Government of the Grand Duchy of Luxembourg

09/13/2024 | Press release | Distributed by Public on 09/13/2024 01:21

'Wir machen eine verantwortungsvolle Einwanderungspolitik”

D'Land: Um die Migration zu begrenzen, hat die deutsche Bundesregierung am Dienstag auf Druck der CDU beschlossen, für mehrere Monate Kontrollen an allen Grenzen durchzuführen. Welche Folge hat das für Luxemburg?

Léon Gloden: Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatmich am Montag schriftlich über die Grenzkontrollen in Kenntnis gesetzt. Ich verstehe diesen Brief so, dass auf den Grenzbrücken keine Kontrollen durchgeführt werden,sondern nur sporadisch innerorts auf deutschem Staatsgebiet. Nancy Faeser weist auch ausdrücklich daraufhin,dass es nicht zu einer Behinderung des Personen- und Güterverkehrs kommen soll. Ich hoffe, dass das auch so klappt. Ich habe die Polizeidirektion angewiesen, mitihren deutschen Kollegen Kontakt aufzunehmen, um sich über die Abläufe auszutauschen.

D'Land: Wie lautet denn Ihre politische Einschätzung dieser Maßnahme? Hilft sie wirklich beim Schutz der inneren Sicherheit? Oder ist es eher eine Reaktion von CDU und Bundesregierung auf die rezenten Wahlerfolge der AFD in Thüringen und Sachsen?

Léon Gloden: Ich mische mich nicht in die deutsche Innenpolitik ein. Der Schengen-Kodex enthält Bestimmungen, die solche Kontrollen erlauben. Die deutsche Regierung muss entscheiden, ob sie diese Kontrollen vertreten kann. Die einzelnen Parteien haben sich ja dazu positioniert. Es ist Wahlkampf in Deutschland, das nehme ich zur Kenntnis.

D'Land: CDU und Polizeigewerkschaft erwarten sich von den Kontrollen einen "Dominoeffekt", der andere Staatenebenfalls dazu veranlassen würde, ihre Binnengrenzen zu schließen, zumindest bis der EU-Migrationspakt zur Sicherung der europäischen Außengrenzenumgesetzt ist. Macht Luxemburg dabei mit?

Léon Gloden: Meine Verantwortung ist es, dafür zu sorgen, dass Luxemburg den EU-Migrationspakt so schnell wie möglichumsetzt. In den vergangenen Monaten haben wir im Innenministerium Teams dafür zusammengestellt. Es ist klar, dass an den Außengrenzen verstärkt kontrolliert werden muss, damit die Binnengrenzen offen bleibenkönnen. Wir machen eine verantwortungsvolle Einwanderung.- und Asylpolitik, das heißt: Die Menschen, die nach Luxemburg kommen und eine Aussicht auf Asylhaben, müssen aufgenommen und integriert werden. Die, die keine Aussicht auf Schutz haben, müssen so schnell wie möglich zurückgeführt werden, sei es in ihr Herkunftsland oder in das Land, in dem sie ihren erstenAntrag gestellt haben.

D'Land: Sie haben kürzlich die erste Maison de retour in der Notunterkunft Shuk eröffnet und damit eine langjährige Forderung des Flüchtlingsrats umgesetzt. Allerdings hatten die NGOs sich etwas anderes davon erwartet; manche behaupten, sie hätten lediglich das Schild gewechselt. Im RTL Radio sagten sie vergangene Woche, Sie wollten Menschen, die zurückgeführt werden sollen, an einem Ort versammeln, um sie aufihre Rückkehr vorzubereiten. Ist die Shuk der geeignete Ort dafür?

Léon Gloden: Wir ändern nicht nur das Schild, sondern setzen ein Versprechen aus dem Koalitionsabkommen um. Schon Jean Asselborn wollte eine Maison de retour, hat sie aber nie eingerichtet. Zurzeit wohnen in den Flüchtlingsunterkünften des Office national de l'accueil noch Menschen,die den Flüchtlingsstatus nicht haben. Sie leben dortzusammen mit Menschen, die noch auf den Flüchtlingsstatus warten, und solchen, die ihn bereits haben. Dadurch erhalten sie das Gefühl, dass sie hier bleiben können. Umklare Verhältnisse zu schaffen, haben wir gemeinsam mit DP-Familienminister Max Hahn die Shuk in eine Maisonde retour umgewandelt. Dort können wir Erfahrungswerte sammeln und die Menschen besser auf die Rückkehrin ihr Heimatland oder Erstaufnahmeland vorbereiten. Der Unterschied zum Centre de rétention ist, dass siesich tagsüber frei bewegen können.

D'Land: Bislang waren ausschließlich Männer in der Shuk beziehungsweise der Maison de retour untergebracht. Ab dem 1. Oktober sollen auch Frauen und Kinderkommen. In Belgien beispielsweise sind solche Unterkünfte in Einfamilienhäusern eingerichtet, um insbesondere Kindern ein besseres Umfeld zu bieten. Wäre diese Lösung nicht humaner?

Léon Gloden: Bei der Maison de retour in der Shuk handelt es sich um ein erstes Projekt. Mittel- bis langfristig wollen wir kleinere Strukturen schaffen, doch dafür brauchen wir Grundstücke und Immobilien in den einzelnen Gemeinden. Bis dahin versuchen wir, den Kindern den Aufenthalt so"angenehm` wie möglich zu machen.

D'Land: Im Regierungsprogramm steht, dass Asylantragsteller "équitablement à travers le pays" aufgeteilt werdenund alle Gemeinden sich solidarisch am Bau vonUnterkünften beteiligen sollen. In der Vergangenheitstießen solche Unterkünfte des Öfteren auf den Widerstand der lokalen Bevölkerung. Wie wollen Siedas künftig ändern?

Léon Gloden: Das fällt in die Kompetenz des Familienministers, aberich weiß, dass er Gespräche mit vielen Gemeinden führt,um sie zu überzeugen, und dass mittelfristig die eine oderandere neue Struktur eröffnen wird.

D'Land: Die Regierung hat sich vorgenommen, die Asylprozeduren so kurz wie möglich zu halten. ObwohlItalien seit 2022 keine Dublin-Fälle mehr zurücknimmt, stellt Luxemburg weiter Anträge an die Regierung Giorgia Melonis. Dadurch verzögert dieAsylprozedur sich in der Regel um sechs bis acht Monate. Wieso suchen Sie für diese Fälle nicht eineandere - schnellere - Lösung?

Léon Gloden: Insgesamt haben wir dieses Jahr bis Ende August 147 Dublin-Fälle rückgeführt. Natürlich muss das Solidaritätsprinzip gelten, aber es darf nicht sein, dass, weil ein Land seine Verpflichtungen nicht erfüllt, Menschen in einem anderen Land bleiben dürfen. Damit würden wir den ganzen Dublin-Mechanismus außer Kraft setzen unddas können wir nicht akzeptieren. Umso wichtiger ist es, dass der EU-Migrationspakt mit seinen Solidaritätsmechanismen schnell umgesetzt wird, um diese Probleme zu lösen. Die Reform der Rückführungsrichtlinie wurde zwar vom EU-Parlament verworfen, aber viele Länder wollen, dass diese strengeren Rückkehrregelungen angewandt werden, deshalb müssen wir in den nächsten Monaten diesbezüglich eine Lösung finden.

D'Land: Seit Ihrem Amtsantritt als Innenminister haben Sie sich der Kriminalitätsbekämpfung in der Hauptstadt verschrieben. Laut einer Bürgerinitiative hat sich die Sicherheitslage im hauptstädtischen Bahnhofsviertel trotz erhöhter Polizeipräsenz nicht verbessert. Wie schätzen Sie selbst die Lage dort ein?

Léon Gloden: Die Polizeipräsenz ist ein überaus wichtiger Aspekt der Sicherheitspolitik. Wir haben jetzt 90 neue Netto-Stellen für Polizisten geschaffen, also zusätzlich zu denen, die ersetzt werden müssen, weil sie in Rente gehen. Dadurch können wir die Bürgernähe und die Prävention verbessern.Ich habe zwei Mal Nachtpatrouillen der Polizei in derStadt Luxemburg und in Esch/Alzette begleitet. An dem Abend, als ich mit den Polizistinnen und Polizisten im hauptstädtischen Bahnhofsviertel unterwegs war, fand ich es persönlich ziemlich ruhig. Die Polizei nimmt relativ viele Drogendealer fest, wie man fast täglich im Polizei-Bulletin lesen kann.

D'Land: Die ADR und ihre Jugendorganisation fordern, dass die Nationalität von mutmaßlichen Straftätern veröffentlicht werden soll. Wie denken Sie darüber?

Léon Gloden: Ich halte nicht viel davon, eine Unterscheidung zu machen, ob ein Luxemburger, ein EU-Bürger oder eineraus einem Drittstaat festgenommen wird. Wer eine Straftat begeht, muss strafrechtlich verfolgt werden. Für dasOpfer spielt es keine Rolle, welche Nationalität der mutmaßliche Täter hat. Es geht darum, dass der Rechtsstaat respektiert wird.

D'Land: In diesem Jahr hat die Polizei bereits mehrere Großeinsätze im Bahnhofsviertel durchgeführt. Die Ausbeute war jedes Mal gering und die Aktionen haben die Sicherheitslage offensichtlich nicht nachhaltig verbessert. Was ist der Sinn davon?

Léon Gloden: Diese Großeinsätze werden in regelmäßigen Abständenorganisiert, sei es im öffentlichen Raum oder, wie kürzlich,in der Tram. Jedesmal wird eine gewisse Menge an Drogen beschlagnahmt. Ich glaube schon, dass solche Einsätze eine Wirkung haben, das spricht sich schnell herum und dann kommen vielleicht weniger Dealer nach Luxemburg. Dieser Effekt entfaltet sich aber nur, wenn Großeinsätze regelmäßig durchgeführt werden.

D'Land: Seit Juli läuft in der Stadt Luxemburg und Esch/Alzette das Pilotprojekt der Unité de Police locale, diezwar das Sicherheitsgefühl erhöht, aber wohl wenigan der tatsächlichen Sicherheitslage ändert. Wie sinnvoll ist diese Maßnahme?

Léon Gloden: Ende des Jahres werden wir das Pilotprojekt evaluieren.In der Hauptstadt trifft sich die Polizei fast wöchentlichmit Bürgermeisterin Lydie Polfer zur Lagebesprechung,in Esch fanden bislang drei oder vier Treffen mit Bürgermeister Christian Weis statt. Es ist schon wichtig, dassdie Polizei draußen wahrgenommen wird. Wenn ichdurch die Straßen gehe, erhalte ich positives Feedback,die Leute freuen sich, dass die Polizei zu Fuß durch dieStadt patrouilliert. Ich bin überzeugt davon, dass wirdieses Konzept in Zukunft noch ausbauen müssen. DiePolice locale ist ein Baustein, um die Polizeipräsenz aufdem Terrain zu verbessern.

D'Land: Könnte die Police locale künftig auch auf andereStädte und Gemeinden ausgedehnt werden?

Léon Gloden: Selbstverständlich. Wenn Gemeinden einen Bedarf dafürhaben, können sie das bei uns beantragen. Natürlichmüssen wir nach der Pilotphase erst das Polizeigesetz anpassen, um eine rechtliche Grundlage dafür zu schaffen.

D'Land: Ursprünglich sollte die Police locale dem Bürgermeister unterstehen. Wieso wurde das verworfen?

Léon Gloden: Bislang handelt es sich ja lediglich um ein Pilotprojekt. Dieser Punkt muss in der Evaluation diskutiert werden. Bisher läuft es so, dass die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister den Verantwortlichen des Kommissariats anruft, wenn er oder sie ein Anliegen hat. Der gibt die Anweisungen dann an die Polizisten weiter.

D'Land: Mit der Hinterlegung des Gesetzentwurfs zum sogenannten "Platzverweis renforcé" wollen Sie die Mittel der Polizei erweitern. Was ist eigentlich der Unterschied zum "Platzverweis light", den ihr VorgängerHenri Kox vor zwei Jahren eingeführt hat?

Léon Gloden: Der Polizei und der Polizeigewerkschaft ging der "Platzverweis light" nicht weit genug. In seiner aktuellen Form ist erunwirksam und unpräzise, weil er keine konkreten Modalitäten vorsieht. Er legt keine Dauer und keine Entfernung fest, nach der Menschen des Platzes verwiesen werden können. Auch sind nur Personen betroffen, die einen Eingangblockieren. Künftig werden wir den Platzverweis auf andere Tatsachen ausweiten: Wenn jemand etwa im öffentlichenRaum uriniert oder denkt, er müsse sein Zelt dort aufrichten oder kochen. Prozedural legen wir fest, dass jemand für 48 Stunden einen Kilometer weit verwiesen werden kann,und es wird ein Bericht verfasst, aufgrund dessen zum Beispiel die Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg eine auf 30 Tage befristete Entfernungsmaßnahme ergreifen kann. Unter bestimmten Umständen kann die Maßnahme aber zeitweise ausgesetzt werden, etwa wenn die betroffene Person in dieser Zeit zum Arzt muss. Ich möchte auch betonen,dass es sich nicht um eine strafrechtliche, sondern um eine verwaltungsrechtliche Maßnahme handelt.

D'Land: In Ihrem Gesetzentwurf steht, dass die Polizei eine Person des Platzes verweisen kann, wenn diese sich"de manière à troubler la tranquillité, la salubrité oula sécurité publiques" benimmt. Ist diese Formulierung nicht sehr willkürlich gewählt?

Léon Gloden: Die Polizei ist immer dazu verpflichtet, proportionaleMaßnahmen zu ergreifen und ich vertraue den Polizisten,dass sie das auch tun. Sie werden ja geschult, um mit demnotwendigen Fingerspitzengefühl vorzugehen.

D'Land: Ist es nicht trotzdem ein indirekter Aufruf an dieBürger/innen, jedes Mal die Polizei zu rufen, wennihnen etwas nicht passt?

Léon Gloden: Wenn die Polizei kommt, stellt sie fest, ob eine Störungvorliegt oder nicht. Wenn keine Störung vorliegt, teilt siedem Bürger mit, dass sie nichts tun kann.

D'Land: Wenn eine Person 48 Stunden oder 30 Tage eines Platzes verwiesen wird, wo soll sie dann hin? Und wie lässt sich kontrollieren, ob sie sich tatsächlich daran hält?

Léon Gloden: Kontrollen sind ganz einfach durchzuführen, die Polizeibraucht nur ein paar Mal an den Ort zu fahren und zu überprüfen, ob die Person noch da sitzt. Der Regierungist es wichtig, dass die Verweise schnell und unkompliziertdurchgeführt werden können. Wenn wir das jetzt strafrechtlich regeln würden, müsste jemand festgenommenwerden, die Staatsanwaltschaft würde eingeschaltet. Daswäre unverhältnismäßig gegenüber dem Vergehen. DiePolizei braucht schnelle und effiziente Mittel, natürlichimmer im Rahmen des Rechtsstaats. Der Platzverweis istkeine Wunderlösung, aber er wird der Polizei dabei helfen, gegen diese Vergehen vorzugehen.

D'Land: Diese Woche hat die Regierung offiziell die Rentendebatte eröffnet. Als Innenminister sind Sie zuständig für die Renten im Gemeindesektor: Die Caissede prévoyance des fonctionnaires et employés communaux (CPFEC) ist seit 2016 im Defizit, Ihre Vorgängerin Taina Bofferding (LSAP) hob vergangenes Jahr den Beitragssatz für die Gemeinden und dendes Gemeinden-Dotationsfonds kräftig an. Am 30.Januar sagten Sie im Parlament, "wenn wir nichtsändern", gebe es 2027 ein Defizit von 95 MillionenEuro, und Sie kündigten den Einsatz einer Task Forcean. Was ist seitdem passiert?

Léon Gloden: Die Arbeitsgruppe wurde eingesetzt, die Diskussionenhaben begonnen, doch konkrete Lösungsansätze kannich Ihnen noch keine nennen.

D'Land: Aber welche Möglichkeiten bieten sich denn überhaupt? Außer einer weiteren Beitragserhöhung für die Gemeinden...

Léon Gloden: Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Staat mehr einbezahlt oder die CPFEC in eine andere Rentenkassetransferiert wird. Ich muss gestehen, dass ich kein Spezialist in Rentenfragen bin, aber in der Arbeitsgruppesind Experten aus dem Innenministerium, aus anderenMinisterien, vom Syvicol und von der Stadt Luxemburg,die an einer Lösung arbeiten.

D'Land: Sie haben kürzlich die Gemeindefinanzen etwas umverteilt. Diekirch und Ettelbrück bekommen künftigzehn Prozent, Erpeldingen/Sauer und Mondorf fünfProzent aus dem globalen Dotationsfonds, währenddie anderen 96 Gemeinden leicht verlieren. Ist dasnicht ungerecht?

Léon Gloden: Ein großherzogliches Reglement, das noch von der Vorgängerregierung erlassen wurde, sieht vor, dassMondorf und die Nord stad - also Ettelbrück, Diekirchund Erpeldingen/Sauer - landesplanerisch als Centrede développement et d'attraction (CDA) eingestuftwerden und deshalb Anrecht auf mehr Geld haben. Natürlich wollten alle drei Nordstad-Gemeinden 25 Prozent, doch das habe ich abgelehnt, weil die Fusion ja erst bevorsteht und die Nord stad insgesamt 25 Prozent erhalten soll. Also haben die drei Gemeinden die25 Prozent unter sich aufgeteilt. Das macht insgesamtsieben Millionen Euro aus, was nicht die Welt ist, vorallem wenn man bedenkt, dass der Dotationsfonds inden letzten Jahren ständig gewachsen ist.

D'Land: Landgemeinden mit großer Fläche und wenig Einwohner/innen fühlen sich seit der Gemeindefinanzreform von 2017 benachteiligt, insbesondere wegendes vom damaligen LSAP-Innenminister Dan Kerscheingeführten Verteilungsschlüssels der "populationajustée", der neben dem CDA-Status auch der Bevölkerungsdichte bei der Verteilung Rechnung trägt. Wollen Sie deren Einwände in einer größeren Reformberücksichtigen?

Léon Gloden: Ich werde darüber mit DP-Landesplanungsminister Claude Meisch diskutieren. Mir ist aber wichtig: Ein Bürgerist ein Bürger und ein Schüler ist ein Schüler, egal ob erin der Stadt Luxemburg, im Ösling, im Süden, Nordenoder Osten lebt. Dieser Überlegung müssen wir in Zukunft Rechnung tragen.

D'Land: Laut Regierungsabkommen wollen Sie den Gemeinden, unabhängig davon, ob sie urban oder ländlichsind, eine größere finanzielle Flexibilität geben. Hängtdas mit der Reform der Grund- und Mobilisierungssteuer zusammen? An dieser Reform arbeiten wir sehr aktiv.

D'Land: Können Sie vielleicht einige Details nennen?

Léon Gloden: Die Grundsteuer wird vom Innenministerium erstellt, siegeht aber integral an die Gemeinden. Die Mobilisierungssteuer geht hingegen an den Staat. Technisch und logistischist die Umsetzung nicht ganz leicht: Einerseits entwickelnwir die Software, parallel dazu schreiben wir die Gesetzestexte, beide Bereiche müssen ineinander übergreifen.

D'Land: Bleibt das System mit den Hebesätzen, die jede Gemeinde autonom festlegen kann, bestehen?

Léon Gloden: Es ist eine Kombination aus unterschiedlichen Sätzen,die sich auch nach der geografischen Lage und der Bevölkerungsdichte der jeweiligen Gemeinden orientieren.

Darüber hinaus haben die Gemeinden aber einen gewissen Spielraum. Als früherer Bürgermeister weiß ich, dass die Gemeinden Interesse daran haben, die Sätze nicht zuhoch anzusetzen, wenn sie Betriebe anziehen wollen.

D'Land: Niederanven und Leudelingen hatten Einspruch beimVerwaltungsgericht eingelegt, weil sie viel wirtschaftliche Aktivität auf ihrem Territorium haben und sichbei der Verteilung der staatlichen Zuschüsse benachteiligt fühlen. Wollen Sie eine grundlegende Reform der Gemeindefinanzierung durchführen?

Léon Gloden: Manche Gemeinden haben riesige Handwerker- und Industriezonen, erhalten aber vergleichsweise wenig an kommunaler Gewerbesteuer. Über diesen Punkt wirdman einmal diskutieren müssen, ohne jedoch das Solidaritätsprinzip grundsätzlich infrage zu stellen.

D'Land: In seiner Rede zur Lage der Nation hatte Premier LucFrieden ein einheitliches Bautenreglement in Aussichtgestellt. Wissen Sie schon, wie Sie das umsetzen wollen? Ob seine Einführung Pflicht oder freiwillig sein soll?

Léon Gloden: Gegenwärtig hat jede Gemeinde ihr eigenes Bautenreglement. Ein einheitliches Reglement zu schaffen ist einBaustein der Prozedurenvereinfachung, die die Regierungumsetzen will. Es soll per Gesetz oder Verordnung festgelegt werden, den Gemeinden aber verschiedene Optionen bieten, die ihren Besonderheiten Rechnung tragen. Eine frühere Festungsstadt hat beispielsweise andereBeschränkungen als eine Landgemeinde, die auf einerflachen Hochebene liegt. Nichtsdestotrotz wollen wir soviele Regeln wie möglich harmonisieren. Letztendlich istes auch eine Kostenfrage für den Bürger, der bauen will,wenn der Architekt oder Bauplaner nicht mit unzähligenunterschiedlichen Bautenreglements arbeiten muss.