11/22/2024 | Press release | Distributed by Public on 11/22/2024 07:32
Nach der Antrittsrede der neuen Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger haben die Mitglieder des Bundesrates in ihrer Sitzung am heutigen Freitag, 22. November 2024, über vier Initiativen aus dem Saarland abgestimmt.
Darüber hinaus debattierte der Bundesrat auch über wichtige Gesetzesvorhaben, unter anderem das zuletzt viel diskutierte Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz.
Viele Monate sind vergangen seit dem Pfingsthochwasser, das erhebliche Schäden im Saarland angerichtet hat. Weil dies nicht das einzige regionale Großschadensereignis war und Bundeshilfen bisher ausgeblieben sind, bringt das Saarland eine entsprechende Initiative im Bundesrat ein. Künftig sollen Bundeshilfen bei regionalen Großschadensereignissen nicht erst nach Feststellung einer Katastrophe nationalen Ausmaßes veranlasst werden können. Dazu soll schnellstmöglich ein Haushaltstitel (z. B. über einen Fonds) zur finanziellen Unterstützung stark betroffener Länder zur Schadensbewältigung eingerichtet werden und dieser auch Ländern mit entsprechenden Schadensereignissen in 2023 und 2024 zugänglich gemacht werden. Zudem soll der Bund die Länder und Kommunen auch bei der Prävention stärker unterstützen sowie ein Modell für eine Pflichtversicherung bei Elementarschäden entwickeln, die alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Wohnort und Lage ihrer Immobilie zu leistbaren Konditionen absichert. Dazu hatte der Bundesrat bereits in seiner Sitzung am 14.06.2024 auf Initiative des Saarlandes eine Entschließung gefasst. Saar-Umweltministerin Petra Berg: "Extremwetterereignisse treten immer häufiger und heftiger auf und verursachen große Schäden. Die Beseitigung und den Ausgleich der Schäden können die Länder nicht mehr allein stemmen. Es braucht jetzt eine Unterstützung des Bundes, damit die Menschen auch in Zukunft auf ihren Staat vertrauen können."
Eine weitere saarländische Initiative zielt auf die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland und die Unterstützung der Automobil- und Zuliefererindustrie ab. Die Automobilbranche sichert als zentraler Wirtschaftszweig in Deutschland über 770.000 Arbeitsplätze. Um diesen Standortvorteil zu erhalten, soll der Wandel hin zu nachhaltigen Antriebstechnologien so gestaltet werden, dass er in Europa und Deutschland keine vermeidbaren Verluste an Arbeitsplätzen und Marktanteilen verursacht. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Revisionsklausel zur Überprüfung des EU-Beschlusses zum Neuwagen-Verbot für Benzin- und Diesel-Fahrzeuge auf 2025 (bzw. 2026 für schwere Nutzfahrzeuge) vorgezogen werden. Zudem soll die Bundesregierung auf EU-Ebene Verhandlungen aufnehmen, um das Stufenmodell der CO2-Flottengrenzwerte für Pkw und Nutzfahrzeuge anzupassen. Kritisiert wird die geplante Senkung der CO2-Flottengrenzwerte ab Januar 2025, da mögliche Strafzahlungen die europäische und deutsche Automobilindustrie in der aktuellen Lage belasten würden. Deshalb fordert die saarländische Initiative, die entsprechenden Strafzahlungen in 2025 auszusetzen. "Die Zukunft gehört der Elektromobilität und darauf müssen sich auch alle einrichten. Aber wir müssen diesen Wandel so gestalten, dass es nicht zu Strukturbrüchen kommt. Denn die Automobil- und Zuliefererindustrie steht schon aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage massiv unter Druck. Wir spüren das Tag für Tag im Saarland zum Beispiel bei ZF. Dazu hat der Wegfall der Umweltprämie dafür gesorgt, dass der Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland stockt. Deshalb fordern wir pragmatische Lösungen, um den Unternehmen in dieser schwierigen Phase eine Perspektive zu geben." Der Entschließungsantrag des Saarlandes wurde nach Abstimmung an die Ausschüsse verwiesen.
Mit einem weiteren Entschließungsantrag will das Saarland durch die Kennzeichnung von Mogelpackungen für mehr Verbraucher- und Umweltschutz sorgen. Im Fokus der Initiative stehen zwei Phänomene: Das Beibehalten der bekannten Verpackungsgröße mit weniger Inhalt zu einem gleichbleibenden oder höheren Preis, die sog. "Shrinkflation", und die sogenannte "Skimpflation", bei der hochwertige Zutaten durch minderwertigere und damit günstigere ersetzt werden.
Zudem schließt sich das Saarland der Initiative der Freien und Hansestadt Hamburg zum Entwurf eines Bundestariftreuegesetzes an. Hintergrund der Initiative ist, dass die Vorlage des bereits vor einiger Zeit vom Bund angekündigten Bundestariftreuegesetz noch immer aussteht. Das angekündigte Gesetz ist in gesellschafts- wie wirtschaftspolitisch herausfordernden Zeiten, in denen Tarifpartnerschaften an Bedeutung zu verlieren drohen und viele Arbeitgeber sich der Tarifbindung entziehen, von besonderer politischer Relevanz.
Neben den Entschließungsanträgen standen auch einige Gesetzentwürfe in erster oder zweiter Lesung auf der Tagesordnung. Eines der drängendsten Gesetzesvorhaben aktuell: das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen. Wichtigste Ziele des Gesetzes sind bessere Versorgung und Behandlungsqualität, flächendeckende medizinische Versorgung sowie Entbürokratisierung. Das Saarland hatte sich bereits mehrfach ausdrücklich gegen ein drohendes Vermittlungsverfahren ausgesprochen, da ohne mehrheitsfähige Bundesregierung keine Verhandlungen im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens zu erwarten sind. Saar-Gesundheitsminister Magnus Jung sprach dazu im Bundesrat: "Der Vermittlungsausschuss hätte aufgrund der bundespolitischen Situation das sofortige Aus der Krankenhaus-Reform bedeutet. Das würde eine lange Phase der Unsicherheit hinsichtlich der wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlage für die Fortführung der Krankenhäuser im Saarland sowie in ganz Deutschland nach sich ziehen - im schlimmsten Fall sogar ein unkontrolliertes Krankenhaus-Sterben. Das Gesetz in der jetzt vorliegenden Form ist ein guter Kompromiss - ein Kompromiss der sicherlich im kommenden Jahr noch verbessert werden kann. An diesem Kompromiss wird sich das Saarland dann auch konstruktiv beteiligen. Das Gesetz ist allerdings auch ein Kompromiss, der jetzt in dieser turbulenten Zeit die Zukunft unserer Krankenhäuser sichert."
Das Saarland brachte auch beim TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz 2024, das die EU-Vorgaben zur Änderung der europäischen Emissionshandels-Richtlinie in nationales Recht umsetzt, einen eigenen Antrag ein: Dieser sieht vor, dass Abfallverbrennungsanlagen aus der Abgabeverpflichtung ausgenommen werden sollen, um Kostensteigerungen für den Endverbraucher zu minimieren sowie internationale Wettbewerbsverzerrungen für Abfallverbrennungsanlagen zu verhindern.
Julian Lange
Regierungssprecher
Am Ludwigsplatz 14
66117 Saarbrücken