DAV - Deutscher Anwaltverein e.V.

06/28/2024 | Press release | Distributed by Public on 06/28/2024 02:05

PM 30/24: Afghanistan: Kein Stopp fürs Bundes­auf­nah­me­programm!

Berlin (DAV). Seit 2022 können über das Bundes­auf­nah­me­programm Menschen in Deutschland Zuflucht finden, die in Afghanistan wegen ihres Einsatzes für Demokratie und Menschen­rechte, ihrer Kooperation mit westlichen Staaten oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden. Die Innenmi­nis­ter­kon­ferenz fordert nun einen Stopp des Programms - der Deutsche Anwalt­verein (DAV) kritisiert scharf, dass die Flüchtenden dabei als potentielle Straftäter dargestellt werden.

"Über das Bundes­auf­nah­me­programm kommen Menschen zu uns, die westliche sowie deutsche Werte und Interessen in Afghanistan vertreten haben", erklärt Rechts­anwalt Stefan von Raumer, Vizeprä­sident des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). Es handele sich in allererster Linie um Ortskräfte und ihre Familien, aber auch um Menschen­rechts­ak­tivist:innen und Personen, die sich für ein demokra­tisches Afghanistan eingesetzt haben. "Sie im Stich zu lassen, wäre fatal."

Die Forderung nach Beendigung des Programms im Rahmen der Debatte um die Abschie­bungen von Straftätern und Gefährdern vermischt laut DAV unterschiedliche Sachverhalte und ist vor dem Hintergrund unserer verfas­sungs­recht­lichen Werte höchst proble­matisch. "Über das Bundes­auf­nah­me­programm können nur diejenigen nach Deutschland einreisen, die von einer meldebe­rech­tigten Stelle vorgeschlagen werden", so der Rechts­anwalt. Bevor das geschehe, müssten strenge Auswahl­ver­fahren und eine umfassende Sicher­heits­prüfung durchlaufen werden. Der DAV-Vizeprä­sident macht klar: "Über das Bundes­auf­nah­me­programm gelangen keine islamis­tischen Hassprediger ins Land, sondern Menschen, die ihr Leben für Freiheit und Demokratie aufs Spiel setzen. Das anders darzustellen und auf eine Ebene zu setzen, ist gefährlich und falsch."

Auch von einer Überlastung könne durch diese Maßnahme keine Rede sein. Nach jüngsten Berichten ist noch nicht einmal ein Drittel der Menschen, die eine Zusage für die Einreise erhalten haben, nach Deutschland gelangt. Lediglich etwas mehr als 500 Personen wurden in den vergangenen eineinhalb Jahren so über das Programm aufgenommen, das eigentlich für bis zu 1.000 Menschen im Monat gedacht war. "Während der schleppend langsamen Überprü­fungen bleiben Wartende, deren Leben in Afghanistan bedroht ist, seit vielen Monaten im Ungewissen. Dies betrifft auch zahlreiche Anwältinnen und Anwälte", sagt von Raumer. Es seien also eher viel zu wenig als zu viele Menschen, die über das Bundes­auf­nah­me­programm Schutz in Deutschland erhielten.