschläge hinsichtlich der steuerlichen Anreize, die vorhanden sind. Das will ich so nur ganz kurz umreißen. Es gibt noch mehr Punkte. Dazu ist auch ein Papier des Hauses bekannt.

Zusatzfrage

Herr Hebestreit, hat denn der Bundeswirtschaftsminister an dieser Stelle die Unterstützung des Bundeskanzlers für dieses Konzept und die konkreten Vorschläge?

StS Hebestreit

Herr Kollege, wir befinden uns ja kurz vor der Entscheidung über die Vertrauensfrage. Da gilt absolute Zurückhaltung der Regierung, was Pläne angeht, die dann stärker in den Wahlkampf hineinragen. Es ist mein Rat an alle, die jetzt als Wahlkämpfer unterwegs sind, sich dann auch an die jeweiligen Parteien zu wenden und dort nachzufragen. Da sind wir hier an dieser Stelle an ein starkes Neutralitätsgebot und ein noch stärkeres Neutralitätsgebot gebunden, als wir das als Regierungssprecher und -sprecherinnen ohnehin schon sind. Insoweit würde ich auch an dieser Stelle, wie ich das auch am Mittwoch getan habe, auf einen Vorschlag des Bundeskanzlers von Dienstag verweisen. Das ist, glaube ich, etwas, das jetzt in der Wahlkampfauseinandersetzung eine Rolle spielen wird, dort auch hingehört, dort auch erörtert werden sollte, aber nicht von der Regierungsbank aus.

Frage

Herr Hebestreit, ich muss doch noch einmal nachfragen, weil sich der Kanzler ja gestern in Deutschlandfunk Kultur für eine europäische Förderung von E-Autos ausgesprochen hat und Skepsis hat durchscheinen lassen, dass man eine Förderung auf nationaler Ebene jetzt angeht. Hat er das dann jetzt als Bundeskanzler gesagt oder schon als Wahlkämpfer? Wenn als Bundeskanzler, dann würde ich Ihnen jetzt die Frage stellen, ob er damit nicht doch dem Bundeswirtschaftsminister und möglichem Wahlkämpfer widersprochen hat.

StS Hebestreit

Ich glaube, die Einschätzung überlasse ich Ihnen, ob er ihm widersprochen hat. Ich habe versucht, deutlich zu machen, dass wir uns hier an dieser Stelle - das wird Sie in den nächsten Wochen und Monaten, zwei Monate lang, noch kräftig frustrieren - in solchen Beurteilungen absolut zurückhalten müssen. Das ist dann Ihr Job. Dann müssen Sie das bei den jeweiligen Kandidatinnen und Kandidaten - die haben auch ihrerseits Sprecherinnen und Sprecher - in Erfahrung bringen und ansonsten Ihrem klugen Urteilsvermögen vertrauen.

Zusatz

Aber wenn ich das kurz anmerken darf: Geäußert haben sich sowohl der Wirtschaftsminister, also Herr Habeck, als auch Herr Scholz als Wirtschaftsminister und als Kanzler, wenn ich das richtig sehe.

StS Hebestreit

Das kann man auch nicht voneinander trennen. Das sind ja nicht schizophrene Persönlichkeiten. Wir müssen uns hier allerdings als Sprecherinnen und Sprecher, die wir im Regierungssold stehen, sehr fein zurückhalten. Daran hat uns auch das Bundesverfassungsgericht vor einigen Jahren in einer Grundsatzentscheidung erinnert, und daran halten wir uns natürlich peinlichst genau. Das gilt für uns. Die Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer haben da andere Möglichkeiten.

Frage

Kennen Sie den Sprecher des Wahlkämpfers Scholz? Können wir mit dem sprechen?

StS Hebestreit

Ich weiß, wer - - - Sollte es am Montag so ausgehen, wie wir das hier unterstellt haben, dann kann ich Ihnen spätestens ab Anfang Januar sagen, wer das ist.

Zusatz

Das Konzept, um das es gerade ging, kam ja aus dem Haus des Bundeswirtschaftsministeriums. Dieses Haus gehört ja zur Regierung des Kanzlers. Dementsprechend ist es doch legitim, zu fragen, was er zu einem Papier, zu einem Vorschlag aus seiner Regierung sagt. Es ist zufälligerweise jetzt auch der Kanzlerkandidat der Grünen, klar, aber auch - - -

StS Hebestreit

Herr Kollege, es ist völlig legitim, alles hier zu fragen. Ich habe Ihnen ja gerade versucht, deutlich zu machen, welche Schwierigkeiten ich mir mit einer Antwort selbst bereiten würde, und ich habe versucht, mir meine Schwierigkeiten möglichst gering zu halten.

Frage

Herr Hebestreit, Sie haben uns am Anfang der PK erklärt, dass die Regierung noch voll geschäftsfähig ist.

StS Hebestreit

Ja.

Zusatzfrage

Das sollte dann ja auch für die Sprecherbank gelten, dass die momentan noch voll geschäftsfähig ist und antwortfähig ist. Bei einem Vorschlag bzw. bei einem Konzept aus dem Bundeswirtschaftsministerium möchte ich dann doch darum bitten, dass der Regierungssprecher, der für den Kanzler spricht, uns die Einschätzung des Kanzlers in seiner Rolle als Kanzler und nicht als Kanzlerkandidat - möglicherweise eines fernen Tages wieder - dann doch bitte mitteilt.

StS Hebestreit

Herr Kollege, Sie haben ja, glaube ich, einen juristischen Background. Insofern würde ich Sie an dieser Stelle auf das einschlägige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes verweisen und muss mich dann schweren Herzens auf Ihre Urteilskraft verlassen und mich darauf stützen, dass Sie das, was der Bundeskanzler gestern gesagt hat, und das, was der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz gesagt hat, selbst bewerten.

Frage

Es gibt ja selten Wut aus Schweden gegen Deutschland, aber jetzt gibt es sie wirklich. Es ging gestern um die Strompreise und Dunkelflaute, und es gibt ja auch hohe Strompreise in Deutschland gerade. Die schwedische Energieministerin Busch sagt, dass sie wütend auf die Deutschen sei, weil Deutschland ein gescheitertes Stromsystem habe. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf und zu dem Ton?

Zweitens sagt sie auch, dass Deutschland, indem man die Kernkraftwerke ausgeschaltet hat, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zerstört habe. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

StS Hebestreit

Ich glaube, zunächst einmal sollte man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Insofern tue ich das in diesem Fall auch nicht. Grundsätzlich ist es so, dass wir einen integrierten Energiemarkt in Europa haben.

Es gibt Phasen, in denen viel Sonne scheint, viel Wind weht, sehr kostengünstig Strom in Deutschland produziert wird, der dann auch gerne exportiert wird und unsere Nachbarländer mit Strom versorgt, und dann gibt es Phasen, in denen es genau anders herum ist und es, wie jetzt gerade gestern und vorgestern, die sogenannte Dunkelflaute gibt, in der wir vor allem aus dem Ausland Strom importieren, der dann an den Spotmärkten - das sind die, die sehr kurzfristig Strommengen kaufen wollen - auch sehr hohe Summen erfordert. Insofern ist das zum einen ein sehr vorübergehendes Phänomen. Wenn wir heute rausgucken, sehen wir: Die Sonne scheint. Das heißt auch, die Solaranlagen in Deutschland produzieren kräftig Strom.

Zum Zweiten ist es so, dass es Tage gibt, an denen man davon sehr profitiert, und es Tage gibt, an denen das teurer ist, wie jetzt gestern und vorgestern. Wir sind mitten im Umstieg unserer Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien.

Ich glaube, die Position der Bundesregierung ist eine deutlich andere als die der schwedischen Regierung, was die Nutzung von Atomkraft angeht. Darüber haben wir in Deutschland in den letzten 40 Jahren eine intensive Debatte geführt, und verschiedene Bundesregierungen auch verschiedener politischer Couleur haben mehrfach die Entscheidung getroffen, aus der Nutzung der Atomkraft auszusteigen. Bezüglich der Nutzung der letzten drei Atomkraftwerke, auf die jetzt, glaube ich, die Kollegin anspielt, haben wir ja die Restlaufzeit ausgereizt, sie dann noch ein letztes Mal um wenige Monate verlängert und dann entschieden, dass es weder wirtschaftlich ist noch angebracht ist, die Laufzeit abermals auszuweiten. Dazu gibt es jetzt einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss innerhalb des Deutschen Bundestags, der überprüft, ob alles an Argumenten so, wie es geliefert worden ist, richtig geliefert worden ist. Dessen Urteil können wir nicht vorgreifen. Aber richtig ist, dass die Energiewende in Deutschland voll unterwegs ist und wir im Jahr 2030 80 Prozent unserer dann größeren benötigten Strommenge aus erneuerbaren Energien produzieren können.

Parallel dazu läuft die Planung für die sogenannte Kraftwerksstrategie. Das heißt dann für Tage wie die der Dunkelflaute, dass wir dann nicht so sehr auf Exporte angewiesen sein müssen, sondern dass wir hier auch eigenen Strom produzieren können, zunächst einmal durch einige Gaskraftwerke, die dann irgendwann auf Wasserstoff umgestellt werden können. Auch dabei geht es also um eine klimaneutrale Variante.

Das sind jetzt im Augenblick die Zeiten, in denen es ab und zu zu solchen Spitzen kommt. Wichtig ist: Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet - man muss also keine Sorge haben, dass Strom nicht zur Verfügung steht -, und unsere Nachbarin - in dem Fall geht es um unsere Nachbarin, aber ansonsten um alle Nachbarländer - profitiert perspektivisch auch sehr von dieser deutschen Regelung.

Zusatzfrage

Können Sie die Wut verstehen?

Die zweite Zusatzfrage: Schweden fordert seit Langem diese Strompreisgebiete. Schweden ist ja aufgeteilt. Das sollte Deutschland eigentlich auch machen und macht es nicht. Schweden hat das seit Langem gewünscht. Wird das kommen, oder sagen Sie glatt Nein?

StS Hebestreit

Es gibt keine Planung dafür, dass wir das machen. Ich kenne den Wunsch, auch schon von früheren schwedischen Regierungen, die das auch schon sehr angeregt haben. Wir haben in Deutschland die Situation, dass wir unseren Strom aus erneuerbaren Energien vor allem im Norden produzieren und unsere Industrie vielfach im Süden ist. Im Augenblick sind wir dabei, die nötigen zusätzlichen Verbindungen zu schaffen, sprich, die Überlandleitungen zu bauen. Wenn das geschehen sein wird, wird auch das Problem ein geringeres sein.

Sie haben mich nach meinem Verständnis gefragt. Es ist Vorweihnachtszeit, ich habe für alles Verständnis.

Haufe (BMWK)

Ich würde dazu gerne noch etwas ergänzen. Die Strompreise in Schweden werden erst einmal hauptsächlich von inländischen Faktoren bestimmt, nicht von den Faktoren, die wir in Deutschland erleben, also die lokale Produktion, die Nachfrage, die Infrastruktur. Die Gestaltung der Gebotszonen haben Sie angesprochen. Es geht ja auch bei dem aktuellen Beispiel, auf das sich die Ministerin da bezieht, um eine recht kleine Gebotszone im Süden Schwedens mit recht wenig Kapazitäten. Die Preisgestaltung ist dort also auch stark an schwedische Ursachen gebunden.

Sie haben hier auch die Behauptung aufgeworfen, die Strompreise stiegen jetzt. Nein, so ein singuläres, recht selten vorkommendes Ereignis mit so hohen kurzzeitigen Strompreisen wirkt sich eben nicht auf die Gesamtstrompreissituation aus. Herr Hebestreit hat es gerade ausgeführt: Solche Dunkelflauten sind zeitlich sehr begrenzt. Es geht um bestimmte Stunden, in denen es dann zu höheren Strompreisen kommen kann.

Wenn Sie sich die Strompreissituation insgesamt in Deutschland anschauen, dann können Sie sehen, dass die Strompreise in den letzten Jahren gesunken sind. Gerade zwischen 2023 und 2024 sind die Strompreise gesunken. Es gibt eine aktuelle Strompreisanalyse. Wir liegen beim Industriestrompreis momentan bei etwa 17 Cent und bei den Verbraucherverträgen bei 30 Cent. Das sind zehn Cent weniger als im letzten Jahr.

Frage

Herr Haufe, die Kritik kommt allerdings ja nicht nur aus Schweden. Es gibt ja auch aus Norwegen starke Kritik. Insbesondere wird dann nämlich auch infrage gestellt, ob beispielsweise die Stromkonnektoren, die durch die Nordsee respektive von Schweden aus dann durch die Ostsee verlaufen, denn noch eine Zukunft haben sollten. Sehen Sie da eine Gefahr der Entsolidarisierung zwischen den starken nördlichen Ländern und Deutschland?

Haufe (BMWK)

Wir haben in der Europäischen Union ja eine Debatte darüber, wie das europäische Stromnetz insgesamt erweitert werden soll und erweitert werden muss. Diese Debatte ist sehr, sehr wichtig. Wie Herr Hebestreit auch gerade sagte, geht es ja um den weiteren Ausbau des Stromnetzes. Den betreiben wir ganz massiv, und in diese Richtung werden sich auch andere Länder bewegen bzw. tun das gerade. Insofern schauen wir sehr entspannt auf die Situation im europäischen Strommarkt. Es gibt einen europäischen Strommarkt. Der europäische Strommarkt ist einer der großen Sicherheitsringe der deutschen Stromversorgung. Wir haben selbst ein großes Sicherheitsnetz für Kraftwerke, wenn es bei einer Energiequelle eben etwas geringere Stromproduktion gibt. Die Versorgungssicherheit, wie gesagt, steht dann gar nicht infrage, und der zukünftige Netzausbau wird diese noch verstärken und auch weiter garantieren.

Zusatzfrage

Hat denn Ihr Haus Kontakt zu den Kollegen in Schweden und Norwegen aufgenommen?

Haufe (BMWK)

Nächste Woche wird der EU-Energierat stattfinden, und deswegen gibt es immer gute Kontakte, auch mit der schwedischen Regierung.

Frage

Es geht noch einmal um eine Frage an das Innenministerium, um die zehn kolumbianischen Pflegekräfte, die von der Abschiebung bedroht sind, um das Haus Wilstedt. Dazu hat es am Mittwoch einen Termin im Innenministerium gegeben. Teilgenommen haben Staatssekretär Krösser, Ihr Kollege Dr. Ata und die Initiative, die sich insbesondere für ein Bleiberecht einsetzt. Was ist denn der Initiative bzw. der Heimleitung als mögliche Lösungsvorschläge in diesem Gespräch von Herrn Krösser genannt worden?

Dr. Kock (BMI)

Das müsste ich nachreichen. Ich bemühe mich, das noch während der laufenden Pressekonferenz zu machen.

Frage

Herr Hebestreit, die Partei, der auch der Bundeskanzler angehört, möchte sozusagen mit einem "Dreifach-Wumms" in Sachen Reform der Schuldenbremsein den Wahlkampf ziehen. In welcher Weise ist der Bundeskanzler, der ja auch als ehemaliger Finanzminister über erhebliche Expertise verfügt, in die Erstellung dieser Schwerpunkte eingebunden gewesen?

StS Hebestreit

Ich habe so ein bisschen ein Déjà-vu-Erlebnis, aber ich versuche es doch noch einmal: Zu parteipolitischen Initiativen, Parteiprogrammen und Ähnlichem kann ich mich hier nicht inhaltlich äußern. Ich kann aber den alten Hans-Meyer-Spruch aufsagen: Gehen Sie einmal davon aus, dass der Kanzlerkandidat der SPD genauso wie der Kanzlerkandidat der Grünen in seinem Fall oder womöglich auch der Kanzlerkandidat der Union in die Erstellung der Wahlprogramme, für die sie antreten, eingebunden gewesen sein werden.

Zusatz

Ja, das ist doch eine Antwort. Vielen Dank.

Frage

Ich habe eine Frage an das Wirtschaftsministerium. Herr Kukies heute in einem Interview vorgeschlagen, dass man die nächste Stufe der Nachhaltigkeitsberichtspflichten, die jetzt für 13 000 Unternehmen eingeführt werden sollte, für zwei Jahre aussetzen sollte, also nicht einführt, damit man sich dann Gedanken darüber macht, ob man nicht Berichtspflichten in diesem Bereich generell ein bisschen aneinander angleichen kann, um die Firmen zu entlasten. Ich hätte ganz gerne gewusst, was Ihr Minister von dieser Idee hält, ob er das unterstützt oder nicht.

Haufe (BMWK)

Ich kann nur auf das verweisen, was der Minister immer wieder gesagt hat, nämlich dass es wichtig ist, die Berichtspflichten insgesamt so zu gestalten, dass sie für die Unternehmen leichter handhabbar sind, dass keine unnötigen, zusätzlichen, übertriebenen Berichtspflichten entstehen. Er hat ja nun in den letzten Monaten immer wieder deutlich gemacht, dass er bereit ist, da einige Schritte zu unternehmen, um Unternehmen auch von Berichtspflichten in verschiedener Form zu entlasten oder eben auch zu entbinden. Ich kann mich aber zu diesem Vorschlag, den Sie jetzt gerade ansprechen, nicht direkt äußern.

Zusatzfrage

Könnten Sie das vielleicht nachreichen?

Haufe (BMWK)

Schauen wir einmal!

Zusatz

Na ja, das wäre ja ganz gut. Ihr Ministerium ist das federführende, was das angeht, und jetzt gibt es einen Vorschlag.

Haufe (BMWK)

Wir waren jetzt ja gerade beim Thema der Wahl, und die besonderen Umstände berücksichtigen wir dabei.

Zusatzfrage

Frau Jenning, ich hätte Sie ganz gerne zum Thema Syriengefragt, ob Sie noch einmal die Äußerung des Ministers erklären könnten, dass auch Deutschland einen Beitrag leisten müsse - das ist ja eine ähnliche Debatte wie in der Ukraine - für eine zukünftige Stabilität bzw. Sicherung Syriens. Ist damit auch gemeint, dass man möglicherweise nicht nur Bundeswehrsoldaten in Jordanien und im Irak stationiert hat, wie im Moment, sondern möglicherweise auch in Syrien stationiert?

Jenning (BMVg)

Der Minister war ja in den vergangenen zwei Tagen in der Region Libanon und Irak unterwegs, und wie Sie eben schon selbst angekündigt haben, hat er sich sehr umfassend in den letzten beiden Tagen zu dieser Thematik geäußert. Ganz allgemein können wir hier an dieser Stelle oder kann ich Ihnen an dieser Stelle sagen, dass es natürlich darum ging, sich dort ein Lagebild zu machen. Er hat dort Eindrücke gesammelt. Jetzt gilt es, die Lage entsprechend zu beobachten und dann zu schauen - natürlich auch in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern -, wie wir damit umgehen und wie dann das angesprochene Engagement aussieht.

Zusatzfrage

Aber Konkretes können Sie dazu noch nicht sagen?

Jenning (BMVg)

Ich habe den Äußerungen des Ministers da insofern nichts hinzuzufügen. Aber ich habe gesehen, dass das Auswärtige Amt zuckt.

Wagner (AA)

Ja, ich kann vielleicht noch einmal etwas ergänzen, Herr Kollege, weil Ihre Fragestellung ja so ein bisschen insinuiert, ob das jetzt eine Frage ist, die sich jetzt stellt. Die stellt sich natürlich jetzt im Moment noch nicht. Sie wissen ja, dass es im Moment darum geht, angesichts der wirklich noch vollkommen unklaren Lage in Syrien dafür zu sorgen, dass wir in einen politischen Übergangsprozess kommen. Dazu laufen ja die Gespräche. Dazu gibt es morgen ja auch ein Treffen in Jordanien. Dazu nutzen wir jetzt auch alle Kanäle, die wir aufbauen können. Es gibt einen UN-Sondergesandten, der ja auch in den letzten Tagen sehr umfangreich dazu Stellung genommen hat. Jetzt geht es eben darum, in enger Abstimmung mit unseren internationalen Partnern und vor allen Dingen mit den Partnern in der Region, weil natürlich den arabischen Nachbarstaaten von Syrien dabei auch eine wichtige Rolle zukommt, zu schauen, dass wir diesen Transitionsprozess so gut wie möglich auf den Weg bekommen. Es ist ja noch vollkommen offen, wie sich das entwickelt. Wir sehen, dass die neuen starken Kräfte - ich blicke dabei natürlich vor allen Dingen auf HTS - sozusagen Signale senden, mit vielerlei Gruppierungen in Syrien im Gespräch sind und offensichtlich probieren, das in eine geordnete Bahn zu lenken. Aber wie das am Ende ausgeht, ist noch vollkommen offen.

Frage

Herr Wagner, Sie haben die verschiedenen Gruppen ja schon angesprochen. Es herrscht ja immer noch Krieg vor Ort. Der türkische Präsident, also ein Alliierter der Bundesregierung, hat angekündigt, dass er, Zitat, vorbeugende Maßnahmen gegen alle Terrororganisationen ergreifen werde, die in Syrien operieren. Dabei geht es neben IS um die syrischen Kurdenmilizen. Wie bewertet die Bundesregierung diese Ankündigung?

Wagner (AA)

Vielleicht einmal das aufgreifend, was Sie zum IS gesagt haben: Es stimmt, der IS ist in Syrien noch nicht besiegt und operiert auch weiter. Insofern ist dieser Aspekt, wie wir mit Terrorismus in Syrien umgehen, wie wir vielleicht auch mit einem Vakuum umgehen, das da in bestimmten Zonen entsteht und dann sozusagen wieder Operationsgebiet auch für terroristisch-dschihadistische Gruppierungen werden kann, eine der wichtigen Fragen, um die es natürlich jetzt auch geht.

Zu der Lage in den Kurdengebieten: Es ist natürlich so, dass wir jetzt erst einmal begrüßen - das ist ja offensichtlich -, dass es einen Abschluss eines Waffenstillstands, eine Einstellung von Kampfhandlungen gab, der verabredet worden ist, der allerdings offensichtlich - man braucht sich sozusagen nur die Nachrichtenlage anzuschauen - zum Teil auch noch sehr brüchig ist. Ich glaube also, wichtig ist, dass wir dort jetzt zu einer Umsetzung kommen und dieser Waffenstillstand respektiert wird.

Klar ist ja, und das haben wir ja auch hier sehr klar gesagt, und die Außenministerin hat das in ihrem Acht-Punkte-Plan betont: Es muss natürlich der Schutz von Minderheiten und von ethnischen Gruppierungen in Syrien ganz oben auf der Agenda stehen. Wir müssen dafür sorgen, dass sich ausländische Akteure, und dazu gehört eben auch die Türkei, die da ja in der Vergangenheit Sicherheitsinteressen geltend gemacht hat, jetzt in Syrien zurückhalten und diesen innersyrischen Prozess nicht torpedieren.

Zusatzfrage

Aber ich wollte einmal zurück zu meiner Frage kommen. Die Türken sagen ja: Wir greifen diese syrischen Kurden an, die YPG, weil wir sie als Terrororganisation kennzeichnen und wahrnehmen. - Ist das die Wahrnehmung der Bundesregierung? Ist die YPG für die Bundesregierung Alliierter wie für die USA? Die USA schützt ja die YPG. Wie ist die Haltung der Bundesregierung?

Wagner (AA)

Herr Kollege, ich habe nicht den Eindruck, dass ich eben unklar war in dem, was ich gesagt habe. Es ist doch vollkommen klar, dass es jetzt darum gehen muss, dass ausländischer Einfluss auf die Prozesse in Syrien abnimmt und die dortige Entwicklung nicht torpediert. Wir sehen die Meldungen über türkische Bombardierungen in diesen Gebieten. Sie wissen, und dazu hatten wir auch in der Vergangenheit eine Haltung: Die Türkei macht da Sicherheitsinteressen geltend. Wir stehen mit der Türkei in einem engen Austausch, und Sie können davon ausgehen, dass diese Botschaft der Zurückhaltung, die ich ja jetzt auch hier formuliert habe, natürlich auch an die türkische Regierung direkt adressiert wird.

Frage

Herr Wagner, nachdem es heute Morgen im Deutschlandfunk noch nicht klar war: Ist nun klar, dass Herr Lindner nach Jordanien fährt?

Wagner (AA)

Nach jetzigem Stand wird morgen an dem Treffen in Jordanien für die EU Kaja Kallas, die Hohe Vertreterin der Europäischen Union in außen- und sicherheitspolitischen Fragen, teilnehmen. Sie wissen, dass Frau Kallas ja gestern auch bei dem Treffen verschiedener Außenminister aus der EU mit der Außenministerin hier in Berlin war. Dort war das auch ein Thema. Insofern wird uns Frau Kallas dort vertreten.

Weil Sie den Sonderkoordinator angesprochen haben: Der führt jetzt natürlich auch Gespräche. Auch wir schauen natürlich, dass wir die Kanäle, die wir ja haben, sowohl zu syrischen Akteuren als aber eben auch zu den Partnern in der Region, nutzen. Da gab es ja in der letzten Woche schon Gespräche, und da wird es auch in der nächsten Woche Gespräche geben.

Zusatzfrage

Weil Sie wie immer sehr diplomatisch geantwortet haben: War die Antwort also, dass er nicht hinfährt?

Wagner (AA)

Das haben Sie so richtig verstanden.

Frage

Herr Wagner, ich wollte noch einmal fragen, ob Sie uns vielleicht eine erste politische Einschätzung geben können, auch wenn es noch kein abschließendes Urteil ist, über das, was HTS bisher gemacht hat. Wenn ich das richtig sehe, ist ja unter anderem die syrische Verfassung ausgesetzt worden. Gehen die ersten Schritte, die diese Rebellengruppe geht, die ja da doch vorherrschend zu sein scheint, eigentlich Ihrer Meinung nach in die richtige Richtung, oder wie groß sind Ihre Sorgen, dass die jetzt schon in eine Richtung abbiegen, die Ihnen möglicherweise zu radikal ist?

Wagner (AA)

Na ja, ich hoffe, dass eben zum Ausdruck gekommen ist, dass wir natürlich große Hoffnung haben, aber eben auch große Sorgen. Wir schauen uns jetzt sehr genau an, was vor Ort passiert. Sie haben zu Recht gesagt, dass ja ein Premierminister einer neuen Übergangsregierung eingesetzt worden ist, dass sozusagen in verschiedenen Provinzen auch Offizielle eingesetzt worden sind, dass da jetzt Gespräche geführt werden. Wir werden HTS an ihren Taten messen. Wir haben nicht vergessen, wo die herkommen. Sie haben einen dschihadistischen Background. Wir sehen aber natürlich auch die Signale, die sie jetzt mit Blick auf den Schutz von Minderheiten und ethnischen, religiösen Minderheiten setzen. Wir haben ja auch sehr deutlich gesagt: Das muss jetzt natürlich ein ganz wichtiger Aspekt in der Gestaltung des Übergangsprozesses sein. Insofern - lange Antwort, kurzer Sinn - messen wir HTS an den Taten, und wir werden natürlich sehr genau darauf schauen, wie Sie diesen Prozess jetzt gestalten.

Frage

Herr Wagner, können Sie sagen, auf welcher Ebene sich die Kontakte des Auswärtigen Amtes zur HTS bewegen?

Wagner (AA)

Sie wissen ja, dass es zur HTS - das betrifft nicht nur uns, sondern das betrifft auch viele andere Partner, weil es ja Sanktionen gegen HTS bzw. eine Terrorlistung dieser Gruppe gibt - vorher keine Kontakte gibt. Sie wissen aber auch - das hat mein Kollege, glaube ich, hier am Mittwoch auch schon gesagt -, dass wir jetzt natürlich schauen, in welcher Form und auf welche Art und Weise wir da Kanäle herstellen können. Dazu habe ich hier heute noch nichts mitzuteilen.

Frage

(zum Nahostkonflikt) Herr Wagner, der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan hat sich nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten dahingehend geäußert, dass es noch in diesem Monat zu einem Gaza-Deal kommen könnte, also dass Israel bereit wäre für einen solchen Deal. Sehen Sie da ähnliche Anzeichen?

Wagner (AA)

Das wäre eine sehr gute Nachricht, Herr Towfigh Nia. Wir unterstützen natürlich die intensiven Bemühungen unserer Partner; das sind die Amerikaner mit Jake Sullivan, das sind natürlich auch Katar und Ägypten. Insofern können wir nur hoffen, dass das tatsächlich auf den Weg kommt; denn es ist vollkommen klar, dass es diesen Waffenstillstand für Gaza braucht.

Zusatzfrage

Noch einmal meine Frage: Sehen Sie in Ihren Gesprächen Anzeichen dafür? Israel ist ja auch Ihr Alliierter. Sehen Sie diese Anzeichen?

Wagner (AA)

Herr Towfigh Nia, wir sind ja nicht Teil dieser direkten Gespräche, die dort stattfinden. Insofern wäre es, glaube, vermessen, wenn ich hier von diesem Podium aus eine Einschätzung dazu träfe. Wir hören aber - und in der Tat führen wir auch Gespräche mit Partnern in der Region - sozusagen die Geräusche, die da gemacht werden. Wenn es zu einer solchen Entwicklung käme, dann würden wir das natürlich sehr begrüßen. Es braucht diesen Waffenstillstand.

Frage

Herr Wagner, ich habe in der gestrigen Erklärung der Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Polens, Spaniens, der UK und des Hohen Vertreters nichts zu Gaza gefunden. War das kein Thema?

Wagner (AA)

Das gestrige Treffen war ja ursprünglich in dem Berlin-Format angesetzt, es sollte also vor allen Dingen um das Thema Ukraine gehen. Der ukrainische Außenminister war auch Teil dieses Formats und Teil der Gespräche. Aufgrund der Entwicklung in Syrien ging es dann auch noch zu einem Teil um die Lage in Syrien.

Weil es vielleicht Hintergrund Ihrer Frage ist, ob wir jetzt Gaza und den Nahostkonflikt vergessen: Das ist natürlich mitnichten der Fall, das hat für uns weiterhin eine hohe Priorität. Die Außenministerin hat sich kürzlich mit ihren britischen und französischen Amtskollegen noch einmal zur humanitären Lage in Gaza an den israelischen Amtskollegen gewandt. Die Sondergesandte des Auswärtigen Amtes für humanitäre Hilfe für Gaza war erst letzte Woche wieder in der Region. Wir messen der Situation in Gaza also weiterhin hohe Priorität zu.

Zusatz

Es gab ja auch Reaktionen aus anderen Teilen der Welt, die sich wundern, wenn europäische Vertreter sich zu Völkerrecht und der UN-Charta äußern, aber dann nichts zu Gaza sagen.

Wagner (AA)

Naja, also - - -

Zusatzfrage

Es gab in der letzten Zeit kein Statement dieser Vertreter zu Gaza, oder?

Wagner (AA)

Wir äußern uns permanent zur Lage in Gaza und zum Nahostkonflikt. Aber noch einmal: Das gestrige Treffen im Berlin-Format war ja explizit ein Treffen, das zur Ukraine und zur Lage in der Ukraine angesetzt war. Sie kennen das vielleicht auch von G7-Außenministertreffen: Dort gibt es dann Erklärungen, in denen im Grunde viele Themen adressiert werden. Gestern ging es aber wirklich sehr spezifisch um die Ukraine, und aufgrund der aktuellen, akuten Lage mit Blick auf die Transition in Syrien ging es dann auch um Syrien. Aber noch einmal: Es ist mitnichten so, dass wir der Lage in Gaza und in Nahost nicht die notwendige Aufmerksamkeit zumessen.

Dr. Kock (BMI)

(zur geplanten Abschiebung kolumbianischer Pflegekräfte) Ich kann Ihnen gerne etwas nachliefern: Das Treffen fand in der Tat am Mittwoch statt, und ich kann sagen, dass wir die Situation für alle Betroffenen sehr gut verstehen: für die gepflegten Menschen, für ihre Angehörigen, für die Heimbetreiber wie selbstverständlich auch für die im Pflegeheim tätigen Menschen aus Kolumbien, deren Asylanträge abgelehnt wurden und die damit ausreisepflichtig werden. Der Austausch über diese Situation am Mittwoch war geprägt von einer offenen Diskussion über die aktuelle Rechtslage, ihre Wirkung und die Bedeutung für die Betroffenen. Und darüber hinaus war sie auch geprägt von einer Erörterung allgemeiner Hintergründe zum aktuellen Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie der Frage, wie man den Bedarf an Menschen, die gerade in Pflegebereichen bereit sind zu arbeiten, gerecht werden kann. Für den konkreten Einzelfall, um den es jetzt geht und zu dem auch das Treffen stattfand, wurden die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen und Bedingungen erörtert. Wir haben allerdings keine Zuständigkeit für den Einzelfall, und so leid uns das tut: Zuständig sind die Ausländerbehörden vor Ort.

Gleichzeitig ist völlig klar, dass der Bedarf nach Arbeits- und Fachkräften insbesondere im Gesundheitssektor und gerade auch in Pflegeheimen weiterhin hoch ist. Deshalb hat die Bundesregierung das Fachkräfteeinwanderungsgesetz umfassend reformiert und für eine schnellere und einfachere Einwanderung von Arbeits- und Fachkräften gesorgt. Wir haben zusätzlich eine Migrationskooperation mit Kolumbien vereinbart, die ebenfalls diesem Ziel dient. Diese Kooperationsvereinbarung soll dazu beitragen, dass Menschen aus Kolumbien nicht den Asylweg wählen, wie das hier wohl der Fall war, der bei einer Schutzquote von unter einem Prozent keine Aussicht auf Erfolg bietet. Wir zielen vielmehr darauf ab, dass sie die vorhandenen legalen Wege nach Deutschland nutzen. Deutschland ist hier, wie Kolumbien auch, daran interessiert, dass Menschen den legalen Weg nutzen, um in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Aufgrund des Arbeitskräftebedarfs in Deutschland sehen wir dafür auch sehr gute Möglichkeiten hier bei uns.

Frage

An das Verkehrsministerium: Sonntag wird bekanntlich die Riedbahneröffnet. Welche Erwartungen hat das Verkehrsministerium nach Abschluss der Generalsanierung, vor allen Dingen in punkto Verspätungszeiten bei der Deutschen Bahn?

Alexandrin (BMDV)

Vielen Dank für die Frage und die Gelegenheit, noch einmal hervorzuheben, welch große Leistung hier innerhalb von kürzester Zeit erbracht wurde: Insgesamt wurde dort eine Bauleistung von 1,3 Milliarden Euro in fünf Monaten verbaut. Zum Vergleich: Das ist ein Volumen, für das man mit der herkömmlichen Bauweise bisher acht Jahre gebraucht hat. Man sieht daran, was dort vollbracht wurde und dass sich hier doch eine Menge getan hat.

Was erwarten wir davon? - Zum einen muss man sich die lokale Ebene angucken: Die Riedbahn ist ein Nadelöhr im deutschen Schienennetz, das im Nahverkehr große Auswirkungen hat. Das heißt, alles was Nahverkehr ist, wird dort wesentlich zuverlässiger fahren, als das vorher der Fall war. Vorher gab es täglich mehrere Störungen auf der Strecke, die sich immer ausgewirkt haben. Die Sanierung hat aber eben nicht nur eine regionale Auswirkung: Auch jeder siebte Fernverkehrszug musste durch diesen Korridor, und insofern wird die Auswirkung auch deutschlandweit zu spüren sein.

Es gibt noch eine zweite Implikation: Diese Baustelle war ein bisschen die Blaupause für alles, was jetzt noch kommt. Man sieht hier eben, was mit diesem neuen Baukonzept möglich ist. Natürlich unterscheiden sich die Korridore, deren Sanierung ansteht, deutlich voneinander; aber das Konzept hat eben funktioniert. Warum kann man da zuversichtlich sein? - Weil eben die Riedbahn auch in ihrer Komplexität eine der anspruchsvollsten Baustellen war, die zu bewältigen sind - mit sehr viel Verflechtung im Verkehr, mit sehr viel Nahverkehr, mit sehr viel Ersatzverkehr, der da organisiert werden musste. Das lief alles sehr, sehr gut ab, sodass wir auch zuversichtlich auf die nun anstehenden Sanierungen blicken.

Zusatzfrage

Werden die 150 Busse, die Sie angeschafft haben, jetzt zur Strecke Emmerich-Oberhausen verbracht, oder wohin kommen die?

Alexandrin (BMDV)

Wie Sie wissen, wird für jede Sanierung auch der Ersatzverkehr ausgeschrieben. Sie wissen aber auch, dass in Deutschland kein Überfluss an Nahverkehrsbussen herrscht. Insofern werden diese Busse jetzt bedarfsgerecht dort eingesetzt, wo sie innerhalb des Systems Bahn eingesetzt werden können. Es gibt da einen sehr, sehr hohen Bedarf, sodass hier sicherlich kein Überfluss herrscht. Zum Beispiel für die anstehende Korridorsanierung Hamburg-Berlin hat ein anderer Wettbewerber den Zuschlag erteilt bekommen, aber das heißt, wie gesagt, nicht, dass die Busse jetzt herumstehen; vielmehr werden die dann eben woanders eingesetzt.

Frage

An das Verteidigungsministerium und das Innenministerium: Der "SPIEGEL" berichtet, dass es Anfang Dezember Drohnenüberflüge über die US-Basis in Rammsteinund auch einige andere Anlagen gegeben haben soll. Können Sie das bestätigen oder uns irgendetwas dazu sagen?

Jenning (BMVg)

Mir liegen dazu gerade keine Informationen vor. Wenn ich gleich aus dem Backoffice noch etwas bekommen sollte, dann gebe ich ein Zeichen; gerade kann ich dazu aber nichts sagen.

Dr. Kock (BMI)

Mir liegen keine Informationen vor, die ich hier mit Ihnen teilen könnte.

Frage

(zur Armut in Deutschland) Ich weiß nicht genau, in welche Richtung meine Frage geht, und ich weiß, dass es gegen Ende der Legislaturperiode immer ein bisschen schwierig ist, aber zum einen haben die Tafeln noch einmal massiv Alarm geschlagen, dass sie deutlich rationieren müssen, weil zu viele Menschen bei Ihnen vor der Tür stehen. Gleichzeitig gab es heute eine Studie, die zeigt, wie sehr das Wohnen mittlerweile die Menschen arm macht. Die Frage, was tun Sie dagegen in der aktuellen Situation, ist jetzt wahrscheinlich schwer zu beantworten. Dennoch, die Situation ist ja nicht erst seit heute so. Inwiefern hat die Bundesregierung das auf dem Schirm? Warum ist so wenig passiert, dass es weiterhin immer dramatischer wird?

Vorsitzende Wefers

Wen wollten Sie dazu befragen?

Zusatz

Jeden, der sich bemüßigt fühlt. - Kann das BMAS etwas dazu sagen?

Mühlhausen (BMAS)

Ich kann gerne ein paar Sätze dazu sagen. - Wir haben in der zurückliegenden Legislaturperiode einiges getan, um das Existenzminimum der Menschen deutlich abzusichern. Wie Sie wissen, gibt es eine Regelbedarfsermittlung zum Bürgergeld, und die ist in den entsprechenden Jahren auch entsprechend hoch ausgefallen. Wir setzen vor allem alles daran, Menschen, die Bürgergeld beziehen, in Arbeit zu bringen; denn was am besten schützt, ist, in Arbeit zu sein. Dafür haben wir die Qualifizierung und Weiterbildung stark ausgebaut. Zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen haben eben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Genau da setzen wir an. Es geht hier auch um den Drehtüreffekt, also darum, dass Menschen schnell in Arbeit kommen und genauso schnell wieder rauskommen.

Klar ist aber auch, dass wir mit dem Bürgergeld die Sicherheit haben, dass Menschen ein Existenzminimum zukommt, mit dem sie auch auskommen können. Damit haben wir auch die Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die lange anhängig waren, umgesetzt. Insofern ist in dieser Richtung viel passiert. Auch die Anhebung des Mindestlohns ist als ein Beispiel zu nennen. Das kann ich jetzt an dieser Stelle sagen. - Zum Thema Wohnen müsste dann das Bauministerium etwas sagen.

Zusatzfrage

Wie erklären Sie sich dann, dass die Zahlen bei den Tafeln trotzdem immer weiter ansteigen und die Situation dort immer dramatischer wird?

Mühlhausen (BMAS)

Wir haben das heute zur Kenntnis genommen. Vollkommen klar ist, dass die Tafeln eine wichtige Arbeit leisten und eine wichtige Rolle übernehmen. Für uns als Bundesregierung ist aber wichtig zu betonen, dass wir durch die Regelbedarfsermittlungen und durch die Höhe der Regelbedarfe sicherstellen, dass Menschen sich auch ausreichend Lebensmittel kaufen können.

Totz (BMWSB)

Für das Bauministerium kann ich noch ergänzen, dass wir die Studie natürlich auch zur Kenntnis genommen haben. Die Mietkosten sind für viele Menschen zu hoch. Das zeigt eben, dass etwas passieren muss. Da kann ich drei Dinge nennen:

Zum einen sieht man daran, wie wichtig die Mietpreisbremse ist, die letzten Mittwoch im Kabinett beschlossen wurde.

Des Weiteren haben wir Anfang 2023 eine historische Reform des Wohngeldes vorgenommen, um Menschen, die wenig verdienen, oder Rentnerinnen und Rentner bei den Mieten zu unterstützen. Da wird es zum 1. Januar 2025 auch eine Erhöhung um durchschnittlich 15 Prozent geben.

Mittelfristig muss man natürlich schauen, dass man mehr bezahlbaren Wohnraum schafft. Deshalb haben wir den sozialen Wohnungsbau massiv ausgeweitet. Bis 2028 sind da Mittel von 21 Milliarden Euro vom Bund geplant, die von den Ländern noch kofinanziert werden. Wir haben eine neue Wohngemeinnützigkeit, die am 1. Januar 2025 startet, und wir haben im Oktober ein neues Förderprogramm für klimafreundlichen Neubau im mittleren und niedrigen Preissegment auf den Weg gebracht.

Haufe (BMWK)

Herr Kollege, Sie hatten um eine Nachlieferung hinsichtlich der Vorschläge zur Erleichterung von Berichtspflichten für Unternehmengebeten. Es gibt mehrere Vorschläge, die bereits in der Ressortabstimmung sind und die zum Beispiel das Lieferkettengesetz betreffen. Ich will aber noch einmal darauf hinweisen, dass die Federführung für das Lieferkettengesetz und für dieses Vorhaben beim Bundesarbeitsministerium liegt.

Sie haben speziell die Nachhaltigkeitsberichterstattung angesprochen. Ich vermute, Sie beziehen sich da auf die CSRD-Richtlinie. Die Zuständigkeit dafür liegt beim BMJ.

Aber wie gesagt, es gibt eine laufende Ressortabstimmung; insofern kommentieren wir auch keine Vorschläge.

Frage

Kann das BMJ etwas dazu sagen?

Beckfeld (BMJ)

Ich kann dazu ergänzen, dass das Bundesministerium der Justiz den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie veröffentlicht hat. Dieser Gesetzesentwurf ist vom Kabinett auch beschlossen worden und befindet sich nunmehr im parlamentarischen Verfahren. Insofern liegt die Verfahrenshoheit gerade beim Parlament.