Westfälische Wilhelms-Universität Münster

12/11/2024 | Press release | Distributed by Public on 12/11/2024 01:57

Geimpfte Pflanzen

Dr. Anne Vortkamp (l.), Dr. Philipp Lemke und Dr. Carolin Richter im Labor am Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen. © Uni MS - Johannes Wulf

Geimpfte Pflanzen

Das Start-up AgriBluBio entwickelt Pflanzenstärkungsmittel und wird vom Land NRW gefördert

"Eine Impfung gegen Stress könnte ich auch gut gebrauchen", scherzt Prof. Dr. Bruno Moerschbacher, als er über das Start-up-Unternehmen AgriBluBio spricht. Es hat sich aus seiner Arbeitsgruppe am Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen entwickelt und verfolgt das Ziel, Pflanzen gegen Stressfaktoren zu stärken.

Das Team um Dr. Anne Vortkamp, Dr. Philipp Lemke und Dr. Carolin Richter beschäftigt sich bereits seit langer Zeit mit Chitosan - einer Substanzklasse, die von Chitin abgeleitet wird. Chitin wiederum wird aus der Schale von Krebstieren gewonnen. "In erster Linie ist Chitosan als Fettbinder bekannt", erklärt Philipp Lemke. "Man findet es aber auch zum Beispiel in Zahnpasta." Im Fall von AgriBluBio liegt der Fokus allerdings auf Pflanzenstärkungsmitteln, sogenannten Biostimulanzien. "Im Gegensatz zu Pflanzenschutzmitteln bekämpfen Biostimulanzien keine Bakterien oder Pflanzenkrankheiten, sondern fördern die Nährstoffaufnahme und die Resistenz gegenüber Stressfaktoren wie Trockenheit, starkem Sonnenlicht und Hitze", führt der Postdoktorand aus - es funktioniert wie eine Pflanzenimpfung gegen Stress.

Auf einem neu gepflanzten Weinberg testen Dr. Philipp Lemke und Dr. Anne Vortkamp das von ihnen entwickelte Pflanzenstärkungsmittel. © privat Versuche, Chitosan in der Pflanzenstärkung zu verwenden, gab es schon häufiger, allerdings fehlte meist die genaue Bestimmung ihrer Struktur. "Man muss Chitosan als eine ganze Substanzklasse verstehen. Wir haben über die letzten Jahre herausgefunden, dass die Struktur einen erheblichen Einfluss auf die Wirkung hat", erläutert Carolin Richter. In der Analyse und der Herstellung von spezifischen Chitosanen sei die Universität Münster Spitzenreiter, ergänzt Bruno Moerschbacher.

Für die Entwicklung eines wirksamen Pflanzenschutzmittels sind Feldstudien notwendig. In Gewächshäusern am nördlichen Rand der Sahara testete die Arbeitsgruppe beispielsweise Biostimulanzien an Tomatenpflanzen. Die mit Chitosan behandelten Pflanzen hielten als einzige Hitzewellen von über 60 Grad stand. Zur Finanzierung solcher Feldstudien wird AgriBluBio aktuell durch das Förderprogramm "Start-up Transfer.NRW" unterstützt, einer Landesinitiative, die Start-ups mit bis zu 240.000 Euro fördert. "Der Zuschuss hilft uns immens, die Idee weiter zu erforschen", bemerkt Philipp Lemke. Einen besonderen Dank spricht das Team dem REACH - Euregio Start-up Center aus, das von Beginn an durch intensives Coaching und Unterstützung bei der Antragsstellung mit Fachexpertise zur Seite steht. Am 13. November wurde AgriBluBio außerdem gleich mit zwei Preisen bei der "Science to Start-up Convention" des REACH ausgezeichnet.

Der nächste Schritt des Teams ist ein Antrag für die EXIST-Förderung, die benötigt wird, um irgendwann ein Start-up gründen zu können. "Mit einer solchen Förderung haben wir die Möglichkeit, die Produktion hochzufahren", sagt Carolin Richter. "Der aktuelle Labormaßstab reicht für Feldversuche, aber nicht für den Verkauf." Mit der EXIST-Förderung soll es auch möglich werden, verschiedene Biostimulanzien für spezifische Zwecke herzustellen. Die ersten Schritte dazu sind schon getan.

Autor: Tim Zemlicka

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 8, 11. Dezember 2024.

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