11/13/2024 | Press release | Distributed by Public on 11/14/2024 07:25
Morgen beschließt das Europaparlament seine wichtige Position zum Vorschlag der Europäischen Kommission, die Umsetzung der bahnbrechenden EU-Entwaldungsverordnung aufzuschieben, die sicherstellen soll, dass in die EU importierte Produkte aus entwaldungsfreien Lieferketten stammen.
Während die Sozialdemokratische Fraktion im Europäischen Parlament einräumt, dass ein einjähriger Aufschub nötig ist, um Unternehmen Zeit zur Vorbereitung auf das Gesetz zu geben, ist sie strikt gegen die von der Europäischen Volkspartei (EVP) vorgeschlagenen Änderungen, mit denen die Bestimmungen der Verordnung verwässert werden sollen. Das richtungsweisende Gesetz ist essenziell im Kampf gegen den Biodiversitätsverlust und den Klimawandel, weshalb sein ambitionierter Inhalt und seine Substanz gewahrt bleiben müssen.
Die Änderungsanträge der EVP, die nur mit Unterstützung der extremen Rechten eine Erfolgschance haben, drohen eine der wichtigsten Umweltinitiativen der EU zu schwächen. Sollten die Änderungen angenommen werden, fordert die S&D-Fraktion von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, den Vorschlag über einen Aufschub in Gänze zurückzuziehen. Diese Änderungen würden nicht nur Rechtsunsicherheit in den Unternehmen auslösen, sondern auch dem Green Deal - einer zentralen Maßnahme, die von der Leyen zu verteidigen gelobt hat - auf inakzeptable Weise schaden.
Christophe Clergeau, für den Green Deal zuständiger Vizevorsitzender der S&D-Fraktion, sagte:
"Das EU-Entwaldungsgesetz stellt eine zentrale Verpflichtung zum Schutz der biologischen Vielfalt unseres Planeten und zum entschlossenen Vorgehen gegen den Klimawandel dar. Das Gesetz aufzuschieben, um den Vorbereitungen von Unternehmen Raum zu geben, ist eine Sache, es auszuhöhlen, eine andere. Sollten die Änderungsanträge der EVP und der Ultrarechten durchgehen, würden sie das Fundament des Green Deal angreifen und die Führungsrolle Europas in der Umweltpolitik gefährden. Die EVP sollte ihre Änderungsanträge umgehend zurückziehen. Falls auch nur einer dieser Änderungsanträge angenommen wird, wird die S&D-Fraktion gegen den finalen Text stimmen. Wir müssen an unseren Grundsätzen für unseren Planeten, unsere Bevölkerungen und unsere Zukunft festhalten."
Delara Burkhardt, sozialdemokratische Verhandlungsführerin für das EU-Entwaldungsgesetz, erklärte:
"Die Europäische Kommission hat mit ihrem Vorschlag, die Umsetzung der Verordnung ein Jahr aufzuschieben, um Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben, einen klugen Kompromiss angeboten. Die Unterstützung dieses ausgewogenen Kompromisses in der politischen Mitte wäre ein Zeichen verantwortungsvoller Politik. Doch stattdessen ist die EVP eher an einem politischen Kräftemessen interessiert.
Der Ansatz der Konservativen ist nicht nur politisch unverantwortlich, er schadet auch der Wirtschaft. Unternehmen brauchen Gewissheit; stattdessen sehen sie sich nun mit wachsenden Unsicherheiten im Rechts- und Planungsbereich konfrontiert. Wenn das Europaparlament der von der EVP angeführten Mehrheit rechts der Mitte bei diesen Änderungen folgt, werden neue Verhandlungen mit den EU-Mitgliedstaaten nötig, die den Prozess wochenlang hinauszögern werden. Die Folge wäre ein Aufschub der Aktualisierung der Entwaldungsverordnung ins nächste Jahr - während die derzeitige Verordnung noch vor einer Überarbeitung ihrer Bestimmungen in Kraft treten könnte -, der die Unsicherheit auf unbestimmte Zeit verlängern würde. Für unsere Unternehmen sowie die Land- und Forstwirtschaft würde dies maximales Chaos bedeuten.
Falls die Änderungsanträge der EVP angenommen werden, sollte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Vorschlag über einen Aufschub in Gänze zurückziehen. Die Änderungen würden nicht nur Rechtsunsicherheit für die Unternehmen schaffen, sondern auch dem Green Deal auf inakzeptable Weise schaden."
Hintergrund:
Am 2. Oktober schlug die EU-Kommission vor, die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) um ein Jahr zu verschieben. Nach dem ursprünglichen Zeitplan hätten größere Unternehmen bis zum 30. Dezember nachweisen müssen, dass Holz, Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Rinder, Kautschuk und daraus abgeleitete Produkte ohne eine Schädigung von Wäldern produziert wurden. Für kleinere Unternehmen sollte die Verordnung ab Mitte 2025 gelten.
Nach dem neuen Vorschlag der Kommission sollen die Vorschriften für große Unternehmen ab dem 30. Dezember 2025 und für kleinere Unternehmen ab dem 30. Juni 2026 gelten. Die Änderung des Zeitplans wurde notwendig, da Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erst kürzlich Umsetzungsleitlinien für Unternehmen, die noch Fragen zur praktischen Anwendung der Verordnung hatten, herausgegeben hat. Die proeuropäischen Fraktionen der politischen Mitte - S&D, Renew und Grüne - haben deutlich gemacht, dass für sie eine Abschwächung des Inhalts der Verordnung nicht in Frage kommt.
Die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten haben den Vorschlag der Kommission am 16. Oktober vorläufig gebilligt. Sollte das Europäische Parlament den Kommissionsvorschlag ohne weitere Änderungen akzeptieren, könnten Parlament und Rat innerhalb weniger Tage im Wege des schriftlichen Verfahrens eine Einigung erzielen, sodass die geänderte Verordnung rechtzeitig vor dem 30. Dezember in Kraft treten könnte, was den betroffenen Unternehmen Klarheit geben würde, bevor die Ursprungsfassung in Kraft tritt. Sollte das Europäische Parlament jedoch die Änderungsanträge der EVP annehmen, würde dies Verhandlungen zwischen dem Parlament, den EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission (also einen Trilog) nötig machen. Die darauf folgende Einigung müsste sowohl vom Europaparlament als auch vom Rat bestätigt werden, woraufhin die geänderte Verordnung 20 Tage später in Kraft treten würde. Dies würde den Prozess um mehrere Wochen verlängern, sodass alle Änderungen erst im neuen Jahr Gültigkeit erhalten würden. Dagegen würde die aktuelle Fassung der EU-Entwaldungsverordnung ab dem 30. Dezember gelten.