Bundesland Schleswig-Holstein

07/03/2024 | Press release | Distributed by Public on 07/03/2024 02:05

Erste Klimakonferenz des Landes sichert breite öffentliche Beteiligung am Klimaschutzprogramm 2030 - „Bürgerforum Klima“ überreicht ambitionierte Empfehlungen

NEUMÜNSTER. Auf der ersten Klimakonferenz des Landes Schleswig-Holstein in Neumünster beraten heute (3. Juli) rund 100 Expertinnen und Experten aus Forschung, Wissenschaft, Verbänden und Verwaltung den Entwurf des Klimaschutzprogramms 2030 und geben Änderungsvorschläge ab. Ziel der Fachveranstaltung ist es, eine breite öffentliche Beteiligung am Klimaschutzprogramm sicherzustellen, damit die Landesregierung ebenso wirksame wie gesellschaftlich möglichst breit getragene Klimaschutzmaßnahmen für das finale Klimaschutzprogramm erarbeiten kann. Dieses soll Ende des Jahres veröffentlicht werden.

Ministerpräsident Daniel Günther eröffnete die Klimakonferenz: "Wir sind Vorreiter bei der Energiewende und bei der klimaneutralen Transformation. Klimaschutz ist aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die öffentliche Beteiligung am Klimaschutzprogramm war und ist uns als Landesregierung ein großes Anliegen", sagte er. Der Regierungschef bedankte sich bei den Frauen und Männern, die im Bürgerforum Klimaschutz Empfehlungen erarbeitet hatten, für ihr Engagement: "Ihre konstruktive Arbeit ist ein gutes Vorbild dafür, wie wir trotz unterschiedlicher Standpunkte zueinander finden und Kompromisse schließen können. Wenn wir so die anstehende Transformation gemeinsam anpacken, werden wir unsere Ziele beim Klimaschutz erreichen und die Chancen des klimaneutralen Zeitalters in Schleswig-Holstein ergreifen", so Günther.

Klimaschutzminister Tobias Goldschmidt: "Von der Klimakonferenz nehmen wir viele wertvolle Anregungen für die Ausgestaltung des Klimaschutzprogramms mit. Unser Ziel ist es, Schleswig-Holstein zum ersten klimaneutralen Industrieland zu machen. Wir wissen, dass das viel Kraft kosten wird. Es ist gut zu sehen, dass viele Akteure daran hochmotiviert mitwirken wollen."

Bürgerforum Klima überreicht ambitionierte Ergebnisse

Auf der Klimakonferenz wurden auch die Empfehlungen des "Bürgerforum Klima" an Ministerpräsident Günther und Umweltminister Goldschmidt übergeben. Dieses hatte die Landesregierung unter Federführung des Umweltministeriums im März ins Leben gerufen: 3.000 Bürgerinnen und Bürger wurden dafür angeschrieben und im Rahmen eines zufallsbasierten Auswahlprozesses ermittelt. Ziel ist es, hinsichtlich Alter, Geschlecht, Wohnortgröße und Bildungsabschluss eine größtmögliche Vielfalt aus ganz Schleswig-Holstein an der Diskussion zu beteiligen und anzuhören.

Aus 3.000 zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern aus allen Kreisen und kreisfreien Städten Schleswig-Holsteins wurden schließlich 49 Menschen nach den Kriterien Alter, Geschlecht, Wohnortgröße und Bildungsabschluss für das Bürgerforum ausgewählt, um ein möglichst repräsentatives Abbild der Gesellschaft zu gewährleisten. Die Teilnehmenden des Bürgerforums diskutierten sechs Wochen lang über Aspekte des Klimaschutzprogramms und erarbeiteten in einem demokratischen Prozess eigene Vorschläge für Klimaschutzmaßnahmen.

"Das Bürgerforum Klima hat uns sehr ambitionierte Forderungen übergeben - von Müdigkeit beim Thema Klimaschutz keine Spur. Die Empfehlungen des Bürgerforums werden nochmal frischen Wind in die weitere Ausgestaltung des Klimaschutzprogramms 2030 bringen", sagte Tobias Goldschmidt.

Die Empfehlungen des Bürgerforums:

  • Mehr Aufklärung und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger: Den Wunsch nach mehr Information stellte das Bürgerforum zu vielen Themen - etwa der kommunalen Wärmeplanung, der geplanten Speicherung von im Untergrund oder der -Bepreisung von fossilen Heiz- und Kraftstoffen in den kommenden Jahren.
  • Ist diese Voraussetzung einer breiten Information erfüllt, sind die Bürgerinnen und Bürger bereit, Veränderungen zum Ziel des Klimaschutzes mutig und zielstrebig anzugehen. Dies zeigen die Forderungen des Bürgerforums nach einem schrittweisen Abbau klimaschädlicher Subventionen und einer umweltfreundlichen Anpassung des Dienstwagenprivilegs. Eine deutliche Mehrheit bekam auch der Wunsch, die frei werdenden Gelder in klimafreundliche Alternativen zu investieren, wie den Ausbau von und der Fahrradinfrastruktur.
  • Beim Ausbau der Solarenergie befürwortet das Bürgerforum mehrheitlich sogar eine Verpflichtung zur Installation von -Anlagen sowohl bei Neu- als auch bei Altbauten und Sanierungsmaßnahmen sowie auf Parkplätzen ab 35 Stellplätzen, die damit über den aktuellen Entwurf der EWKG-Novelle hinausgeht.
  • Förderprogramme etwa für klimafreundliche Investitionen oder -Angebote sollen stärker verstetigt und damit planbarer gemacht werden.
  • Der Wunsch nach sozialer Ausgewogenheit zieht sich durch viele Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger. So sollen Förderinstrumente und finanzielle Belastungen stärker einkommensabhängig gestaltet werden. Mit den Einnahmen aus der -Bepreisung sollen vor allem klimafreundliche Maßnahmen wie der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Solaranlagen oder Wärmepumpen gefördert werden. Darüber hinaus soll damit ein Klimageld für einkommensschwache Haushalte finanziert werden.
  • Nicht alle Empfehlungen beziehen sich auf Maßnahmen, die in der Verantwortung der Landesregierung liegen. In einigen Punkten fordert das Bürgerforum Klima das Land denn auch explizit auf, sich auf Bundesebene für die Umsetzung der Empfehlungen einzusetzen.

Minister Goldschmidt: "Klimaschutz bringt Veränderungen mit sich, betrifft viele unserer Lebensbereiche - und geht uns alle an. Die Ergebnisse dieses Bürgerforums zeigen, dass viele Menschen in Schleswig-Holstein bereit sind, ihren Teil dazu beizutragen. Ich danke den Teilnehmenden des Bürgerforums und sage zu, dass die Landesregierung die Anregungen bei der weiteren Ausgestaltung des Klimaschutzprogramms berücksichtigen wird."

Klimakonferenz erarbeitet Änderungsvorschläge zum Klimaschutzprogramm

Auf der Klimakonferenz stellen Vertreterinnen und Vertreter aus dem Umweltministerium, dem Wirtschaftsministerium, dem Innen- sowie dem Landwirtschaftsministerium die Inhalte aus dem ersten Klimaschutzprogramm vor. Im Anschluss erarbeiten die Teilnehmenden in Workshops Änderungsvorschläge. Diese werden zu den sechs großen Themenblöcken des abgehalten:

  1. Herausforderungen und Wege der Transformation
  2. Wärmewende - finanzierbar, machbar, bürgernah
  3. Verkehrsinfrastruktur neu gedacht
  4. Energiepreise und effiziente Klimapolitik
  5. Landnutzung - Spannungsfeld (natürlicher) Klimaschutz
  6. Energiewende antreiben. Fachkräfte und Klimabildung

Nach der Eröffnungsrede von Ministerpräsident Günther hielt Daniela Jacob vom Climate Service Center Germany, Helmholtz-Zentrum Hereon, eine Gastrede zum Thema klimaresilienter Lebenswandel. "Es ist höchste Zeit, den Klimawandel massiv einzudämmen und sich an seine Folgen anzupassen. Veränderungen hin zu einem nachhaltigen, gerechten und klimaneutralen Leben sind unumgänglich. Sie betreffen alle Sektoren und Bereiche des gesellschaftlichen Handelns. Wissenschaft kann und muss dabei helfen, dies als ein Gemeinschaftswerk zu begreifen und ein gegenseitiges Verständnis dafür zu schaffen, wo Perspektiven und Chancen für die Umsetzung transformativer Prozesse liegen", sagte Jacob.

Auf der anschließenden Podiumsdiskussion tauschten sich der Klimaschutzminister Goldschmidt, die Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) Kristina Kühnbaum-Schmidt, Frauke Wiese von der Europa-Universität Flensburg und Bärbel Boy von der gleichnamigen Kommunikationsagentur zum Thema "Klimakommunikation - Wege zur Treibhausgasneutralität" aus. Kühnbaum-Schmidt: "Umweltzerstörung zurückdrängen und Gottes Schöpfung bewahren ist ein wichtiges Thema der Kirche. Es ist fester Bestandteil in der kirchlichen Verkündigung, dem Unterricht an den Schulen und den Gemeinden und inzwischen auch in der Seelsorge.
Natürlich ist Klimaschutz auch eine Aufgabe für uns als Organisation. Darum hat die Nordkirche einen Klimaschutzplan beschlossen, mit dem wir bis zum Jahr 2035 treibhausgasneutral werden wollen. Insbesondere in den wichtigen Bereichen Gebäude und Mobilität stehen wir vor besonderen Herausforderungen. Über 450 unserer Pastorate stehen unter Denkmalschutz. Energetische Sanierungen sind dort anspruchsvoll. Mobilität ist für uns ein existenzielles Thema! Auch hier benötigen wir mit Blick auf einen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr und das Radwegenetz die gute Zusammenarbeit mit dem Land Schleswig-Holstein. Ebenso ist dies bei unserem Umgang mit Land vonnöten. Hier denke ich unter anderem an die Wiedervernässung von Mooren und den Erhalt der Halligen. Ich war vor Kurzem auf der Hallig Hooge und da bedeutet das ganz konkret, Menschen und Warften gegen die immer häufigeren und höheren Fluten zu schützen. Als Christen haben wir die Pflicht, die guten Gaben von Gottes Schöpfung nicht nur selbst zu genießen, sondern auch mit zukünftigen Generationen zu teilen."

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