German Federal Government

10/11/2024 | Press release | Archived content

„Ein Spiel auf Zeit wird nicht funktionieren“

Bei dem Besuch von Präsident Selenskyj in Berlin sicherte Kanzler Scholz der Ukraine weitere Unterstützungsleistungen zu.

Foto: Bundesregierung / Thomas Koehler

Der bereits vierte Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hierzulande im Jahr 2024 zeige, wie eng Deutschland und die Ukraine miteinander in Verbindung ständen. Das sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Freitag beim Besuch des ukrainischen Präsidenten im Bundeskanzleramt in Berlin. Auch nach mehr als 1.000 Tagen, die der erbarmungslose russische Angriffskrieg gegen die Ukraine inzwischen andauere, bleibe es dabei: "Deutschland steht weiterhin fest an der Seite der Ukraine."

Das Wichtigste aus dem Pressestatement in Kürze:

  • Deutschland hilft: Vor dem dritten Kriegswinter habe Russland gezielt die Energie-Infrastruktur der Ukraine attackiert, Kraftwerke bombardiert und Übertragungsleitungen bewusst zerstört. Deutschland habe daher kurzfristig zusätzliche 170 Millionen Euro zugesagt, damit die schlimmsten Schäden rasch repariert werden können und die Wärmeversorgung wiederhergestellt werden kann.
  • Militärische Unterstützung: Deutschland bleibe der stärkste militärische Unterstützer der Ukraine in Europa und der zweitstärkste weltweit, so Scholz. Gerade sei ein neues, umfassendes militärisches Unterstützungspaket im Wert von über 600 Millionen Euro ausgeliefert worden. Bis Jahresende werde Deutschland außerdem mit Belgien, Dänemark und Norwegen ein weiteres militärisches Unterstützungspaket im Wert von rund 1,4 Milliarden Euro liefern. Für 2025 seien im Bundeshaushalt vier Milliarden Euro an direkter bilateraler Militärhilfe vorgesehen.
  • Vereint für Frieden: Nach der Bürgenstock-Friedenskonferenz soll es eine weitere geben, an der auch Russland beteiligt sein sollte. Darin sei der Kanzler sich mit Präsident Selenskyj einig. Ein Diktatfrieden Russlands sei dabei nicht akzeptabel: "Eine Verwirklichung des Friedens kann nur auf Basis des Völkerrechts geschehen."

Sehen Sie hier das Video der Pressestatements:

08:43

Video Statements von Bundeskanzler Scholz und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj

Lesen Sie hier die Mitschrift der Pressestatements:

Bundeskanzler Scholz: Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Wolodymyr, es ist schön, dich wieder hier in Berlin zu begrüßen!

Wie eng Deutschland und die Ukraine miteinander in Verbindung stehen, zeigt sich schon daran, dass du heute bereits zum vierten Mal in diesem Jahr Deutschland besuchst. Lieber Wolodymyr, Deutschland steht weiterhin fest an der Seite der Ukraine. Seit fast tausend Tagen führt Putins Russland seinen erbarmungslosen Angriffskrieg gegen dein Land. Der Heldenmut und die Tapferkeit der Ukraine können gar nicht genügend gewürdigt werden. Unsere Herzen sind bei dir und deinem Volk, lieber Wolodymyr. Und nicht nur das: Deutschland ist der stärkste militärische Unterstützer der Ukraine in Europa, der zweitstärkste in der Welt. Dabei wird es bleiben, das kann ich dir heute und hier klar versichern.

Jetzt, vor dem dritten Winter in diesem mörderischen Krieg, helfen wir den Ukrainerinnen und Ukrainern ganz konkret. Russland hat gezielt und erbarmungslos die Energieinfrastruktur der Ukraine in den vergangenen Monaten unter Beschuss genommen. Kraftwerke sind gezielt bombardiert worden, Übertragungsleitungen bewusst zerstört worden, um den Durchhaltewillen der Zivilbevölkerung zu brechen - das ist ganz offensichtlich das Ziel. Kurzfristig hat Deutschland zusätzliche 170 Millionen Euro zugesagt, damit die schlimmsten Schäden rasch repariert werden können und die Wärmeversorgung wiederhergestellt werden kann.

Auch in unserer militärischen Unterstützung für die Ukraine lassen wir nicht nach. Zentral bleibt für uns die Unterstützung bei der Luftverteidigung. Da ist es gut, dass wir gerade ein neues, umfassendes militärisches Unterstützungspaket im Wert von über 600 Millionen Euro an die Ukraine ausgeliefert haben. Darin enthalten sind unter anderem das fünfte IRIS-T-SLM-System, Schützenpanzer, Kampfpanzer, Panzerhaubitzen, Artilleriemunition und Drohnen, um nur einiges zu nennen.

Bis zum Jahresende werden wir außerdem mit Unterstützung unserer Partner Belgien, Dänemark und Norwegen ein weiteres militärisches Unterstützungspaket im Wert von rund 1,4 Milliarden Euro an die Ukraine liefern. Darin enthalten sind unter anderem weitere Luftverteidigungssysteme vom Typ IRIS-Tund Skynex, Flakpanzer Gepard, Panzer- und Radhaubitzen, Kampfpanzer, geschützte Fahrzeuge, Kampfdrohnen, Radare und Artilleriemunition.

Auch im nächsten Jahr werden wir unsere militärische Unterstützung der Ukraine kraftvoll fortsetzen. Vier Milliarden Euro an direkter bilateraler Hilfe sind bereits im Haushalt vorgesehen.

Zusätzlich dazu stellen wir als G7-Staaten der Ukraine noch in diesem Jahr einen 50-Milliarden-US-Dollar-Kredit zur Verfügung, wie beim Gipfel in Apulien beschlossen. Auch darauf kannst du dich verlassen.

Ich freue mich, dass wir aufseiten der europäischen Mitgliedstaaten diese Woche den Weg freigemacht haben für den europäischen Beitrag. Ich erwarte nun eine zügige Beschlussfassung durch das Europäische Parlament.

All das zeigt Zweierlei. Erstens: Die Ukraine kann sich auf uns verlassen. Zweitens ist es eine klare Botschaft an Putin: Ein Spiel auf Zeit wird nicht funktionieren. Wir werden in unserer Unterstützung für die Ukraine nicht nachlassen.

Diese Entschlossenheit, diese Festigkeit ist dann auch die Grundlage, auf der wir gemeinsam alle Möglichkeiten für Wege hin zu einem gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine ausloten. Lieber Wolodymyr, wir sind uns einig, dass es nach der ersten Konferenz von Bürgenstock im Juni eine weitere Friedenskonferenz geben wird und dass, wie du das gesagt hast, daran auch Russland teilnehmen sollte. Klar ist, eine Verwirklichung des Friedens kann nur auf Basis des Völkerrechts geschehen. Das wird noch enorme Anstrengungen erfordern. Dennoch bleibt das Bemühen um einen für die Ukraine gerechten und dauerhaften Frieden die Richtschnur unseres gemeinsamen Handelns. Wir werden keinen Diktatfrieden Russlands akzeptieren.

Schönen Dank.

Präsident Selenskyj: Lieber Bundeskanzler, lieber Olaf, liebe anwesenden Journalistinnen und Journalisten, liebes deutsches Volk, dies ist schon unsere dritte Begegnung in diesem Herbst und die vierte Begegnung in diesem Jahr, und diese Begegnung ist wahrscheinlich die wichtigste in all der Zeit des vollumfänglichen Krieges, wie du gut gesagt hast.

Der Winter steht uns bevor. Das ist der dritte Kriegswinter, und wir wollen unseren engsten Freunden unsere Strategie vorstellen, wie wir den Frieden näherbringen, Frieden für die Ukraine. Das sind unserer Meinung nach ganz gezielte, realistische Schritte, die die ganze Situation in Richtung eines echten Friedens bewegen könnten. Die Ukraine möchte wie kein anderes Land auf der Welt, dass dieser Krieg gerecht zu Ende geht. Der Krieg zerstört unser Land. Der Krieg nimmt das Wichtigste, die Leben der Ukrainerinnen und Ukrainer.

Wir haben immer alles dafür getan, dass sich dieser Krieg nicht ausweitet, und wir haben auch immer über die Prävention gesprochen, darüber, wie man Russland zurückhält, darüber, wie man unsere Positionen stärkt, damit wir so viele Leben retten können, wie es möglich ist.

Wir danken Deutschland dafür - ich danke dir, Olaf, persönlich für diese ganz starke Unterstützung der Ukraine -, dass es die Ukrainerinnen und Ukrainer unterstützt. Deutschland hilft uns am meisten mit Luftverteidigung. Das ist Fakt, rettet Tausende ukrainische Leben und gibt unseren Städten und Dörfern die Möglichkeit, sich vor dem russischen Terror zu schützen. Die Patriot- und IRIS-T-Systeme und Gepard-Panzer sind ein sehr großer Beitrag deutscher Waffen und Technik. Auch die wirtschaftliche Unterstützung und die politische Unterstützung sind sehr wichtige Elemente. Für diese ganze Breite der Unterstützung bedanke ich mich.

Für uns ist es sehr wichtig, dass die Hilfe im nächsten Jahr auch fortbesteht. Ich bedanke mich bei dir, Olaf, dafür, dass du dieses Paket jetzt angekündigt hast, und für die weiteren Hilfen durch unsere Partner. Wir sollten aber schon an das nächste Jahr denken, daran, dass die Unterstützung weiterhin auf diesem Niveau bleibt und es uns gestattet, Leben zu retten.

Ich bedanke mich auch für die Friedensformel und für die Zusammenarbeit mit dem Team des "peace summit". Es gab den ersten Friedensgipfel. Wir wollen den zweiten durchführen. Aber wir sehen, dass sich Russland vor der ehrlichen Diplomatie und davor drückt, dass man diesen Krieg nach dem UNO-Statut beendet. Das verlangen wir - einen gerechten Frieden für die Ukraine, einen Sieg für uns -, und dafür arbeiten wir täglich.

Heute werde ich dem Bundeskanzler den Plan vorstellen, wie wir unserer Meinung nach Russland zum Frieden zwingen können, wie wir diesen Krieg beenden können - es wäre wünschenswert, dass das schon nächstes Jahr passiert, 2025 - und wie wir garantieren können, dass sich diese Aggression nicht wiederholt. Das ist eine Brücke zum ergebnisreichen Friedensgipfel, der einen Punkt hinter diesen Krieg setzt. Das steht nicht im Widerspruch zu unserem Friedensplan. Das ist ein weiteres Element. Das können wir alle gemeinsam mit unseren Partnern schaffen, und wir zählen dabei auch auf die deutsche Unterstützung. Slava Ukraini, es lebe die Ukraine!