Ministry of Health of the Federal Republic of Germany

11/15/2024 | Press release | Distributed by Public on 11/15/2024 07:42

Lauterbach: 'Wir haben unsere Drogenpolitik bei Cannabis grundsätzlich geändert: Weg von Verboten, hin zu Aufklärung und mehr Sicherheit'

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Lauterbach: "Wir haben unsere Drogenpolitik bei Cannabis grundsätzlich geändert: Weg von Verboten, hin zu Aufklärung und mehr Sicherheit"

Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach spricht im Bundestag bei der Aktuellen Stunde zum Cannabis-Gesetz

15. November 2024

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Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal: Es ist sehr wichtig, dass wir diese Debatte führen. Es ist eine angemessene Debatte. Das Gesetz müssen wir nüchtern betrachten, ohne Polemik und ohne Häme. Ich möchte diese Gelegenheit daher auch nutzen, das Gespräch zu suchen. Es soll keine Wahlkampfrede sein.

Zunächst ist ganz klar: Es ist eine umstrittene Gesetzgebung; denn wir haben unsere Drogenpolitik bei Cannabis ganz grundsätzlich geändert. Wir sind weggegangen von einer Verbotspolitik und hin zu einer Legalisierung, einer Aufklärung und einer Verbesserung der Sicherheit.

Was ist der Hintergrund dieser Vorgehensweise? Der Hintergrund dieser Vorgehensweise lässt sich wie folgt beschreiben: Der Konsum ist ohne diese Gesetzgebung in den letzten zehn Jahren stetig gestiegen.

In der Zeit von 2018 bis 2021 - in nur drei Jahren - hatten wir einen sehr starken Anstieg bei Jugendlichen, bei Erwachsenen, bei älteren Menschen.

In Bayern ist es jetzt so, dass 27 Prozent der jungen Menschen in der Altersgruppe von 18 bis 24 Jahren im Laufe des Jahres schon einmal konsumiert haben - jeder Vierte! Cannabis ist überall! Wenn Sie am Abend durch die Straßen gehen, dann können Sie es sehen, und Sie können es riechen. Bei den 60- bis 64-Jährigen hat sich der Konsum in wenigen Jahren verdoppelt. Das heißt: Der Cannabiskonsum ist eine Realität.

Dieser Konsum ist in den letzten Jahren immer gefährlicher geworden. In der Zeit vor dieser Reform ist der Konsum gefährlicher geworden, weil die Dosierungen höher geworden und die Konzentrationen gestiegen sind. Es gibt toxische Beimengungen. Das heißt: Der Cannabiskonsum ist auch ohne die Reform überall, und er wird immer gefährlicher.

Die Drogenkriminalität ist über die Jahre hinweg immer weiter gestiegen. Woran liegt das? Weil nur Kriminelle derzeit das Monopol für den Verkauf haben.

Bei Ihnen in Bayern verkaufen nur die Kriminellen. Sie erlauben nur den Kriminellen den Absatz. Ich will das auch in dieser Klarheit sagen: Die holländischen Mocro-Clans beispielsweise sind doch das Ergebnis der gescheiterten Drogenpolitik.

Denn nur diese Clans konnten bisher verkaufen. Das sind doch Ihre Clans.

Es ist im Prinzip, wenn ich das den Kollegen der Union so sagen darf, ein doppeltes Versagen: Erstens. Der Konsum ist stetig gestiegen. Und zum Zweiten: Sie haben es in Ihrer Verantwortung für das Innenministerium nicht geschafft, diese Clans, Ihre Clans, in den Griff zu bekommen.

Sie versuchen, diese Verantwortung jetzt abzuladen,... Herr Dobrindt, auf eine Reform, die noch gar nicht wirken kann, weil Sie selbst die Umsetzung der Cannabisclubs für die legale Herstellung zum Teil nicht gewährleisten und blockieren. Sie blockieren doch die Reform, die die Lösung wäre, und kriegen gleichzeitig das Problem nicht in den Griff. Das ist die Wahrheit. Ich bitte Sie auch ganz ehrlich, die Menschen nicht für dumm zu verkaufen.

Der Konsum ist da, er war da. Er hat keine legale Quelle. Solange es keine legale Quelle gibt, wird es die Verunreinigungen geben, wird es die toxischen Konzentrationen geben, wird es die Drogenkriminalität geben. - Sie haben doch kein Konzept. Was wäre denn das Konzept der Union gewesen, diese Probleme in den Griff zu bekommen?

Sie sagen: Es muss beim Verbot bleiben. Wollen Sie wirklich ernsthaft sagen, dass die 27 Prozent der 18- bis 24-Jährigen, die in Bayern konsumieren, alles Kriminelle sind, alles Straftäter sind? Das ist doch nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist doch: Derjenige, der ab und zu konsumiert und sich der Risiken auch bewusst ist, der ist doch nicht krimineller als derjenige, der jeden Abend eine Flasche Wein trinkt. Es ist doch falsch, diese Leute zu kriminalisieren.

Von daher: Die Kriminellen sind nicht die Konsumenten, sondern die Kriminellen sind diejenigen, die dank Ihres Versagens Cannabis verkaufen, die keine Steuern bezahlen, die Beimengungen hinzufügen und versuchen, die Menschen von anderen Drogen abhängig zu machen. Das sind die tatsächlichen Kriminellen und nicht die Menschen, die konsumieren.

Wenn man darauf schaut, von wem nennenswert etwas gemacht worden ist in der Bekämpfung der Drogenkriminalität, stellt man fest: Das ist tatsächlich Bundesinnenministerin Faeser gewesen, weil sie die Ermittlungskompetenzen ausgedehnt hat. Sie beklagen sich, aber Sie haben doch über Jahre hinweg die Kriminalität im Drogenmilieu nicht in den Griff bekommen.

Die Studienlage - das will ich hier klipp und klar sagen - ist die: Wo Cannabis entkriminalisiert wurde, wo es eine Alternative zum Schwarzmarkt gab, ist der Konsum nicht gestiegen. Er ist nicht gestiegen in Kanada. Er ist nicht gestiegen in Colorado. Er ist nicht gestiegen in den Bundesstaaten der Vereinigten Staaten, in denen legalisiert wurde. Diese Daten liegen ja vor. Es gibt überhaupt keine Evidenz dafür, dass eine Legalisierung den Konsum erhöht.

Daher geht es nur darum, den bestehenden Konsum sicherer zu machen, den bestehenden Konsum zu entkriminalisieren, und zwar sowohl bei den Konsumenten wie auch bei den Dealern.

Ich kann nur sagen: Wenn wir diesem Gesetz eine faire Chance geben und nicht versuchen, noch einmal mit Rezepten aufzuwarten, die in der Vergangenheit nicht funktioniert haben, dann werden wir das auch sehen. Wir werten ja dieses Gesetz aus.

Es gibt kaum ein Gesetz, das gründlicher ausgewertet wird als dieses Gesetz. Das ist auch richtig. Das, was ich hier sage, muss ja belegt sein. - Ja, wir werten das Gesetz aus. - Ihr Versagen ist ausgewertet; darüber haben wir gerade gesprochen. Wir werten dieses Gesetz aus wie kaum ein anderes Gesetz. Wir werden den Konsum bei Kindern und Jugendlichen mit allen Mitteln bekämpfen. Dafür haben wir die Regeln verschärft.

Wir werden den Konsum bei Kindern und Jugendlichen monitoren. Wir werden den Gesamtkonsum monitoren. Wir werden die Kriminalität monitoren.

Das ist ein Gesetz, welches eine Chance verdient.

Lassen Sie mich zum Abschluss sagen: Der Weg, den wir bisher bei Cannabis gegangen sind, ist gescheitert. Die Konsumenten sind keine Kriminellen, die Händler sind es wohl. Wenn Sie wirklich etwas für die Drogenpolitik erreichen wollen, dann bringen Sie Vorschläge dort ein, wo es wirklich zur Sache geht, nämlich bei Crack, bei Kokain, bei Tranq, bei Heroin. Wo sind denn da Ihre Vorschläge?

Heute wäre die Gelegenheit gewesen, über Ihre Konzepte zu sprechen für die Drogen, die den Menschen wirklich schaden, und zwar demjenigen, der konsumiert, aber auch Dritten.

Der Cannabiskonsum ist eine Realität. Die Kriminalisierung macht keinen Sinn. Sie ist in der Vergangenheit gescheitert.

Daher müssen wir diesem Gesetz eine Chance geben und den großen Drogenkonsum und die große Drogenkriminalität bekämpfen, so wie es Ihnen Innenministerin Faeser vorgeschlagen hat.

Ich danke Ihnen.