Österreichisches Parlament

06/26/2024 | Press release | Distributed by Public on 06/26/2024 10:33

Verschärfung des Qualzuchtverbots bei Heimtieren und Sachkundenachweise bei Haltung von Hunden und exotischen Tieren Opposition übt deutliche Kritik an der[...]

Wien (PK) - Das Thema Tierschutz dominierte heute den ersten Teil des Gesundheitsausschusses, zumal nicht nur von Seiten der Regierungsfraktionen ein umfassender Gesetzesvorschlag vorlag, sondern auch zahlreichreiche Oppositionsanträge zu diesem Thema.

Durch die in Form eines Initiativantrags eingebrachte - und mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossene - Tierschutzgesetznovelle soll vor allem das Qualzuchtverbot für Heimtiere verschärft und der Vollzug durch die Einrichtung einer wissenschaftlichen Kommission wirksamer gestaltet werden. Überdies wird ab 1. Juli 2026 ein verpflichtender Sachkundenachweis für die Haltung von Hunden, Amphibien, Reptilien und Papageienvögeln verankert, der durch die Absolvierung eines Kurses im Ausmaß von mindestens vier Unterrichtseinheiten nachzuweisen ist. Bei Hunden ist zusätzlich eine zweistündige Praxiseinheit vorgeschrieben.

Außerdem brauchen Züchter:nnen bei der Überschreitung von bestimmten Grenzwerten eine Bewilligung. Schlagend wird dies, wenn pro Jahr mehr als zwei Würfe Hundewelpen oder drei Würfe Katzenwelpen abgegeben werden.

Opposition mahnt Lösungen bei den Themen Vollspaltenböden und Tiertransporte

Teils sehr kritisch äußerten sich die Vertreter:innen der Opposition, die vor allem die Beschränkung des Gesetzes auf Heimtiere bemängelten. Vor allem hätten sie sich eine Lösung in der Frage des Verbots von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung erwartet, da der Verfassungsgerichtshof die lange Übergangsfrist bis 2040 als nicht gerechtfertigt eingestuft hatte. Die entsprechende Bestimmung im Tierschutzgesetz wurde daher mit 1. Juni 2025 aufgehoben. Nicht umgesetzt worden seien zudem zahlreiche Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens sowie dringend notwendige Verbesserungen beim Tiertransport. Dazu lagen auch eine Reihe von Anträgen vor, die jedoch alle vertagt wurden.

Weitere Eckpunkte des Gesetzes: Kommission, Tierquälerei und Hundeausbildung

Eine neu einzurichtende wissenschaftliche Kommission, die unter anderem mit Expert:innen aus den Gebieten der Veterinärmedizin, der Genetik und der Ethik besetzt sein wird, soll in Hinkunft den zuständigen Minister beraten und die Programme zur Vermeidung von Qualzucht beurteilen. Nach Anhörung der Kommission kann der Ressortchef per Verordnung etwa besonders mit Qualzuchtsymptomen belastete Rassen auch ganz von der Zucht ausschließen. Generell legt er auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse den Rahmen fest, der die Zuweisung von Qualzuchtsymptomen und -merkmalen zu passenden Diagnosen und deren Interpretationen ermöglicht.

Das Verbot der Verbringung von Hunden ins Ausland zur Vornahme von in Österreich verbotenen Eingriffen wird auf alle Tiere ausgedehnt. Strafbar ist auch, wer Tiere vor dem artspezifischen Absetzalter vom Muttertier trennt, erwirbt oder durch einen anderen erwerben lässt; dies gilt auch dann, wenn der Erwerb im Ausland erfolgt. D iese Bestimmung zielt darauf ab, den illegalen Handel mit Hundewelpen zu erschweren.

Ferner werden dem Verbot der Tierquälerei weitere Tatbestände hinzugefügt, und zwar insbesondere bei Vögeln und Reptilien vorkommende Symptome. So wird etwa bei Vögeln das teilweise Fehlen des Federkleides nur bis zu einer Obergrenze von 10 % toleriert. Strengere Vorgaben gibt es auch im Zusammenhang mit der Ausbildung von Hunden (4117/A).

Opposition sieht Handlungsbedarf in noch vielen Bereichen und meldet rechtliche Bedenken an

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ) wies darauf hin, dass zum ursprünglichen Entwurf über 850 Stellungnahmen eingelangt seien, wobei kaum eine positiv ausgefallen sei. Neben rechtlichen Bedenken und der Beschränkung auf Heim- und Haustiere führte der SPÖ-Tierschutzsprecher vor allem ins Treffen, dass dem Minister eine "staatliche Zuchthoheit" eingeräumt werde. Dieser könne nämlich in Hinkunft bestimmte Rassen verbieten. Die Einstufung als Qualzucht dürfe zudem nicht nur auf das Aussehen abstellen, warnte er, und verwies diesbezüglich auf den mexikanischen Nackthund, den es schon seit Jahrhunderten gebe. Aus all diesen Gründen rechne er mit einer Verfassungsklage, stellte Keck fest. Generell bedauerte er, dass durch das Gesetz jene "angegriffen" würden, die sich ohnehin schon an alle Regeln hielten.

Katharina Werner (NEOS) begrüßte eine Reihe von Änderungen, wie etwa die Verschärfung der Qualzucht oder die Einrichtung einer wissenschaftlichen Kommission zur Umsetzung des Qualzuchtverbots. Eine derartige Verbesserung wäre aber auch bei den Nutztieren wichtig gewesen. Die Einführung des Sachkundenachweises, der ihrer Meinung nach nur eine "Schmalspurvariante" darstelle, hätte sie sich zu einem früheren Zeitpunkt gewünscht. Da viele Tiere importiert würden, frage sie sich, ob es ausreichend Ressourcen gebe, um Kontrollen an den Grenzen durchzuführen.

Für den freiheitlichen Mandatar Alois Kainz ist der Gesetzesvorschlag viel zu vage formuliert, da er auch eine Reihe von Verordnungsermächtigungen für den Minister enthalte. Da er somit mit vielen Unsicherheiten verbunden sei, werde seine Fraktion nicht zustimmen. In einem im Laufe der Sitzung eingebrachten Antrag setzte er sich noch für den "Erhalt des internationalen Gebrauchshundesports in all seinen Facetten ein", der seiner Einschätzung nach in Gefahr sei. Diese Initiative fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Grüne: Zahlreiche Meilensteine durch Novellierung des Tierschutzgesetzes

Für Abgeordnete Faika El-Nagashi von den Grünen handelt es sich um eine der weitreichendsten Tierschutzgesetznovellen der letzten Jahre, deren Zustandekommen ein langer Prozess unter Einbindung der Stakeholder vorangegangen sei. Man sei auch an alle Oppositionsparteien herangetreten, berichtete sie, von "Geheimdiplomatie", wie von der FPÖ behauptet werde, könne daher keine Rede sein.

Ein Meilenstein des neuen Gesetzes sei die Einrichtung einer wissenschaftlichen Kommission, die Grundlagen für Verordnungen erarbeiten und Vorgaben formulieren könne. Weiters hob El-Nagashi den Sachkundenachweis für Hunde und exotische Tiere hervor. Außerdem würde durch die Erweiterung der Heimtierdatenbank die Kontrolle der Zucht verbessert. Für all jene Züchter:innen, die sich schon jetzt an die Vorgaben hielten, würde sich jedoch nichts verändern, betonte sie. Es sei auch nicht richtig, dass Verbote von Rassen im Gesetz enthalten seien, stellte El-Nagashi klar; darüber müsste die Kommissionen auf Basis von wissenschaftlichen Fakten urteilen.

In Vertretung des erkrankten Ministers Johannes Rauch nahmen Vertreter:innen des Ressorts zu den Fragen der Abgeordneten Stellung. Aufgrund von landesgesetzlichen Regelungen im Nutztierbereich, sei es schwierig, bundeseinheitliche Bestimmungen festzulegen, erklärte ein Experte des Gesundheitsministeriums. Bei den Sachkundenachweisen wollte man Mindestnormen festlegen, da es in den einzelnen Bundesländern bereits Regelungen gebe. Was den Vollzug der Tierschutzbestimmungen angeht, so müsse mit den Ländern, die dafür zuständig seien, noch intensiv diskutiert werden. In der Frage des illegalen Welpenhandels gebe es jährliche Schwerpunktaktionen; außerdem werde derzeit über eine entsprechende Verordnung auf EU-Ebene diskutiert. Die Kooperation mit der Exekutive und den Zollbehörden im Inland würde jedenfalls sehr gut funktionieren.

Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen. Die von der SPÖ geforderte Ausschussbegutachtung sowie die Vertagung des Antrags, die nur von der FPÖ mitgetragen wurden, fanden keine Mehrheit.

Zahlreiche Oppositionsanträge vertagt: Von Forderungen nach strengeren Regelungen für Tiertransporte bis Maßnahmen für sichere Hundehaltung

Die ebenfalls zur Debatte stehenden oppositionellen Anträge in Tierschutzangelegenheiten wurden allesamt vertagt. Die SPÖ-Forderungen zielten unter anderem auf die Umsetzung der Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens (2170/A(E)), eine tiergerechte Haltung von Schweinen und der Einführung des Verbots der dauernden Anbindehaltung von Rindern ((3768/A(E), (3729/A(E)) und (2538/A(E)), auf die umfassende Kennzeichnung von tierischen Produkten hinsichtlich der Haltungsbedingungen (4064/A(E)) sowie eine Kastrationspflicht für alle Freigängerkatzen ein (158/A(E)) ab.

Tiertransporte: Kein Export von trächtigen Rindern nach Algerien

Insbesondere mit dem Thema Tiertransporte befassten sich einige Initiativen der Opposition, die ebenfalls im Ausschuss auf der Tagesordnung standen ((338/A), (339/A(E)), (340/A(E)), (3145/A(E)) und (3154/A(E)). Katharina Werner von den NEOS zeigte sich etwa über die hohe Anzahl an Rindertransporten nach Algerien besorgt. Dort würden die offiziell als Zuchttiere geltenden Kalbinnen oftmals kurz nach der Ankunft in Schlachthöfen ohne Betäubung getötet, weshalb es einen Exportstopp brauche (3838/A(E)). Problematisch sei vor allem, dass es keine Kontrollmöglichkeit für europäische Behörden während der Überfahrt per Schiff und dann vor Ort gebe.

Auch wenn schon einiges erreicht wurde, hätten sich die Grünen noch weitere Verbesserungen vor allem im Tiertransportbereich gewünscht, räumte Olga Voglauer (Grüne) ein. Ihrer Meinung nach sollte für die Transporte eine maximale Dauer von acht Stunden gelten.

Im Zusammenhang mit dem von den NEOS vorgelegten Entschließungsantrag, in dem sie sich für einen Stopp der Exporte von trächtigen Rindern nach Algerien einsetzen, stellte ÖVP-Abgeordneter Josef Hechenberger (ÖVP) fest, dass Zuchttiere in bestimmten Drittstaaten dringend gebraucht würden. Die Forderung, dass Tiere nur mehr bis zum nächsten Schlachthof transportiert werden dürfen, gehe ihm zu weit.

Für einen generellen Stopp von unnötigen Schlachtviehtransporten auf Europas Straßen trat Peter Schmiedlechner (FPÖ) ein (2990/A(E)). Es brauche einen Fleischtransport mit Hausverstand (Import und Export nur von gekühltem oder gefrorenem Fleisch) sowie den Fokus auf die regionale Verarbeitung. Ein dazu von ihm eingebrachter Abänderungsantrag wurde ebenfalls mitvertagt.

Hundehaltung: SPÖ und NEOS-Vorschläge für eine sichere Hundehaltung in Österreich

SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck weist in einem Entschließungsantrag darauf hin, dass die Bundesländer in den letzten Jahren teils sehr unterschiedliche Bestimmungen in Bezug auf die Hundehaltung beschlossen haben. Dies führe insbesondere bei Halter:innen, die mehrere Wohnsitze haben, zu Rechtsunsicherheiten. Da es in diesem Bereich um grundsätzliche Fragen des Tierwohls und der Sicherheit gehe, ersucht Keck den zuständigen Minister, sich für einheitliche Haltungsregelungen, z.B. im Rahmen einer 15a-Vereinbarung, einzusetzen (169/A(E)). Auch die NEOS sehen aufgrund von aktuellen Ereignissen, wie den Tod einer Joggerin in Oberösterreich, dringenden Handlungsbedarf (3637/A(E)). Abgeordnete Katharina Werner legt daher einen Forderungskatalog vor, der unter anderem eine Weiterentwicklung des sogenannten Sachkundenachweises zu einem Hundeführerschein - bestehend aus einem Theorie- und einem Praxisteil - enthält. Weiters setzte sie sich für ein Verbot von Schutzhundeausbildungen für private Halter:innen nach Wiener Vorbild ein. Hunde im privaten Bereich dürften nicht mehr zu Kampfhunden trainiert werden, unterstrich sie. Auch diese Forderungen wurden vertagt.

FPÖ für Verbot des rituellen Schlachtens ohne Betäubung

Die Freiheitlichen drängten abermals auf ein Verbot des rituellen Schlachtens ohne Betäubung, das aus rituellen Gründen im Judentum und im Islam praktiziert werde (1198/A(E)). Es dürfe keine Sonderrechte für bestimmte Weltanschauungen geben, die Trennung von Staat und Religion müsse gewährleistet werden, argumentierte Peter Schmiedlechner (FPÖ). Auch der Europäische Gerichtshof habe in einer Entscheidung geurteilt, dass es kein Recht auf rituelles Schächten ohne Betäubung gebe und dass EU-Mitgliedstaaten ein diesbezügliches Verbot aussprechen können. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) sue