07/16/2024 | Press release | Distributed by Public on 07/16/2024 09:53
Am Montag, 15. Juli 2024 tagte der Kreistag des Landkreises Konstanz zum letzten Mal in dieser Amtsperiode. Ausscheidende Kreisrätinnen und -räte wurden für ihr ehrenamtliches Engagement geehrt und Ehrenringträger ausgezeichnet.
Die vergangene Amtsperiode von 2019 bis 2024 hat der Kreistag in vielen Bereichen mit Weitsicht und Pragmatismus zum Wohle aller Landkreiseinwohnerinnen und -einwohner gestaltet, sowohl hinsichtlich planbarer Projekte wie dem Neubau des Berufsschulzentrums Konstanz, vor allem aber auch im Hinblick auf nicht vorhersehbare Ereignisse, wie der Coronapandemie oder des Flüchtlingszustroms durch den russischen Angriffskrieg.
"Bei diesen großen Projekten und Herausforderungen arbeiteten die Landkreisverwaltung und der Kreistag in allen Belangen gemeinsam daran, die besten Entscheidungen für die Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises zu treffen und umzusetzen. Dank dieses Grundverständnisses ist es in der Vergangenheit gelungen, im besten demokratischen Sinne Diskussionen zu führen und auf einer breiten Basis Lösungen zu finden", so Landrat Zeno Danner.
Rückblick
Regionalbusverkehr
Eine erste Herausforderung zeichnete sich ab infolge der Übernahme des Regionalbusverkehrs 2020. Um die Vernetzung der Gemeinden innerhalb des Landkreises zu verbessern, wurde das Fahrplanangebot erweitert, eine höhere Taktung eingeführt und Busse mit moderner Technik eingesetzt. Die beauftragten Busunternehmen hatten jedoch Schwierigkeiten bei der Umsetzung, Busse kamen zu spät oder fielen aus, was ein großes Ärgernis für die Fahrgäste bedeutete. Mit Hochdruck arbeitete der Landkreis daran, die Situation zu verbessern. Mittlerweile haben sich die gelben Busse im Landkreis gut etabliert. Sie fahren überwiegend im Stundentakt, in den Hauptverkehrszeiten sogar im 30-Minuten-Takt. Das Angebot wird durch RUF-Busse ergänzt, die ebenfalls gut genutzt werden. Auch in punkto Klimaschutz wurde weiter nachjustiert, sodass die Fahrzeuge seit 2024 auch mit Hydrotreated Vegetable Oil (HVO)-Kraftstoffen fahren.
Coronapandemie
Im Februar 2020 wurde das Coronavirus in Europa und Deutschland immer präsenter. Telefonische Anfragen von Reiserückkehrern häuften sich beim Gesundheitsamt bis es schließlich am 6. März 2020 den ersten bestätigten Coronafall im Landkreis Konstanz gab. Die erste Welle begann mit circa 550 gemeldeten Infizierten und mit ihr die Phase der Kontaktnachverfolgung.
Landesweit wurden Schulen, Geschäfte, Gastronomie geschlossen, je nach Inzidenzen gab es Ausgangssperren und Kontaktverbote, sodass das öffentliche Leben aus Infektionsschutzgründen stark eingeschränkt war. Der Landkreis reagierte früh, etablierte ein vernetztes Expertengremium aus den Städten und Gemeinden, Kliniken, niedergelassenen Ärzten und der Blaulichtfraktion, um schnell auf kurzfristige Entwicklungen und Landesverordnungen reagieren zu können. So gelang es beispielsweise noch vor dem ersten Coronafall, ein Testzentrum einzurichten. Da das Virus an der Grenze keinen Halt macht, stand der Landkreis auch in stetigem Austausch mit der Schweiz, die im Vergleich zu Deutschland einen weniger restriktiven Kurs in Sachen Infektionsschutz verfolgte. Der Bund entschloss sich zu Grenzschließungen, einer bis dahin undenkbaren Maßnahme in der eng miteinander verwachsenen Grenzregion.
Der Imfpstoff gegen Corona war zu Beginn eine knappe Ressource, die zunächst nur für besonders vulnerable Gruppen vorgesehen war. Das Kreisimpfzentrum (KIZ) des Landkreises wurde 2021 in der Singener Stadthalle eingerichtet und ging als erstes KIZ in Baden-Württemberg an den Start. Termine wurden nach strengen Vorgaben des Landes vergeben und die Impfungen unter höchsten Sicherheits- und Hygienevorgaben durchgeführt. Zwei mobile Impfteams fuhren in Senioren- und Pflegeheime, um die älteren und kranken Menschen besser vor einer Infektion zu schützen. Insgesamt rund 130.000 Impfungen verabreichte das KIZ in 222 Betriebstagen.
Viele Bereiche litten unter den strengen Coronaregeln, so auch die Kultur. So gründete der Landkreis einen Kulturfonds, um die negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Kulturschaffenden in der Region abzumildern. Trotz aller Einschränkungen gelang es 2020 im Baden-Württembergischen Vergleich, der Landkreis mit dem stärksten Wirtschaftswachstum zu sein. Waren nur drei Kreise über Null, verzeichnete der Landkreis Konstanz eine Entwicklung von 1,4 Prozent.
Ukrainekrieg und Fluchtbewegung
Am 24. Februar 2022 überfiel Russland unter Putin die Ukraine, was zu einer großen Fluchtbewegung führte. Im März 2022 wurde die Massenzustrom-Richtlinie aktiviert, was eine bis zu dreijährige temporäre Aufnahme von Flüchtlingen bedeutet, für die kein Asylantrag nötig war. Viele ukrainische Geflüchtete kamen so direkt in den Landkreis, die dank des Einsatzes der Gemeinden auch in Privatwohnungen unterkommen konnten. Da der Zustrom den privaten Wohnungsmarkt und die Kapazität der Gemeinschaftsunterkünfte überstieg, musste der Landkreis Notunterkünfte einrichten - die erste Kreissporthalle wurde im Juni 2022 belegt, weitere folgten bis sechs von sieben Hallen als Notunterkunft genutzt wurden. Um diese schnellst möglich wieder ihrem eigentlichen Zweck zuzuführen, richtete der Landkreis Leichtbauhallen (LBH) ein. Im Januar 2023 löste die erste LBH auf Klein Venedig in Konstanz die Kreissporthallen als Unterkunft ab, im Juni 2023 wurde die letzte Kreissporthalle geräumt. Aktuell sorgen noch drei LBH für zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten. Die Zugangszahlen nur für die vorläufige Unterbringung waren 2022 mit 3.141 Personen höher als in der Flüchtlingskrise 2015, 2.471 Personen, und 2016, 1.541 Personen.
Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz
Ein Riesenprojekt des Landkreises ist die Umstrukturierung des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz. Hier hat der Kreistag auf Grundlage des 2022 erstellten Gutachtens zur Struktur und Wirtschaftlichkeit des Verbundes entscheidende Weichen gestellt: So fielen beispielsweise die Entscheidungen für eine Zwei-Standort-Lösung, die Schließung der Krankenhäuser in Stühlingen und Radolfzell, für die Auswahl des Neubaustandortes anhand einer Machbarkeitsstudie in der Nordstadt Singen oder für das Medizin- und Raumkonzept. Das Projekt ist in gesundheitspolitischer und finanzieller Hinsicht mit einem Volumen von mehr als 400 Millionen Euro das größte, das es bislang im Landkreis Konstanz gab.
Wichtige Bauprojekte
In die Amtsperiode des scheidenden Kreistages fallen Baubeschluss und Spatenstich des Berufsschulzentrums Konstanz und der Atemschutzübungsanlage in Rielasingen-Worblingen. Mit dem Richtfest des Werkstattgebäudes des Berufsschulzentrums Konstanz im März 2024 erreichte der Landkreis Konstanz einen weiteren Meilenstein bei der Realisierung des rund 138 Millionen großen Bauprojekts. Das neue Berufsschulzentrum vereint die Wessenberg-Schule und die Zeppelin-Gewerbe-Schule unter einem Dach und bietet dem beruflichen Nachwuchs in der Region ideale Bedingungen für eine exzellente Ausbildung. Mit dem 10 Millionen Euro-Bauprojekt der Atemschutzübungsanlage, Spatenstich war hierfür am 10. April 2024, ermöglicht der Landkreis ab Ende 2025 die Aus- und Weiterbildung der Feuerwehren wieder im Landkreis Konstanz.
Nachhaltigkeit und Klimaschutz
Nachhaltigkeit und Klimaschutz waren wichtige Leitmotive der vergangenen Jahre, was die Einführung des Amtes "Klimaschutz und Kreisentwicklung" unterstreicht. Im Rahmen der klimaneutralen Verwaltung beschloss der Kreistag 2019 ein Gesamtkonzept für Photovoltaik-Anlagen, das beinahe vollständig umgesetzt wurde. Nach dem Endausbau 2025 sind rund 15.000 Quadratmeter Dachfläche belegt, was 74 Prozent der Flächen entspricht. Das spart jährlich circa 1340 Tonnen CO2 und 336.000 Euro für Strom ein.
Der Landkreis als Wirtschafts- und Bildungsstandort
Der Landkreis Konstanz ist nicht nur eine schöne Urlaubsregion, sondern auch ein erfolgreicher Bildungs- und Wirtschaftsstandort. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, setzt sich der Kreis in Sachen Wirtschaft, Bildung und Mobilität für gute Rahmenbedingungen ein:
Mit der Universität Konstanz und der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung findet im Landkreis aktuelle Forschung statt. Um die Vernetzung zwischen Wissenschaft und Unternehmen zu fördern, eröffnete der Landkreis gemeinsam mit der Stadt Konstanz 2023 beispielsweise das innolab bodensee. Durch die Bereitstellung hochmoderner Innovations-Infrastruktur und begleitender Dienstleistungen bietet es einen zentralen Anlaufpunkt für die regionale Forschung und Entwicklung.
Wasserstoff als Energie der Zukunft spielt eine bedeutende Rolle bei der Attraktivität als Wirtschafts- und Industriestandort. Der Landkreis Konstanz trat daher der Wasserstoffinitiative 3H2 bei und beteiligt sich an der Erarbeitung eines regionalen Wasserstoffkonzepts.
Im Bereich Mobilität und Vernetzung mit den umliegenden Regionen macht sich der Landkreis stark für eine gut ausgebaute Schieneninfrastruktur. Eine bedeutende Rolle spielen hierbei der Ausbau und die Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn sowie die Bauarbeiten auf der Gäubahnstrecke, die die Anbindung des Landkreises nach Stuttgart und den Fernverkehr über Jahre gefährden. Sowohl Umsetzung und Finanzierung der Projekte als auch eine garantierte überregionale Anbindung spricht der Landkreis als klare Forderungen gegenüber der Landesregierung aus.
Haushalt
"All diese Aufgaben zu stemmen, kostet viel Geld. Das wird in den Kassen der öffentlichen Verwaltung immer knapper - sei es beim Landkreis oder den Städten und Gemeinden. Es ist wichtig, hier in einem stetigen Austausch zu bleiben und auch den Mut zu haben, Dinge nicht zu tun. Gleichzeitig ist es unerlässlich, gute Rahmenbedingungen für eine starke Wirtschaft zu schaffen, sowohl im Bereich nachhaltige Energien, Forschung und Entwicklung als auch Mobilität oder Ausbildung von Fachkräften. Dafür setzen sich der Kreistag und die Verwaltung nach Kräften ein. Nur gemeinsam können wir ein funktionierendes öffentliches Leben gewährleisten und dadurch den inneren Zusammenhalt der Gesellschaft stärken", so Landrat Zeno Danner.
Ehrung und Verabschiedung von Gremienmitgliedern
Nach den Kommunalwahlen vom 9. Juni 2024 setzt sich der Kreistag neu zusammen. Für insgesamt 31 Kreisrätinnen und Kreisräte endet mit der Sitzung am 15. Juli 2024 ihr Ehrenamt. Sie haben sich in der vergangenen Amtsperiode für die Geschicke des Landkreises Konstanz eingesetzt und verschiedenste Themen von der Coronakrise über den Öffentlichen Personennahverkehr, Flüchtlingsunterbringung, Neubau von Berufsschulzentren bis hin zur Krankenhausversorgung und vieles mehr diskutiert, beschlossen und vorangebracht. Zwei Kreisräte erhalten aufgrund ihrer hervorragenden Verdienste um das Gemeinwohl die höchste Auszeichnung des Landkreises Konstanz und werden zu Ehrenringträgern ernannt: Auf Beschluss des Kreistags vom 13. Mai 2024 werden Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU) und Dr. Georg Geiger (FDP) mit dem Ehrenring ausgezeichnet.
Wolfgang Müller-Fehrenbach zählt mit Abstand die meisten Amtszeiten der jetzt scheidenden Gremienmitglieder: Zehn Mal wurde er wiedergewählt, was das tiefe Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in seine kommunalpolitische Arbeit widerspiegelt. Sein soziales, kulturelles und vor allem bildungspolitisches Engagement und sein großer Sachverstand bei diesen Themen waren wegweisend für den Landkreis Konstanz. So spielte er beispielsweise eine tragende Rolle bei den Neubauten der Berufsschulzentren in Konstanz und Radolfzell. Entgegen aller Prognosen konnte er schlüssig darlegen, dass die Schülerzahlen im Landkreis stabil bleiben und sich die Investition in die Schulzentren trotz der hohen Kosten lohnen würden. Die Zeit sollte ihm Recht geben und so trug er maßgeblich dazu bei, dass der Landkreis Konstanz seine Stellung als Bildungsstandort festigte und in Sachen Fachkräftegewinnung und Nachwuchsförderung einen entscheidenden Beitrag leistet. Auch im kulturellen Bereich war Müller-Fehrenbach stets engagiert und setzte sich vor 20 Jahren beispielsweise für die Gründung der Kunststiftung des Landkreises ein oder bemühte sich darum, dass die Philharmonie auch in den Städten und Gemeinden des Landkreises und nicht nur in der Stadt Konstanz auftritt. Beharrlichkeit, Feingefühl sowie sein sehr gutes Netzwerk ließen ihn zahlreiche Herausforderungen meistern - stets im Dienste des Gemeinwohls. Müller-Fehrenbach erhielt zahlreiche Ehrungen für sein Engagement, darunter das Bundesverdienstkreuz am Bande (1991), das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (2012) und die Landkreistagsmedaille in Silber für seine über 30-jährige Mitgliedschaft im Kreistag.
Dr. Georg Geiger ist seit 2004 ununterbrochen Mitglied des Kreistages und des Ausschusses für Technik und Umwelt. Sein besonderes Augenmerk lag dabei stets auf dem ÖPNV, und er machte sich einen Namen als Experte für die Mobilität auf der Schiene sowie der Vernetzung des Landkreises mit Stuttgart, Basel, Karlsruhe und Zürich - sei es beim Ausbau der Schienenverbindungen entlang der Bodenseegürtelbahn, dem Doppelspurausbau und der Elektrifizierung des Bodensee-Hochrhein-Expresses, dem Ausbau der Gäubahn oder der jüngsten Initiative, einer täglichen dauerhafte ICE-Verbindung über die Schwarzwaldbahn als Kompensationsmaßnahme für die Abkopplung von der Gäubahn. Auch innerhalb des Landkreises setzte er sich für die Verbesserung der Zuganbindung ein und so ist der Viertelstundentakt auf der Seehasstrecke auch ihm zu verdanken. Neben der Mobilität sind der Sport und die Kunst weitere seiner Herzensthemen. So war er beispielsweise einer der Gründerväter des HSG und über viele Jahre eine treibende Kraft des Vereins mit dem Fokus auf Sportprogramm für Kinder. Seine Verdienste um die Kunst im Landkreis Konstanz, wie die Aufnahme von "Kunst am Bau" in das regionale Kunstförderungskonzept und die Realisierung von Kunstwerken im Neubau des Klinikums Konstanz sind sichtbare Zeugnisse seines Engagements für die Kultur. Dr. Georg Geiger ging Herausforderungen rational, pragmatisch und lösungsorientiert an und setzte sich in verschiedenen Ausschüssen und Gremien für das Wohl aller Landkreiseinwohnerinnen und -einwohner ein.
Als Anerkennung für ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Kreistag erhalten die scheidenden Mitglieder eine Urkunde und eine Grafik der Konstanzer Künstlerin Susanne Smajic. Folgende Kreisrätinnen und Kreisräte wurden verabschiedet:
Drei oder mehr Amtszeiten (AZ)
Eine bis zwei Amtszeiten
Weniger als eine Amtszeit (Nachrücker)