Bundesland Niedersachsen

10/30/2024 | Press release | Distributed by Public on 10/30/2024 05:11

Verwaltungsgericht stellt Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung eines Asylbewerbers wieder her, der verdächtigt wird, in Sarstedt einen Mann niedergestochen zu haben

Zum Sachverhalt wird zunächst auf die Pressemitteilung des Gerichts vom 06.09.2024 verwiesen, die hier abrufbar ist.

Mit Bescheid vom 12.09.2024 hob das BAMF die gegen den Antragsteller erlassene Unzulässigkeitsentscheidung auf. Zugleich lehnte es den Asylantrag des Antragstellers nach inhaltlicher Prüfung als offensichtlich unbegründet ab. Zur Begründung heißt es, der Antragsteller habe keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorbringen können, dass ihm in seinem Herkunftsland Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden drohe. Zudem sei sein Asylantrag nach § 30 Absatz 1 Nummer 7 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Hiernach genüge, dass es schwerwiegende Gründe für die Annahme gebe, dass der Antragsteller eine Gefahr für die die öffentliche Ordnung darstelle.

Zugleich hat das BAMF beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Abänderung des Beschlusses vom 28.09.2022 nach § 80 Absatz 7 der Verwaltungsgerichtsordnung gestellt. Mit diesem Beschluss hatte das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers wegen Zweifeln an der ursprünglichen Unzulässigkeitsentscheidung angeordnet.

Der Antragsteller hat sich in dem Abänderungsverfahren nicht geäußert.

Das Verwaltungsgericht - Einzelrichter der 3. Kammer - ist dem Antrag des BAMF mit Beschluss vom 25.10.2024 im Ergebnis gefolgt und hat den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage nunmehr abgelehnt. Hierdurch wird die Abschiebungsandrohung in den Irak vollziehbar.

Zur Begründung führt der Einzelrichter aus: Durch die Ersetzung des ursprünglichen Bescheids durch eine inhaltliche Prüfung des Asylantrags würden zunächst Gründe vorliegen, die eine erneute Entscheidung über das Eilverfahren notwendig gemacht hätten.

Zudem sei der Asylantrag des Antragstellers offensichtlich unbegründet, weil er eindeutig unstimmige und widersprüchliche, eindeutig falsche oder offensichtlich unwahrscheinliche Angaben gemacht habe, die im Widerspruch zu hinreichend gesicherten Herkunftslandinformationen stünden, sodass die Begründung für seinen Asylantrag offensichtlich nicht überzeugend sei (§ 30 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes). Weder in Polen noch in Deutschland habe er überzeugend eine Verfolgungsgefahr schildern können. Allein eine befürchtete Verfolgung durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) ändere daran nichts, da der IS im Irak im Wesentlichen besiegt sei. Auch seine Angaben, staatliche Stellen hätten ihm unter Drohungen aufgefordert, Wehrdienst zu leisten, sei unsubstantiiert und unstimmig. Zudem gebe es weder im irakischen Zentralstaat noch in der Region Kurdistan-Irak eine Wehrpflicht. Auch in den Erkenntnismitteln zum Irak hätten sich keine Berichte über Zwangsrekrutierungen durch staatliche Stellen finden lassen. Insgesamt habe sich die Abweisung seiner Asylklage daher nahezu aufgedrängt.

Darüber hinaus sei der unbegründete Asylantrag auch offensichtlich unbegründet, weil es schwerwiegende Gründe für die Annahme gebe, dass der Antragsteller eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle (§ 30 Absatz 1 Nummer 7 des Asylgesetzes). Nach dieser erst durch das "Rückführungsverbesserungsgesetz" eingeführten Vorschrift bedürfe es keiner strafgerichtlichen Verurteilung mehr, um das Asylverfahren beschleunigt durchzuführen. Ausreichend sei eine Prognose, dass von dem Asylantragsteller auch in Zukunft hinreichend schwerwiegende Straftaten drohen. Hierfür bedürfe es einer hohen Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Tatsachen, auf die sich die Gefahrprognose stützen, zutreffen. Diese Anforderungen seien im Einzelfall erfüllt, da es einen dringenden Tatverdacht dafür gebe, dass der Antragsteller vorsätzlich einen anderen Menschen getötet habe.

Es wird aber darauf hingewiesen, dass eine Abschiebung des Antragstellers wegen des laufenden Strafverfahrens nicht wahrscheinlich ist. Im Falle einer Verurteilung kommt ein Vorgehen nach § 456a der Strafprozessordnung (Abschiebung aus der Haft) in der Regel erst nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe in Betracht (Ziffer 3 des Erlasses des Niedersächsischen Justizministeriums "Absehen von der Strafverfolgung und von der Strafvollstreckung bei Auslieferung und Ausweisung (§§ 154b, 456a StPO)" vom 30.4.2022).

Die Asylklage des Antragstellers ist unter dem Aktenzeichen 3 A 3702/22 weiter anhängig. Es ist beabsichtigt das Verfahren innerhalb der nächsten Monate mündlich zu verhandeln.

Az.: 3 B 3704/22