Landtag Nordrhein-Westfalen

12/09/2024 | Press release | Distributed by Public on 12/09/2024 09:56

Aktuelle Stunde zur Situation bei Thyssenkrupp ( externer Link, öffnet in neuem Tab )

12.09.2024

Aktuelle Stunde zur Situation bei Thyssenkrupp

Die Zukunft der Stahlproduktion in Nordrhein-Westfalen stand im Mittelpunkt einer Aktuellen Stunde. Die Fraktionen von SPD und AfD hatten sie unabhängig voneinander beantragt.

© IMAGO/Revierfoto

Anlass der Debatte war die von Thyssenkrupp Steel geplante Herstellung von "grünem Stahl". Die Investitionskosten für die klimaneutrale Produktion könnten einem Medienbericht zufolge deutlich teurer werden als geplant. In der Debatte ging es aber auch allgemein um die Zukunft des größten deutschen Stahlerzeugers.

"Scheitert das Leuchtturmprojekt der Transformation und damit der Weg in die klimaneutrale Industrieregion Nordrhein-Westfalen?", fragt die SPD-Fraktion in ihrem Antrag (18/10587). Die Investitionskosten am Standort Duisburg lägen laut Medienbericht bereits um 300 bis 400 Millionen Euro höher als ursprünglich geplant. Die Gesamtkosten für nur eine geförderte "Direktreduktionsanlage" würden mit etwa 3 Milliarden Euro angegeben. Eine Milliarde werde der Konzern selbst beisteuern, das Land übernehme 700 Millionen Euro, der Bund den Rest.

Der Anteil des Landes stelle "die höchste jemals in Nordrhein-Westfalen bewilligte Einzelsubvention dar", schreibt die AfD in ihrem Antrag (18/10588). Die Beträge seien in ihrer Höhe auch deshalb "in höchstem Maße fragwürdig, weil damit nur eine einzige von vier Anlagen umgerüstet wird". Die Entwicklungen rund um Thyssenkrupp Steel Europe und die drastischen Kostensteigerungen bei der "Direktreduktionsanlage" bedrohten nicht nur unmittelbar die Arbeitsplätze zehntausender Menschen, sondern auch die wirtschaftliche Basis ganzer Regionen.

"Hiobsbotschaft"

Alexander Vogt (SPD) sprach von einer "dramatischen Situation" bei Thyssenkrupp. Tausende Menschen hätten Angst um ihre Arbeitsplätze, es gebe massive Kritik am Vorstandsvorsitzenden Miguel López. "Diese Landesregierung interessiert nicht, dass Entscheidungen an den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorbeigetroffen werden", sagte Vogt. López versuche, die Mitbestimmung im Konzern in die Knie zu zwingen. Die Kostensteigerung beim grünen Stahl sei eine weitere Hiobsbotschaft. Es sei Zeit für "handfeste politische Maßnahmen".

Christian Loose (AfD) wies ebenfalls auf die Ängste der Belegschaft hin. 26.000 Beschäftigte müssten um ihre Arbeitsplätze bangen. Betroffen seien vor allem die Region um Duisburg und das umliegende Ruhrgebiet. Um die Stellen zu bewahren, müsse die Stahlbranche wieder wettbewerbsfähig gemacht werden. "Doch die Regierung macht das genaue Gegenteil", sagte Loose. Die Stahlproduktion werde durch politische Maßnahmen verteuert. Dies gelte auch für "grünen Stahl", der deutlich teurer werde als herkömmlich produzierter.

"Zukunftsbegleitung"

Seinem Vorredner antwortete Dr. Jan Heinisch (CDU): "Sie versuchen, sich am Lagerfeuer von gestern zu wärmen" - dabei gehe das Brennholz zur Neige. Ohne Veränderung und Wandel gebe es keine Zukunft. Dabei setze die Politik nur Impulse - die Zukunft werde mindestens genauso von "Genies im besten Sinne" gestaltet. Die Stärke Deutschlands liege nicht im billigsten, sondern im besten Produkt. "Was wir hier betreiben, ist Zukunftsbegleitung und eben nicht Staatsinterventionismus", erklärte der Abgeordnete.

"Das Engagement des Staates muss klare Grenzen haben", forderte Dietmar Brockes (FDP). Land und Bund müssten nun die Förderbedingungen für die Direktreduktionsanlage "verschärft prüfen" und Thyssenkrupp in die Pflicht nehmen. "Engagement muss mit einer Zukunftsdividende verbunden sein", meinte Brockes. Das Land solle keinen "Blankoscheck" ausstellen. Außerdem empfahl er dem Ministerpräsidenten, einen "kleinen Stahlgipfel" mit allen Beteiligten einzuberufen, um einen konstruktiven Dialog zu ermöglichen.

"Thyssenkrupp muss liefern"

Es sei ein "beispielloser Vorgang", sagte Jule Wenzel (Grüne), dass drei Vorstandsmitglieder der Stahlsparte von Thyssenkrupp in Duisburg vor zwei Wochen "gegangen wurden" und am gleichen Tag vier Aufsichtsratsmitglieder zurücktraten. Die Lage sei ernst. Es gehe um die Zukunft und klimaneutrale Transformation des Stahlstandorts. Dabei gelte auch: "Thyssenkrupp muss liefern." Alle Beteiligten müssten beim nationalen Stahlgipfel in der kommenden Woche "in aller Ernsthaftigkeit" an den Tisch zurückkehren.

"Das Herz der deutschen Stahlindustrie schlägt in NRW", sagte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne). "Wir unterstützen unsere Stahlindustrie mit der größten Einzelförderung der Landesgeschichte, weil wir an die Zukunft glauben." Nötig seien eine Modernisierung der Wirtschaft, Forschung und Entwicklung und vor allem Investitionen. Die aktuelle Landesregierung habe so viel wie keine andere an Unterstützung für Thyssenkrupp mobilisiert und sich eindeutig zum Stahlstandort Duisburg bekannt.

Text: zab, sow, tob

Die Fraktionen im Landtag NRW