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Bundespräsident der Republik Österreich

06/14/2024 | Press release | Distributed by Public on 06/14/2024 04:36

Bundespräsident warnt vor »medialem Teufelskreis«

Sehr geehrter Herr Präsident Grabenwarter!

Sehr geehrte Mediensprecher aus dem Parlament!

Liebe Frau Vorhofer!

Liebe Frau Stadler!

Sehr geehrte Medienvertreterinnen und Medienvertreter und Vertreter der Sponsoren!

Sehr geehrte Preisträger!

Meine Damen und Herren!

Herzlich willkommen in der Hofburg zum diesjährigen Vorhofer- und Hochnerpreis!

Ich schaue in die Runde und sehe das Who is Who der Medien, ich würde überschlagsmäßig sagen:

Menschen mit hohem beruflichem innenpolitischem Interesse.

Also worüber könnten wir jetzt reden, nur Sie und ich, im Wahljahr 2024?

Über Angelobungen?

Die Bundespräsidenten haben das in der Vergangenheit sehr oft mit einer guten Begründung nicht gemacht. Aus Respekt vor der ausstehenden Entscheidung der Wählerinnen und Wähler. Auch ich werde mich an diese Tradition halten.

Wenn die gefallen ist, dann sind andere mit Entscheidungen dran. Ich würde heute aber gerne über einen Aspekt davon reden, über den Respekt.

Reden wir doch über den Respekt, den Vertreter "Der Politik" Ihnen entgegenbringen. Den Respekt, den Sie "Der Politik" entgegenbringen. Den Respekt, den Ihre Leserinnen und Leser Ihrer journalistischen Arbeit zollen und zahlen. Oder den Respekt, den die großen Digitalkonzerne der Welt, - google, meta, tiktok, you name it - Ihnen und Ihren Verlagshäusern entgegenbringen.

Diese Respekt-Fragen hängen ja zusammen: Journalismus, Politik, Leserinnen und Leser, Geschäftsmodelle.

Sie müssen etwas berichten, das jemand lesen, sehen oder hören will, der mittlerweile ein riesiges Angebot hat und jeden Tag vielen Reizen ausgesetzt ist. Sie schreiben dann über zum Beispiel "Die Politik", stehen unter Zeitdruck und Quotendruck. Und bekommen von manchen Antworten, von denen Sie wissen, dafür wird jetzt niemand Instagram zumachen. Seien sie vielleicht nichtssagend, oder vielleicht halt einfach inhaltlich anspruchsvoll. Fakt ist: Sie müssen mehr bieten!

Und da beginnt der mediale Teufelskreis, über den ich heute gerne reden würde. Da beginnen wir nämlich vielleicht alle, uns in eine Spielklasse zu bewegen, in die wir alle miteinander nicht gehören.

Eine Spielklasse, die nach der Logik der digitalen, "sozialen", Medien spielt. Da wo die größte Aufregung ist, die größte Provokation, der größte Skandal - da sind die Klicks.

Kurzfristig mag das erfolgreich sein. Langfristig sind wir dort alle falsch. Journalistinnen und Journalisten. Politikerinnen und Politiker. Leserinnen und Leser. Wenn zum Beispiel in einem TV-Interview ein Politiker beginnt, so zu tun als wäre ihm eine skandalöse Frage gestellt worden um dann - losgelöst vom tatsächlich stattgefundenen Gespräch - mit künstlicher Aufregung Schlagzeilen online zu sammeln, ist das fatal.

Wenn von einer Reform geredet und berichtet wird, obwohl alle wissen, dass es sich dabei - wie später von den Handelnden bestätigt wurde - um einen Marketing Gag handelt, dann ist das fatal.

Berichterstattung auf etwas aufzubauen, dass nur einem kleinen Kreis zugänglich ist und von uns, der Öffentlichkeit nicht nachvollzogen werden kann. Ich finde das fatal.

Und ebenso fatal ist, dass wir haben einen EU-Wahlkampf geführt, großteils ohne über die EU zu reden.

Meine Damen und Herren,

wenn wir beginnen, auf das Spielfeld der schrillen Aufgeregtheit zu wechseln, können wir uns nicht darauf verlassen, dass das alte Spielfeld dann noch da ist, wenn wir es brauchen. Oder, dass sich dort noch irgendwer ein Spiel anschauen mag, wenn wir in dem Bild bleiben.

Also mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit haben wir alle dasselbe Problem und sind - ob wir wollen oder nicht - miteinander verbunden.

Unsere Lösungsvorschläge sind aber divers. Oder - let's face it: Die großen Medien streiten ja eigentlich oft miteinander. Noch deutlicher: Ich habe den Eindruck, es gilt das Prinzip "Wenn's dem einen schlecht geht, muss es dem anderen auch schlecht gehen."

Meine Damen und Herren,

das bringt nichts.

Wir haben die Zeit für Revanchefouls nicht, und das jetzt noch jahrelang auszudiskutieren, auszustreiten und da und dort herumzureglementieren.

Sie alle wissen um Verkaufszahlen und Quoten Bescheid.

Und wir merken doch alle, unsere Demokratie braucht dringend eine gemeinsame, akzeptierte Faktenlage.

Und unsere Demokratie braucht Ihr Wissen, Ihr Verständnis, Ihre Glaubwürdigkeit, Ihre Fähigkeit, Sachverhalte zu erklären.

Meine Damen und Herren,

mein Appell lautet:

Finden Sie, finden wir gemeinsame Lösungen.

Dass unsere österreichischen Medien in der Lage sind, guten Journalismus zu liefern, das ist Fakt. Deshalb freue ich mich sehr, dass heute die beiden Preise an verdiente Journalisten gehen. Ich gratuliere Ihnen herzlich.