Westfälische Wilhelms-Universität Münster

10/02/2024 | Press release | Distributed by Public on 10/02/2024 02:00

Physiker Oliver Kamps über künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit

© Uni MS"> © Uni MS"> © Uni MS

"Am Ende ist entscheidend, wie der Mensch KI einsetzt"

Physiker Oliver Kamps über künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit / "Campus Earth" am 8. November

Der dritte Nachhaltigkeitstag "Campus Earth" der Universität Münster am 8. November findet unter dem Titel "Mit KI auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft" statt. Christina Hoppenbrock fragte aus diesem Anlass den Physiker Dr. Oliver Kamps, wie künstliche Intelligenz (KI) helfen kann, Ressourcen zu schonen, und vor welche Herausforderungen sie die Menschen stellt. Oliver Kamps gehört dem Leitungsteam des Lehrprogramms "InterKI" an der Universität Münster an und diskutiert als Podiumsgast zum Thema "Das Unbehagen mit der KI" beim Nachhaltigkeitstag.

Dr. Oliver Kamps gehört zum Leitungsteam des Lehrprogramms "InterKI" an der Universität Münster. © privatWie kann uns KI dabei helfen, nachhaltiger zu leben?

Zunächst muss man zwischen der Nachhaltigkeit des Einsatzes von KI und dem Einsatz von KI für Nachhaltigkeit unterscheiden. Bei letzterem kann KI in vielfältigen Bereichen bei der Optimierung, Steuerung und Planung helfen und zur Ressourcenschonung beitragen: von der Verbesserung von Verkehrsflüssen über die effiziente Steuerung des Energienetzes, die Prozessoptimierung in der Industrie bis hin zum optimalen Einsatz von Wasser und Dünger in der Landwirtschaft. KI kann auch bei der Entwicklung neuer Materialien für Batterien oder bei der Verbesserung von Solarzellen helfen und dadurch einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten.

Die Nutzung von KI und besonders auch das Training der Programme sind allerdings extrem energieintensiv ...

Dies betrifft die Nachhaltigkeit des Einsatzes von KI an sich. Die simple Wahrheit ist: Die Algorithmen werden auf Computern ausgeführt, und die verbrauchen Strom. Die Herstellung der Computer beziehungsweise der Chips ist ein komplexer industrieller Prozess, der Energie und Ressourcen verbraucht. Wenn wir KI in großem Maße einsetzen, steigt der Ressourcenbedarf entsprechend. Schätzungen gehen davon aus, dass allein Rechenzentren heutzutage schon für etwa zehn Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich sind. Wenn Anwendungen wie ChatGPT zu Alltagsanwendungen werden, dann wird der Stromkonsum weiter steigen. Ein Beispiel: Im Vergleich zur klassischen Suchmaschinen-Nutzung steigt der Stromverbrauch auf das Zehnfache an, wenn der Text einer Anfrage an eine Suchmaschine per Sprachmodell generiert wird. An der Universität Münster zum Beispiel gibt es daher Forschungsansätze, um spezielle Hardware für KI zu entwickeln, die wesentlich weniger Energie benötigt.

Sehen Sie weitere Probleme und Konflikte, die der Einsatz von KI mit sich bringt?

Die Entwicklung und das Training großer KIs ist extrem kostenintensiv, bei großen Sprachmodellen kann das Training zwischen 50 und 100 Millionen Euro kosten. Für das Aufbereiten der großen Datenmengen, zum Beispiel das Annotieren von Bildern oder das weitere Training von Sprachmodellen durch Interaktion, ist die Verfügbarkeit billiger menschlicher Arbeitskraft von Vorteil. Beide Aspekte werfen ethische und gesellschaftliche Fragen auf. Auch systematische Verzerrungen in manchen zum Training verwendeten Datensätzen können zu ethischen Problemen führen, wenn Entscheidungen auf der Bewertung durch ein KI-System basieren. Darüber hinaus sind die Fähigkeiten heutiger KI-Systeme so ausgereift, dass sie zur Überwachung, zur Generierung von Fake News oder auch in militärischen Anwendungen eingesetzt werden können. Auch damit sind große Probleme verbunden.

Ihr Fazit: Passen Nachhaltigkeit und KI zusammen?

Wenn wir nur die Ressourcenfrage betrachten, sehen wir ja schon zwei widerstrebende Aspekte. Welcher davon die Oberhand gewinnt, hängt auch von technischen Entwicklungen ab. Am Ende wird entscheidend sein, wie der Mensch KI einsetzt.

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 6, 2. Oktober 2024.

Links zu dieser Meldung