Regional Council of Trentino Alto Adige

09/25/2024 | Press release | Distributed by Public on 09/25/2024 09:47

Nein zur Auflösung der Region

Pressemitteilungen

Pressemitteilungen des Regionalrats | 25.09.2024 | 17:29

Nein zur Auflösung der Region

Breite Mehrheit gegen Antrag von Süd-Tiroler Freiheit, JWA-Vita u.a. Antrag von Patt-Fassa zum Jubiläum der theresianischen Schulreform einstimmig angenommen.

Im Plenum wurde am Nachmittag die Debatte zum Beschlussantrag Nr. 1 fortgesetzt, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Knoll, Atz Tammerle, Rabensteiner, Zimmerhofer, Colli, Wirth Anderlan, Holzeisen und Leiter Reber, zur Auflösung der Region und des Regionalrates sowie Übertragung von deren Zuständigkeiten an die Provinzen Bozen und Trient.

Stefania Segnana (Lega) bedauerte, dass die Region immer wieder in Frage gestellt wird. Die Region sei kein bloßer Rahmen für die Zuständigkeiten der beiden Provinzen, innerhalb der Region sei Austausch und Zusammenarbeit entstanden, etwa im Gesundheitswesen.
Christian Girardi (Fratelli d'Italia) bezeichnete den Antrag als unzulässig. Er hoffe, dass die Region, die eine Bastion der Autonomie sei, erneut mit Aufgaben gefüllt werde. Es gebe eine Reihe von Bereichen der Zusammenarbeit, um auch nach außen konkurrenzfähiger zu werden, etwa in der Landwirtschaft, in der Mobilität u.a.m.
Hannes Rabensteiner (Süd-Tiroler Freiheit) wies darauf hin, dass der Antrag mehr enthalte als nur die Abschaffung der Region. Er zitierte jüngste Aussagen von Alt-LH Luis Durnwalder zur Region.
In der Region lebten mehrere Sprachgruppen, und es gehe nicht nur um eine Koexistenz, sondern um ein Zusammenleben, meinte Christian Bianchi (Lega). Die Region sei das Ergebnis einer langen Kompromisssuche, und mit ihr sei vieles vorangebracht worden. Innerhalb dieses Rahmens habe man eine beneidenswerte gesellschaftliche Kohäsion geschafft, im Respekt vor Diversität und Identität.
Solche Anträge kämen immer wieder, bemerkte Filippo Degasperi (Gemischte Fraktion), aber sie seien Gelegenheit, sich den Stand der Dinge anzuschauen. Tatsache sei, dass die Region nicht gut geführt werde, sie werde benutzt für Versorgungsposten. Viele Zuständigkeiten seien an die Provinzen übergegangen, aber es sei nie überprüft worden, ob der Dienst am Bürger dadurch besser geworden sei - laut den Klagen, die man höre, wohl nicht. Wenn man nicht aufpasse, werde sich der Antrag von alleine verwirklichen.
Andreas Leiter Reber (Gemischte Fraktion) erinnerte daran, dass nach dem Krieg die Stimmung in Südtirol und im Trentino gänzlich verschieden gewesen sei. Auch heute sei die politische Situation unterschiedlich - in Südtirol seien die nationalen Parteien kaum vertreten. In Südtirol sei der Minderheitenschutz der zentrale Punkt der Autonomie. Die Region werde vom Trentino als Absicherung gesehen, weil man bis jetzt keine eigene Identität aufgebaut habe.
Das "Los von Trient" sei damals von der SVP ausgegangen, bemerkte Harald Stauder (SVP). Inzwischen sei es gelungen, die Kompetenzen auf die beiden Provinzen aufzuteilen. Es sei nicht die Meinung der Mehrheit, dass die Trentiner kein Recht auf Autonomie hätten, das sei auch nicht die Meinung der Südtiroler Bevölkerung. Die Region sei eine realpolitische Notwendigkeit, und jetzt mit so einem Antrag zu kommen, sei verantwortungslos. DAs Ziel müsse es sein, die Region weiterzuentwickeln.
Antonella Brunet (Noi Trentino per Fugatti presidente) warnte, dass die Abschaffung der Region nicht nur das Gerüst der Autonomie zum Fallen bringe, sondern auch die Zusammenarbeit erschwere. Mit dieser Zusammenarbeit habe man viel Wichtiges für die Bürger erreicht.
Roberto Stanchina (Campobase) sagte der Region ein langes Leben voraus und kritisierte die abschätzigen Worte Leiter Rebers über die Trentiner. Der Antrag sei eine Provokation, um die beiden Länder zu spalten, und wenn sie gespalten seien, liefen sie Gefahr, bei der staatlichen Reform unter die Räder zu kommen.
Jürgen Wirth-Anderlan (JWA-Vita) sah im Antrag keine Provokation. Mit dem Trentino könne man auch ohne Region gut zusammenarbeiten. Ins Trentino schaue er in manchen Dingen auch mit Bewunderung, aber die Region sei keine nützliche Einrichtung, außer für hochbezahlte Posten.
Mit dem Antrag wolle man ein Fähnlein hissen und zeigen, wer die wirklich aufrechten Tiroler seien, meinte Arno Kompatscher, Präsident der Region. Solche Initiativen würden der eigenen Klientel gefallen, aber in der Sache nichts bringen, sondern nur die Fronten verhärten. Die Mehrheit werde diesem Antrag nicht zustimmen, obwohl einige, wie auch er, der Meinung seien, dass diese Region reformiert werden müsse. Aber das müsse man über Rom machen. In der Mehrheit gebe es durchaus unterschiedliche Auffassungen zur Zukunft der Region, aber man diskutiere über Alternativen und verzichte auf plakative Aktionen. Diese Region sei von den Südtirolern nicht gewünscht worden und sie stehe auch nicht im Pariser Vertrag, aber jetzt gehe es darum, die Situation zu verbessern, wobei man auf die unterschiedlichen Befindlichkeiten Rücksicht nehmen müsse.
Der Minderheitenschutz sei die Grundlage unserer Autonomie, und die SVP sage kein Wort dazu, wenn das in Frage gestellt werde, kritisierte Sven Knoll in seiner Replik. Wenn sich die Minderheit als Teil des Staatsvolks sehe, dann brauche es keine Autonomie mehr. In Kompatschers Amtszeit seien keine Kompetenzen an die Länder übertragen worden. Die Region aufzulösen, bedeute nicht, die Zusammenarbeit aufzukündigen, diese sollte aber in der Europaregion Tirol stattfinden.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) bedauerte, dass das Madrider Abkommen nie ratifiziert worden sei, dieses hätte auch eine Zusammenarbeit zwischen Gemeinden oder Bezirken ermöglicht.
Mirko Bisesti (Lega) kündigte das Nein seiner Fraktion an. Eine Europaregion sei ein hehres Ziel, aber derzeit sollte man nutzen, was man habe, die Region.
Über die einzelnen Teile des Antrags wurde getrennt abgestimmt. Der Antrag wurde abgelehnt, mit 43 bis 46 Nein und 4 bis 8 Ja.

Beschlussantrag Nr. 9, eingebracht vom Regionalratsabgeordneten Kaswalder mit dem die Regionalregierung verpflichtet werden soll, Gedenkinitiativen zum 250. Jubiläum der "Maria Theresianischen Schulreform" zu fördern. "Am 6. Dezember 1774 trat auch im historischen Tirol, der heutigen Europaregion, die "Maria-Theresianische Schulreform" in Kraft", erklärte Walter Kaswalder (Patt-Fassa). "Es war eine echte Bildungsrevolution, die allen Kindern der Habsburgermonarchie unabhängig von deren Gesellschaftsschicht freien Zugang zum Schulunterricht gewährte. Diese epochale Reform beruhte auf dem Willen der aufgeklärten Königin Maria Theresia von Österreich, den Analphabetismus zu bekämpfen. Alle Jungen und Mädchen im Reich waren vom 6. bis zum 12. Lebensjahr zum Schulbesuch verpflichtet. Diese auf die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgehende Reform führte dazu, dass das historische Tirol zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen Rückgang des Analphabetismus auf knapp 2% verzeichnen konnte. Der Abstand im Vergleich zu den Daten des Königreichs Italien war groß. Es waren erstaunliche Ergebnisse, die einmal mehr bezeugen, dass die gemeinsamen historischen und kulturellen Wurzeln der beiden autonomen Provinzen unserer Region schon immer mit Mitteleuropa verbunden waren."
Lucia Coppola (Grüne) kündigte Zustimmung an. Es sei ein Anlass, um an den Kampf gegen den Analphabetismus zu erinnern. Diese Schulreform habe das historische Tirol entscheidend mitgeprägt.
Francesca Gerosa (Fratelli d'Italia) unterstützte das Anliegen, wies jedoch darauf hin, dass die Provinz Trient bereits Initiativen zu diesem Thema gestartet habe. Die Region habe nicht die nötigen Strukturen dafür.
Auch Francesca Parolari (PD) bezeichnete die Reform als Meilenstein für die Region. Sie dankte Kaswalder für den Antrag. Man sollte regelmäßig die Bildungsmodelle der beiden Provinzen vergleichen, um zu sehen, wie man den neuen Herausforderungen am besten begegnen könne.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an. Es gehe um ein Ereignis, das auch für Südtirol wichtig sei. Österreich sei damals Italien weit voraus gewesen, wenngleich auf dem Siegesdenkmal das Gegenteil stehe. Er regte an, auch das Land Tirol in das Jubiläum einzubinden.
Harald Stauder (SVP) erklärte ebenfalls die Zustimmung seiner Fraktion. Die Zeit sei knapp, aber man sollte das Jubiläum dennoch nutzen, das nicht nur schulpolitisch von Bedeutung gewesen sei.
Auch Filippo Degasperi (Gemischte Fraktion) lobte den Antrag. Er erinnere an eine Zeit, in der ein allgemeiner Bildungszugang noch ein Traum gewesen sei. Heute, da auch die Kinder der Arbeiter zur Schule gingen, gehe der Trend in die entgegengesetzte Richtung, die Schuldauer werde verkürzt.
Andreas Leiter Reber (Gemischte Fraktion) begrüßte die Initiative, erinnerte aber auch daran, dass Maria Theresia auch die Eigenständigkeit Tirols und anderer Teil des Reichs eingeschränkt habe. Zweifel äußerte er zur Forderung eines "Tages der regionalen Kultur".
Präsident Arno Kompatscher teilte das Anliegen, aber es handle sich um ein Schulthema, sei also Angelegenheit der Provinzen. Die Region werde kaum in der Lage sein, solche Initiativen in den Schulen zu organisieren.
Nach einer Unterbrechung wurde ein neuer Text des Antrags vorgelegt, mit dem gefordert wird, die Initiativen an den Schulen durch die zuständigen Ressorts der beiden Provinzen umzusetzen und auch das Land Tirol mit einzubeziehen.
Der so geänderte Antrag wurde mit 49 Ja einstimmig angenommen.

Damit wurde die Sitzung beendet.

Videoaufnahmen von der Sitzung vom 25. September 2024 (2. Teil):
https://we.tl/t-MruurCR37f